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DIE FURCHE 30.03.2023

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DIE FURCHE · 13 22 Wissen 30. März 2023 Von Martin Tauss HUMAN SPIRITS Fürchtet euch nicht! „ Was es braucht, sind Regeln und Gesetze, um Kinder und Jugendliche vor den Angriffen aus dem digitalen Dschungel zu schützen. “ In den 1990er-Jahren blickte ein deutscher Philosoph besorgt in die Zukunft. Thomas Metzinger warnte vor einer „hochprofessionalisierten Industrie, die nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern uns alle aus dem Medien-Dschungel heraus angreift, um uns unsere knappe Ressource Aufmerksamkeit zu rauben“. Metzinger verwies darauf, dass sich diese Industrie die neuen Erkenntnisse der Hirnforschung zunutze machen würde. Der Begriff des „Medien-Dschungels“ ist gut gewählt, denn er verdeutlicht, dass im Kampf um Aufmerksamkeit wenig zimperliche Methoden angewendet werden. Ein wildwüchsiger Dschungel ist unübersichtlich; es gilt das Recht des Stärkeren. Der Philosoph plädierte dafür, bereits Schülern und Schülerinnen einen „Werkzeugkasten mit einfachen Bewusstseinstechniken“ zu vermitteln, der es erlaubt, „sich effektiv gegen Angriffe auf die eigene geistige Gesundheit zu verteidigen“. Schließlich lernt man in der Schule sehr viele Wissensinhalte – nicht aber so etwas Grundlegendes wie seine Aufmerksamkeit gezielt zu steuern. Ein wichtiges Mittel dafür sah Metzinger in der säkularen Achtsamkeitsmeditation. So wichtig diese Ideen weiterhin sind, wäre es wohl naiv zu glauben, dass das Problem damit aus der Welt geschafft wäre. Denn heute geht es nicht mehr nur um die Förderung der mentalen Autonomie, sondern bereits um das Recht auf geistige Privatsphäre. Wenn „Augmented Reality“ durch Hirn-Computer-Schnittstellen in greifbare Nähe rückt, dann bedarf es dieses erweiterten Menschenrechts, fordert die Philosophin Nita Faranhany von der amerikanischen Duke-Universität. Wie bei der Klimakrise wird es mit individueller Anstrengung auf freiwilliger Basis bei weitem nicht getan sein. Was es braucht, sind Regeln und Gesetze, um vor allem Kinder und Jugendliche (deren Gehirn noch in der Reifungsphase ist) zu schützen. So soll etwa im US-Bundesstaat Utah ein Gesetz in Kraft treten, das bei der Nutzung von sozialen Medien eine Überprüfung des Alters, elterliche Zustimmung und nächtliche Sperren vorsieht. „Wir sind nicht mehr gewillt, Social-Media-Unternehmen zu erlauben, weiterhin die mentale Gesundheit unserer Jugend zu schädigen“, verkündete Gouverneur Spencer Cox. Auch China zeigt eine rigorose Haltung: Die chinesische Version der TikTok-App („Douyin“) hat striktere Vorgaben als das westliche Modell. Etwa eine Begrenzung der Bildschirmzeit auf 40 Minuten – danach ist die Plattform für Unter-14-Jährige nicht mehr zugänglich. Über Nacht kann der Dienst nicht genutzt werden. Solche Regelungen tragen dem Umstand Rechnung, dass digitale Geräte wie Drogen wirken können. Höchst an der Zeit, es mit dem Jugendschutz – so wie beim Alkohol – ernst zu nehmen. Politiker(innen), die sich scheuen, in den „freien Markt“ einzugreifen, sei hier ein Bibelwort ans Herz gelegt: „Fürchtet euch nicht!