DIE FURCHE · 35 14 Diskurs 31. August 2023 ERKLÄR MIR DEINE WELT Ein harmlos-lieber Jesus war immer eine Irrlehre Den gesamten Briefwechsel zwischen Hubert Gaisbauer und Johanna Hirzberger können Sie auf furche.at bzw. unter diesem QR-Code nachlesen. Hubert Gaisbauer ist Publizist. Er leitete die Abteilungen Gesellschaft- Jugend-Familie sowie Religion im ORF-Radio. Den Briefwechsel gibt es jetzt auch zum Hören unter furche.at/podcast „ Jesus stört. Nicht weil er ein Starker ist, sondern einer, der vom Entsetzen über die Leiden in der Schöpfung zu einem Mitleiden weist. Ist das links? “ Am liebsten würde ich mich nur einem der Themen aus Ihrem jüngsten Brief widmen, und zwar jenem, das mir wieder „unter die Haut“ geht. Sie schreiben von der „religiösen Färbung“ meiner Vorurteile. Ich habe geschrieben, dass es in der Zeit meiner Kindheit starke Vorurteile gegen tätowierte Menschen gegeben hat, so wie gegen vieles, was uns damals fremd war. Aber es stimmt: Meine Vorbehalte jetzt gegen Tattoos sind auch religiös begründet. Mein Nachdenken über all das hat mir ein starkes Erlebnis in Erinnerung gerufen: Vor etlichen Jahren war in der Kunsthalle Krems in einer Ausstellung (bezeichnender Titel „Lebenslust und Totentanz“) das große Gemälde „Tat tooed Jesus Pieta“ der kanadischen Malerin Marianna Gartner zu sehen. Meine erste Reaktion damals: Blasphemie! Als Paraphrase zur welt berühmten „Pietà d’Avignon“ aus dem 15. Jahrhundert hat die Künstlerin den nackten Leichnam Christi über und über mit Tattoos bemalt. Drachen und Schlangen, Engel und Teufel, Totenschädel und Rosen. Neben Jesus kniet ein nackter Mann mit unversehrter blendend heller Haut. Seine Hände stützen zärtlich das Haupt Jesu, damit es nicht vom Schoß der Mutter kippt. Nach langer Betrachtung dieses „Tat tooed Jesus“ war ich damals (und bin es auch jetzt wieder – dank Google) tief bewegt. Es ist, als hätte dieser Jesus auch dem weißen Mann neben sich alle Zwiespältigkeiten des Lebens und der Zeit weg- und auf sich genommen. Mit einer Frage im letzten Brief haben ja Sie Jesus „ins Spiel“ gebracht. Ob er vielleicht „zu links“ wäre, wie Evangelikale in den USA meinen. Ich glaube, ein harmlos-lieber Jesus war immer eine Irrlehre. Er stört. Nicht nur Dostojewskis Großinquisitor. Und nicht weil er ein Starker ist, sondern einer, der vom Hochmut zur Demut weist und vom Entsetzen über die Leiden in der Schöpfung zu einem Mitleiden. Ist das links? Die Grenzen des Wachstums „I cry in a world of sleep“ hat die englische Künstlerin Tracey Emin auf einen ihrer berühmten Patchworkpolster gestickt. Den Klimaaktivisten ist ein Schreien zu wenig, zu verwachsen sind die Ohren, die sie hören sollten. Apropos Ohren: Ein österreichischer Ökonom namens Leopold Kohr hatte eine Idee, die uns damals, in den achtziger Jahren, faszinierte: „Small is beautiful.“ 1983 erhielt er für „seine frühe Inspiration der Bewegung für ein menschliches Maß“ den alternativen Nobelpreis. Mein Interview mit ihm war eines der skurrilsten Erlebnisse in meiner Radiowelt. Ich hielt ihm das Mikrofon vor den Mund – und er mir den entsprechenden Teil seines Hörgeräts, denn er war nahezu gehörlos. Im Exil hatte er 1939 bei einem Unfall in einem Bergwerk fast das Gehör verloren. Aber er war hellhörig geblieben für die entscheidenden Fragen der Zukunft, zum Beispiel über die Grenzen des Wachstums. Das passt zum 1. September, zum „Ökumenischen Tag der Schöpfung“, der eigentlich an jedem Tag sein sollte: Wasser, Strom, Kilometer im Auto (Devise: 30/80/100) sparen, nicht auf