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DIE FURCHE 29.06.2023

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DIE FURCHE · 26 16 Film 29. Juni 2023 DAS ERWARTET SIE IN DEN NÄCHSTEN WOCHEN. Die FURCHE nimmt in den kommenden Ausgaben folgende Themen* in den Fokus: Gutes Leben Nr. 28 • 13. Juli 2023 Zu einem zufriedenen Leben gehören viele Faktoren, die man nicht früh genug fördern kann. Die pädagogische Werktagung Salzburg will daher „Zuversicht stärken“ – und DIE FURCHE fragt: „Wie gelingt gutes Leben?“ Kunst des Verzichts Nr. 30 • 27. Juli 2023 Eine Haltung des „Immer mehr!“ hat lange das gesellschaftliche Grundgefühl bestimmt. Heute wächst das Unbehagen daran. Aber wo und wie ist Reduktion sinnvoll? Ein Fokus anlässlich der Salzburger Hochschulwochen. Das Wasser-Jo-Jo Nr. 32 • 10. August 2023 Trotz verregneten Frühjahrs dümpelt der Grundwasserspiegel vielerorts in Österreichs auf Rekord-Tiefniveau. Wie das Wasserreich Österreich bewahren? Und was tun gegen den Dürre- Hochwasser-Teufelskreis? Idealismus Nr. 34 • 24. August 2023 Idealismus scheint im abgeklärten, postfaktischen Zeitalter fehl am Platz. Und wenn man für seine Ideale eintritt wie die Klimakleber, dann beruht das auf wissenschaftlichen Fakten. Warum Überzeugung dennoch essenziell ist. Klasse Job? Nr. 36 • 7. September 2023 Die Schule ist der Grundstein für das weitere Leben. Was muss geschehen, damit Schüler(innen) für die Arbeitswelt gerüstet werden? Und wie wird dabei auch der Lehrberuf wieder zum „Klasse Job“? *Änderungen aus Aktualitätsgründen vorbehalten. Treue im Wandel Nr. 29 • 20. Juli 2023 In Österreich geht jeder Vierte fremd. Aber ist das heute noch ein Tabu? Zu Zeiten der Monica-Lewinsky-Affäre war es eines. Heute setzen immer mehr junge Paare gleich auf Polyamorie. Über Treue im Wandel der Zeit. Franz Jägerstätter Nr. 31 • 3. August 2023 Am 9. August jährt sich die Hinrichtung des Bauern und Kriegsdienstverweigerers aus St. Radegund/OÖ zum 80. Mal. Jägerstätters Beispiel, seinem Gewissen um jeden Preis zu folgen, ist aktuell wie eh und je. Wie anfangen? Nr. 33 • 17. August 2023 Nach Sommer und Urlaub kommt der Herbst, die Zeit des Neu-Aufbruchs. Was ist nötig, damit ein Anfang gelingt – von Schule und Beruf über den Start in einem neuen Land bis zur gesellschaftlichen Transformation? Politik lernen Nr. 35 • 31. August 2023 Seit Max Webers Vortrag „Politik als Beruf“ wird das Politikhandwerk mit dem Bohren harter Bretter beschrieben. Wie Politik-Lernen heute funktionieren kann, zeigt eine Spurensuche beim Europäischen Forum Alpbach. Der Westen Nr. 37 • 14. September 2023 Er ist nicht nur eine Himmelsrichtung, sondern steht für eine – angeschlagene – Weltmacht: der Westen. Wo beginnt und endet er? Was ist darunter zu verstehen? Beginn einer Reihe – gefolgt vom Süden, Osten und Norden. ALLES AUCH DIGITAL AUF FURCHE.AT Podcasts, Videos, E-Paper und alle FURCHE-Artikel seit 1945 JETZT 77 Jahre Zeitgeschichte im NAVIGATOR. „Alma und Oskar“: Dieter Berners filmischer Zugang zum Künstlerpaar Alma Mahler-Werfel und Oskar Kokoschka erlaubt keinerlei Vielschichtigkeit. Revue statt Tiefe Von Alexandra Zawia Alma Mahler, eine „Person der Wiener Kunst-, Musik- und Literaturszene“, geb. 1879, wurde nicht durch ihre musikalische Begabung bekannt (einige ihrer Kompositionen sind überliefert), sondern einerseits durch ihren Antisemitismus und andererseits durch ihre „Männergeschichten“. Letzteres ein Umstand, der seit jeher der