DIE FURCHE · 13 10 Religion 28. März 2024 Zu diesem Thema empfehlen wir Ihnen auch den Essay „Schelmentag 1. April“ von Leopold Schmidt vom 28. März 1946 – nachzulesen auf furche.at. Monat der Schelme „Möglicherweise ist die Wetterlaunigkeit dieses Monats die wahrscheinlichste Erklärung für die Entstehung des Aprilscherzes“, meint der Theologe und Buchautor Josef Imbach. Von Josef Imbach auf Narren hoffend blickt, wird in den April geschickt“, heißt es in einer alten Volksweisheit. „Wer Woher der Brauch stammt, andere am 1. April zu verulken, scheint aber niemand so recht zu wissen. Was immer wieder zu Spekulationen führt, die weder auf einen gemeinsamen Nenner noch unter einen Hut zu bringen sind. Einzelne Geschichtskundige vermuten, dass der Aprilscherz auf die im Mittelalter üblichen Narrenfeste zurückgeht. Dazu gehörten Verkleidungen, Parodien religiöser Rituale sowie Satiren auf Adel und Klerus, was in diesem Fall keinerlei disziplinarische Konsequenzen zur Folge hatte. Manche Forscher mutmaßen, dass das Verlangen, andere in den April zu schicken, auf die Franzosen zurückgehe. 1564 verlegte König Karl IX. im Zug einer umfangreichen Kalenderreform den Jahresbeginn auf den 1. Jänner. GLAUBENSFRAGE Österlicher Zusammenhalt Am 1. April ist man vor keinen Scherzen sicher. Doch woher rührt dieser Brauch? Eine kleine Kulturgeschichte zwischen Pseudoreligion, Meteorologie und Medien. Der Tag der Narreteien In einigen Regionen Frankreichs feierten die Menschen aber – sei es aus Unwissenheit, sei es aus Protest – den Jahresbeginn weiterhin wie bis dahin üblich am 25. März, am Fest Mariä Verkündigung, weswegen sie als Aprilnarren verspottet wurden. Von Hildegund Keul Sich in Schutzräumen verbarrikadieren? Zu den Waffen greifen? Oder sich vom Acker machen? Vor diesen Möglichkeiten stehen die Jüngerinnen und Jünger nach dem Tod Jesu. Die beiden, die sich nach Emmaus aufmachen, entscheiden sich fürs Weggehen. Michel de Certeau nennt sie „die beiden Verletzten“, denn der Tod Jesu hinterlässt eine tiefe Wunde. Die Gewaltsamkeit, die vom Kreuz ausgeht, greift auf sie zu. Sie ist nicht auf Jesus beschränkt, sondern verletzt die Jüngerinnen und Jünger persönlich. Und sie trifft ihre Gemeinschaft, die zu zerbrechen beginnt. In einer Situation der Krise, in der alle ihre Verwundbarkeit schmerzlich spüren, ist der Zusammenhalt besonders wichtig. Zusammen- Halt gibt Halt in drohender Haltlosigkeit. Zugleich ist dieser Zusammenhalt besonders in Gefahr, wo Krisen sich in Unsicherheit und Zukunftsangst bemerkbar machen. Das ist heute noch genauso wie damals, als die Zwei Jerusalem verlassen. Erst die Begegnung mit dem Auferstandenen befähigt sie, dem Zerbrechen der Gemeinschaft zu widerstehen und sich für den Zusammenhalt zu entscheiden. Dieser Zusammenhalt hat etwas Besonderes. Er braucht keine ‚schielende Seele‘, wie Friedrich Nietzsche das nennt. Hier antworten Menschen, die verletzt werden und Ohnmacht erfahren, mit Ressentiment. Sie degradieren die Stärken der Anderen zu Schwächen, um selbst größer dazustehen. „Selbstkonstruktion durch Fremddenunziation“ (Rainer Bucher) neigt zur Gewalt, wie der aktuelle Rechtspopulismus zeigt. Der Zusammenhalt der jungen Kirche entsteht hingegen im Widerstand zur Gewalt, insbesondere der eigenen. Er erschafft eine Gemeinschaft, die nicht vom Ausschluss der Anderen lebt, sondern in Gesten der Zuwendung, im Mut zur Auseinandersetzung und im Wagnis des Neuen. Österlicher Zusammenhalt. Die Autorin ist katholische Vulnerabilitätsforscherin an der Universität Würzburg. Schließlich gibt es noch eine pseudoreligiöse Erklärung: Abergläubischen Überlieferungen zufolge gilt der 1. April als Geburts- und Todestag des Judas Iskariot. Es handle sich deshalb um einen Unglückstag, an dem man sich besonders vorsehen müsse. Die Quelle, aus der dem Volksglauben dieses Wissen zufloss, gehört wohl zu jenen Mysterien, die man zwar zur Kenntnis nehmen, aber niemals ergründen kann. „ Abergläubischen Überlieferungen zufolge gilt der 1. April als Geburts- und Todestag des Judas Iskariot. Es handle sich deshalb um einen Unglückstag, an dem man sich vorsehen müsse. “ Bild: iStock/duncan1890 (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger) Eines jedoch unterliegt seit Jahrzehnten keinerlei Zweifeln: Besonders achtgeben muss, wer im April nach draußen geht. Denn in dieser Zeit gilt allemal: „April, April, der tut was er will …“ Möglicherweise ist die Wetterlaunigkeit dieses Monats die wahrscheinlichste Erklärung für die Entstehung des Aprilscherzes. Im Gegensatz zu dessen Ursprüngen sind wir über den Begriff selbst bestens informiert. Dieser bürgerte sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. In Grimms Deutschem Wörterbuch von 1854 taucht zwar Aprilsnarr auf, nicht aber der Aprilscherz. Der wohl erste Aprilscherz in einer Zeitung wurde am 1. April 1774 in Deutschland veröffentlicht. Der Verfasser des fraglichen Beitrags behauptet, dass man nicht nur Ostereier färben, sondern auch Hühner in allen möglichen Farbtönen züchten könne. Man brauche nur die Umgebung, in der sich die Hennen aufhalten, mit der gewünschten Farbe zu bemalen; dann würde sich ihr Federkleid daran anpassen. Die Sache mit den Ostereiern war insofern aktuell, als der 1. April meist in die vorösterliche Fastenzeit fällt. Einen legendären Ulk, der dazu beitragen könnte, den Brauch des Aprilscherzes ins UNESCO-Weltkulturerbe aufzunehmen, leistete sich am 1. April 1957 der britische TV-Sender BBC. Es handelte sich um einen Beitrag über Spaghettibäume, kommentiert von Richard Dimbleby, einem der damals bekanntesten Radio- und Fernsehsprecher Englands. Wobei die Fadennudeln zu jener Zeit im United Kingdom noch kaum bekannt waren. In einer „Panorama“-Sendung erfuhren die erstaunten Briten von den Problemen der Spaghettibaum- Züchter im Tessin. Zwar hätte der milde Winter einen guten Ertrag erwarten lassen, hieß es darin – doch der Frost im März habe diese Hoffnung wieder versemmelt. Das einzig Gute daran: Auch die Spaghettirüsselkäfer seien der Kälte zum Opfer gefallen. Allerdings sei die Ernte nicht vollständig zerstört worden. Zu sehen war in dem Filmbericht nämlich auch, wie die frischen, noch biegsamen Nudelfäden von den Bäumen genommen und fachgerecht getrocknet wurden. Mit Hilfe der Schlagworte aprilscherz, bbc und spaghetti kann man die entsprechenden Videos auf Google bis heute bestaunen. Die Mär vom Spaghettibaum Die Sendung über die Spaghettibäume gilt als einer der wirkmächtigsten Aprilscherze, die je von Fernsehschaffenden produziert wurden. Von den damals rund acht Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern riefen derart viele Menschen bei der Redaktion an, dass die Leitungen zusammenbrachen. Manche wollten wissen, ob sie in ihrem Garten Spaghettibäume pflanzen könnten. Die BBC riet ihnen, ein paar Spaghetti in eine Dose mit Tomatensoße zu stecken und das Beste zu hoffen. Manche Aprilscherze werden freilich als nicht sehr witzig empfunden, weil sie vor allem Ärger verursachen. So ist es in der französischsprachigen Schweiz seit Jahrzehnten üblich, am 1. April den Inhalt des Mülleimers in Nachbars Garten auszuleeren. Nicht selten drehen sich Aprilscherze auch um kirchliche Belange. Vor einigen Jahren kündigte der Radiosender WDR 5 eine besondere Aktion des Erzbistums Köln zur Belebung der Kirchen an: Jeder, der von Karfreitag bis Weihnachten mindestens 38 Gottesdienste besuche, nehme an einer Weihnachtslotterie teil – im Jackpot lagerten angeblich 50.000 Euro. Auf eine originelle Idee verfiel auch die Katholische Nachrichtenagentur KNA. Sie meldete, dass die Deutsche Bahn AG plane, eine Schienenkirche in Form eines Kapellenwagens einzusetzen. Dieser Soul Express sollte dem Reisestress entgegenwirken und zur Attraktivität der Bundesbahn beitragen. Wenn Sie also dieser Tage die Nachrichten hören oder in der Zeitung blättern, ist Vorsicht geboten. An mindestens einer Meldung könnte etwas faul sein. Dass Schweizerinnen und Schweizer ihren Müll am 1. April gern in Nachbars Garten kippen, wäre ein heißer Kandidat. Der Autor ist Angehöriger des Minoritenordens , Fundamentaltheologe und Buchautor.
EIN FRÜHLINGS- SPAZIERGANG FÜR DIE SEELE Die Münze „AUF DEM WEG“ Diese Münze fängt das Glück ein, unterwegs zu sein; die Freude, nach der kalten Jahreszeit die erwachende Natur zu bewandern und den Frühling mit allen Sinnen wahrzunehmen. „Auf dem Weg“ erzählt von der Seelennahrung, die wir Schritt für Schritt aufsaugen und erinnert uns an die Schönheit unserer Landschaften. Sie ist Motivation, sich auf den Weg zu machen. Mehr auf muenzeoesterreich.at MÜNZE ÖSTERREICH – ANLEGEN. SAMMELN. SCHENKEN. ET28_03_DieFurche_AdW_275x411ssp_newspaper26v4.indd 1 08.02.24 17:53
Laden...
Laden...
Ihr Zugang zu neuen Perspektiven und
mehreren Jahrzehnten Zeitgeschichte.
© 2023 DIE FURCHE