einen Tratsch mit der Freundin nach Paris fliegen etc. etc. So klein mancher Verzicht auch wäre: Er wäre nicht für die Katz, sondern für die Welt. Von Thomas Roithner Anmerkungen des Friedensforschers und Politikwissenschafters Thomas Roithner zum Staatenbund In FURCHE Nr. 45 3800 10. November 2016 BRICS und zum militärisch-kommerziellen Konnex. Dass die Staatengemeinschaft BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) zum 1. Jänner 2024 um Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate erweitert werden soll, wurde vielfach als Kampfansage an „den Westen“ gedeutet. Thomas Roithner lieferte bereits 2016 interessante Hintergründe. Von Geopolitik und Geoökonomie AUSGABEN DIGITALISIERT Die BRICS-Staaten [...] treffen trotz ihrer Verschiedenheit heute Vereinbarungen zur globalen Finanzsituation, über den Nahen Osten, bis hin zum Weltklima. Zunehmend weniger im Sinne von USA und EU. Die globalen Wirtschaftsprognosen stärken jedenfalls Chinas und Indiens Selbstbewusstsein. Immerhin vereinen die BRICS über 40 Prozent der Weltbevölkerung und damit bedeutende Marktanteile. Auch die Schanghai-Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) umfasst neben China und Russland einige zentralasiatische Staaten sowie Indien und Pakistan. Sie beraten sich zu Ressourcenfragen und veranstalten regelmäßige Militärmanöver. Rund um die BRICS – besonders um China – wurden auch neue globale Finanzinstitutionen geschaffen. Die New Develop- ment Bank – gegründet von den BRICS- Staaten – ist operativ, um Entwicklungsund Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Die Bank mit Sitz in Schanghai versteht sich als alternative bzw. ergänzende Institution zu IWF und Weltbank. Die Asiatische Infrastruktur-Investment-Bank wurde 2015 in Peking gegründet, beinhaltet alle BRICS-Staaten, und zu den Unterzeichnern zählen auch westliche Staaten wie Österreich. Die Unwilligkeit der USA, die Bretton-Woods-Institutionen zu reformieren, stand bei der Gründung Pate. China schlug 2013 vor, einen Wirtschaftsgürtel entlang der Seidenstraße und eine maritime Seidenstraße zu schaffen. Über 60 Staaten – rund zwei Drittel der Weltbevölkerung von Ostasien über Afrika nach Westeuropa – sind potenziell involviert. Die Finanzierung der In frastruktur wie Straßen, Häfen, Eisenbahnen, Elektrizitäts- oder Glasfasernetze erfolgt u. a. durch die neuen Finanz institutionen. [...] Die Seidenstraßen lassen tief in das chinesische Zusammenspiel von Geoökonomie und Geopolitik blicken. Die Welt wird gleichzeitig amerikanisiert, europäisiert und sinisiert. Derzeit davon am wenigsten wohl europäisiert. [...] Angesichts der ökonomischen Machtübergänge dürfen militärische Kräfteverhältnisse nicht aus den Augen verloren werden. Alle fünf BRICS-Staaten gemeinsam verfügen über ein Militärbudget, welches 60 Prozent des US-Budgets und 40 Prozent des NATO-Budgets beträgt. Die regelmäßig in Gang gesetzte Aufregung über einen chinesischen Flugzeugträger muss zu 19 aktiven US-Flugzeugträgern in Relation gesetzt werden, wenn- Foto: Shutterstock gleich das chinesische Militärbudget hohe Wachstumsraten verzeichnet. [...] „Es gibt nur noch zwei Währungen, die in der Welt gelten: wirtschaftliche Macht und militärische Mittel, sie durchzusetzen“, so General Klaus Naumann 1993. Auch beim Brettspiel „Die Siedler von Catan“ haben jene die Nase vorn, die die größte Rittermacht und die längste Handelsstraße halten. VON 1945 BIS HEUTE ÜBER 175.000 ARTIKEL SEMANTISCH VERLINKT DEN VOLLSTÄNDIGEN TEXT LESEN SIE AUF furche.at Medieninhaber, Herausgeber und Verlag: Die Furche – Zeitschriften- Betriebsgesellschaft m. b. H. & Co KG Hainburger Straße 33, 1030 Wien www.furche.at Geschäftsführerin: Nicole Schwarzenbrunner, Prokuristin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Chefredakteurin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Redaktion: Dr. Otto Friedrich (Stv. Chefredakteur), MMaga. Astrid Göttche, Dipl.