22 · 29. Mai 2024 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 80. Jg. · € 6,– Naturschutz ist Selbstschutz Das EU-Renaturierungsgesetz steht auf der Kippe: Warum es überlebenswichtig ist. Ein Gastkommentar von Kurt Kotrschal. · Seite 18 Dracula gegen, Kirchen für die EU Sprechstunde gegen die Einsamkeit „Jenseitsreise“ eines Autors Die kirchlichen EU-Positionen zeigen europaweit eine große Bandbreite. Im Verbund setzt sich aber die Pro-EU-Linie durch. · Seite 6 Social Prescribing bietet Unterstützung für Menschen, deren Gesundheitsprobleme nicht allein medizinische Ursachen haben. · Seite 7 2022 ist Gerhard Roth gestorben. Nun erscheint sein letzter, Fragment gebliebener Roman – eine Reise durchs Totenreich. · Seiten 13–14 Das Thema der Woche Seiten 2–5 Foto: Markus Schauta und kein Ende Vor 100 Jahren, am 3. Juni 1924, starb einer der wichtigsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Wie verliefen seine letzten Tage in Kierling? Wie lebt seine Literatur in der Musik weiter? Und welche Spielwiesen ermöglicht sie Autorinnen und Interpreten? Die Ahmadis: Das andere Kalifat Während Hamburger Extremisten von einem Kalifat träumen, hat die islamische Gemeinschaft der Ahmadiyya dieses schon verwirklicht – freilich fernab politischer Machtansprüche. Ein Lokalaugenschein in Wien und London. Seiten 8–9 Israels Kriegsstrategie baut auf Rache und Vergeltung und boykottiert damit die Möglichkeit von Versöhnung und Vergebung. Es ist nur die Hamas, die von diesem Vorgehen profitiert. Den Frieden vorbereiten Von Brigitte Quint stellt sich nie überraschend ein. Er fällt nicht vom Himmel wie Regen. Er kommt zu denen, die ihn „Friede vorbereiten.“ Dieses Zitat stammt von Noah Seattle, Häuptling des Stammes der Duwamish (1786–1866) und Namensgeber der gleichnamigen US-Stadt. Es war der Brigadier Romeo Fritz, der es am vergangenen Wochenende bei der internationalen Soldatenwallfahrt in Lourdes vorgetragen hatte, um zu betonen, dass Frieden alles andere als selbstverständlich ist und ein großes Maß an Versöhnlichkeit, Toleranz und Vergebung voraussetzt. Genau das hatten Teile der Armeen der ehemaligen Erzfeinde Deutschland und Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg bewiesen, als sie beschlossen, sich jedes Jahr in Lourdes zu treffen, um dafür zu beten, dass sie einander nie wieder auf einem Schlachtfeld gegenüberstehen müssen (Näheres dazu folgt in FURCHE Nr. 24). Von dem Ansinnen, aufeinander zuzugehen und gemeinsam für Frieden einzutreten, könnten die Kriegsparteien im Nahen Osten nicht weiter entfernt sein. Seit dem 7. Oktober 2023, an dem die Hamas in Israel barbarische Massaker verübte, dreht „ Das Massaker des 7. Oktober hatte ein Ziel: Die Provokation einer Gegenreaktion, die Israel isoliert. “ sich die Eskalationsspirale ins Unermessliche. Internationale Beobachter rätselten damals, welches Motiv die Terrororganisation mit diesem Angriff wohl verfolge. Denn sie musste mit einem Gegenschlag rechnen, wusste um die militärische Überlegenheit Israels. Inzwischen ist klar, was der Grund dieses bestialischen Blutbades war: Die Gegenreaktion Israels sollte maximal provoziert werden. Israel sollte so drakonisch zurückschlagen, dass sich selbst die engsten Verbündeten abwenden (vgl. Seite 6). Anerkennung Palästinas entzweit Europa Mit dem jüngsten Luftangriff der israelischen Armee auf Rafah, bei dem aus bisher ungeklärten Gründen ein Flüchtlingslager getroffen und mindestens 45 Personen in den Tod gerissen wurden (vor allem Frauen und Kinder), scheint die Hamas ihrem Ziel gefährlich nahe gekommen zu sein. Spätestens seit diesem Vorfall schwindet die Zahl der Israel-Unterstützer messbar. Der UNO- Sicherheitsrat rief eine Dringlichkeitssitzung ein. EU-Außenbeauftrager Josep Borell erklärte einmal mehr, dass Israel gegen internationales Recht verstoße. Und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte eine sofortige Feuerpause. Derweil trat die Anerkennung Palästinas als Staat durch Norwegen in Kraft, Spanien und Irland werden sich anschließen. Eine Entscheidung, die in Europa für Unruhe sorgt. Auch das kommt der Hamas zupass. Darüber hinaus hat sich die Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Israel, die die Hamas und der Iran mit aller Kraft verhindern wollten, angesichts der Bilder aus Gaza zerschlagen. Der Schusswechsel zwischen ägyptischen und israelischen Soldaten nahe der Grenze erweitert den Konflikt in der Region um eine weitere Facette. Israel versteht sich bis heute – in Folge der Schoa – als sichere Heimstatt aller Jüdinnen und Juden. Und ein Großteil der (westlichen) Welt unterstützt es bislang dabei, erklärt dies zur eigenen Staatsdoktrin. Dass diese Solidarität nun schrumpfen könnte, war lange unvorstellbar. Aber sie schwindet – weil die israelische Regierung die Zivilbevölkerung in Gaza unzureichend schützt (wogegen auch viele Israelis protestieren). Premier Benjamin Netanjahu und sein Kabinett schaden jenen, die sie vorgeben zu verteidigen. Eine Kriegsstrategie, die nur auf Rache und Vergeltung baut, boykottiert die Möglichkeit von Vergebung und Versöhnung. Die Heranwachsenden, die heute diesen Krieg erleben und überleben – auf welcher Seite der Grenze auch immer –, sind die Entscheidungsträger von morgen. Sie werden es in der Hand haben, ob die Region von Hass dominiert wird, oder ob langfristig ein Leben in Gemeinschaft denkbar ist. Denn: „Friede stellt sich nie überraschend ein. Er kommt zu denen, die ihn vorbereiten.“ brigitte.quint@furche.at AUS DEM INHALT „Ich lerne von Ann-Sofie“ In seinem neuen Brief an Johanna Hirzberger erzählt Hubert Gaisbauer, wie ihm seine Enkelin mit Trisomie 21 lehrt, was inneres Glück sein kann. Seite 10 Vergängliche Schöpfung? Fehlt den klimabewegten Kirchen die theologische Grundlage – oder gar das Gottvertrauen? Eine Replik von Regina Polak auf Ulrich H. J. Körtner. Seite 11 Kraft trotzt Brutalität Die Wiener Festwochen widmen sich mit aufrüttelnden Inszenierungen einem brisanten, jahrhundertealten und so aktuellen Thema: der Gewalt an Frauen. Seite 15 Signale des Wandels Das Filmfestival in Cannes ist noch immer Ausdruck von (männlich dominiertem) Protz- und Luxusgehabe. Aber das ändert sich nach und nach. Seite 16 „Ich verstehe mich als Übersetzerin“ Barbara Steiner ist Anwältin für Familienrecht. Sie will patriarchale Strukturen im Rechtswesen aufbrechen – und angehenden Juristinnen Mut machen. Seite 20 @diefurche @diefurche furche.at @diefurche Die Furche Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0
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