DIE FURCHE · 518 Theater & Literatur30. Jänner 2025Von Patric BlaserDas TAG, die kleineund feine WienerMittelbühne in derGumpendorfer Straße,steht vor einemWechsel. Mit der letzten Premiereder groß ausgerufenen Abschiedssaisonhat der Regisseur und IntendantGernot Plass noch einmalaus dem Vollen geschöpft. Zum einenkehrt der scheidende künstlerischeLeiter mit „Lear“, dessenUntertitel – „Von Gernot Plass.Frei nach Shakespeare“ – zu einerArt Markenzeichen des Theaterswurde, an seine Anfängevon 2010 zurück, als es hieß:„Richard 2. Von Gernot Plass. Freinach Shakespeare“. Zum anderengestattet sich der Hausherrmit dieser Überschreibung vonShakespeares „König Lear“ die„personell aufwendigste Produktionder TAG-Geschichte“, umvielleicht noch einmal zu erfüllen,was er im Programmheftals seinen Auftrag als Theatermacherbeschreibt: „Deutungder Welt und der menschlichenAngelegenheiten darin“. DasGeblendetDas Thema desSehens und seineBedeutung imphysischen wiemetaphorischenSinn ist daszentrale Themain Shakespeares„King Lear“.ist sympathisch und nicht nuraus Sicht des Theatermachers(Elfenbeinturm-Vorwurf) durchausnachvollziehbar. Denn comment-taire?Wie schweigen, imAngesicht der Zustände und Vorgängeum uns herum! Aber taugtder erratische Lear-Stoff so einfachzum Kommentar auf dieWeltverfassung?Shakespeares Stück zeigt gewalttätigeMenschen, vollerFalschheit, Bosheit und Hinterlist.Aber es zeigt auch leidendeMenschen. Es handelt auch nichtnur von Undankbarkeit, Verrat,Treulosigkeit, sondern auch vonVertrauen und Freundschaft, diebei Shakespeare darüber hinausnicht bloß moralisch, sondern elementarempfunden werden, weswegener viele Szenen dieser Tragödiein der Landschaft (d.h. derleeren Bühne) bei Sturm undRegen spielen lässt, wo die Naturzum Zeugen wird. So erschüttertder Verrat selbst die Elementeund die Treue vermag die Harmoniedes Weltalls wieder herzustellen.Bei Shakespeare handeltdas Stück eben auch in einemdurchaus elementaren, metaphysischenSinne von der Auflehnungdes Menschen gegen dasAusscheiden aus dem Leben, ausder Welt oder allgemeiner gesagtdavon, wie die Frage nachdem Sinn von Leben und Verfalldem Menschen zum unlösbarenRätsel wird.„ Plass macht in seiner Fassung deutlich, dass es ihmnicht um die (religiöse) Dimension geht. So aber verkleinerter seinen ‚Lear‘ zum großbürgerlichen Familiendrama. “Mit „Lear“ und großem Ensembleverabschiedet sich Gernot Plass im TAGvon seiner Fangemeinde.Ganz vondieser WeltFoto: Anna StöcherAnschein von WahrheitPlass macht in seiner Fassungdeutlich, dass es ihm nicht umdie (religiöse) Dimension geht. Soaber verkleinert er seinen „Lear“zum großbürgerlichen Familiendrama,aus deren Verfall alleinesich alle Katastrophen ergeben.Zwar deutet das erste Bildan, dass alle an einer Blindheitleiden. Im Verlauf des zweistündigenAbends und dem Ende kassiertdie gestauchte Fassung aberderen elementarere Dimension.Der Auftritt Lears, wenn erden rhetorischen Wettbewerbzwischen seinen Töchtern eröffnet,gibt den Takt vor. Auf derdurch zahlreiche Stühle verstelltenBühne von AlexandraBurgstaller erinnert die berühmteExposition an eineTestamentseröffnung. Der herrische,immer noch schneidigeund so gar nicht erschöpfte Patriarch(Jens Claßen), der auchimmer noch gerne mal zulangt,will die Macht abgeben. Nunmuss er das Erbe unter seinenTöchtern dritteln. Um zu wissen,welcher von den dreien erden wertvollsten Teil vermachensoll, fordert er einen verbalenLiebesbeweis. Die ungeheureFrage