-Soz. (Univ.) Brigitte Quint (Chefin vom Dienst), Jana Reininger BA MA, Victoria Schwendenwein BA, Dr. Brigitte Schwens-Harrant, Dr. Martin Tauss, Mag. (FH) Manuela Tomic Artdirector/Layout: Rainer Messerklinger Aboservice: 01 512 52 61-52 aboservice@furche.at Jahresabo: € 181,– Uniabo (Print und Digital): € 108,– Bezugsabmeldung nur schriftlich zum Ende der Mindestbezugsdauer bzw. des vereinbarten Zeitraums mit vierwöchiger Kündigungsfrist. 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DIE FURCHE · 35 31. August 2023 Diskurs 15 Jüngst war die Aufregung über eine „Militarisierung“ von Schulbüchern groß. Dabei wäre durchaus ein grundsätzlicher Blick auf darin publizierte „Geschichtsmythen“ angebracht. Ein Gastkommentar. Lernen Sie Geschichte! Aber welche bloß? Als Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) vor Kurzem Milizoffiziere als – ohnehin kleine – Gruppe zur Schließung der Lücke von noch nötigen Lehrkräften nannte, ging ein Aufheulen über die anstehende Militarisierung der österreichischen Schulen durch die politische Arena. Das verstärkte sich, als bekannt wurde, dass zwei Offiziere als Gutachter für Schulbücher, einer davon in der Kommission für Geschichte und Politik, tätig sind. Der Verein Aufstehn.at nahm dies zum Anlass, eine Kampagne, „Bundesheer raus aus den Schulen“, zu starten. Untermauert wurde dies unter anderem mit der falschen Behauptung, das Bundesheer würde sich auch noch in die Lehrpläne einmischen. In seriöseren Medien bekam das aus dem Bundesheer stammende Kommissionsmitglied, Alexander Gstrein, Gelegenheit, seine Aufgabe entsprechend darzulegen. Er begutachtet Schul bücher für Geschichte und Politik, wobei es jeweils noch zwei weitere Gutachter gibt. Dabei wird überprüft, ob ein Werk dem Lehrplan entspricht sowie ob der Inhalt sachlich richtig ist. Die Entscheidungen über die Approbation, also die Zulassung für den Unterrichtsgebrauch, fallen in einem Gremium von mehreren Personen. Damit fließen verschiedene Gesichtspunkte mit ein – und ein Mitglied hat auch nur einen beschränkten Einfluss. Eine Verantwortung der Autor(inn)en Wie entsteht nun ein Lehrplan? Er ist eine Verordnung des Bildungsministers auf der Basis eines Entwurfs von einschlägigen Fachleuten. Der derzeitige Lehrplan für Geschichte und Politik umfasst die didaktischen Grundsätze, die heute für so wichtig gehaltenen Kompetenzen sowie die konkreten Inhalte. Letztere sind taxativ aufgelistet. Wie und in welchem Umfang sie in einem Werk umgesetzt werden, entscheidet das jeweilige Autorenteam selbst. Obwohl sich die Schwerpunkte im Lauf der Zeit geändert haben, ist immer noch die Spanne von der Urgeschichte beziehungsweise den Alten Kulturen bis zur Gegenwart vorgesehen. Wenngleich die elektronischen Möglichkeiten Lehrbücher positiv ergänzen können, treffen wir als Manko auf Geschichtsmythen, die von manchen Autor(inn)en weiter tradiert werden. Foto: Privat DIESSEITS VON GUT UND BÖSE Von Paul Mychalewicz „ Auch die sogenannten Hexenprozesse waren nicht primär eine Angelegenheit der katholischen Kirche. “ Was sind gängige falsche Darstellungen, gegen die es noch anzukämpfen gilt? Ein