ormationen:9 07 07 - 0newelt.atJugend Eine WeltAT66 3600 0000 0002 4000RZTIAT22Meine Jugend Eine WeltWeihnachtsspende 2024!30+DIE FURCHE · 4812 Gesellschaft28. November 2024Lesen Sie auch„Gewalt gegenFrauen: Waspassiert nachdem Notruf?“(11.3.24) vonMagdalenaSchwarz auffurche.at.Von Nicole KrejciIm Jahr 2020 wurden 31Frauen in Österreich voneinem aktuellen oder ehemaligenPartner oder eineranderen nahestehendenPerson, wie ihrem Vater, Bruderoder Sohn, getötet. Im darauffolgendenJahr waren es 36 Frauen,2022 gab es 39 Femizide, und 2023waren es 42. Heuer zählen wir, mitStand 11. November, 26 Femizideund 39 Mordversuche. Das besagendie Daten des Vereins AutonomeÖsterreichische Frauenhäuser(AÖF). Eine andere Statistik, diegerne zitiert wird, ist die der Anzahlder Klientinnen und Klienten,die jährlich durch die österreichischenGewaltschutzzentrenberaten werden. Denn auch dieseist seit der österreichweiten Etablierungdieser spezialisierten Opferschutzeinrichtungenrasantangestiegen, von 79 Personen imAnlaufstellenDer 25. Novemberist der InternationaleTag zurBeseitigung vonGewalt gegenFrauen. Mittlerweilegibt es auchin Österreich einNetzwerk anBeratungseinrichtungen,dieeng mit Polizeiund Justiz kooperieren,um Frauenzu schützen.Ist eure Arbeit wirksam? Dieser Frage widmet sich Nicole Krejci,Leiterin des Gewaltschutzzentrums Wien. Sie erklärt, warumStatistiken allein nicht aussagekräftig sind. Ein Gastkommentar.Messen, was mannicht sieht?Jahr 1996 bis hin zu 24.805 im Jahr2023. Die Zahlen sind eindeutig,und doch herrscht Uneinigkeit darüber,was sie bedeuten.Zeigt die Zunahme an Beratungen,dass seit Inkrafttreten desGewaltschutzgesetzes im Jahr1997 auch mehr Gewalt im sozialenNahraum verübt wird? Odergibt es mehr gesellschaftlichesBewusstsein und eine größere Bereitschaft,sich Hilfe zu suchenund die Polizei zu rufen? Ein umsandere Mal muss ich diese Fragegleich beantworten: Ich weiß esnicht. Und auch sonst wohl niemand,den Sie fragen könnten.Eine Frage, die von außen anuns herangetragen wird: Wennes stimmt, dass es in Österreichimmer öfter zu Gewalt in Partnerschaftenund Familien kommt,und wenn dadurch Menschen imschlimmsten Fall ihres Lebensberaubt werden, wie können wirdann wissen, ob Gewaltschutzwirkt? Wie können wir immernoch bestehende Lücken im bereitseng verwobenen Gewaltschutzsystemidentifizieren undschließen? (Vgl. S. 20)Diese Frage müssen wir, diewir im Gewaltschutz tätig sind,uns nicht nur gefallen lassen. Wirmüssen sie uns auch selbst stellen,etwa wenn neue gesetzliche Maßnahmenangedacht oder budgetäreMittel verteilt werden – oderwenn ein weiterer schockierenderFemizid oder Mordversuch„ Wenn es stimmt, dass es in Österreich immer öfterzu Gewalt in Partnerschaften und Familien kommt:Wie können wir dann wissen, ob Gewaltschutz wirkt? “Foto: iStock/adl21für Aufsehen sorgt. Denn gut gemeintist nicht immer gut gemacht,und es geht um zu viel: das Grundrechtauf Freiheit, Gesundheitund ein gewaltfreies Leben. Dochwie können wir die Wirkung unsererArbeit erheben? Woran müssenwir uns messen lassen?Da wird es schwierig. Eine Wirkungsmessungrein anhand statistischerDaten könnte zu kurzgreifen, wie eingangs geschildert.Ein weiteres Beispiel liefert dieVerurteilungsstatistik bei strafrechtlichrelevanten Gewaltdeliktenim sozialen Nahraum. SolcheStrafverfahren sind meistenslangwierig, kompliziert und emotionalbelastend. Manche werdeneingestellt oder enden mit einemFreispruch. Betroffene könntendaraus den Schluss ziehen, dasses sich nicht lohnt, sich an die Polizeioder die Justiz zu wenden.Doch es gibt unterschiedlicheGründe, warum Gerichte mutmaßlicheDelikte nicht ahndenoder ahnden können, etwa wennobjektivierbare Beweise fehlen.