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DIE FURCHE 29.12.2024

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DIE FURCHE · 912

DIE FURCHE · 912 Bildung29. Februar 2024Nochmal!„Tiergeschichtenfunktionieren fastimmer“, sagt Manuel,der Kindernin der StadtbüchereiPhiladelphiabrückevorliest.Bald startet einezweisprachige Lesestundeauf Albanischund Deutsch.Fotos: Magdalena SchwarzVon Magdalena SchwarzDas ist Robert, das Nashorn“,liest Manuel.„Nashorn?“, fragtein Mädchen mit rosaTüll-Rock, in kindlichemSing-Sang. Entschlossenstapft es nach vorne und inspiziertdie Illustration. Manuel, dergroße Mann mit der sanften Stimme,vertritt dieser Tage seine KolleginParya Bakhshandeh, die Initiatorindes „Großen Vorlesens“.Die kostenlose Veranstaltung findetmittwochs um 16.30 Uhr inder Wiener Stadtbücherei Philadelphiabrückein Meidling statt.Knapp zwanzig Kinder zwischenzwei und sechs Jahren haben essich auf bunten Miniaturstühlenoder im Schoß ihrer Eltern gemütlichgemacht. Manche lauschengebannt, andere krabbeln brabbelndüber den Teppichbodenoder nutzen Pappbücher für ersteGravitationsexperimente.„In der Bücherei ist es nicht sostill, wie es das idyllische Bild vermutenlässt. Wir möchten, dasssich alle wohlfühlen,“ sagt SimoneWeiss, die Leiterin des MeidlingerStandorts. Der Lärm der Bibliothekhebt sich ab von der Dauermusikbeschallungund dem Kassapiepsendes Einkaufszentrums, dassich direkt unter ihr befindet. Hier,zwischen den Büchern, weicht dieomnipräsente Geräuschkulissedes Konsums und macht Platz fürden Menschen. Und jeder hat Zutritt.„Die letzte offene Tür in einerzunehmend privatisierten Welt“,nennt der Journalist NicholasHune-Brown die Bibliothek im kanadischenMagazin The Walrus.Doch überleben öffentliche Bibliothekendas 21. Jahrhundert?Die vom Büchereiverband Österreichs(BVÖ) geführten Statistikensprechen keine eindeutigeSprache. Sie umfassen unter anderemEinrichtungen von Städtenund Gemeinden, den Kirchen,dem Gewerkschaftsbund,der Arbeiterkammer und vonVereinen. 2022 stieg die Zahl derLesen Sie hierzuauch „AufLeser wartenist zu wenig“,ein Interviewmit JohannaRachinger, Generaldirektorinder ÖsterreichischenNationalbibliothekvom3.4.2003 auffurche.at.Viele Büchereien schließen, vor allem auf dem Land. Sind sie einAnachronismus oder eine unerlässliche Säule des sozialen Zusammenhalts?Eine Recherche zum Schicksal eines raren konsumfreien Raums.Der letzteöffentliche OrtEntlehnungen merklich, gleichzeitigwurden zwischen 2014und 2022 fast 190 Bibliotheksschließungenbei nur etwa 80Neugründungen erfasst. Das ergibtein Nettominus von achtProzent. Einige dieser Büchereienhätten laut BVÖ zwar bereitsvor 2014 geschlossen und wärenspäter ausgewertet worden.Dies ändert aber wenig an demTrend zum Standortverlust, vorallem am Land.Das Büchereisterben am LandEs sind meist kleine Orte mitbis zu 1500 Einwohnern und Einwohnerinnen,die keine Büchereihaben. Im Jahr 2022 gab esin fast der Hälfte der österreichischenGemeinden keine Bibliothek.In Salzburg lag der Versorgungsgradbei fast 80 Prozent,dafür gab es nur in einem Drit-„ Hier, zwischen denBüchern, weicht dieomnipräsente Geräuschkulissedes Konsumsund macht Platz fürden Menschen.