DIE FURCHE · 4814 Diskurs30. November 2023ERKLÄRMIR DEINEWELTIch beobachte eineÜberforderung inmeinem Umfeld.Den gesamten Briefwechselzwischen Johanna Hirzbergerund Hubert Gaisbauer könnenSie auf furche.at bzw. unterdiesem QR-Code nachlesen.Johanna Hirzbergerist Redakteurin von „RadioRadieschen“ und freieMitarbeiterin von Ö1.Den Briefwechsel gibt esjetzt auch zum Hören unterfurche.at/podcastIch kann es nicht glauben, dass Sie wirklich auf Tiktokwaren und dann noch dazu meinetwegen. Das ist wieOstern und Weihnachten zusammen. Aber ich binwie immer ehrlich, als ich die Überschrift Ihres letztenBriefes las, verkrampfte sich mein Nacken. Eine seltsameReaktion meines Körpers auf das Wort „Tiktok“. LassenSie mich ein bisschen ausholen, dann erzähle ich Ihnen,woher meine Anspannung kommt.Tiktok begleitet mich schon seit 2019, damals war meineNichte bei mir zu Besuch, und ich sollte mit ihr einen(meiner Meinung nach) komischenTanz filmen. Zum ersten Mal konnteich mir ungefähr vorstellen, wiees meinen Eltern geht, wenn ich siemit der Bitte, mir doch einfach eineSprachnachricht zu schicken, überfordere.Mittlerweile besitze ich eineneigenen Tiktok-Account. Diesenverwende ich allerdings so seltenwie möglich.Treffpunkt für JugendlicheGestern Abend war die Zeit dafürwieder gekommen. Ich suchte nach„coolen“ Weihnachtsgeschenken für meine Nichte. Wieimmer saugte mich die App innerhalb von wenigen Sekundenein. Ich verlor jegliches Zeitgefühl und irgendwieauch mich selbst. Mir fällt es schwer, „nur“ eine Serieoder einen Film zu schauen, ohne nebenbei noch etwasanderes zu machen, aber auf Tiktok bin ich übertriebenfokussiert. Das ist absurd, oder?Ein aktueller Bericht von „Amnesty International“zeigt, dass das am Geschäftsmodell und der Funktionsweiseder App liegen könnte. Und dass durch die Tiktok-Nutzungdie psychische Gesundheit von Jugendlichengefährdet werden kann. Wohlwissend, dass diesesThema kontrovers ist, will ich die Plattform nicht grundsätzlichverteufeln. Sie ist nun mal Treffpunkt für Jugendliche,und diesen sollten sie auch haben. Für mehr Selbstbestimmungund weniger Suchtfaktor bin ich trotzdem.Jede Zeit hat ihre Neurosen„ Mir fällt es schwer,‚nur‘ eine Serie odereinen Film zu schauen,ohne nebenbei nochetwas anderes zumachen. Aber auf‚Tiktok‘ bin ich übertriebenfokussiert. “Nun zu Ihrem Brief. Ihre Orchideenkraft beeindrucktmich. Bis auf zwei Kakteen habe ich bereits alle Pflanzenin meinem Umfeld getötet. Mit meinen Orchideen war esähnlich, ich dachte, sie seien von mirgegangen, und brachte sie auf die Intensivstation,zu meiner Mutter. Dortsind sie wiederauferstanden. Vielleichtfehlt mir die Geduld, von derSie sprechen. Momentan habe ichjedenfalls nicht vor, die Pflanzen zumir zurückzuholen. Ich möchte sienicht noch einmal leiden sehen. IhrePflegestation würde ich hingegensehr gerne sehen! Vielleicht könntedie Redaktion ein Foto davon in eineInstagram-Story posten? Oder vielleichtlernen wir uns irgendwannpersönlich kennen, und Sie zeigen mir ein Bild.Enden möchte ich heute mit Frankl. Ich lese gerade„Das Leiden am sinnlosen Leben“. Er schreibt, dass jedeZeit ihre Neurosen hat und ihre eigene Psychotherapiebraucht. Ich beobachte schon länger eine Orientierungslosigkeitund Überforderung in meinem Umfeld und fragemich, ob es sich dabei um Symptome unseres Zeitgeisteshandelt. Viel dreht sich in dem Buch um das Gefühlvon Sinnlosigkeit durch Überfluss in der Gesellschaft.In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen besinnlichenund bescheidenen Start in den Advent.Von Hubert Feichtlbauer Achtung vor den Menschenrechten – das kann undIn FURCHE Nr. 49das muss heute von jedem der 149 Staaten verlangt38008. Dezember 1978 werden, die sich Vereinte Nationen nennen.Am 10. Dezember findet der InternationaleTag der Menschenrechte statt. An diesem Taghat die Generalversammlung der VereintenNationen 1948 die Allgemeine Erklärungder Menschenrechte (AEMR) verabschiedet.Der Autor und ehemalige Chefredakteurder FURCHE, Hubert Feichtlbauer, hat sich ineinem Text von 1978 Gedanken darüber gemacht,was dieser Tag für die Welt bedeutet.Sinn für dieMenschenwürdeAUSGABENDIGITALISIERTAm 10. Dezember 1978 werden es30 Jahre sein, daß die Generalversammlungder Vereinten Nationendie Allgemeine Erklärung derMenschenrechte und Grundfreiheitenfeierlich verkündet hat: als generellenStandard, auf den seither „alle Völkerund alle Nationen“ verpflichtet sind.Daß die Wirklichkeit anders aussieht,ist bekannt. Zwei von drei Bewohnernder Erde leben in politischer Unterdrückungverschiedensten Grades. 13 MillionenFlüchtlinge torkeln durch dieWelt. Österreich ist eines der nur 44 vonüber 150 Ländern der Erde, in denen politischeFreiheit, wie wir sie verstehen,herrscht. [...] Für die Bewohner der Entwicklungsländerspielt das Recht auf Lebenund Überleben, auf ein wirtschaftlichesExistenzminimum und ErhaltungFoto: Wikipedia (cc by 2.0)der kulturellen Identität eine größereRolle. In den kommunistischen Ländernwieder werden die kollektiven „Sozialrechte“hervorgekehrt: Recht auf Arbeit,Wohnung, Gleichheit usw.Entscheidend ist, daß man solche Akzentsetzungennicht als einander ausschließend,sondern einander ergänzendansieht. Man kann nicht sagen: Individualrechtesollen nur in der kapitalistischenWelt gelten! Man kann ja selbstverständlichauch nicht sagen: Das Recht aufLeben soll nur in Asien oder das Recht aufArbeit nur in der Sowjetunion gelten!Verständlich ist es, wenn das Recht aufNicht-Verhungern-Müssen in Bangladeschhöher bewertet wird als das Rechtauf Muße, das (richtigerweise) auch imUN-Katalog steht. Verständlich, wenndas Recht auf kulturelle Identität in ehemaligenKolonialstaaten oder bei Minderheitenstärker betont wird als dasAsylrecht. [...]Zu den Menschenrechten wird mannicht einfach ein parlamentarischesSystem à la Westminster zählen können,wie es missionarische Politiker inden USA immer wieder tun und damitungewollt unendlich viel Unheil anrichten.Aber die Achtung vor der Würdedes Menschen, wie sie Sophokles schonvor über 2400 Jahren in seiner „Antigone“vertrat und Christus in der Bergpredigtund ebenso die jüdische Mischna(die mündliche Tora), wo es um 200n. Chr. hieß: „Wer immer ein Menschenlebenvernichtet, dem wird es angerechnet,als hätte er die ganze Welt vernichtet,und wer immer ein Menschenlebenerhält, dem wird es angerechnet, als hätteer die ganze Welt erhalten“ – das kannund das muß heute von jedem der 149Staaten verlangt werden, die sich VereinteNationen nennen. Auch von Österreich,wo abgetriebene und mißhandelteKinder, Gastarbeiter, Arbeitslose, geistigund körperlich Behinderte, Psychia trie-Patienten und Strafentlassene oft genugZeugen dafür sind, wie rasch man selberzum Heuchler werden kann.VON 1945BIS HEUTEÜBER 175.000ARTIKELSEMANTISCHVERLINKTDEN VOLLSTÄNDIGENTEXT LESEN SIE AUFfurche.atMedieninhaber, Herausgeberund Verlag:Die Furche – Zeitschriften-Betriebsgesellschaft m. b. H. & Co KGHainburger Straße 33, 1030 Wienwww.furche.atGeschäftsführerin: Nicole Schwarzenbrunner,Prokuristin: Mag. Doris Helmberger-FlecklChefredakteurin: Mag. Doris Helmberger-FlecklRedaktion: Philipp Axmann, Dr. Otto Friedrich(Stv. Chefredakteur), MMaga. Astrid Göttche,Dipl.