5 · 30. Jänner 2025DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 81. Jg. · € 6,–Vater, Mutter, Kind Präsident ohne Erbarmen Energiewende: Bitte optimistisch bleiben!Die FPÖ will Österreich zu einer „Familie“ machen.Damit spricht sie ein menschliches Bedürfnis an,das heute oft unerfüllt bleibt. · Seite 5Donald Trumps Abschiebepläne machen auch vorKirchen nicht halt. Religionsgemeinschaften in denUSA protestieren dagegen. · Seite 9Johannes Schmidl zur aktuellen Situation erneuerbarerEnergien – plus poetische Reflexionen über denGletscherschwund · Seite 23Das Thema der WocheSeiten 2–4Foto: Wikipedia (Gemeinfrei)ElterngegenSchuleLehrkräfte fürchtensich vor Klagen,Erziehungsberechtigtevor pädagogischerWillkür. Über einenStreit, der mehr undmehr eskaliert.Foto: iStock / Makhbubakhon Ismatova (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger)Schattender SchuldAm 2. Februar 1945 begann mitder zynisch so genannten „MühlviertlerHasenjagd“ eine grausameMenschenhatz. Die SchriftstellerinElisabeth Reichart thematisierte1984 in ihrem fulminanten Debüt„Februarschatten“ die entsetzlichenGräueltaten.Seite 17Just um den Holocaust-Gedenktag haben Tiefschläge gegen den Grundkonsens des „Nie wieder!“den Abgrund ausgeleuchtet. Die extreme Rechte drängt an die Macht – oder ist längst dort.In Geiselhaft?Von Doris HelmbergerWes Geistes Kind ist einMensch? Nicht immerliegt das auf der Hand, ofttritt es erst nach und nachzu Tage. Elon Musk ist soein Fall. Noch vor wenigen Jahren fokussiertenPorträts des Tech-Milliardärs vor allemauf seine gewaltgeprägte Kindheit imApartheid-Südafrika, seine selbstdiagnostizierteAutismusspektrum-Störung, seinevisionäre Kraft und unternehmerische Brillanz– begleitet freilich von einem reduktionistischenMenschenbild. Mittlerweile erscheintMusk nicht nur als Donald TrumpsMastermind für die Zerschlagung der US-Verwaltung, sondern auch als manifesterRassist, Vertreter eines nihilistischen Freiheitsverständnissesund globaler Promotorder extremen Rechten. Im Gespräch mitAfD-Chefin Alice Weidel deutete er den Nationalsozialismuszum Sozialismus um, undbeim jüngsten Wahlkampfauftakt im ostdeutschenHalle ermunterte er ihre Anhängerlive, den „Fokus auf die Schuld der Vergangenheit“endlich „hinter sich zu lassen“.Es war nicht die einzige Unfassbarkeit,die sich rund um den 27. Jänner, dem 80. Jahrestagder Befreiung des VernichtungslagersAuschwitz, ereignete. Hierzulande hat„ Wes Geistes Kind istdieser Mensch? Daswird bei Österreichskünftigen Ministern dieGretchenfrage sein.“die ehemalige FPÖ-Politikerin Ursula Stenzeljust am Holocaust-Gedenktag für einenEklat gesorgt: In einer Diskussion mit demGrün-Politiker Michel Reimon auf Puls24meinte sie, „dass sich Deutschland, die vierte,fünfte Generation, nicht ständig in Geiselhaftnehmen lassen soll für Verbrechen,die ihre Ururgroßeltern begangen haben.