“tel der burgenländischen undkärntner Gemeinden Büchereien.Die Gründe sind vielfältig.Mangelnde Nachfrage spiele ofteine Rolle, so heißt es in Berichtender Kleinen Zeitung über Büchereienin Kartitsch, Osttirolund Freistritz ob Bleiburg, Kärnten.Ist die physische Büchereiein veraltetes Konzept? MarkusFeigl, BVÖ-Geschäftsführer, istoptimistisch. „Die öffentlichenBibliotheken werden seit über20 Jahren totgesagt“, erklärt er.Er sieht gerade in kleinen Dörferndas Potenzial, eine Lücke zuschließen: „Die Plätze, wo mansich treffen kann, ohne dass manetwas kaufen muss, werden immerweniger. Die Geschäfte ziehenan den Ortsrand, Gasthäuserschließen, in den Zentren passiertnicht mehr viel. Bibliothekenübernehmen hier eine wichtigeRolle.“ Doch es ist nicht dieLokalität allein, die zählt. „Leidergibt es eine steigende Zahlan Menschen, die sich Büchernicht mehr leisten können,“ sagtBücherei-Leiterin Weiss. 2023wurden Bücher im Vorjahresvergleichum 4,6 Prozent teurer, beiKinder- und Jugendliteratur betrugder Preisanstieg sogar 5,7Prozent. Eine Bücherei-Jahreskarteder Stadt Wien kostet aktuellhingegen 33,90 Euro.Auch die junge Frau mit demhellrosa Kopftuch, die auf den Stufenzur Kinderecke der BüchereiPhiladelphiabrücke sitzt, kommtfast wöchentlich hierher. „Mama!MAMA!“, ruft ein kleiner Jungemit schwarzem Wuschelkopf.„Hier,“ antwortet sie, und winkt.„Manchmal schaue ich mich um,manchmal genieße ich einfach diehalbe Stunde für mich“, sagt sie.Schon in ihrer Jugend habe sie dieBücherei als Lernort genutzt. Heutekäme sie, um Bücher auszuborgen,und für Veranstaltungen. DieKindergeräusche dringen nichtbis in den Eingangsbereich, wo eineDame mit grauem Pagenkopfund Brille im purpurnen Samtsesselsitzt und Zeitung liest. Aneinem der Computerplätze übenzwei jugendliche Burschen die Division,zwei Tische weiter gibt PensionistJosef* der AuszubildendenElif* Nachhilfe. Wie fänden siees, wenn die Bücherei geschlossenwürde? „Nein, nein, nein“, Josefwinkt entsetzt ab. „Hier gehtes um viel mehr als nur Bücher. Esgeht um den Austausch.“Auf die Frage nach seiner Visionfür die öffentliche Bibliothekim Jahr 2050, gibt sich BVÖ-ChefFeigl ambitioniert: „Die Büchereiwird ein Lernort sein, ein Ortwo man Freunde trifft, sich inspirierenlässt. Auch elektronischeMedien sind vorhanden, aber dieanalogen Bücher werden immerim Zentrum bleiben. Und es gibtStandorte in jeder österreichischenGemeinde, die täglich mindestenszehn Stunden geöffnetsind.“ Tatsächlich steht das Zielder „flächendeckenden Grundversorgungmit öffentlichen Bibliotheken“im aktuellen schwarzgrünenRegierungsprogramm.2021 stellte Landeshauptmannund Kulturreferent Hans PeterIn der Bücherei Philadelphiabrücke gibt es rund 61.000 Medien. Der hintere Bereichder Bücherei gehört den Kindern, außerdem gibt es Lernplätze, Computer und WLAN.