Über die Wirksamkeit des Gewaltschutzsystemsin seiner Gesamtheitsagt diese Zahl nichts aus. Inunserer Arbeit mit Betroffenenthematisieren wir mögliche Hindernisseund begleiten sie psychosozial,auch während einesStrafverfahrens. Gelingt es uns,Betroffene aufzufangen und in ihremVertrauen in den Opferschutzzu bestärken – gerade wenn siezuvor juristische Enttäuschungenerlebt haben –, dann sind wirwirksam, und zwar auf eine Weise,die sich nicht sofort quantifizierenlässt. Denn wir binden Frauenein in ein qualifiziertes Unterstützungsnetzaus Hilfseinrichtungen,Exekutive und Justiz, das sichin Österreich in den letzten Jahrzehntenentwickelt hat.Wie viel wird verhindert?Gleichzeitig gibt es im Gewaltschutznach wie vor Schnittstellen,die einer Verbesserung bedürfen.Diese zu benennen, ist im Sinnedes Opferschutzes.Wir dürfen niemals müde werden,genau dort hinzuschauen,wo es auf den ersten Blick Widersprüchegeben mag – egal ob alsinvolvierte Professionen, politischeEntscheidungsträgerinnenund -träger, interessierte Fachöffentlichkeitoder engagierte Zivilgesellschaft.Denn Gewalt in der Privatsphäreist mit Sicherheit eines nicht,nämlich privat. Sie geht uns alleetwas an, egal ob als Nachbarn,Verwandte oder Fahrgäste in öffentlichenVerkehrsmitteln.Hinter den 26 Femiziden und 39Mordversuchen, die es heuer bereitsgab, stecken Menschen mitden unterschiedlichsten Biografienund Lebensumständen. Wieviel Leid dank mutiger Betroffenerund des Gewaltschutzes verhindertwerden konnte, ist nicht messbar.Und jede einzelne Gewalttat,die passiert ist, ist eine zu viel.Die Autorin leitet das GewaltschutzzentrumWien. Der Vereinberät und unterstützt Opfer vonGewalt und Stalking. Außerdembegleitet er Betroffene im Rahmenvon Gerichtsprozessen.schenktWasser,Bosco Entwicklungszusammenarbeit00 +BITTE VERGISSMICH NICHT!Spenden Sie jetzt für Kinder,die dringend Hilfe brauchen!MEINEWEIHNACHTS-SPENDE 202402.10.2024 15:39:44Zahlscheinliegt bei!SchuleermöglichenJETZT SPENDEN: jugendeinewelt.at/spendenSpendenkonto: AT66 3600 0000 0002 4000spenden@jugendeinewelt.atjugendeineweltDie Furche_275x78mm_Bildung.indd 1 09.10.2024 15:54:26
DIE FURCHE · 4828. November 2024Gesellschaft13Damit die Welt für Mädchen und Frauen ein sichererer Ort wird, müssen sich Burschen und Männer ändern.Hier setzt der Verein poika an, der in Workshops an Wiener Schulen toxische Männlichkeitsbilder aufbricht und Gewaltprävention fördert.„Dein Körper, meine Entscheidung“Von Nadja Riahibody, my choice“ („DeinKörper, meine Entscheidung“):Diese frauenverachtendeParole, die ihren„YourUrsprung in den USA hat,hört man nun von zwölfjährigen Burschenin der Wiener U-Bahn. Dahinter stecktder Gedanke, dass Männer über den Körpervon Frauen verfügen können, wie siemöchten. Aussagen wie diese sind ein Ausdrucktiefverankerter frauenfeindlicherDenkmuster. Häufig werden sie von Erwachsenenmit der Erklärung „Die meinenes gar nicht so. Burschen reden eben dummesZeug“ heruntergespielt. Für Phi lippLeeb, Gründer des Vereins poika, greiftdas zu kurz: „Wenn sie ihre Worte nicht someinen, dann müssen wir herausfinden,warum sie so etwas Sexistisches sagen.