Gesellschaft geschuldet ist, die Frauen auf Sex und damit auf ihr Geschlecht reduziert. Ersteres ein Umstand, der gerne verschwiegen wird. Beides wird auch von Regisseur Dieter Berner in seinem Film „Alma und Oskar“ eisern befolgt: Kein Wort über Almas (Emily Cox) Antisemitismus, dafür umso mehr Reduktion auf ihr Geschlecht und den Sex, den sie hatte. Affären und Ehen mit Gustav Mahler, Walter Gropius, Franz Werfel, Gustav Klimt und eben Oskar Kokoschka (Valentin Postlmayr). Tatsächliche Zeugnisse COMING OF AGE Skating Forever Von Philip Waldner Die Zwillinge Lisa und Lena Mantler gehören zu den erfolgreichsten Influencern Deutschlands und haben sich auf TikTok u. a. mit Lippensynchronisationen und Tanzvideos einen Namen gemacht. In Lea Beckers Skaterfilm „Get Up“ geben die beiden jetzt ihr Kinodebüt. Herausgekommen ist ein charmantes Coming-of-Age- Drama rund um eine skatende Mädchenclique, das zwar keinen Preis für Originalität einheimsen wird, seine Wirkung beim Zielpublikum aber nicht verfehlen dürfte. Die Mantlers spielen Juli und Alex, zwei in Frankfurt ansässige Schwestern, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Alex ist soeben am Abitur gescheitert, während Juli mit Bestnoten bestanden hat und demnächst für ein Praktikum nach London gehen soll. Was die beiden teilen, ist die Begeisterung für Skateboards. Als Alex von einem Wettbewerb für junge Skaterinnen in Köln erfährt, macht sie sich daran, die richtige Crew dafür zusammenzutrommeln. Mit von der Partie sind Ewa (Sinje Irslinger), die beste Freundin der beiden, sowie Neuling Nia (Jobel Mokonzi), die sich nach einem Ausgleich zur harten Musikerinnenkarriere sehnt. „Get Up“ folgt der traditionellen Dramaturgie von Tanz- bzw. Sportfilmen, die auf die Teilnahme an einem finalen Wettbewerb hinauslaufen. Der Film bedient sich einer flott der mehrjährigen „On-und-Off-Beziehung“ mit Oskar Kokoschka sind einige Gemälde sowie fast vierhundert Briefe. Eine Fülle an historischem Material, das bereits gut ausgewertet wurde, Berner interessieren davon aber höchstens ein paar eingängige One-Liner. Seine Perspektive (Erzähl- wie Kameraperspektive) auf Alma erlaubt keine Vielschichtigkeit, keine „Komplikation“. Berner ergeht sich stattdessen in leeren Behauptungen wie zum Beispiel, dass er das damalige Frauenbild modern hinterfragen wolle. Was bleibt, ist eine oberflächliche Revue, die interessante Fragen, wie etwa „Was genau macht ein Werk zu Kunst?“ konsequent ausspart. Alma und Oskar A/CZ/DE/CH, 2022. Regie: Dieter Berner Mit Emily Cox, Valentin Postlmayr, Valentin Postlmayr, Táňa Pauhofová, Anton von Lucke, Wilfried Hochholdinger, Virginia Hartmann, Gerald Votava, Cornelius Obonya. Alamode. 89 Min. Ab 7.7. „Get Up“ folgt der traditionellen Dramaturgie von Tanz- und Sportfilmen. geschnittenen und von zahlreichen Popsongs untermalten Musikvideo-Ästhetik, welche das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mädchen zelebriert. Dabei werden auch Themen wie Liebeskummer, sportlicher Ehrgeiz, innerfamiliäre Konflikte oder die Frage gestreift, was man im Leben eigentlich machen will. Angesichts der tollen Skater-Stunts (für welche die Darstellerinnen gedoubelt wurden) verzeiht man das eine oder andere Klischee und freut sich darüber, dass auch solche Filme in Deutschland gemacht werden. Das Rad wird in „Get Up“ nicht neu erfunden, aber man schaut gerne dabei zu. Get Up D 2023. Regie: Lea Becker. Mit Lena Mantler, Lisa Mantler. Constantin. 90 Min.