DIE FURCHE · 929. Februar 2024Bildung13Jugendliche lesen nicht weniger, sondern anders – und sie entdecken dieBibliothek wieder für sich. Literaturwissenschaftlerin Susanne Reichl überjunge Buchliebhaber in der analogen und digitalen Welt.„ Eine Dame mit grauem Pagenkopf sitzt ineinem purpurnen Samtsessel und liest Zeitung,ein paar Meter weiter üben zwei jugendlicheBurschen die Division per Hand. “„Comics alsEinstiegsdroge“Doskozil (SPÖ) für die schrittweiseModernisierung der Büchereienim Burgenland eine MillionEuro bereit. Außerdem arbeitetder Büchereiverband im Auftragder Kunst- und KulturstaatssekretärinAndrea Mayer (DieGrünen) gerade an einem Entwicklungsplan,der die österreichischenBibliotheken zukunftssichermachen soll. Anfang Maisoll er präsentiert werden.Buchrücken stützen DemokratieWas Österreich anstrebt, ist inTschechien bereits seit 1919 Realität.Nach der Gründung der unabhängigenTschechoslowakischenRepublik im Oktober 1918 erließdie Regierung ein weltweit führendesBibliotheksgesetz, das jedenoch so kleine Gemeinde verpflichtete,eine öffentliche Bücherei zuführen. Der freie Zugang zu Büchernsowie die Förderung derAlphabetisierung und Bildunghatten für die neue DemokratiePriorität. Orte mit nationalen Minderheitenmussten außerdem unabhängigeBüchereien oder zumindestAbteilungen spezialisiert aufdiese Kulturen und Sprachen vorweisen.Obwohl die gesetzliche Büchereiverpflichtung2001 aufgehobenwurde, verfügt Tschechien mitetwa 5500 Standorten immer nochüber eines der global dichtestenBüchereien-Netzwerke. In Österreichgibt es nicht einmal 1400 öffentlicheBibliotheken. Gegenüberdem Mitteldeutschen Rundfunknannte der Direktor der Prager Nationalbibliothek,Martin Kocanda,die hohe Versorgungsdichte alseinen Grund für die enorme Lesefreudeseiner Landsleute. Laut einerUmfrage liest ein tschechischerErwachsener im Schnittfast zehn Bücher pro Jahr, in Österreichsind es nicht einmal vier.Feigl gibt zu, bei den Bücherei-Nutzerzahlen gebe es hierzulandeLuft nach oben. „Acht Prozentder österreichischen Bevölkerungnutzen Büchereien,“ sagt er,wobei Kinder und Jugendlichenicht das Problem seien. Trendsaus den USA, wonach gerade dieBIBLIOTHEKSGESETZEGeneration Z die Bibliothek als sozialenTreffpunkt wiederentdeckt,werden vermutlich auch nach Österreichherüberschwappen. Dieseltensten Nutzer sind Männerzwischen 45 und 60 Jahren. Auchauf Arbeitnehmerseite ist die Bibliothekeine Frauendomäne: Rund88 Prozent der Mitarbeitendensind weiblich. Außerdem kommenauf jede hauptberuflich geleisteteArbeitsstunde rund 0,75Stunden von ehrenamtlichen, geringfügigenoder Teilzeitkräften.„ Tschechienverfügt mit etwa 5500Standorten über einesder global dichtestenBüchereien-Netzwerke.In Österreich gibt es nichteinmal 1400 öffentlicheBibliotheken. “Eine Mitarbeiterin der BüchereiPhiladelphiabrücke erzählt,dass die neu angeschafften Tonie-Figurender Renner seien.Eine davon hat ein Vater ergattert.Es gibt auch Computerspieleund Graphic Novels, und im Eingangsbereichstellen Bibliothekarinnendie neuesten TikTok-Bestsellervor. Leiterin Weiss findet,dass die Digitalisierung dem analogenLesen nichts anhaben könne.„Wir merken gerade bei kleinenKindern, dass das haptischeErlebnis unersetzbar ist.“ Die Vorlesegruppeist dabei, sich aufzulösen.Bremsen an Buggys werdengelöst und Jacken über sich sträubendeKinderarme gezogen. VorleserManuel verstaut Sessel undlegt einen Stoffeisbären an seinenStammplatz bei den Sachbüchernzurück. Wenn es nach den Angestelltenund Besuchern hier geht,dann ist und bleibt die Büchereiunverzichtbar. Ob sie Recht behalten,werden wohl – wie auch inden Geschäften einen Stock tiefer –die Zahlen entscheiden.