“Neonazis, Burschenschafter, Identitäre„Schuldkult“: Mit diesem Begriff denunziertdie extreme Rechte seit Jahrzehntendas Gedenken an die Schoa und pervertiertdamit bewusst, worum es geht – nämlichnicht um eine kollektive oder gar individuelleSchuld der heute Lebenden, sondernum deren bleibende Verantwortung, die Erinnerungzu bewahren und damit zu verhindern,dass derlei je wieder geschieht.Wie notwendig dieses Gedenken anno2025 in Österreich ist, offenbart auch derjüngst präsentierte Rechtsextremismusbericht.Von Innen- und Justizministerium inAuftrag gegeben und vom Dokumentationsarchivdes österreichischen Widerstandes(DÖW) für die Jahre 2020 bis 2022 erstellt,vermittelt er einen Eindruck von der Breiteeinschlägiger Umtriebe – von offenen Neonazisüber völkische Korporationen bis zuden Identitären oder digitalen Kanälen wieAUF 1. Dass es in diesem Spektrum Abstufungengibt und der Übergang von reaktionärüber autoritär bis rechtsextrem fließendist, zeigt die Aufregung über die Erwähnungdes „Rechtskatholizismus“ im Bericht.Nein, konservative christliche Positionensind „nicht zwingend rechts oder extrem“,wie die ÖVP-Abgeordnete Gudrun Kuglerbetonte. Aber wie intensiv etwa katholischeIlliberale gerade in den USA versuchen, ihreVision eines klerikalen Faschismus voranzutreiben,muss doch Warnung sein.Recht eindeutig sind indes die hiesigenVerflechtungen der FPÖ mit der extremenRechten – insbesondere unter dem präsumtivenneuen Kanzler, Herbert Kickl. Dierechtsextremen Identitären sind für ihn bekanntlicheine „NGO von rechts“, zudemist sein Koalitionsverhandlerteam von Burschenschafterngeprägt – laut DÖW ein„Pfeiler des österreichischen Rechtsextremismus“.Dass Norbert Nemeth, SpiritusRector des einschlägigen „Attersee Kreises“,just das Kapitel Verfassung verhandelt, istund bleibt etwa unannehmbar. Und dass inpotenziell blauen Ministerien Persönlichkeitenwie der FPÖ-LandtagsabgeordneteHubert Keyl avancieren könnten, die Widerstandskämpferwie Franz Jägerstätter in Leserbriefenals „Verräter“ bezeichneten, istein Skandal. Alexander Van der Bellen hatteKeyl bereits als Verwaltungsrichter abgelehnt.Wes Geistes Kind ist dieser Mensch?Das wird bei Ministern umso mehr dieGretchenfrage sein – will man nicht inrechtsextreme Geiselhaft geraten.doris.helmberger@furche.atAUS DEM INHALTDie Brandmauer bröckeltCDU-Chef Friedrich Merz erzeugt verbal jeneBilder, die alle fürchten und die scheinbarunausweichlich sind. Dennoch: Mit seinerProblemdiagnose hat er recht. Seite 7Nur „Blutgeld“ kann sie noch rettenIm Jemen wurde eine indische Krankenschwesterzum Tode verurteilt. Der Kriminalfallwirft ein Schlaglicht auf die Arbeitsbedingungenvon Gastarbeitern. Seite 13Folgenschweres Aus für Sky ShieldWarum ein Austritt Österreichs aus demeuropäischen Luftabwehrsystem zwarrechtlich möglich, aber sicherheitspolitischund aus Kostensicht falsch wäre. Seite 15Presse à la OrbánDroht mit der FPÖ die „Orbánisierung“ derheimischen Medien? Eine Anleitung fürAutokraten, die zeigt, wo wir in Österreichderzeit stehen. Seite 20„Ich lade gern mir Gäste ein“Mit heutigen Maßstäben gemessen, warJohann Strauss ein Popstar. Das Theatermuseumund die Wienbibliothek laden zueiner umfangreichen Ausstellung. Seite 24@diefurche@diefurchefurche.at@diefurche.bsky.socialDie FurcheÖsterreichische Post AG, WZ 02Z034113W,Retouren an Postfach 555, 1008 WienDIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 WienTelefon: (01) 512 52 61-0
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