-Soz. (Univ.), Brigitte Quint (Chefinvom Dienst), Victoria Schwendenwein BA,Dr. Brigitte Schwens-Harrant, Dr. Martin Tauss,Mag. (FH) Manuela TomicArtdirector/Layout: Rainer MesserklingerAboservice: +43 1 512 52 61-52aboservice@furche.atJahresabo (inkl. 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DIE FURCHE · 4830. November 2023Diskurs15Noten seien „ein feindlicher Agent im Reich des Lernens“, meinte der 2019 verstorbene SchulpädagogeRupert Vierlinger. Warum ihre Hinterfragung kein „linkes Hirngespinst“ ist. Ein Gastkommentar.Die Ziffernnote alsewige heilige KuhBildungsminister Martin Polaschek(ÖVP) bezeichnete unlängst die Forderungnach Abschaffung der Ziffernnoteals „Hirngespinst linkerSPÖ-Träumer“. Kurz darauf leisteteihm der Bildungswissenschafter Stefan T. Hopmannvon der Uni Wien im Standard Schützenhilfe,indem er – entgegen jahrzehntelangerpädagogisch-empirischer Kritik und erprobtenAlternativen zur Ziffernbenotung – dieseForderung als „Blödsinn“ titulierte. Beidenscheint entgangen zu sein, dass diese Art derLeistungsbeurteilung in den Erziehungswissenschaftenseit mehr als 50 Jahren massiv angezweifeltwird – ausgehend von dem federführendendeutschen Pädagogen KarlheinzIngenkamp, der dazu schon 1971 (!) publizierte.Fern von „gerechter“ LeistungsbewertungLaut diesen zahlreichen Studien stellen Notennämlich alles andere als eine „transparente,nachvollziehbare Leistungsbeurteilung“dar, wie es im Österreichischen Bundesgesetzblattheißt. Auch lässt die zunehmende Diversitätder Schülerinnen und Schüler (erst rechtin Inklusionsklassen) eine auf angeblicher„Messgenauigkeit“ beruhende „gerechte“ Leistungsbewertungendgültig obsolet erscheinen.Denn Noten erfüllen keine der fachlichenBedingungen förderlicher Leistungsbeurteilung:Sie sind weder „objektiv“ (d. h. verschiedeneLehrende bewerten gleiche Leistungensehr unterschiedlich) noch „valide“ (d. h. siemessen nicht Leistung, sondern auch Dingewie die schichtspezifische Sprachversiertheit).Der Inns brucker Pädagoge Rudolf Weiss etwahat schon vor 55 Jahren in einer Studie zweiGruppen von Lehrpersonen unterschiedlicheAuskunft über die Herkunft eines zu beurteilendenAufsatzschreibers vorgegeben. Und sieheda: Sogar in der Rechtschreibbeurteilung,wo es doch um eine simple Zahl von Fehlernginge, setzte sich das angebliche Milieu durch:Der Schreiber aus vermeintlich gutem Haus erhieltvon 40 Prozent ein Gut, der vermeintlichbildungsferne Schüler nur von sieben Prozent(vgl. Weiss 1968). Und Noten sind schließlichauch nicht „reliabel“ – gleiche Leistungen werdenalso nach einiger Zeit durch ein- und dieselbeLehrperson anders benotet.Foto: PrivatIn neuerer Zeit hat der Salzburger ErziehungswissenschafterFerdinand Eder dieseKritik eindrucksvoll bestätigt: „Leistungen,die in der einen Klasse mit einem ‚Nicht genügend‘verbunden sind, reichen in einer anderenfür ein ‚Sehr gut‘. Und vice versa!“ (2019). Generellsagen Noten auch wenig über das Zustandekommender Leistung aus (also etwa großerFleiß, Schlamperei, wenig Bemühung u. a. m.).Auch ihre Prognosefähigkeit ist gering: Die inmeiner Gymnasialzeit wegen schlechter Noten„Hinausgeflogenen“ etwa können fast alle hervorragendeBerufskarrieren vorweisen.DIESSEITSVON GUTUND BÖSEVon JosefChristian Aigner„ Noten sind wederobjektiv noch validenoch reliabel. Auchihre Prognosefähigkeitist gering.“Der verdienstvolle österreichische SchulpädagogeRupert Vierlinger (zuletzt Professor ander Universität Passau) kommt nach langen Forschungenzu dem Schluss: „Ziffernnoten sindein feindlicher Agent im Reich des Lernens.