DIE FURCHE · 26 29. Juni 2023 Wissen 17 Die Urlaubszeit steht vor der Tür, doch auch die Ferien wollen geplant sein. Verantwortlich dafür sind meist Frauen. Wie unbezahlte „Elfenarbeit“ zu psychischen Problemen führen kann. Die unsichtbare Last Von Alexandra Wimmer Einkaufen, aufräumen, die Hausübung kontrollieren, Arzttermine vereinbaren, und jetzt auch den Urlaub planen und vorbereiten: Die „To-do“-Liste in Sachen Familie und Haushalt ist oft schier endlos, die Verantwortung für die alltäglichen Aufgaben fordernd. Die psychische Belastung aufgrund dieser unbezahlten „Care“-Arbeit, der Mental Load, ist daher weit verbreitet. Die „Vermächtnisstudie“ unter dem Dach des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) hat diese unsichtbare kognitive Arbeit detailliert erfasst – und bestätigte unlängst die Befunde früherer Untersuchungen: Die planerische Verantwortung bezüglich Haushalt, Familienorganisation und Freizeitaktivitäten liegt überwiegend oder ausschließlich bei den Frauen; ausgenommen sind nur die Bereiche Reparaturen, Handwerker und Finanzen. Das führe mittlerweile dazu, dass jüngere Frauen lieber darauf verzichten, Mutter zu sein, um beruflich weiter kommen zu können. Durch die Coronakrise hat sich diese Belastung nochmals verschärft. Frauen mit Kindern oder zu pflegenden Angehörigen sind besonders betroffen, sagt die Grazer Psychologin Marlis Winterleitner im Gespräch mit der FURCHE: „Die meisten Mütter sind außerdem erwerbstätig und Dazu kommen die hohen Ansprüche, die Frauen an sich selbst stellen: „Man schämt sich und hält sich für unzulänglich, wenn man etwas nicht schafft, das allen anderen vermeintlich gelingt. Viele Frauen haben permanent ein schlechtes Gewissen“, so Winterleitner. Um sich aus der Mental-Load-Falle zu befreien, sollte man sich zuerst der eigenen Belastung bewusst werden. „Wichtig ist auch, sich selbst vor Augen zu führen, wie viel man täglich leistet“, regt Winterleitner an. Eine Liste, die man abends (auch nur in Gedanken) macht, verschafft Überblick. Man könnte sich zudem fragen: Was sind meine persönlichen Werte? Was ist mir wirklich wichtig? Überbehütete Kinder „ Eine der Ursachen für Mental Load liegt in den sozialen Erwartungen. Dazu kommen die hohen Ansprüche, die Frauen an sich selbst stellen. “ Immer noch gilt die Sozialisation als Hauptursache, warum vor allem Frauen „Care“-Arbeit leisten: Ihnen wurde beigebracht, dass sie verantwortlich für die Hausarbeit und Kinderbetreuung sind. Zwar wird der sichtbare Teil dieser Arbeit heute von vielen Paaren oft gut aufgeteilt. Anders verhält es sich mit dem Planen, Koordinieren und Organisieren, dem Antizipieren von Bedürfnissen, Abwägen von Optionen, dem Treffen von Entscheidungen. Die unsichtbaren Aufgaben sollten von Paaren ebenfalls sichtbar gemacht machen lässt. „Kindern wird zu wenig zugetraut und zugemutet“, beobachtet die Psychologin. „Diese Überbehütung verhindert ihre Selbstwirksamkeit.“ Kinder können von klein auf in die Familienorganisation eingebunden werden und Aufgaben übernehmen: Spielsachen wegräumen, schmutzige Kleidung in den Wäschekorb geben. Kleine, später größere Handgriffe im Haushalt zu erledigen, steigert das Selbstwertgefühl, entlastet die Eltern und fördert den Zusammenhalt in der Familie. Während also individuell Entlastung geschaffen werden kann, brauche es auch ein Umdenken in der Gesellschaft. „Wir sollten eine Kultur schaffen, die es ermöglicht, darüber zu sprechen, wenn man etwas nicht schafft“, betont die Psychologin. Es sei erleichternd festzustellen, dass es nicht an einem selbst liegt, wenn man sich überfordert fühlt – sondern (auch) mit strukturellen Ursachen zusammenhängt. Es brauche verstärkt politische Initiativen, sei es den Ausbau zeitlich flexibler Kinderbetreuung oder klare Anreize für die Väterkarenz: „Familienarbeit gehört finanziert – egal, wer sie macht“, fordert Winterleitner. „Der Mental Load der Frauen: Unentwegt an alles gedacht“ (29.3.2023): Sandra Lobnig über weibliche Belastungen, auf furche.at. Von Manuela Tomic Foto: iStock/ Olga Ubirailo MOZAIK