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DIE FURCHE 29.08.2024

DIE FURCHE

35 · 29. August 2024 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 80. Jg. · € 6,– „Das Auto hat geschaukelt“ Pflanzenforscher Jiří Friml wurde diesen Sommer mit dem renommierten Wittgenstein-Preis ausgezeichnet. Ein Porträt. · Seite 20 Statt Reparationen tiefere Erinnerung „Heiliger Newcomer“ Unheimliches Vermächtnis 85 Jahre nach dem deutschen Überfall auf Polen soll ein neues Projekt in Berlin der Anerkennung pol nischen Leides Raum geben. · Seiten 6–7 Um die Geschichte, wie ein Splitter des Kreuzes Christi in die südspanische Ortschaft Caravaca kam, ranken sich Legenden. · Seite 8 Der Band „Miserere“ versammelt letzte Texte der im Jänner verstorbenen österreichischen Autorin Helena Adler. · Seite 15 Das Thema der Woche Seiten 2–4 Welche Werte wir wählen: Freiheit Politik lebt von großen Ideen. Doch wie sehr kämpfen Österreichs Parlamentsparteien tatsächlich für ihre Ideale? Start der neuen FURCHE-Wahlserie. Folge 1: Liberalismus und Neos. Detail Flussmündung (Segelboote in leichter Brise) Jan van Goyen 1655; Foto: Getty Images / Universal Images Group / Sepia Times Foto: APA / Land Salzburg / Neumayr / Leopold / Neumayr Fotografie / Christian Leopold „Das Vaterland versteckst du nicht einfach in der Tasche“ Nina Chruschtschowa lehnt das Politsystem von Putin ab. Trotzdem, vielmehr gerade deswegen sieht sie sich als Russin in der Verantwortung. Warum, erklärt sie im Interview. Seiten 13–14 „Euer Wille geschehe“, lässt Herbert Kickls FPÖ neuerdings plakatieren. Die Botschaft ist mehr als Blasphemie: Sie beschwört das Ende der parlamentarischen Demokratie, wie wir sie kennen. Sein Reich komme? AUS DEM INHALT Was ist der Geist von Alpbach? Gerade findet im Tiroler Bergdorf das 80. Europäische Forum statt. Viel ist dabei vom „Geist“ die Rede, der hier angeblich weht. Eine Suche im „Dorf der Denker“. Seite 9 Von Doris Helmberger Ein gekreuzigter Frosch. Ein Fastentuch mit Totenschädel. Eine gebärende Maria. Oder ein (Letztes?) Abendmahl in Paris: Zahlreich waren zuletzt die Debatten darüber, wo die Freiheit der Kunst endet und wo „Blasphemie“ – im Wortsinn „Gotteslästerung“, faktisch eher die Verletzung religiöser Gefühle von Menschen – beginnt. So heftig das mediale Strohfeuer stets loderte: Oft haftete der Empörung etwas Forciertes, ja Unernstes an. „Haben wir keine anderen Sorgen?“, wollte man fragen. Außerdem: Was wäre das für ein Gott, der sich durch (mehr oder weniger anspruchsvolle) Kunst eher gelästert fühlte als durch menschliche Barbarei und Terror, ausgeführt womöglich in seinem eigenen Namen? „Gott braucht die Verteidigung durch eifernde Hasser nicht“, meinte FURCHE- Chefredakteur Hubert Feichtlbauer schon 1980 anlässlich der Empörung über Gottfried von Einems Oper „Jesu Hochzeit“. Auch in die neuen FPÖ-Wahlplakate mit dem Slogan „Euer Wille geschehe“ ist bislang kein göttlicher Blitz eingefahren – obschon der Rückgriff auf das Vaterunser überdeutlich ist. Und doch ist diese kalkulierte Provokation aus der Werkstatt des „ ,Unterscheidung der Geister‘: Auf diese Gabe kommt es bis zur Nationalratswahl am 29. September an. “ selbsternannten „Volkskanzlers“ und nunmehr auch weichgezeichneten „Familienvaters“ Herbert Kickl von neuer Qualität. Es geht schließlich nicht nur um das