“ Foto: iStock/brightstars Von Martin Tauss Auf der Heimfahrt vom Symposion Dürnstein: Drei Unterstufen-Schüler sitzen im Schnellzug nach Wien vor den Türen. Jeder hat das Smartphone gezückt, wie gebannt starren sie auf den kleinen Bildschirm – abgetaucht in eine Welt, in der Kurzvideos rasant ineinander übergehen. Es wirkt wie eine kleine Reprise des großen Themas beim Symposion, wo u. a. darüber diskutiert wurde, wie der Mensch zunehmend in der digitalen Umwelt versinkt. Die Szene im Zug könnte zugleich als Vorspiel einer aktuellen Entwicklung gesehen werden: dem Vormarsch von Virtueller Realität (VR). „Immersion“ ist der Fachbegriff für einen VR-Effekt, der das virtuelle Umfeld als real erscheinen lässt. Das Bewusstsein, illusorischen Reizen ausgesetzt zu sein, geht dabei verloren. Das Stirnhirn stärken „Wir sind Sklaven der Reize“, hatte Lutz Jäncke ins Publikum gedonnert. „Um uns zu befreien, müssen wir das Stirnhirn stärken. Dort sind die höheren Fähigkeiten zur Selbstreflexion und Selbstkontrolle lokalisiert.“ In seinem Vortrag skizzierte der emeritierte Professor für Neuropsychologie an der Universität Zürich stimmgewaltig, wie wichtig das Stirnhirn (Frontalcortex) ist, um lustvollen Verlockungen zu widerstehen. „Der Mensch hat die Fähigkeit, auf unmittelbare Belohnungen zu verzichten, um längerfristige Ziele zu verfolgen. Diese Fähigkeit ist heute massiv bedroht. Im Internet-Zeitalter müssen wir vor allem eines üben: Selbstdisziplin.“ Jäncke widmete sich der Frage, welchen neuartigen Gefahren der Mensch in einer durch digitale Technik dominierten Welt ausgesetzt ist. Über Jahrmillionen der Evolution hat sich ein Belohnungssystem im Gehirn herausgebildet, angepasst an das Überleben in Jäger- und Sammlergesellschaften. Die primären Affekte Lust und Angst sind in den unteren Hirnzentren angesiedelt. Sie waren essenziell, um Nahrung sowie Sexualpartner zu finden, andererseits Raubtiere und andere Gefahren zu meiden. Nicht zuletzt auch, um die sozialen Bindungen in der Gruppe zu stärken. Heute ist das menschliche Belohnungssystem in das Visier von High-Tech-Konzernen geraten. So wurde etwa Facebook gezielt designt, um die Dopamin-Ausschüttung im Gehirn zu stimulieren. Die User(innen) sollen so immer wieder mit kleinen Anreizen an die soziale Plattform gebunden werden. Dopamin ist ein Neurohormon, das auch wesentlich an der Entwicklung von Suchtdynamiken beteiligt ist. Wir leben längst in einer neuromanipulierten Welt. Höchste Zeit, sich um Schutzmechanismen zu sorgen. Nachbetrachtungen zum Symposion Dürnstein. „Sklaven der Reize“ Reizüberflutung und Suchtentwicklung sind gesellschaftliche Symptome, denen es im digitalen Kapitalismus entgegenzuwirken gilt. „Wir sind auf einer Schiene, die uns ganz viele Probleme schafft“, sagte Adelheid Kastner im Rahmen einer Podiumsdiskussion. Auf der Schattenseite der technologischen Innovation stehen Komplexitätssteigerung und Optimierungszwang, die oft zur Überlastung führen, so die Psychiaterin: „Das Gehirn hat sich über Tausende von Jahren nicht verändert, die Menge an Information aber ist in jüngster Zeit exponentiell angestiegen.“ Kastner warnte in Dürnstein vor den Folgen: Viele Menschen steigen aus und greifen auf „schlichte Mythen“ und „simple Narrative“ zurück. „ Künstliche Intelligenz stellt unsere Wahrnehmung zunehmend auf die Probe. Beispiele dafür liefern auch gefälschte Bilder und Videos, die im Internet zirkulieren. “ Im stilvollen Ambiente des Stiftes Dürnstein bot das Symposion jede Menge kritischer Schärfe. Aber waren neue Medien nicht immer schon heftig umstritten, so wie das Aufkommen des Mediums Fernsehen in den 1950er-Jahren ebenfalls als Suchtgefahr gebrandmarkt wurde? Damals