Klassiker war die Behauptung, dass die Menschen im Mittelalter noch geglaubt hätten, die Erde wäre eine Scheibe. Inzwischen ist praktisch allgemein akzeptiert, dass dies nicht der Fall war – und dieses Fehlurteil ist weitgehend aus den Geschichtsbüchern verschwunden. Die Präsentation des Mittelalters als finstere Zeit findet sich jedoch nach wie vor. Im Laufe ihres langjährigen Bestehens wurden reichlich Untaten im Namen der katholischen Kirche verübt. Häufig ist sie jedoch auch Opfer unzutreffender Geschichtsdarstellungen. Ein überaus komplexes Phänomen, das nur aus der Zeit heraus zu verstehen ist, sind die Kreuzzüge. Sie können hier nicht im Detail abgehandelt werden. Als ein Beispiel für einen Mythos sei das angebliche Massaker bei der Eroberung Jerusalems im Jahr 1099 angeführt. Neuere Quellenanalysen ergaben, dass die damalige Gewaltanwendung nicht über jene bei ähnlichen Ereignissen dieser Epoche hinausging. Differenzierter als häufige Präsentationen in Geschichtsbüchern sind auch die Eroberungen und Beutezüge Spaniens am Beginn der Neuzeit zu betrachten. Diese sind oft ge prägt von Darstellungen Theodor de Brys, dessen Kupferstich von 1494 die Landung von Christoph Kolumbus vermeintlich in Indien wiedergibt. Das Bild, das zeigt, wie Einheimische den europäischen Seefahrer mit reichen Geschenken bedenken, findet sich in vielen Geschichts büchern, ohne zutreffend kontextualisiert zu werden. Bei einer Aufgabe zur Dekonstruktion würde sich ergeben, dass de Bry ein antispanischer Propagandist und Begründer der sogenannten schwarzen Legende war, die eine besonders negative Präsentation der spanischen Eroberer zum Ziel hatte. Tatsächlich haben sich die Verhaltensweisen der großen Kolonialmächte England, Frankreich und Spanien nicht wesentlich unterschieden. Warum Aufklärung nottut Ein weiteres Kapitel der völligen Fehldarstellungen betrifft die sogenannten Hexenprozesse. Dieses Phänomen, das im Wesentlichen zwischen 1550 und 1650 im Heiligen Römischen Reich stattfand und dem etwa 50.000 Menschen – überwiegend Frauen– zum Opfer fielen, war nicht primär eine Angelegenheit der katholischen Kirche, sondern die Reformatoren erwiesen sich oft als eifrigere Betreiber. Die Gründe waren vielfältig – die kleine Eiszeit, Seuchen und Kriege stellten wohl die bedeutendsten dar –, die Konfessionszugehörigkeit war jedenfalls nicht ausschlaggebend für die Intensität der Involvierung in die Geschehnisse. Wie sehr Aufklärung zu diesem Thema nottut, zeigte sich jüngst durch eine vollkommen abwegige Äußerung des zweithöchsten Mitglieds der Bundesregierung, wonach die Hexenverbrennungen ein normaler Vorgang für die katholische Kirche gewesen wären. Warum aber werden solche Mythen immer noch tradiert? Zum einen ist es schwer, aus eingefahrenen Bahnen auszubrechen; zum anderen werden Arbeiten wie Sammelbände zu Geschichtsmythen, aber auch umfassende Darstellungen wie jene Roland Bernhards zu Hispanoamerika nicht rezipiert. Das Material ist vorhanden, man muss es nur verwenden. Der Autor ist Historiker und Anglist sowie Lehrbeauftragter an der Pädagogischen Hochschule Wien. ZUGESPITZT www.wofuerdas... allesgutist.at Es ist kein Geheimnis mehr, dass man darüber nachdenkt, den Soldaten nun auch Schulen als Einsatzorte zuzuweisen. Neu ist hingegen die Idee, dass sich Rekruten auch gleich als Stammzellenspender betätigen sollen. Immerhin wurde die Tauglichkeit zuvor eindeutig festgestellt. Die für die Landesverteidigung zuständige Ministerin ist, so hört man, ob so vieler und so vielfältiger Einsatzmöglichkeiten