“Und: „In jedem anderen Leistungsbereich unsererHochkultur würde ein Instrumentariumzum Müll geworfen, wenn die Überprüfungseiner Gütekriterien zu einem ähnlichen Desasterwie bei den Schulnoten führte“ (2001).Deshalb entwickelte er das alternative Konzeptder sogenannten Direkten Leistungsvorlage(DLV oder Portfolio-Konzept). Darin geht esum eine Dokumentation erreichter Ziele – alsoArbeiten aus Mathematik, Deutsch, verschiedeneArbeitsblätter, Projektberichte, Listen gelesenerBücher oder gelernter Lieder, Dateien mitDokumenten zur mündlichen Ausdrucksfähigkeitu. a. – mit dem wichtigen Schwerpunkt aufzu verbessernde Bereiche, also nicht be- odergar entwertend, sondern förderungsorientiert.Das hat auch weitreichende soziale Konsequenzen,fungieren doch Lehrpersonen nichtmehr als Beurteilende, sondern als Helfendeund Fördernde. Auch etwas wie Schwindelnwird witzlos, weil die Schülerinnen und Schülersich selbst betrögen. Neidische Konkurrenzum der Konkurrenz (und der Note …) willenerübrigt sich – und Eltern könnten keinenVerdacht mehr auf ungerechtfertigte Beurteilunghegen; es zählen nur die sichtbare Leistungund der individuelle Leistungszuwachs.Und Hand aufs Herz: Wieso perpetuierenwir eine Leistungsbeurteilung, derentwegenzum Schul- und Semesterschluss hin „Krisentelefone“eingerichtet werden, um enttäuschteSchülerinnen und Schüler vor Selbstschädigungzu bewahren? Und indirekt bestätigtja die Politik selbst die Problematik der Noten,indem man Kindern mancherorts wenigstensin den untersten Stufen die Noten erspart.„Krisentelefone“ gegen SelbstbeschädigungAber die Ziffernnote ist offenbar eine heiligeKuh konservativer Schulpolitik: Ich erinneremich etwa an Erhard Busek als Unterrichtsminister(also nicht einen der einfältigsten ausder Politikerkaste), der aber auf die Forderungnach Abschaffung der Noten auch sagte: „Dannlernen s’ ja nix mehr!“ Nun: Das Gegenteil istin x Schulversuchen und Alternativmodellenbewiesen. Es wäre längst an der Zeit, dass diePolitik dies realisiert und einem verdienstvollenErziehungswissenschafter wie dem 2019verstorbenen Rupert Vierlinger – der auch fürdie Gesamtschule eintrat und mit der ÖVP, derer an sich nahestand, darob schwer in Konfliktgeriet – wenigstens posthum insofern die Ehreerweist, als seine Forschungen nicht weiterbeharrlich ignoriert werden.Der Autor ist Psychologe, Psychoanalytikerund war bis 2017 Professor an der Fakultät fürBildungswissenschaften der Uni Innsbruck.QUINT-ESSENZVon Brigitte QuintWas „Hahn“ umtreibtEin alter Schulfreund hatte vor Jahreneine Freundin, nennen wir sie Babsi,von der mir nur eines im Gedächtnisgeblieben ist: ihre Ansprüche an ein Hotel.Sie bestand darauf, dass es entweder neu gebautoder frisch renoviert worden war. Auchcheckte sie vorab, welche Holzart für dieMöbel verwendet wurde. Ebenso die Markender Matratzen oder welche Art von Bildernan den Wänden hingen. Mein Schulfreundhatte ihre Allüren irgendwann satt.Mir kam Babsi in den Sinn, weil ich michauf einer Hotelbuchungsplattform herumtreibenmusste. Fatalerweise hatte ich michbereiterklärt, für einen Mädelstrip nachPrag das Hotel zu organisieren. Vereinbartwar, dass keine von uns mehr als 80 Eurodie Nacht ausgeben wollte. An die Bleibestellten wir zwei Anforderungen: Sie solltesauber und einigermaßen zentral sein.Schnell merkte ich, wie naiv wir waren.Unter 180 Euro pro Nacht und Nase gehtin der Prager Innenstadt in der Vorweihnachtszeitnichts. Doch dann schaltete ichden Filter aus, der mir jene Hotels, die mit„enttäuschend“ oder „schlecht“ bewertetsind, erst gar nicht anzeigt. Ein Volltreffer!Das System spuckte eine Bleibe aus, die unseremBudget entsprach.Nun musste ich nur noch herausfinden,warum das Hotel so abgekanzelt wurde. Alsoackerte ich mich durch die Kommentare.