lautet: Welche von euchliebt mich am meisten? Bei Claßenscheint die Frage nicht einemneu erwachten Liebesbedürfnis,einem überbordenden Narzissmusoder einer alterbedingtenUnsicherheit und Angst als vielmehreiner besonderen Art derGrausamkeit geschuldet zu sein.Die älteste Tochter Goneril(Michaela Kaspar) hat die ersteÜberraschung kühl berechnendschnell überwunden und nichtlange Probleme die gefordertenLiebesworte zu finden, die dentumben Vater überzeugen sollen.Da muss die impulsivere Regan(Lisa Schrammel) schon etwasangestrengter nachdenkenum, angefeuert von ihrem Gemahl,genauso wenig skrupulösund mit hanebüchenen Liebesbezeugungendas Heuchelnder Schwester noch zu überbieten.Allein Cordelia (Lisa Weidenmüller)sieht sich nicht in der Lage,ungefühlte Worte allein umdes Schmeichelns willen zu sagen.„Du warst nie da“, sagt sielapidar. Just an dieser Stelle lägeeines der vielen Geheimnissevon Shakespeares Tragödie: imalttestamentarischen Furor, mitdem Lear, der offensichtliche Heucheleivon vielleicht spröder Ehrlichkeit,Anschein von Wahrheit(ein Zentralmotiv des Stücks!)nicht unterscheiden kann, seineLieblingstochter straft und soden Mechanismus einer absurdenWelt, seinen äußeren Niedergangwie seine innere Wandlungin Gang setzt.Im Tempo verlorenIn groben Zügen, mit allzu vielenAuslassungen hetzt Plass inder Folge durch das Stück, daszunehmend verflacht. Die vonShakes peare so kunstvoll gesetztenSprachbewegungen, die Spiegel-und Kontrastmotive – knapperBefehlston gegen (vorgetäuschte)Wahnsinnsrede, Sehen versusBlindheit, Herrschen versus Lieben,äußerer Verfall versus innererErkenntnis und umgekehrt –gehen im Tempo unter. Darunterleiden auch die Figurenmotivationen:die Bosheit von GlostersBastardsohn Edmund (EmanuelFellmer) oder etwa auch das erotischeInteresse der unehrlichenTöchter an ihm bleiben schleierhaft.Zu flach bleibt die Handlungvon Plass’ Fassung, die er mit einemWording garniert, das zwaran so manch aktuelle Debattedenken lässt, aber letztlich überOberflächlichkeit nicht hinauskommt.Shakespeares Vorlagewird die Überschreibung nicht gerecht,denn dort sind die Katastrophender Welt nicht allein von dieserWelt.LearTAG: 31.1., 1., 18., 19., 21., 22.2.WIEDERGELESENWolfgang Koeppen, der große ScheiterndeRomanfragmenteWolfgangKoeppenWerke 11SuhrkampVon Anton ThuswaldnerIn der Nachkriegszeit stand WolfgangKoeppen als Schriftsteller allein aufweiter Flur. In rascher Folge veröffentlichteer 1951, 1953 und 1954 dreiRomane, die sich mit der unmittelbarenNachkriegsgesellschaft und dem Nachwirkender NS-Ideologie in die bundesrepublikanischeGesellschaft hineinbeschäftigten. Das war schon etwas Besonderes,weil die kritischen Geisterwie Wolfgang Borchert, Heinrich Böllund Siegfried Lenz zuerst einmal ihreKriegserfahrungen schreibend bewältigten.Die jüngere Generation der Literatenmusste sich überhaupt erst langsamdie Tradition der Moderne, die imDritten Reich ja verfemt war, erarbeiten.So standen viele unter dem EindruckKafkas, zeigten sich beeindruckt vomExpressionismus, sahen sich um in derinternationalen Literatur und musstenihren Stil erst finden. Da sie die Sprachevom Nationalsozialismus vergiftet sahen,verfielen sie auf eine Kahlschlag-Literatur, die sich knapper Sätze ohneschmückendes Beiwerk bediente. Nichtso Wolfgang Koeppen. Geboren 1906hatte er in der Zwischenkriegszeit seineeinschneidenden Leseerfahrungenschon gemacht. Zudem war er kein Neuling,zwei Romane hatte er in den dreißigerJahren