ihrer Rekruten auf den Geschmack gekommen. Sie schreibt einen Wettbewerb der besten Ideen aus, um weitere Tätigkeitsfelder zu erschließen. Auf der Website www.wofuerdasheersonstnochallesgutist.at – gestaltet nach dem erfolgreichen Vorbild „Kaufhaus Österreich“ – finden sich die gesammelten Erleuchtungen. Tabellen nach dem Vorbild der großartigen Supermarktpreisvergleichsdatenbanken der Regierung sind ebenfalls vorgesehen, doch deren Erstellung wird noch mindestens ein Jahr dauern. Warum, das konnte niemand sagen. Jenen, die sich am Ideenwettbewerb beteiligen, winken zahlreiche Preise: Erster Preis: Flug mit Frau Ministerin zu Airbus, um sie wirklich kennenzulernen. Letzter Preis: Reise ins Burgenland, samt Gulasch, das den Rekruten an der ungarischen Grenze serviert wird, zuvor frisch gekocht in Graz. Brigitte Schwens-Harrant PORTRÄTIERT Trumps personifizierter Albtraum Richterin Tanya Sue Chutkan legte nach einer Anhörung am vergangenen Montag den 4. März 2024 als Termin für das Wahlbetrugsverfahren gegen Donald Trump fest. In einem Schöffenprozess soll unter anderem auch die Beteiligung des ehemaligen US-Präsidenten am Sturm auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021 geklärt werden. Trump-Anhänger sehen in der Entscheidung der Richterin klare Anzeichen für die Voreingenommenheit der 61-Jährigen, da der Prozess auf den Tag vor dem „Super Tuesday“ fällt, an dem Trump seine erneute Kandidatur für das Präsidentenamt fixieren will. Seine Anwälte, die den Prozessauftakt gerne im Jahr 2026 gesehen hätten, wollen gegen diesen Termin vorgehen. Chutkan wird von ihnen scharf kritisiert, sie sei eine „Trump-Hasserin“. Die Richterin selbst hat in der Vergangenheit schon mehrfach bewiesen, dass sie mit den Attacken gegen ihre Person umzugehen weiß. „Für viele Leute scheine ich viele Kriterien zu erfüllen: Einwanderin, Frau, Schwarze, Asiatin. Die eigenen Qualifikationen werden immer kritisiert, und man muss ein dickes Fell entwickeln“, wird sie auf der offiziellen Website der US-Courts zitiert. Als Barack Obama 2013 Tanya Chutkan als „Federal Judge“ nominiert, sagt sie in ihrer Anhörung: „Der ideale Richter ist, so sehe ich das, aufgeschlossen, fair und gut vorbereitet.“ Prinzipien, die sie vor allem im Prozess gegen Donald Trump aufrechterhalten möchte. Zumindest die gute Vorbereitung kann ihr nicht abgesprochen werden. Chutkan hat bereits zahlreiche Fälle im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol verhandelt. Die Urteile werden von internationalen Medien als hart, aber fair eingeordnet. Den Angeklagten gegenüber habe sie sich stets empathisch gezeigt. Trump hat die Richterin ver sichert, ein faires Verfahren gewährleisten zu wollen. Sie werde allerdings keine Jahrmarktstimmung in ihrem Gerichtssaal dulden. Für den ehemaligen US-Präsidenten – es ist eines von vier Verfahren, denen sich Trump im kommenden Jahr stellen muss – ist es das zweite Zusammentreffen mit Chutkan vor Gericht, nachdem sie 2021 seinen Versuch abwies, dem Untersuchungsausschuss des Kongresses Unterlagen aus dem Weißen Haus zu den Ereignissen rund um den 6. Jänner 2021 vorzuenthalten. Damals stellte sie fest: „Präsidenten sind keine Könige, und der Kläger ist kein Präsident.“ (Victoria Schwendenwein) Foto: APA / AFP / United States District Court for the District of Columbia/HANDOUT Tanya Chutkan ist Bundesrichterin für den „District of Columbia“. Ihr wurde per Los der wohl politisch brisanteste Fall der US-Geschichte zugeteilt.
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