„Jakob“ mahnte an, dass das Bier aus demAutomaten zu warm gewesen sei. „Hahn“bekrittelte, das Hotel diskriminiere aufgrundder kleinen Zimmer übergewichtigeTouristen (er selbst hätte aber Idealgewicht).„Sonja“ monierte die Halterung desKosmetikspiegels. „Harald“ gab an, nachtsvoller Angst wachgelegen zu sein, weil imNebenzimmer gestritten wurde. „Paul“ warendie Stiegen zu steil. „Robert“ waren dieStiegen zu flach. „Nele“ fand das Angebotim Supermarkt nebenan unbefriedigend.Ob Babsi ihre Probleme in den Griff bekommenhat? Wofür standen die Matratzen,Bilder und Holzarten? Und: Warum sorgtsich „Hahn“ um übergewichtige Prag-Besucher?Was hat es mit „Haralds“ Angstattackeauf sich? Das schlechte Hotel ist jedenfallsgebucht – als Selbsterfahrungstrip, alsExperiment. Was soll schon schiefgehen?Wir haben ja jede Menge warmes Bier.PORTRÄTIERTVon Indien über Klosterneuburg nach ZentralafrikaPater Sen Vellakada, indischer Ordensmann, istfür sein Engagement in Afrika mit dem „Romero-Preisfür herausragende Leistungen im BereichGerechtigkeit und Entwicklung“ ausgezeichnet worden.Der nach dem salvadorianischen MärtyrerbischofÓscar Romero (1917–1980) benannte Preis wird von derKatholischen Männerbewegung verliehen und gilt alsÖsterreichs bedeutendste Auszeichnung für in der Entwicklungszusammenarbeitengagierte Menschen.Der 48-jährige P. Sen gehört den Missionaren des hl.Franz von Sales an und setzt sich für Bildungschancenbenachteiligter Kinder in den zentralafrikanischen Ländernein. Er engagiert sich u. a. im Tschad für den Bau vonSchulgebäuden aus Ziegeln und Beton. Viele Schulen indiesem Land seien in einfachen strohgedeckten Lehmhüttenuntergebracht, oder der Unterricht finde unter einemMangobaum statt, wie er berichtet. In der ProvinzhauptstadtDoba im Süden des Tschad konnte er bereitsein Gebäude errichten; für die Schülerinnen und Schülerder Sekundärschule ist nun ein Neubau geplant.Sen Vellakada wurde im südindischen BundesstaatKerala geboren. Dort begann er das Studium der Philosophieund der Theologie, zusätzlich studierte er Massenkommunikationund Psychologie. 2009 schickte ihn seinOrden nach Klosterneuburg, wo er in der Pfarr- und Krankenseelsorgedes Stiftes tätig war, gleichzeitig machte eran der Katholisch-Theologischen Fakultät der UniversitätWien sein Doktorat. Nach fast sieben Jahren „quasi in Luxusin Österreich“ sei es an der Zeit gewesen, einen Kontrastzu erleben, meinte P. Sen in einem Interview für dieWiener Kirchenzeitung Der Sonntag: So habe er seinenOrden gebeten, nach Afrika auf Mission gehen zu dürfen.Zurzeit ist Sen Vellakada Regens für die Theologiestudentensowie Ökonom seiner Gemeinschaft in Kamerunund Koordinator der beiden großen Schulprojekte inDoba im Tschad und in Ngaoundéré, Nordkamerun.Der mit 10.000 Euro dotierte Romero-Preis wurde ineinem Festakt im Stift Klosterneuburg übergeben. Dabeiwürdigte der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschldie Arbeit von P. Sen in einer Videobotschaft: Der Ordensmanneröffne mit seinem Schulprojekt Wege aus der Hoffnungs-und Perspektivlosigkeit. Auch das Stift Klosterneuburgunterstützt die Projekte von P. Sen: „Vellakadahat breite Netzwerke zwischen Menschen geschaffen undschlägt für Menschen Brücken in die Zukunft“, so PropstAnton Höslinger bei der Preisverleihung. (ofri/KAP)Foto: KMBÖ/PumbergerPater SenVellakada MSFSwurde für seinEngagement inZentralafrika mitdem Romero-Preis2023 ausgezeichnet.
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