zen trale Gebet aller Christinnen und Christen; es geht um dessen völlige Umdeutung, ja Pervertierung: Das „Volk“ und dessen Wille werden an die Stelle Gottes gesetzt; und dieser wird – samt parlamentarischer Demokratie und Rechtsstaat – eliminiert. Dämonische Kräfte bekämpfen „Das Plakat ist nicht ,nur‘ Blasphemie, sondern Ausdruck einer postmodernen Dämonie“, meint dazu die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak im FURCHE- Gastkommentar (vgl. Seite 10). „Euer Wille geschehe“: Das sei die „nichts und niemanden ernst nehmende Ankündigung eines politischen Projektes zur Zerstörung der liberalen, menschenrechtsbasierten Demokratie und ihrer Institutionen im Namen eines divinisierten ,Volkwillens‘ auf Kosten von ethnisch und religiös ,Anderen‘“. Mit solch dämonischen Kräften könne man am Ende nicht verhandeln oder kooperieren, man könne sie nur bekämpfen – ohne freilich vorhandene Probleme (konkret etwa jene im Bereich von Flucht und Migrati- on) schönzureden oder gar zu leugnen. „Unterscheidung der Geister“: Auf diese Gabe kommt es also bis zum 29. September an. Sie ist umso dringlicher, als die im nun veröffentlichten FPÖ-Wahlprogramm niedergeschriebenen Ermächtigungsfantasien à la „Volksinitiative“ oder „Notgesetz“ Österreichs Verfassung tatsächlich untergraben. So schwer es in der Praxis sein mag, vier Prozent der Bevölkerung (rund 250.000 Menschen) zur Unterschrift einer „Volksinitiative“ zu bewegen, die dann zu einer Volksabstimmung über die Absetzung einer (gefühlt?) „unfähigen“ Regierung führt: Allein die Idee der Aushebelung des Parlaments – laut „Legalitätsprinzip“ die zentrale demokratische Entscheidungsmacht – muss alle Alarmglocken schrillen lassen. „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus“, heißt es im Bundes-Verfassungsgesetz – und nicht etwa „Das Recht geht vom Volk aus“, wie Kickl bewusst verkürzt. Der Rechtsphilosoph Ulrich Wagrandl formulierte es unlängst in der FURCHE so: „In der Demokratie kann das Volk nicht selbst herrschen. Nur Institutionen lassen Demokratie Wirklichkeit werden.“ Durch sie wird sichergestellt, dass Minderheitenrechte und völkerrechtliche Verpflichtungen auch angesichts eines propagandistisch verführten „Volkswillens“ gewahrt bleiben. Vor all dem zu warnen, wäre Aufgabe der Medien und aller anderen Parteien – wenn diese sich nicht, wie die SPÖ, gerade selbst zerfleischen. Auf dass es am Ende nicht doch noch heißt: „Sein Reich komme“. doris.helmberger@furche.at Alles ist eine Hetz Auch 40 Jahre nach Neil Postmans „Wir amüsieren uns zu Tode“ bleiben seine Diagnosen zum Niedergang des Diskurses brisant, meint Otto Friedrich. Seite 11 „Ein singuläres Original“ Heuer jährt sich der Geburtstag Anton Bruckners zum 200. Mal. Christian Schacherreiter hat über das Leben des Komponisten einen Roman geschrieben. Seite 14 Antiker Alltag Der ungeschminkte Blick hinter den Vorhang des Lebens der „einfachen Menschen“ in Pompeji hält auch der heutigen Gesellschaft den Spiegel vor. Seite 16 Der Saibling in Bedrängnis Die vielen heißen Sommertage haben nicht nur an der Erdoberfläche massive Auswirkungen. Auch die heimischen Seen und deren Arten leiden darunter. Seite 18 @diefurche @diefurche furche.at @diefurche Die Furche Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0

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