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DIE FURCHE 29.12.2024

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DIE FURCHE

9 · 29. Februar 2024DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 80. Jg. · € 6,–Der letzteöffentliche OrtWelche Rolle spielenBüchereien im 21. Jahrhundert?Eine Recherchezum Schicksal einesraren konsumfreienRaums. · Seiten 12–13Image-Krieg im Friedenspalast Krise – biblisch produktiv Literatur aus dem AutomatenIn Den Haags Gerichtshöfen prallen hehre Ideenunverblümt auf die Realität. Warum Israel hier eineunrühmliche Rolle einnimmt. · Seite 5„Das Haus und das Lamm“: Christian Lehnertbefasst sich mit der Apokalypse. Ein literarischeswie geistliches Meisterwerk. · Seite 9Eine japanische Autorin erhält einen renommiertenLiteraturpreis. Sie hatte ihren Roman mithilfe vonChatGPT geschrieben. · Seite 17Das Thema der WocheSeiten 2–4Die Digitalisierung stellt klassischeMedien auf den Kopf. Sind Printproduktenun zum Auslaufmodell verdammt? Übervertane Chancen und Zukunftsprojekte.Zeitungim FlussFoto: iStock/industryviewFoto: Carolina Frank„Die Heucheleiist einGroßbetrieb“In seinem 21. Buch widmet sichPaul Lendvai der politischen Doppelmoral.Ein FURCHE-Gespräch überPutin, den „Fehler“ zu schnellerEU-Erweiterung, Medien als Feindbilder,das Kurz-Urteil und denZustand der SPÖ.Seiten 6–7Ob Causa Kurz oder Femizide: Wer schuldig ist, wird im digitalen Raum standrechtlich entschieden.Umso nötiger ist Qualitätsjournalismus – und der Kampf gegen die Delegitimierung der Justiz.Richter und HenkerAUS DEM INHALT„Die kosmopolitische Ethik ist falsch“Der US-amerikanische Philosoph Michael J.Sandel übt in seinem Buch „Das Unbehagenin der Demokratie“ scharfe Kritik an denEliten. Und das nicht zu Unrecht. Seite 8Von Doris HelmbergerDagmar Belakowitsch hat ein Faiblefür kantige Aussagen: „Wasist Lüge? Wo ist die Wahrheit?Ich sehe nicht, dass die absoluteWahrheit in den etablierten Mediengegeben ist“, meinte die FPÖ-Nationalratsabgeordnetevergangenen Montag in einemparlamentarischen Dialogforum zumThema: „Soziale Medien als Gefahr für dieDemokratie?“. Belakowitsch hat natürlichRecht: „Absolute Wahrheiten“ gibt es nicht –zumindest nicht im Bereich des Profanen.Stets bleibt „Wahrheit“ relativ, stets müssenAussagen oder Urteile hinterfragt, korrigiertund notfalls verworfen werden. Auchwissenschaftliche Erkenntnisse sind nichtsakrosankt – ganz im Gegenteil: Nur durchdas Falsifizieren von bisher Gedachtem entstehtwissenschaftlicher Fortschritt. AmEnde bietet gute Wissenschaft immerhindas bestgesicherte Wissen der Zeit.Ein Blick in die „sozialen Medien“ bietetfreilich das schiere Gegenteil: Jede Differenzierungzwischen „richtig“ und „falsch“,zwischen „Faktum“ und „Meinung“ scheintaufgegeben. Und Populisten forcieren dieseVerwirrung bewusst: Mudding the waternennt sich diese Strategie – das Wasser solange trüben, bis jede Klarsicht auf unleug-„ Ja, auch vor Gericht gibtes keine ,absolute Wahrheit‘.Aber eine, die imRechtsstaat angefochtenwerden kann.“bare Tatsachen vernebelt und jeder Unterschiedzwischen „Wahrheit“ und „Lüge“ eingeebnetist. Donald Trump war und ist mitseinen „Alternativen Fakten“ ein Großmeisterdieser Kunst. Und die Pandemie wareine Hoch-Zeit dieser Diskurs-Zerstörung.