*Name von der Redaktion geändert.Die Bücherregale anderer LänderDie europäische Bibliothekslandschaft ist vielfältig. Tschechien, imBüchereiwesen immer noch internationales Vorbild, kippte im Jahr2001 die Verpflichtung für Gemeinden, Bibliotheken zu erhalten.Seither haben dort etwa elf Prozent der Büchereien geschlossen odersich fusioniert. In Irland schaffte der „Public Libraries Act“ schon 1855die Grundlage für die große staatliche Unterstützung von heute. WeitereVorreiter sind laut einer Studie, an der die deutsche BertelsmannStiftung mitwirkte, Großbritannien, Dänemark und Finnland. Alle dreiLänder verfügen über regelmäßig aktualisierte Bibliotheksgesetze.Österreich gehört zu dem Drittel der Länder der Europäischen Union,die keine eigene gesetzliche Basis für Bibliotheken haben, wenngleichdas Bekenntnis zur Relevanz öffentlicher Bibliotheken im aktuellenRegierungsprogramm 2020-2024 steht. Ein Maßnahmenpaket sollam 6. und 7. Mai 2024 präsentiert werden. (ms)Das Gespräch führte Magdalena SchwarzZwischen Sozialen Medien und Buchbrancheentwickelt sich eine Symbiose, die nicht nurVerlagen hilft, sondern auch die junge Generationzum Lesen und Bücherei-Besuch animiert. LiteraturexpertinSusanne Reichl weiß warum. Sie istProfessorin für zeitgenössische Literatur an der UniversitätWien und Expertin für Kinder- und Jugendliteratur.DIE FURCHE: Lesen Jugendliche heutzutage weniger?Susanne Reichl: Nein, diese kulturpessimistischeAussage wird zwar oft wiederholt, aber zum Beispieldie aktuelle oberösterreichische Medienstudie zeigt,dass seit einigen Jahren schon mehr als die Hälfteder Jugendlichen gerne Bücher und Zeitschriftenliest. Natürlich gibt es eine Verschiebung und Diversifizierungder Medien, vom analogen Text zu Bild,Audio und Online-Medien. Aber das Internet ist primärein Lesemedium, und komplexere Computerspielebeinhalten ebenfalls viel Text. Defizite in derLesekompetenz können die Bildungskarriere gefährden,und das ist nicht zu unterschätzen.Andererseits hilftdas Narrativ von den guten, analogenund den bösen, digitalenMedien niemandem. Menschen,die Bücher lesen, sind nicht unbedingtdie besseren Menschen.DIE FURCHE: Ist Technologie alsogar nicht der Feind des Buchs?Reichl: Nicht zwingend. Mitdem Beginn sozialer Medien habensich Communities herausgebildet,die soziale Plattformenwie YouTube oder Instagramnutzen, um über Bücher zu sprechen.Der Anfang war BookTube,quasi ein Bereich von YouTube,auf dem Leute Buchrezensionenhochladen. Mittlerweile gibt esÄhnliches auch auf Instagramoder TikTok, wo Jugendliche ihreBegeisterung für Bücher teilen.Den Effekt sehen Verlage inden Verkaufszahlen, und nutzendie sozialen Medien inzwischenselbst sehr erfolgreich.DIE FURCHE: Wie sehen solche Buchbesprechungen aus?Reichl: Auf BookTube sind das meist längere Buchbesprechungen,die oft richtig in die Tiefe gehen.Auf TikTok gibt es zum Beispiel den Hashtag „booktok“,unter dem Jugendliche – und auch Erwachsene– sich im Mikroformat über Bücher austauschen.Es gibt dort sehr kreative und überraschende Sujets,wie etwa kurze Videos, in denen man Mädchen mitverschmierter Wimperntusche sieht, die weinen,während sie ein besonders trauriges Buch halten. Esgibt unglaubliche Geschichten von Jugendbüchern,die vor Jahren publiziert wurden und durch solcheVideos plötzlich Verkaufshits werden.DIE FURCHE: Verlage erkennen dieses Potenzial?Reichl: Die Buchverlage versuchen natürlich, dieseEntwicklung für sich zu nutzen und umwerben diedigitalen Inhaltsproduzenten. Diese erhalten nichtnur, wie