warnte man vor exzessivem TV-Konsum, der angeblich zu Passivität und Realitätsverlust führen könne. Im Gegensatz zum Fernsehen erlauben die neuen Technologien jedoch Interaktionen mit anderen Usern oder gar einer virtuellen Umgebung, wodurch der Sog der Immersion viel stärker wird. Heute, das wurde beim Symposion Dürnstein sonnenklar, geht es nicht „Gehirn und Gesellschaft“: Der FURCHE- Schwerpunkt vom 8. März war dem Thema des Symposion Dürnstein gewidmet – von der Hirnforschung über Künstliche Intelligenz bis zur Erforschung von „Glaubensvorgängen“, auf furche.at. mehr nur um Medienkompetenz, sondern bereits um Realitätskompetenz. So stellt die Künstliche Intelligenz (KI) unsere Wahrnehmung zunehmend auf die Probe: Beispiele dafür liefern nicht nur die präzise formulierten Texte von „ChatGPT“, sondern auch gefälschte Bilder und Videos, die im Internet zirkulieren – zuletzt etwa die „Deepfakes“ von Donald Trumps vermeintlicher Verhaftung oder von Wladimir Putins Kniefall vor dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Auch das kürzlich verbreitete Bild von Papst Franziskus, der wie ein amerikanischer Rapper im weißen Mantel über die Straßen stolziert, war nicht echt, sondern stammte von einem KI-Bildgenerator. Von der Höhlenmalerei zum Metaverse Unsere Urahnen in der Steinzeit waren noch vollständig in der natürlichen Welt verankert; die Höhlenmalereien sind erste Versuche, diese Welt symbolisch zu repräsentieren. Heute bewegt sich der Mensch zunehmend in künstlichen Sphären: Man muss nicht gleich an groß angelegte Projekte wie das dreidimensionale Metaverse denken. Es reicht, sich vor Augen zu führen, dass unsere Sinnesorgane zunehmend mit medialen Reizen gefüttert werden. Und dass man somit immer mehr über „mediale Repräsentanzen“ mit der Welt in Kontakt tritt, wie dies Kognitionsforscher Markus Peschl in Dürnstein erläuterte: Zoom-Konferenzen oder Online-Shopping ersetzen die echten Begegnungen; das Video-Gaming hat für Kinder oft einen größeren Reiz als das Spielen in der freien Natur. Das Symposion entließ das Publikum mit vielen Antworten, aber auch großen Fragen. Eine der wichtigsten: Wie schützt man sich künftig vor Neuro-Manipulation? Symposion Dürnstein 2023: Rückblick Die Vorträge sind demnächst online verfügbar unter www.symposionduernstein.at (Mediathek)

DIE FURCHE · 13 30. März 2023 Wissen 23 Der Welt-Autismus-Tag am 2. April soll Bewusstsein für ein breites Spektrum rätselhafter Erkrankungen schaffen. Körpersprache-Experte Stefan Verra über seine Arbeit mit Menschen, die oft an der alltäglichen Kommunikation scheitern. „Es braucht Signale der Bindung“ Das Gespräch führte Dagmar Weidinger Menschen aus dem Autismus- Spektrum haben in ihrem Alltag mit einigen Herausforderungen zu kämpfen: Dazu zählen vor allem das Sozialverhalten und die Kommunikation – sowohl der verbale als auch der non-verbale Austausch mit anderen Menschen. Nicht zufällig ist Stefan Verra auf die Arbeit mit dieser Gruppe gestoßen. Seit über 20 Jahren beschäftigt sich Verra mit dem Thema „Körpersprache“. Der gebürtige Osttiroler ist überzeugt, dass viele Missverständnisse vermeidbar wären, wenn mehr Menschen darüber Bescheid wüssten, welche Botschaften sie mit dem eigenen Körper aussenden. Verra ist sowohl in der Wirtschaft als auch im Nonprofit-Bereich tätig. Vor kurzem ist sein Buch „Körpersprache gendert nicht“ (Ariston, 2023) erschienen. Momentan tourt er mit der Show zum Buch durch