bereits veröffentlicht.Der Roman „Tauben im Gras“ von1951 geht auf ein Zitat der amerikanischenAvantgardistin Gertrude Steinzurück und arbeitet mit den Mitteln desFilms und der raschen Schnitte. Auf einedurchgehende Handlung verzichteter, es werden eine Handvoll Figuren inwechselnden Konstellationen im vonAmerikanern besetzten München beobachtet.Das war neu, der Autor bekamrasch jede Aufmerksamkeit, der Druckauf einen neuen Roman wuchs. Demwurde Koeppen nicht gerecht, dennnach seiner „Trilogie des Scheiterns“,wie seine Nachkriegsromane später zusammengefasstwurden, war er von einergravierenden Schreibblockade erfasstworden. Trotz mehrerer Versucheschaffte er es nicht, einen Roman abzuschließen.Er wurde gefördert vom VerlegerSiegfried Unseld, hofiert vom KritikerMarcel Reich-Ranicki, die ihmAufträge verschafften, woraus Reisebücherentstanden. Diese verstandKoeppen nur als „Umwege zum Roman,Kulissenbeschreibungen“, wie er im Gesprächmit Horst Bienek bekannte. Dabeiwar das ihm selbst wohl wichtigsteProjekt „In Staub mit allen FeindenBrandenburgs“ mit mehr als 200 Seitenweit gediehen, so weit sogar, dass es alsRoman schon in das Verlagsprogrammvon 1970 Eingang gefunden hatte. Unddann musste Koeppen knirschend seineKapitulation eingestehen. Siegfried Unseldaber hielt er mit immer neuen Ideenvon Romanen, die er schon im Kopf trüge,bei Laune. Liest man die Fragmenteheute, staunt man darüber, wie einemoffensichtlichen Großtalent der Mutzum Abschluss verlassen konnte.Wolfgang Koeppen: WerkeBand 11: RomanfragmenteHg. v. Walter Erhart u. Hans-Ulrich TreichelSuhrkamp 2024. 695 S., geb., € 59,70
DIE FURCHE ·530. Jänner 2025Theater & Musik19Mit „Tartuffe“ zeigt das Burgtheater Protagonisten, die das Hehre, Fromme und Gute zu erkennenglauben und dabei den Mechanismen von Manipulation und Heuchelei auf den Leim gehen.Teuflisch gutes TheaterVOLKSTHEATER WIENNicht im Dienstvon Patriarchat &FortpflanzungVon Christine EhardtVon Julia DanielczykAls Teufel in Menschengestaltwurde Jean-Baptiste Poquelinalias Molière nach der Uraufführungvom „Tartuffe“ 1664beschimpft. Dabei hatte seineHeuchlersatire sowohl Ludwig XIV. alsauch den Legat des Papstes überzeugt. Obdas Publikum allerdings zwischen wahrerFrömmigkeit und falscher Frömmelei zuunterscheiden vermochte, da war man sichnicht sicher. Fünf Jahre dauerte es, bis dasStück (in überarbeiteter Fassung) öffentlichgezeigt werden durfte. Das zwischenzeitlicheAufführungsverbot brachte demTheatermacher Molière viel Aufmerksamkeitein. Während der „Tartuffe-Affäre“ warenseine Auftragsbücher mit Lesungenund privaten Aufführungen (bei denen ergern die Titelrolle übernahm) gut gefüllt.Barbara Frey erzählt die heute noch vielgespielteKomödie über Manipulation undVerblendung im Burgtheater als surrealesFamiliendrama in formaler Strenge undnuancierter Reimform.Blind für das OffensichtlicheDie Schweizer Regisseurin bleibt sich ihrerbewährten Ästhetik treu. Die reduzierteHandlungsführung korrespondiert miteinem minimalistischen Bühnenarrangement.Zeitlose Kostüme in Erdtönen, Stellwändemit versteckten Türen in düstererTapetenoptik, über die Glasfront im Hintergrundläuft unablässig der Regen. Konterkariertwird das nüchterne Setting nur durchverspielte Live-Musik auf dem Klavier undder Melodica.Hier, im Haus deswohlhabenden BürgersOrgon (Michael Maertensmit Brille undSchnauzer in gewohnterTopform), hat sich ein Betrügereingeschlichen.Während alle anderenFamilienmitgliederden perfiden