auch im journalistischen Bereich üblich, Rezensionsexemplare,sondern bauen ihre Präsenz aufsozialen Medien immer weiter aus. Bei der FrankfurterBuchmesse 2023 gab es zum ersten Mal einenTikTok-Preis für die beliebtesten „Booktoker“. SozialeMedien verwischen zunehmend die Grenzen zwischenprofessionellen und Laien-Kritikerinnen und-Kritikern. Gleichzeitig können sie auch zur Demokratisierungder Literaturbranche beitragen: der eineoder die andere Autorin, die keinen großen Verlaghinter sich hat, bekommt trotzdem eine Chance.Foto: Barbara Mair„ Das Narrativ vonden guten, analogenund den bösen,digitalen Medien hilftniemandem. Menschen,die Bücher lesen, sindnicht unbedingt diebesseren Menschen. “DIE FURCHE: Lesen wird durch Soziale Medien auchwieder zur Gemeinschaftserfahrung.Reichl: Genau, ich lese ein Buch mit der Community,und auf diese Weise wird daraus wieder eine sozialePraxis – wie im 18. oder 19. Jahrhundert, als dieFamilie bei Kerzenschein um den Tisch saß und einandervorlas. Eine neue Studie der American LibraryAssociation hat gezeigt, dass junge Menschen in denUSA Bibliotheken wieder für sich entdecken, einerseitsum ästhetische Fotos für soziale Medien zu machen,aber auch als Ort des sozialen Miteinanders.Eine spannende Entwicklung.DIE FURCHE: Laut PISA-Studie übertreffen Mädchenweltweit ihre männlichen Peers in der Lesekompetenz.In Österreich sind 65 Prozent der Bibliotheks-Nutzendenweiblich. Warum ist LesenFrauensache?Reichl: Zwischen 12 und 14 Jahren sinkt das Interesseam Lesen bei vielen Jugendlichen rapide,und diesen Leseknick sehen wir bei Burschendeutlicher. Die Gründe sind komplex, aber Sozialisierungspielt eine große Rolle. Burschen werdenimmer noch stärker angehalten,körperlich aktiv zu sein,während Mädchen dazu erzogenwerden, sich für Beziehungenund Kommunikation zuinteressieren.DIE FURCHE: Wie können ElternKinder für das Lesen begeistern?Reichl: Social Media inspirierenviele Jugendliche zum Bücherlesen.Zum Beispiel hat diebritische Schauspielerin EmmaWatson mit ihrem Instagram-Buchklubbei hundertausendenjungen Menschen dasInteresse an feministischenWerken geweckt. Eine Schulbibliothekarinhat mir erzählt,dass bei Burschen mit MigrationshintergrundGraphic Novelsüber berühmte Fußballer,wie Maradona, ein Hit sind.Illustrierte Geschichten könnenalso eine Art Einstiegsdrogesein. Anstatt Druck zumachen, können Eltern undGroßeltern sich bei ihren Kindernerkundigen, wie sie Medien konsumieren.Amerikanische Studien zeigen den Wert von Intergenerationenverständnis.Kinder fragen dann nämlichauch zurück, welche Bücher ihre Eltern frühergelesen haben, und so entsteht ein ehrlicher Austausch,statt StressDIE FURCHE: Auch Büchereien können beitragen?Reichl: Genau. In der Bibliothek, ob in der Schuleoder öffentlich, können Kinder und Jugendliche verschiedensteBücher, Hörspiele und andere Medienausprobieren. Manche entdecken dort zum BeispielManga, die japanischen Comics, die man von hintennach vorne liest. Es gibt die Behauptung, dass dieillustrierten Genres automatisch einen geringerenliterarischen Wert haben. Tatsächlich weisen siegroße Qualitätsunterschiede auf, genauso wie jedeandere Literaturform.DIE FURCHE: Wird das Lesen an Bedeutung verlieren?Reichl: Nein, um das Lesen kommen wir nichtherum. Natürlich ist unser Leseverhalten durchneue Technologien im Umbruch, aber es wird inabsehbarer Zeit nicht so weit kommen, dass jedeKommunikation über Video passiert. Das Lesenwird bleiben.Zum Thema Print-Medien siehe auch S. 2-4 und zum ThemaComics S. 24 dieser FURCHE.

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