Aufrufe
vor 3 Wochen

DIE FURCHE 30.04.2025

DIE FURCHE

18 · 30. April 2025DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 81. Jg. · € 6,–„Sie reden vom wahren Volk“ Römisches Spektakel Letzte Wochen in WienDer Politologe Jan-Werner Müller erklärt, wie mandie Demokratie rettet und was die US-Oppositionfalsch macht. · Seiten 2–3Dieser Tage entscheidet sich, wer Franziskus alsnächster Papst nachfolgen wird. Ein Überblick vordem Konklave. · Seiten 10–11Der Wiener Schriftsteller und Kulturjournalist LudwigHirschfeld erlebte 1938 den radikalen Umbruchdurch das NS-Regime. · Seite 19Das Thema der WocheSeiten 6–8Jeder einReporter?Social Media und Co hebeln dasjournalistische Handwerk aus.Medienunternehmen reagierenmit Offenheit. Warum das gutgehen kann. Zum Tag derPressefreiheit.Foto: iStock/PR-PhotoDesignWie Theologinnenbedroht werdenIllustration: iStock / Oleg LyfarTelefon terror, Shitstorms, Hassbriefe:Fundamentalistische Christenattackieren in Österreich anonymFrauen der theologischen Wissenschaft.Was steckt dahinter?Eine Spurensuche.Seite 9Vor 80 Jahren wurde Österreich befreit und als demokratische Republik wiedererrichtet.Wie kostbar und brüchig solche Freiheit ist, zeigt der (drohende) Backlash in Politik und Kirche.Geist und UngeistVon Doris HelmbergerEs war strahlend blauer Himmel,als die Welt Abschied von PapstFranziskus nahm. Die Mächtigensaßen auf dem Petersplatz,mit dabei der Mächtigste und Irrlichterndstevon allen, Donald Trump. KeineWoche zuvor war auch Trumps Vize, J. D.Vance, im Vatikan gewesen – als allerletzterGast des Papstes. Was Franziskus dem katholischenKonvertiten kurz vor seinem Todmit auf den Weg gegeben hat, bleibt im Dunkeln.Noch im Februar hatte der Papst dieAbschiebepläne der Trump-Regierung ineinem Brandbrief an die US-Bischöfe scharfkritisiert. Die Kriminalisierung aller Migrantenwiderspreche der Menschenwürde,so der Papst – und eine Rangordnung derLiebe (ordo amoris) dem biblischen Gleichnisvom barmherzigen Samariter.Ob auch Franziskus’ Nachfolger das sosieht, wird sich ab 7. Mai im Konklave zeigen(vgl. Seiten 10 und 11). Die Chancen stehengut, dass sein Kurs der vorsichtigen Öffnungweitergegangen wird. Und doch bleibtdas Risiko eines fundamentalistischenBacklash existent: Neo-Integralisten bzw.katholische Illiberale, die eine Unterwerfungdes Staates unter die Autorität der katholischenKirche ersehnen und von einem„ Kein Ordnungsrufgegen ‚Umvolkung‘ imParlament? Protestgegen solchen Ungeistist Verpflichtung.“Ständestaat à la Dollfuß träumen, sind bestensvernetzt – bis hinauf zu J. D. Vance. Undihre Anhänger wittern auch in ÖsterreichMorgenluft: Anonyme Angriffe fundamentalistischerChristen auf progressive Theologinnenzeugen vom Anschwellen diesergefährlichen Unterströmung (vgl. Seite 9).Zeitenwende im MorgengrauenWie schnell politisch-weltanschaulicheDämme brechen können, wie schnell sichder Geist von Offenheit, Toleranz und Demokratieverflüchtigen und totalitäremUngeist weichen kann, zeigt nicht zuletztder Blick in die Geschichte. Binnen wenigerStunden nach dem „Anschluss“ Österreichsan das Deutsche Reich am 13. März1938 vollzog sich eine radikale Zeitenwende.„Als ich im Morgengrauen die Redaktionverlasse, tragen die Verkehrspolizistenschon die Hakenkreuzarmbinde“, schreibtTheodor F. Meysels, damals Kulturredakteurder Neuen Freien Presse (vgl. Seite 19).„Insgesamt haben in den ersten drei Tagendes Regimes 187 Leute Selbstmord begangen.Das darf natürlich nicht gemeldet werden– im redaktionellen Teil.“Erst sieben Jahre und Millionen Ermordeteund Gefallene später wird das Nazi-Regime kollabieren – und Österreich am27. April 1945 als unabhängige demokratischeRepublik wiedererstehen. Es ist derviel zitierte „Geist der Lagerstraße“, derdie einst erbitterten politischen Gegner(Sozial demokraten, Christlichsoziale undKommunisten) – jenseits aller Verklärungen– zusammenschweißt und den wahrenFeind deutlich macht. Erst durch diesenGeist konnte „der Puls der Freiheit, der PulsÖsterreichs“ 1945 wieder zu schlagen beginnen,erklärte Bundespräsident Ale xanderVan der Bellen vergangenen Sonntagbeim Staatsakt zum 80. Jahrestag der ZweitenRepublik, einen Tag nach dem Papstbegräbnis.Diesen Geist des Kompromissesbrauche es auch heute, so Van der Bellen.Sowie die Bereitschaft, „aus dem reinenKommentieren herauszukommen“ und„mit Taten für das Richtige einzustehen“.Nicht immer liegt auf der Hand, was dieses„Richtige“ ist. Der Geist der Unterscheidungbleibt immer gefragt. Und doch istvielfach sonnenklar, wann und wo Rechtsstaat,Menschenrechte, Meinungs- und Religionsfreiheitsowie die klare Abgrenzungvon totalitärem Terror ausgehöhlt werden:sei es etwa die jüngste Weigerung vonNationalratspräsident Walter Rosenkranz(FPÖ), angesichts eines „Umvolkungs“-Sagers im Parlament einen Ordnungsrufzu erteilen; oder seien es die genanntenAttacken katholischer Fundamentalistenauf Forscherinnen.Das Aufstehen gegen solchen Ungeist istunser aller bleibende Verpflichtung. Nichtnur unter einem strahlend blauen Himmel.doris.helmberger@furche.atAUS DEM INHALTDer ukrainische PatientVor der Präsidentschaftswahl in Polen machenRechte und Rechtsextreme Stimmungmit der angeblichen Überlastung des Gesundheitssystemsdurch Ukrainer. Seiten 4–5Das Trauma vom bissigen HundMenschen lieben Hunde, und trotzdemkochen die Emotionen beim Umgang mitden Vierbeinern oft hoch – vor allem, wennsie zubeißen. Seite 13Warum gute Pflege Schwerarbeit istDie Regierungspläne zur Schwerarbeiterregelungfür Pflegekräfte sollten in einReformpaket eingebettet werden. Ein Gastkommentarvon Thomas Windhaber. Seite 15Es musste anders sein„Angesagt“: Daniel Wisser empfiehlt denRoman „Kati auf der Brücke“ von Hilde Spiel.Er war bei seinem Erscheinen 1933 seinerZeit um dreißig Jahre voraus. Seite 17Ikone auf der IntensivstationDie Keeling-Kurve ist ein Fundament derinternationalen Klimaforschung. UnterUS-Präsident Trump könnte die Langzeit-Messreihe bald abgedreht werden. Seite 22@diefurche@diefurchefurche.at@diefurche.bsky.socialDie FurcheÖsterreichische Post AG, WZ 02Z034113W,Retouren an Postfach 555, 1008 WienDIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 WienTelefon: (01) 512 52 61-0

DIE FURCHE 2024

DIE FURCHE 2023