Parasitenlängst durchschauen,lassen sich der Hausherrund seine Mutter (Barbara Petritsch)nicht vom Offensichtlichen überzeugen.Im harschen Tonfall weist die wunderbarePetritsch ihre Verwandtschaft gleich einmalzurecht. „Ich sag es nicht durch dieBlume, wenn ich was auf dem Herzen habe,spreche ich nur – in Fraktur“, um nach ihrerFoto: © Tommy HetzelGenauhinsehenSie erkennenTartuffes Hinterlistzuerst: JustusMaier, Maria Happel,Markus Scheumann,Ines MarieWesternströer undKatharina Lorenz.wortreichen Moralpredigt bedächtig schreitenddie Bühne zu verlassen. An Wortenfehlt es in Folge weiterhin nicht, die schleudertman sich überhastend ins Gesicht, währenddie Bewegungen wie in Trance ablaufen.Frey nimmt dasTempo aus den Szenen,nicht jedoch aus den„ Der Teufel liegt imDetail, denn dasSchlussbild gehörtTartuffes Konterfei,das diabolischleuchtend hintermFenster aufblitzt. “Dialogen. Der besserwisserischeSchwager(Markus Scheumannmit imposanter Fake-Wampe) drängt sich umständlichdurch die Türund windet sich voll guterRatschläge auf demBoden, die gewiefteHaushälterin (KatharinaLorenz) schlurft mit scharfer Zungeübers Parkett. Doch die Entlarvung gelingterst nachdem Tochter und Erbe dem Taugenichtsschon versprochen sind. Dafürschreitet Maria Happel als Ehefrau mit vorsichtigemTrippelgang und verführerischenReimen auf den Lippen beherzt zur Tat.Gespannt wartet man auf den Auftritt BibianaBeglaus als Tartuffe. Auf leisen Sohlenschleicht sie sich im dritten Akt heran.Mit zarter Stimme gibt sie zunächst dasUnschuldslamm, beide Hände fest auf dieOberschenkel gepresst, um ihre Arme imnächsten Augenblick tänzelnd und siegessicherin die Höhe zu strecken. Dem zweifelndenOrgon wird ein Kuss auf den Mundgehaucht, doch als die Heucheleien endlichauffliegen, wird er mitsamt Hausstand inden Regen geschickt. Am Ende dieser gewitztenInszenierung steht ein Boten- odereher Bodenbericht; den Kopf aus dem Bühnenbodengereckt, rückt Sarah ViktoriaFrick (zuvor noch als fast verschmähterVerlobter im Schlabberlook zu sehen) aufGeheiß des Königs die gestörte Ordnungzurecht. Doch der Teufel liegt im Detail,denn das Schlussbild gehört Tartuffes Konterfei,das diabolisch leuchtend hintermFenster aufblitzt.TartuffeBurgtheater: 31.1., 4., 11., 28.2.muss leiden. Vielleicht leidendie Frauen, weil sie das schöne Geschlechtsind“, räsonierte Jelinek und „Schönheitschrieb „Krankheit oder Moderne Frauen“.Vor 35 Jahren hatte Intendantin Emmy Wernerdie Satire auf den Spielplan des Volkstheatersgesetzt und in der Inszenierung PietDreschers großen Erfolg gefeiert. Dass dasStück nichts an Brisanz verloren hat, zeigt dieNeuinszenierung von Claudia Bauer ebenda.Hochkomplex flicht Jelinek literarische Texte,Mythen und gesellschaftspolitische Diskursezu einem kompakten Ganzen: Im Verhandelnder Geschlechter stehen einandereinerseits die Vampirinnen Carmilla (ihr Nameist ein Anagramm auf Mircalla, Gräfin vonKarnstein) und Emily (die englische SchriftstellerinEmily Brontë, Verfasserin von„Wuthering Heights“), andererseits der KieferundFrauenarzt Dr. Heidkliff (angelehnt anden zentralen Charakter des Brontë -Romans)sowie Steuerberater Benno Hundekoffer, CarmillasMann und Vater von sechs Kindern, gegenüber.Die Drehbühne präsentiert abwechselndeine überdimensionale Vulva wie auch diePraxis eines „gynäkologischen Zahnarztes“.An der Wand das Bild einer Heidelandschaft,denn Heidkliffs Patientinnen sind nur„Dilettantinnen des Existierens“.