“Der erfahrene Sonderschullehrer undExperte für gendersensible Bubenarbeithat vor 16 Jahren poika gegründet – einenVerein, der sich der Reflexion von Rollenbildernwidmet. Das Team des Vereins istgeschlechterdivers und hat im Schuljahr2023/24 insgesamt 400 Workshops gemacht.Neben ihrer Arbeit in allen Schultypenist poika auch an Jugendzentrenund anderen außerschulischen Einrichtungenfür Kinder und Jugendliche tätig.„Ein Mann ist stark und Alleinverdiener“In ihren Workshops eröffnen Leeb undseine Kollegen und Kolleginnen einenRaum, in dem verschiedene Interpretationenvon Geschlecht erarbeitet werden. Aufdie Frage, was Mannsein bedeute, antwortenviele Buben: Er ist stark, ein Alleinverdienerund Familienernährer. „DieseBilder werden den Jungen von außen vermittelt.Wenn wir mit ihnen dann in dieTiefe gehen und Fragen stellen, denken sienach und ändern schnell ihre Meinung“,sagt Leeb. Ein erhobener Zeigefinger helfedabei nicht weiter. Leeb betont, dass einerein moralische oder autoritäre Haltungnicht zielführend sei. Statt Sanktionen gehees darum, eine Atmosphäre zu schaffen,die Jugendlichen die Möglichkeit gebe, ihreLebensrealitäten zu reflektieren.Auch bei gewaltbezogenen Aussagenzeigt sich mehr Schein als Sein: „Ich habeletztens eine Gruppe Jungs gehört, die davonsprachen, jemanden abzustechen. Solcheverbalen Gewaltdarstellungensind oftein Ventil, letztendlichstellen sie aber auchein Bild von Männlichkeither.“ Während Aussagenwie diese leichtgesagt sind, könnenBurschen die Konsequenzennoch nichtgreifen.In den Workshopsfragen die Leiter undLeiterinnen: „Stell dirvor, du verletzt odertötest jemanden, waspassiert dann?“ Leebmöchte die Buben dazubewegen, die Tragweiteihrer Worte zu hinterfragen.So sehen sie, dass die Ausübungvon Gewalt Konsequenzen mit sich bringt:ein möglicher Schulausschluss, die Enttäuschungder Eltern, eine gerichtlicheVerurteilung. Gewalttraditionen könneman nur durchbrechen, wenn man beisich selbst beginne.„Für viele wird es zu einem Wendepunkt,sobald sie begreifen: ‚Wenn ich selbst keineAggression ausübe, dann verhindereich auch weitere Gewalt. Selbst wenn ichFoto: PID/VotavaFoto: iStock/adl21Philipp Leeb ist Experte für gendersensibleBubenarbeit. Mit demVerein poika will er veralteteRollenbilder aufbrechen.geschlagen werde, muss ich nicht zurückschlagen,sondern kann Hilfe suchen.‘“Ein Thema in den Workshops mit Bubenist ihr Umgang mit Mädchen. Viele von ihnensehen sie als „schützenswert“ und vertretendie Ansicht, dass „Mädchen nichtgeschlagen werden dürfen“.Nackte Körper sind überall„ Leeb fragt: ‚Stell dirvor, du verletzt oder tötestjemanden, was passiertdann?‘ Er möchte die Bubendazu bewegen, die Tragweiteihrer Worte zu hinterfragen. “Likes fürFrauenhassSeit DonaldTrumps Wahlsieghat sich die frauenfeindlicheRhetorikim Internetweiter verstärkt.