den deutschsprachigen Raum. Neben Menschen aus dem Autismus-Spektrum und Hochbegabten widmet er sich nun auch Transgender-Personen im Rahmen eines Projekts im Klinikum Rechts der Isar in München. Anlässlich des Welt-Autismus-Tags am 2. April bat DIE FURCHE den bekannten Coach, Workshop-Leiter und Vortragenden im Wiener Café Prückel zum Gedankenaustausch. DIE FURCHE: Herr Verra, Sie analysieren sonst gern Politiker und Prominente – wie sind Sie zu Ihrer Arbeit mit Menschen aus dem Autismus-Spektrum gekommen? Stefan Verra: Wie so oft in meiner Arbeit kamen die Menschen aus dem Autismus- Spektrum auf mich zu. Der erste Kontakt fand vor sieben Jahren statt. Damals war ich auf Tour mit meiner Show in Karlsruhe. Nach dem Event sprach mich eine Mutter mit ihrer Tochter aus dem Autismus-Spektrum an und sagte: „Herr Verra, wir sind verzweifelt: Meine Tochter tut sich schwer, Körpersprache zu lesen. Wir haben viele der erhältlichen Bücher studiert. Und sie hat alles auswendig gelernt, was da drin steht: Zum Beispiel ‚Arme verschränken‘ bedeute Verschlossenheit, ‚Lächeln‘ hieße Freundlichkeit, ‚Beine überschlagen‘ hieße Distanziertheit – und so weiter. Aber wir stellen fest, es hat nichts gebracht. Meine Tochter läuft immer noch gegen Mauern.“ DIE FURCHE: Das ist eine typische Erfahrung für Menschen aus dem Autismus-Spektrum. Wo lag in diesem Fall das Problem? Verra: Was die beiden übersehen hatten, war, dass ein einzelnes körpersprachliches Signal nie nur eine Bedeutung hat. Wenn ich die Arme verschränke, lächle, mich zu Ihnen hinbeuge, die Augenbrauen nach oben ziehe und Ihnen zunicke, kann das ein Sympathiesignal sein. Mache ich aber die gleiche Geste, sehe Sie finster an, schiebe den Unterkiefer nach vorne und sitze breitbeinig da, wirkt das plötzlich aggressiv. Dasselbe gilt für andere Körperbereiche: Ich kann meine Beine überschlagen, und es wirkt total distanziert; ich kann damit aber auch ein Flirt-Signal aussenden. Körpersprache ist eben nicht wie Vokabel-Lernen. Wissenschaftlich gesprochen: Körpersprache ist ein komplexes System. Aus klinischer Sicht spricht man von Integrierter Medizin. Übrigens gilt es immer auch, den Kontext und die Umgebung miteinzubeziehen. Stellen Sie sich vor, es hat draußen minus 25 Grad: Niemand verschränkt dann die Arme, weil man jemanden unsympathisch findet, sondern weil es kalt ist. Foto: Privat Collage: Rainer Messerklinger (unter Verwendung eines Bildes von iStock/ozgurdonmaz Stefan Verra vermittelt die „Kunst der Körpersprache“. Über seine Social Media-Kanäle erreicht er über 150.000 Abonnenten. DIE FURCHE: Was konnten Sie der Dame und ihrer autistischen Tochter also raten, damit die alltägliche Kommunikation besser gelingt? Verra: Zuerst einmal die Klarstellung: Menschen aus dem Autismus-Spektrum können Körpersprache wunderbar lesen. Es ist ein Klischee, das sie diesbezüglich Defizite hätten. Doch es gibt ein Problem: Sie wissen nicht, wie man mit adäquaten Signalen antwortet. Deswegen tun sie sich im Alltag so schwer. Ein konkretes Beispiel: Ein Autist hat einen neuen Job in einem Unternehmen bekommen. Da er sich zu Beginn schwertut, hilft ihm eine Kollegin über Wochen. Sie macht dafür Überstunden und setzt sich auf jede erdenkliche Weise für ihn ein – toll! Irgendwann ist das erste Projekt beendet, und sie dreht sich zu ihm und sagt voller Begeisterung: „Wow, das haben wir tatsächlich geschafft!“ Er jedoch sieht sie nur an und sagt sachlich: „Ja, haben wir geschafft.