Kanakanien Kanake“, murmelte ein zornesroter Wiener kürzlich, als sich ein „Scheiß muslimischer Mann weigerte, in der U-Bahn eine Maske zu tragen. „Die gehören alle eingesperrt“, stimmte ihm eine wasserstoffblonde Dame im knisternden Leoparden-Kunststofffellmantel zu. Schon lange, seit meiner Schulzeit, habe ich das Wort „Kanake“ nicht mehr gehört. Nachdem ich mich von meinem Schock erholt hatte, googelte ich das Wort: In den 60ern wurden Italiener und Griechen, die als Gastarbeiter nach Österreich und Deutschland kamen, so genannt. Heute werden meist Südosteuropäer und Menschen aus dem Nahen „ Schon lange, seit meiner Schulzeit, habe ich das Wort „Kanake“ nicht mehr gehört. Nachdem ich mich von meinem Schock erholt hatte, googelte ich das Wort. “ erleben dadurch enorme Anforderungen im Alltag.“ Als Familienmanagerinnen fühlen Frauen sich für das emotionale Wohl der Familie verantwortlich. Die Gedanken kommen kaum zur Ruhe, man ist ständig angespannt. Mental Load kann in Überlastung, Erschöpfung und Burnout – den „Mental-Overload“ – münden. Dennoch wird die chronische Überforderung oft als normal abgetan. Mögliche Warnsignale, dass die Last zu viel wird: Man nimmt sich keine Zeit mehr für sich selbst, hat keine Energie für Hobbys oder Freunde. Man ist müde und abgeschlagen, leidet unter Schlafstörungen oder einer Depression. Eine der Ursachen für den Mental Load liegt in den hohen gesellschaftlichen Erwartungen: „Es wird als normal dargestellt, dass Mütter alle Aufgaben – volle Erwerbstätigkeit, Kinder, Haushalt, Garten, Hund, gesunde und nachhaltige Küche – bewältigen“, erklärt die Psychologin. und besprochen, Stunden aufgeschrieben und der Zeitaufwand verglichen werden. Dabei sollten immer ganze Verantwortungsbereiche statt einzelner Aufgaben an den Partner abgegeben werden. Erst wenn man sich für etwas nicht mehr verantwortlich fühlt, kann man die Gedanken daran loslassen und ist tatsächlich entlastet. Wurde vereinbart, dass der Vater das Kind morgens in den Kindergarten bringt, ist er auch dafür verantwortlich, dass das Kind die Jause dabei hat und passend angezogen ist. Verantwortung abzugeben, fällt den Betroffenen teils schwer – auch weil sie sich mit den Aufgaben identifizieren. „Wir sollten immer davon ausgehen, dass wir alle unser Möglichstes tun“, nennt Winterleitner ein hilfreiches Konzept. Das Wohlwollen sich und anderen gegenüber, trägt entscheidend zur Entspannung bei. Den eigenen Mental Load reduziert auch, wenn man Kinder quasi „ihren Job“ DIE FURCHE EMPFIEHLT Transformation hautnah Der Biologe, Philosoph und Autor Andreas Weber stellt in einem Seminar auf einem alten Almbauernhof seine „erotische Ökologie der Wahrnehmung“ vor. Eine Veranstaltung der Universität für Weiterbildung Krems in Kooperation mit dem Kardinal König Haus. Seminar „Lebendigkeit“ Kalchkendlalm, Rauris-Wörth, Nationalpark Hohe Tauern, 7.–9. Juli www.donau-uni.ac.at/ akademie-der-transformation Foto: iStock/ Rudzhan Nagiev Osten mit dem K-Wort beschimpft. Mittlerweile sind die „Kanaken“ längst in der deutschen Literatursprache angekommen. Mit dem Buch „Kanak Sprak“ adelte der deutsche Autor Feridun Zaimoğlu das Trotzwort zum Popwort. Zaimoğlu gießt darin den Jargon jugendlicher Migranten in wütende Monologe. Wie gerne hätte ich dem Grantler in der U-Bahn mit den Worten des Autors geantwortet: „Die sache is die, daß’s pack null naturzustand hat und im kopp statt grips weites weideland, wo magere gedanken grasen.“ Eigentlich stammt das Wort „Kanake“ vom anderen Ende der Welt. Es leitet sich vom hawaiischen „kanaka“ ab und bezeichnet die Ureinwohner Neukaledoniens. „Kanaka“ bedeutet „Mensch“. Und Menschen sind nicht nur die Anderen. Ob Neukaledonien oder Kakanien, wir alle leben in Kanakanien. FURCHE-Redakteurin Manuela Tomic ist in Sarajevo geboren und in Kärnten aufgewachsen. In ihrer Kolumne schreibt sie über Kultur, Identitäten und die Frage, was uns verbindet. Möchten Sie mozaik abonnieren und das neueste Stück digital lesen? furche.at/newsletter

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