DIE FURCHE · 18 16 Diskurs 2. Mai 2024 ZEITBILD Foto: Getty Images / MediaNews Group, Los Angeles Daily News Campus als Minenfeld Was an einer Eliteuniversität an der Ostküste begann, sorgt mittlerweile in weiten Teilen der USA für Diskussionen: Studierende protestieren gegen die Israel-Politik von US-Präsident Joe Biden und fordern ein Ende des Krieges in Gaza. Nachdem Mitte April an der Columbia University im Bundesstaat New York knapp hundert Studierende verhaftet wurden, solidarisierten sich junge Menschen im ganzen Land mit den Verhafteten und errichteten an ihren Campussen Zeltlager. Die Forderungen der Protestierenden unterscheiden sich je nach Standort, in einem Punkt sind sie sich aber einig: Universitäten werden aufgefordert, wirtschaftliche Beziehungen mit israelischen Firmen und Profiteuren des Krieges in Gaza abzubrechen. Immer wieder fallen einzelne Demonstrationsteilnehmer aber durch antisemitische Äußerungen auf. Viele jüdische Studierende fühlen sich auf ihrem Universitätsgelände zunehmend unwohl, einige reagieren mit pro-israelischen Demonstrationen auf die Solidaritätsbekundungen mit Palästina. Hier im Bild zu sehen ist das Aufeinandertreffen zweier solcher Gruppen an der University of California. Einige Universitäten haben Lehrveranstaltungen bereits in den Online-Modus verlegt. Die an US-Universitäten üblichen großen Abschlussfeiern im Freien wurden teilweise abgesagt. Als zu hoch wird derzeit das Sicherheitsrisiko eingeschätzt. (Astrid Wenz) 10.000 Euro monatlich für ein Jahr EuroDreams Special exklusiv für Österreich Die Österreichischen Lotterien führen bei EuroDreams eine ganz spezielle Aktion exklusiv für Österreich durch: Unter allen EuroDreams Tipps, die in Österreich für die Ziehungen am Montag, den 29. April und Donnerstag, den 02. Mai 2024 abgegeben werden, wird zusätzlich ein Gewinn von Euro 10.000 Euro pro Monat für die Dauer eines Jahres ausgelost. 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Michael Gleitsmann via Mail Künstlich-tödliche Kriegsintelligenz Von Wolfgang Machreich Nr. 17, Seite 5 Herrn Machreich ist es wieder gelungen, viele kompetente Stimmen zu einem immens wichtigen Thema in seinem Artikel zu vereinen und zu ergänzen. Der unkontrollierte und unkontrollierbare Einsatz von KI in Fragen, bei denen es auch um Ethik und Vernunft geht, ist inakzeptabel. Ich denke an die fernen Jahre, da Staatspräsidenten mit dem sogenannten Roten Knopf und dem Roten Telefon die Letztentscheidung über den Einsatz von Atomwaffen hatten, was z.B. in der Kubakrise Furchtbares verhinderte. Mit dem Einsatz von KI in diesem Bereich überließe der Mensch solche Entscheidungen einem „Russischen Roulette“. Franz Winter via Mail Ist die Euphorie ob des US-Ukraine-Pakets legiti? Contra von Jan Opielka Nr. 17, Seite 6 Ich muss immer wieder an die Analyse des ORF-Reporters Christian Wehrschütz zu Beginn des Einmarsch Russlands in der Ukraine denken: Sinngemäß sagte er, er könne sich nicht vorstellen, dass Russland an einem kaputt gemachten Land Interesse haben könnte. Zwei Jahre später ist nicht nur viel des begehrenswerten Landes zerstört – sondern auch das Leben vieler Menschen. Und zerstört ist auch jede Hoffnung auf Frieden, auf ein Innehalten, auf einen Stillstand der Waffen, auf Finden eines Kompromisses durch Gespräche und Verhandlungen. Es wird nur mehr mit Waffen, Munition, Drohnen, Abwehr-Raketen gerechnet, gedacht und gehandelt. Der „Contra-Beitrag“ von Jan Opielka zeigt, dass man doch anders oder weiter denken darf. Danke! Ja, und er „rehabilitiert“ auch den Papst. Waltraud Fink 3722 Straning Ein wacher lutherischer Zeitgenosse Michael Bünker im Porträt Von Otto Friedrich, Nr. 17, Seite 15 Zum politischen Misserfolg des „privatisierten“ Karfreitag eine kleine Randbemerkung: Am 19. November 2009 beschloss das österreichische Parlament über Antrag von Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP), „dass die Präsenz von religiösen Symbolen im öffentlichen Raum (...) auch in Zukunft möglich ist und die Anbringung von Kreuzen (...) in