„Dein Körper. MeineEntscheidung.Für immer“. Mitdieser Aussage aufX sammelte auchder rechtsextremeHolocaustleugnerNick FuentesZuspruch.Zugleich beobachtet Leeb eine starke Sexualisierungjunger Frauen, die er insbesondereden sozialen Medien zuschreibt.Diese bieten Jungen einennoch leichteren Zugangzu sexualisiertenInhalten. Sie sind geprägtvon einer ständigenBetonung der Körperlichkeit,ohne dasseine kritische Auseinandersetzungdamit stattfindet.Der Austauschgeschieht häufig innerhalbder Peer-Gruppeoder über fragwürdigeInfluencer. Aus sexualpädagogischerSicht wärees jedoch essenziell,eine klare Botschaft zuvermitteln: „Ich sehenackte Körper, aber diealleinige Kontrolle darüberliegt bei der Person selbst – und beiniemand anderem“, sagt der Pädagoge.Wenn Leeb und seine Kolleginnen undKollegen über Gleichberechtigung diskutieren,hören sie oft: „Es ist doch normal,dass Frauen arbeiten, Auto fahren und soweiter.“ Doch die heutigen Rechte von Frauensind eine vergleichsweise junge Errungenschaft,erkämpft vor allem durch denAktivismus der Frauenbewegung in den1970er Jahren. „Wenn wir mit den Jugendlichendiese Themen behandeln, geht esnicht nur darum, was ‚normal‘ ist“, sagt erund ergänzt: „Wir zeigen auch auf, wie sichdieses ‚Normale‘ entwickelt hat und welchetiefverwurzelten Strukturen hinterder Ungleichbehandlung von Frauen undMädchen stehen.“Dass Burschen nicht über Gefühle sprechen,ist Leeb zufolge ein Mythos. Nurmüssten sie lernen, den Subtext dahinterzu verstehen. „Wenn wir die Buben fragen,was in ihnen vorgeht oder was sie ärgert,dann merken wir schnell, dass siemit den Zuschreibungen und Erwartungender verschiedenen Rollenbilder überfordertsind“, erzählt der Gründer des Vereins.Die Pubertät und der Übergang zumErwachsensein sind Phasen voller Unsicherheitenund der Frage, wo man hingehört.In den Workshops erzählt Leeb denBuben auch von seiner Jugend und denÄngsten, die ihn begleitet haben. So merkensie, dass es in Ordnung ist, über die eigenenGefühle zu sprechen.Mit den Schulklassen analysiert Leebdie männlichen Vorbilder der Jugendlichen.Wenn sie etwa über Cristiano Ronaldosprechen, der von vielen als Heldverehrt wird, thematisieren sie auch dieSchattenseiten des Erfolgs: das fehlendePrivatleben und sein Verhalten, das ständigin der Öffentlichkeit diskutiert wird.„Wir wollen einen neuen Blickwinkel eröffnenund den Jugendlichen zeigen, dass dieWelt mehr zu bieten hat als das enge Bild,das sie durch Social Media vermittelt bekommen“,so Leeb.Es gebe nicht den einen Buben oder daseine Mädchen, sondern eine große Bandbreitean Kindern und Jugendlichen mitindividuellen Erfahrungen und Ansichten.Jede Klasse hat eine eigene Gruppendynamik.„An manchen Schulen ist unslangweilig, weil nichts passiert. Und dasmeine ich durchwegs positiv“, so Leeb. Fürihn sind die schönsten Momente, wenn einJugendlicher sagt: „Danke, dass wir darübergesprochen haben, ich werde es jetztanders machen“, oder „Du hast mein Denkenein bisschen verändert“. Diese Augenblickezeigen ihm, dass seine Arbeit einenechten Unterschied macht.Sinnvolles SchenkenEin Geschenk, das lange Freude macht:Laden Sie Ihre Liebsten ein zu einer Entdeckungsreise.Gemeinsam mit alten und neuenWegbegleiter:innen – digital zurück bis 1945!JETZT GESCHENKABO BESTELLEN:www.furche.at/abo/schenkenaboservice@furche.at+43 1 512 52 61 52Lesen Sieauch „Männerberatung:Einsicherer Raumfür sanfte Kerle“(12.3.24) vonMagdalenaSchwarz auffurche.at.
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