Übliche FrontstellungenAber auch aktuell zeigt sich, wie sehrder öffentliche Diskursraum bereits vergiftetund differenzierte Auseinandersetzungenunmöglich geworden sind. JüngstesBeispiel ist etwa die Debatte über jenesechs Femizide, die seit vergangener Wocheganz Österreich erschüttern. Allein amFreitag wurden vier Frauen und ein Mädchenin Wien ermordet: eine Mutter und ihreTochter vom (autochthonen) Ehemann;und drei Sexarbeiterinnen von einem Asylwerberaus Afghanistan. Montag dieser Wochefolgte der sechste Fall: Ein 94-Jährigererschoss seine 84-jährige Ehefrau und versuchtedanach, sich selbst zu töten.Die Fälle offenbarten nach Expertinnenmeinung„das gesamte Spektrum“ von Femiziden.Umso notwendiger ist eine individuelleAufarbeitung, um derlei in Zukunftverhindern zu können. Doch dem allgemeinenEntsetzen folgten sogleich die üblichenVerurteilungs-Muster: auf der einen Seitejene, die Gewalt an Frauen nur sehen, wennder Verdächtige Ausländer ist; auf der anderenSeite jene, die jede Diskussion über„importierten“ bzw. kulturell oder religiösgeprägten Frauenhass als „rassistisch“ diskreditieren.Tatsache ist, dass Täter ausDrittstaaten mit 18,3 Prozent (bei 6,8 ProzentBevölkerungsanteil) überrepräsentiertsind. Tatsache ist aber auch, dass dieMehrheit der Frauenmörder noch immerdie (österreichischen) Lebenspartner sind.Was jeweils dagegen getan werden muss,könnte man in einer rezenten Studie derKonfliktforscherin Birgitt Haller studieren.Wenn man denn nur wollte.Ein zweites Beispiel für das gefährlicheTorpedieren der Suche nach „Tatsachen“oder „Wahrheit“ ist die Debatte um die Verurteilungvon Sebastian Kurz. Dieser ist –ebenfalls vergangenen Freitag – in ersterInstanz (und nicht rechtskräftig) zu einerbedingten Strafe von acht Monaten verurteiltworden – wegen Falschaussage im parlamentarischenUntersuchungsausschuss.So legitim die Klage des Ex-Kanzlers überöffentliche Vorverurteilung oder einen subjektiv„ungerechten“ Richterspruch ist – sojenseits ist das von ihm und Ex-MinisterinElisabeth Köstinger gestreute Narrativeines „politischen Urteils“. Ja, auch in derJustiz gibt es keine „absolute Wahrheit“ –sehrwohl aber eine relative, die auf Beweiswürdigungberuht und in einer höherenInstanz wieder angefochten werden kann.Man nennt das Rechtsstaat. Ihn zu diskreditieren,ist eine Gefahr für die Demokratie.doris.helmberger@furche.atSynodaler Weg auf Kollisionskurs?Ein Brief aus Rom – und Kardinal Schönborn –warnen die katholische Kirche Deutschlandsvor einem Sonderweg. Johann Pock fragt:Wovor hat man Angst? Seite 15Rückkehr einer GeißelDie WHO schlägt aufgrund stark steigenderMasernfälle Alarm. Bei der Impfquote zähltÖsterreich zu den Schlusslichtern in der EU.Ein Blick in die Medizingeschichte. Seite 22Industriepolitik in der UmlaufbahnIm Weltraumsektor kämpft Österreich mitHürden: Talent und Kapital dürfen nichtweiter abwandern. Ein Gastkommentar vonÖWF-Direktor Gernot Grömer. Seite 23Geschichten vom ÜberlebenZeichnungen, Sprechblasen, Texte und dieLeerräume dazwischen: Comics könnenTraumata darstellen. Zur Ausstellung„Gewalt erzählen“ im Freud Museum. Seite 24furche.atÖsterreichische Post AG, WZ 02Z034113W,Retouren an Postfach 555, 1008 WienDIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 WienTelefon: (01) 512 52 61-0

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