Übereinstimmung mit der österreichischen Verfassungsordnung und den völkerrechtlichen Verpflichtungen gesichert ist“. Und am 27. Februar 2019 folgte der bedauerliche Beschluss, den Karfreitag aus dem Feiertagskalender zu streichen. Dass nun ausgerechnet jener Tag zu einem gewöhnlichen Arbeitstag derangiert wurde, der den Ursprung und eigentlichen Sinn des Kreuzes verdeutlicht, ist nicht zu verstehen. Die Protestanten beklagen aber nicht nur „die ökumenische Unsensibilität“ der damaligen Regierung (Kurz I), sondern auch die „unterbliebene Rücksichtnahme“ der Katholischen Kirche, die als „ökumenischer Sündenfall schmerzhaft in Erinnerung“ geblieben ist (vgl. Kleine Zeitung vom 3.3. 2019). Eine politische Lösung ist nicht in Sicht, sie könnte nur als „Feiertag für alle“ getroffen werden, vermutlich im Tausch mit dem Ostermontag oder dem 8. Dezember, was eine Verständigung mit dem Heiligen Stuhl über diese Konkordatsmaterie voraussetzt. Wie hieß es? „Marienfeiertage sind für katholische Kirche verhandelbar“ (Kleine vom 7.3.2019). Prof. Dr. Karl Schwarz Wien Bei EuroDreams hat man zweimal wöchentlich – jeweils am Montag und am Donnerstag – die Chance, bis zu 20.000 Euro netto pro Monat für die Dauer von 30 Jahren zu gewinnen. 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Eine Rückkehr zum Staatskirchentum dürfe es nicht geben, so Lackner. Vor 90 Jahren trat die „Maiverfassung“ in Kraft, durch die unter Bundeskanzler Engelbert Dollfuß der nach ständisch-faschistischen Prinzipien gebildete „Bundesstaat Österreich“ etabliert werden sollte. RELIGION ■ Experte Hans Zollner über Missbrauch und Safeguarding Ambivalent fällt der Befund des Jesuiten und Psychotherapeuten Hans Zollner hinsichtlich des weltweiten Umgangs der katholischen Kirche mit dem Thema Missbrauch aus. Zum einen habe die Kirche im Bereich der Prävention große Fortschritte gemacht. „Keine Institution, kein Staat, keine NGO hat so viel in Leitlinien und verpflichtende Schulungen investiert, wie es die Kirche für ihr Personal tut“, meinte Zollner vergangene Woche im Rahmen eines Vortrags und Mediengesprächs auf Einladung der Klasnic-Kommission in Wien. Ganz anders verhalte es sich bei der Aufarbeitung von geschehenem Missbrauch. „Ein einziger Fall bzw. schlechtes Kommunizieren zerstört tausende Stunden Präventionsarbeit und demoralisiert“. Damit Kirche ein „sicherer Ort“ für alle werde und wieder Glaubwürdigkeit gewinne, müssten sich alle mitverantwortlich fühlen, so Zollner, der im Vorjahr u.a. wegen fehlender Transparenz die Päpstliche Kinderschutzkommission verlassen hat. „Safeguarding gehört zur Sendung der Kirche. Solange wir das nicht verstehen, bleibt unser systemischer Mangel bestehen.“ Foto: Kathpress / Paul Wuthe FILM ■ Michael Verhoeven (1938–2024) Der Regisseur, Schauspieler und promovierte Mediziner verstarb in München im 86. Lebensjahr. Das Œuvre des Ehemanns von Senta Berger,, umfasste Unterhaltungskino ebenso wie Dokumentarfilme. Sein Anti-Vietnamkriegsfilm „o.k.“ löste auf der Berlinale 1970 einen Eklat aus, der zum Abbruch des Festivals führte. Sein wahrscheinlich bekanntester Film war 1982 „Die weiße Rose“, der wesentlich zur Aufhebung der Volksgerichtsurteile gegen die Geschwister Scholl führte. Der FURCHE stand Verhoeven 2007 zum Dokumentarfilm „Der unbekannte Soldat“ über die Wehrmachtsausstellung Rede und Antwort.
DIE FURCHE · 18 2. Mai 2024 Kultur 17 Von Harald Klauhs Unter dem Titel „lichtung“ ist 1966 Ernst Jandls wohl bekanntestes Gedicht entstanden: „manche meinen / lechts und rinks / kann man nicht / velwechsern. / werch ein illtum!