“ Dann dreht er sich um und geht nach Hause. Natürlich denkt sie sich dann: Was ist das für ein undankbarer und unsympathischer Mensch. Was man Autisten also mitgeben muss, ist, dass andere Menschen darauf angewiesen sind, Signale der Dankbarkeit zu erhalten, wenn sie dir mit Freude oder Begeisterung begegnen. Denn erst durch die Rückmeldung entsteht die Bindung. „ Kürzlich sprach mich eine Mutter an und sagte: ‚Herr Verra, wir sind verzweifelt: Meine autistische Tochter läuft im sozialen Umfeld noch immer gegen Mauern.‘ “ AUTISMUS-SPEKTRUM Hunderte von Genen in Verdacht Ohne Worte Zwischenmenschliche Kommunikation verläuft zu einem Gutteil non-verbal. Vom Autismus Betroffene haben dabei oft Probleme, die passenden Signale auszusenden. DIE FURCHE: Wie können autistische Menschen dieses soziale Feedback erlernen? Verra: In meinen Workshops trainieren wir gemeinsam die Mimik. Eine Sache, die ich den Leuten zum Beispiel beibringe, ist, richtig zu lächeln. Eine zweite Sache ist die Arbeit mit den Augenbrauen: Wenn ich jemanden begrüße, indem ich mit einer gleichförmigen Stimme „Hallo“ sage und die Augenbrauen unten lasse, wirkt das nicht dankbar. Hebe ich jedoch die Augenbrauen und gehe mit der Stimme etwas nach oben, dann hat das einen ganz anderen Effekt. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass andere darauf angewiesen sind, ein deutliches körpersprachliches Signal des Erkennens zu bekommen. Übrigens müssen wir alle zu Beginn eines Gesprächs solche Signale der Bindung erzeugen. Es braucht weitere Forschung – und öffentliche Aufklärung: Im Sinne der Awareness-Kampagne „Light it up blue“ werden am Welt-Autismus-Tag weltweit Gebäude in Blau angestrahlt. Bei diesen Erkrankungen handelt es sich um tiefgreifende Entwicklungsvarietäten mit Beginn in der frühen Kindheit und einem chronischen Verlauf. Die Vereinten Nationen weisen darauf hin, dass die Früherkennung sowie spezielle Behandlungsmaßnahmen für die Entwicklung der Betroffenen von großer Bedeutung sind. Hunderte von verschiedenen Genen stehen in Verdacht, Autismus zu verursachen. Wie genau die molekularen Prozesse ablaufen, ist aber noch weitgehend unklar. Zwar sind diese Erkrankungen nicht heilbar, doch durch einen gezielten Umgang kann Betroffenen das Leben erleichtert werden. Dabei spielen die Eltern bzw. Bezugspersonen eine entscheidende Rolle. Die Betroffenen nehmen ihr soziales Umfeld auf besondere Art wahr. Auffälligkeiten zeigen sich vor allem im zwischenmenschlichen Kontakt sowie durch eingeschränkte, sich wiederholende Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten. Auf einprasselnde Reize reagieren Betroffene oft mit Überforderung. Erst im Jahr 2022 wurde der Begriff des „Autismus-Spektrums“ in die gängigen Diagnose- Manuale aufgenommen. Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass die Übergänge zwischen milderen und stärkeren Autismus-Formen fließend sind: Das Spektrum reicht von Menschen mit geistiger Behinderung und fehlendem Sprachvermögen bis hin zu Betroffenen ohne Intelligenzminderung, die sich sprachlich gut ausdrücken können oder gar besondere Talente haben – etwa beim „High-Functioning“-Autismus oder dem Asperger-Syndrom. In der EU sind rund drei Millionen Menschen betroffen. Da die Störung oft nicht (zeitgerecht) erkannt wird, ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. (Martin Tauss)

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