„Ich bin krank“, ruft Carmilla fröhlich ausund Krankenschwester Emily ergänzt: „Ich gebärenicht. Ich begehre Dich.“ Die beiden Frauenals Untote, sie funktionieren nicht mehr wiebiologische Wesen, stehen nicht im Dienst desPatriarchats und der Fortpflanzung.„Ein Wunder, dass ich spreche. Ich bin restlosgar nichts“, weiß auch Carmilla. Erst nachihrem Tod ergänzt ein Grabstein das Bild undweist auf ihre vermeintliche Existenz hin. AlsVampirin saugt sie nun den eigenen Kinderndas Blut aus dem Leib, da bei den blutleerenMännern nichts zu holen ist, während Emilysich an Blutkonserven schlürfend gütlich tut.Es singt und spielt der „Schmusechor“ unterder Leitung von Verena Giesinger, der auchauf die Bühne und damit in den Frauenkörper(ein)tritt, wo die Musiker sich zu uniformenFiguren wandeln: In glänzendem Outfit undmit langem Haar entsprechen sie dem Schönheitsideal.Das Premierenpublikum zeigtesich angetan und quittierte den Abend mitheftigem Applaus.Krankheit oder Moderne FrauenVolkstheater: 31.1., 9., 19., 22.2., 9.3.OPERFrisch und rasant in die HumanitätNoch ist der Weg zur Erkenntnis und Pamina weit: Ludwig Mittelhammer (Papageno),Schüler der Opernschule der Wiener Staatsoper (Drei Knaben).Foto: © Wiener Staatsoper / Sofia VargaiováVon Walter DobnerJust zu Mozarts 269. Geburtstag hattedie neue „Zauberflöte“ an der WienerStaatsoper Premiere. Ob es diese „Zauberflöte“auf mehr Aufführungen bringenwird als ihre umstrittene Vorgängerproduktion?Das Zeug dafür hätte sie.Staatsoperndebütantin Barbora Horákoválässt in ihrer Inszenierung die Geschichtein einem alten Schloss (Bühne und Video:Falko Herold) in 23 Bildern ablaufen, überraschtmit den (stimmlich überforderten)drei Knaben auf dem Fahrrad, einem weißen,dafür im Kohlenkeller arbeitendenMonostatos (eher weinerlich als dämonisch:Matthäus Schmidlechner), deutetpointiert das Tor der Weisheit zu einer Barmit dem Sprecher als Barkeeper (wenigprofiliert Jochen Schmeckenbecher) um,hat die Lacher auf ihrer Seite, wenn Papageno(der sich im Laufe des Abends steigerndeLudwig Mittelhammer) auf demLuster hereinschwebt.Papageno und Tamino dürfen sich, umgarntvon den vokal stimmigen, herrschsüchtigendrei Damen, in einem altenSchulzimmer und einem Wartesaal aufihre Herausforderungen vorbereiten. Pamina(aus dem Ensemble herausragend:Slávka Zámečníková) und Tamino (mit prägnanterMittellage, dünn in der Höhe: JulianPrégardien) werden bei ihren Prüfungenvon Puppen in Habjan-Manier begleitet,streifen nach erfolgreichem Bestehen dieschwarzen Kleider ab, um sie gegen weißezu tauschen. Sarastro (vokal untadelig, gestigsteif: Georg Zeppenfeld) steht einemHerrenclub vor, dessen Mitglieder anstelleZigarren zu rauchen an Karotten knabbern.Am Ende vereinen sich die Protagonistenzum harmonischen Ensemble,stehen die zuerst verfeindeten Sarastround Königin der Nacht (unterschiedlichkoloraturensicher Serena Sáenz)friedlich nebeneinander. Das strahlendeLicht der Humanität hat die wenigermärchenhaft als horrorartig dargestellteAtmosphäre der Szenerien zuvorendlich überwunden. Ein frisches, unkonventionelles,auch auf jugendlicheBesucher zielendes Konzept, das demWerk mehr gerecht wird als die meist zuraschen Tempi, die der für Franz Welser-Möst eingesprungene Bertrand de Billyam Pult des vorzüglichen Staatsopern-Ensembles anschlug.Die ZauberflöteWiener Staatsoper: 1., 4., 7., 10.2., 25., 28.4.
Laden...
Laden...
Ihr Zugang zu neuen Perspektiven und
mehreren Jahrzehnten Zeitgeschichte.
© 2023 DIE FURCHE