“ Das war, angewendet auf den Titel, gewiss ideologisch gemeint und damit sehr vorausschauend. In gewisser Weise sagt das Gedicht aber auch etwas über Akustik aus. Denn beim Sprechen wird schnell ein Laut verschluckt oder undeutlich ausgesprochen und damit ist die Gefahr, falsch verstanden zu werden, einigermaßen hoch. In die Schlagzeilen geriet ein Hörfehler zuletzt bei der Gemeinderatswahl in Salzburg, als bei der telefonischen Übermittlung des Wahlergebnisses von Golling die Stimmen der SPÖ fälschlicherweise der FPÖ zugerechnet wurden. S und F sind – leicht nuschelig ausgesprochen – beim Hören verwechselbar; akustisch gesprochen, nicht politisch. Einer der Ersten, der in den Anfängen des neuen Mediums Radio darauf hingewiesen hat, dass die akustische Übertragung von Nachrichten flüchtig und fehleranfällig ist, war Josef Räuscher. Nur wenige Monate, nachdem die SPÖ ihren Gründungsparteitag dort abgehalten hatte, kam Josef Räuscher am 10. August 1889 in Hainfeld, Bezirk Lilienfeld, als Sohn eines Lehrers und späteren Direktors der Knabenbürgerschule in St. Pölten zur Welt. Dementsprechend genoss er eine fundierte humanistische Ausbildung, die er 1912 mit einer Dissertation an der Universität Wien über „Die Namengebung in Ifflands Dramen“ abschloss. Sprung nach Berlin „ Räuscher erkannte sehr rasch, dass Meldungen im Radio anders aufgebaut werden mussten als in Zeitungen. “ Warum er nach dem Ersten Weltkrieg, in dem er als Offizier diente, nach Berlin ging, kann man bestenfalls aus seinen späteren Zeitungsartikeln schließen: Für den angestrebten Beruf eines Journalisten war ihm Österreich zu klein geworden. Noch als Student hatte er mit seinem Kommilitonen Adalbert Jungwirth die Zeitschrift Beiträge zur lokalen Kunstpflege in St. Pölten gegründet. Mit jugendlichem Elan schrieb er darin vor allem Rezensionen zu Opernund Theateraufführungen, nahm aber auch zu kulturpolitischen Fragen Stellung. Im Aprilheft des Jahres 1910 etwa zog er Bilanz über die vergangene Theatersaison und fragte: „Wer soll führen, das Publikum oder das Theater?“ In subventionierten Theatern, so seine Argumentation, sollte der Direktor eine Erziehungsaufgabe erfüllen und nicht „dem schlechten Geschmack des Publikums in alle schmutzigen Gassen nachlaufen“. Phil. Räuscher, wie er seine Artikel zumeist unterzeichnete, polemisierte gegen die „textlich und musikalisch greulichen Mißgeburten“ der jüngsten Operettenliteratur mit Titeln wie „Das nackte Weib“, „Der fidele Bauer“ oder „Die geschiedene Frau“. Mit solchen Schmonzetten erzeuge man „Wirkung ohne Ursache“, wie er in diesem Artikel Richard Wagner zitierte, und mache die Zuschauer für Werke mit „feinerer, intimerer Bühnenwirkung ganz unempfänglich“. Als es im Herbst 1910 mit der Finanzierung der Zeitschrift schwierig wurde, verabschiedete er sich im Dezemberheft von seinem Publikum in der Hoffnung, „dass unsere zweijährige Arbeit, die der Liebe zur Heimat entsprang, nicht fruchtlos war“. Foto: Getty Images / Spiderstock Erinnerung an Josef Räuscher (1889–1937), einen österreichischen Radiopionier, der in Deutschland Karriere machte. Ein Beitrag zu 100 Jahre Radio. Erst das Wetter, dann die Politik Josef Räuscher senior verbrachte die Schulferien in diesen Vorkriegsjahren in seinem Sommerhaus in Waldegg im Piestingtal. Dort unterrichtete seit 1902 Ferdinand Ebner die Kinder und wurde von seinem St. Pöltner Amtskollegen zum Gedankenaustausch eingeladen. Dabei freundete sich Ebner mit dessen Tochter Frieda und seinem Sohn Josef an. Mit Frieda spielte Ebner gern Klavier, mit Josef wanderte er stunden-, auch nächtelang philosophierend durchs Tal. Dabei machte der Student den in der abgelegenen Provinz lehrenden Kollegen seines Vaters auf zwei Zeitschriften aufmerksam, die in den Intellektuellenzirkeln der Hauptstadt große Beachtung fanden: Die Fackel und Der Brenner. In Letzterem erschien dann nach dem Krieg Ferdinand Ebners sprachphilosophisches Hauptwerk „Das Wort und die geistigen Realitäten“. Umgekehrt lernte der vielseitig interessierte junge Mann über Ebner den Zwölftonkomponisten Josef Matthias Hauer und später den Maler und nachmaligen Lehrer am Bauhaus in Weimar, Johannes Itten, kennen. Ausgangspunkt dieser Verbindungen aber war die kleine Marktgemeinde am Fuße der Hohen Mandling. Es muss ein großer Sprung für den ehrgeizigen und umtriebigen Josef Räuscher von Waldegg nach Berlin gewesen sein. Doch das Nachkriegschaos in der Hauptstadt der Weimarer Republik schreckte ihn offenbar nicht. Auch Minderwertigkeitskomplexe gegenüber Preußen plagten ihn nicht. In kurzer Zeit machte er in Berlin Karriere. Wie Dietz Schwiesau von der Universität Leipzig recherchiert hat, heuert er zuerst bei der Berliner Börsen-Zeitung an, arbeitet als Redakteur im Dammert Verlag, wird Chefredakteur einer Korrespondenz der Telegraphen-Union und schreibt daneben für die Zeitschriften Germania, Hochland und diverse Lokalblätter. 1924 und 1925 unternimmt er Reisen nach „Süd- Slawien“ und veröffentlicht mehrere Artikel zu seinen Eindrücken. Danach wird er Chefredakteur der Abteilung Politik und Feuilleton beim Reichsdienst der deutschen Presse. In nur einem Lustrum hatte er sich zum einflussreichen politischen Journalisten gemausert. Die Wirkungsstätte aber, die ihn für die Nachwelt bedeutsam gemacht hat, ist die „Dradag“, die „Drahtlose Dienst A. G.“. Sie wurde 1923 als zentrale Stelle des deutschen Rundfunks gegründet, um Hörfunksender der Bundesländer mit Nachrichten zu versorgen. In den Anfängen herrschte Misstrauen der Rundfunkgesellschaften gegenüber der Dradag. Deshalb suchte man seitens der Behörde nach einem konzilianten Chefredakteur. Erfahrungen mit dem neuen Medium waren keine Bedingung, weil sie erstens kaum jemand hatte und zweitens die Hörfunk-Journalisten in der Anfangszeit meist die Tageszeitungen als Quelle ihrer Nachrichten heranzogen. Da Josef Räuscher sich in seinen Artikeln stets republiktreu gezeigt hatte, bewarb er sich für die Stelle und rechnete sich gute Chancen aus. Wohlweislich verschwiegen hatte er allerdings seine Staatsangehörigkeit. Fast wäre seine Ernennung daran gescheitert. Doch noch rechtzeitig vor seinem Amtsantritt am 1. Dezember 1926 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft. Neue Form der Nachrichtenvermittlung Quasi naturgemäß ging ein so wichtiger Posten mit allerlei politischen Begehrlichkeiten einher. Er selbst stand dem linken Flügel der Zentrumspartei nahe, verstand es als gelernter Österreicher aber, durch die Klippen der rauen politischen See zu lavieren. Als Skylla musste ihm der für den Lesen Sie zu dem Thema „Lob eines intimen Mediums. Fast ein Nachruf aufs Radio“ von Hubert Gaisbauer (26.2.1998) auf furche.at. Ein Medium mischt mit In den 1920er Jahren etablierte sich das Radio als gewichtiges Nachrichtenmedium. Josef Räuscher verlieh ihm ab 1926 in Deutschland Profil. Rundfunk zuständige Postminister gelten, der das Radio als Instrument zur Verbreitung der Regierungslinie betrachtete. Als Charybdis erwiesen sich die Zeitungsherausgeber, die in den Ätherwellen eine gefährliche Konkurrenz zum Papier witterten. Den Fangarmen der Behörde widerstand Josef Räuscher, indem er seine Redaktion zu strikter Überparteilichkeit anleitete, dem Sog der Print-Zaren trotze er, indem er das Radio zu einem eigenständigen Faktor des Journalismus machte. Dazu bediente er sich eines Mittels, das ihm internationale Anerkennung einbrachte. Räuscher erkannte sehr rasch, dass Meldungen im Radio anders aufgebaut werden mussten als in Zeitungen, in denen man gegebenenfalls nachlesen konnte. In mehreren Artikeln entwickelte er einen „Hörstil“. „Der Hörer hat nur die Ohren zur Verfügung!“, lautete ein Satz in der Präambel zu seinen Stilregeln in 19 Paragrafen, die er in seiner Redaktion affichierte. Ein weiterer: „Wer am Wortlaut der Agentur klebt, ist Briefträger, nicht Redakteur!“ Was bedeutete, dass Agenturmeldungen von seinen Redakteuren dem Medium gemäß umgeschrieben werden sollten. In seinen Richtlinien erläuterte er, wie Nachrichten in phonetischer, struktureller, semantischer, syntaktischer bis hin zu interpunktueller Hinsicht im Rundfunk anzulegen seien. Man soll die Fassungskraft der Hörerinnen und Hörer nicht überstrapazieren, war Räuscher überzeugt. Denn das Radio- Publikum setze sich aus allen Schichten zusammen, ist oft müde und habe das Anrecht, leicht verständlich informiert zu werden. Ein wesentliches Mittel dazu ist der Satzbau. „In den ersten vier, fünf Wörtern muss FORTSETZUNG AUF DER NÄCHSTEN SEITE
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