DIE FURCHE · 17 24 Ausstellung 27. April 2023 Zeichenkunst und Druckgrafik stehen im Zentrum von drei Ausstellungen und zeigen den reichen Schatz der Grafischen Sammlung Albertina. 600 Jahre gedruckte Kunst Von Theresa Steininger In allen Farben Die Albertina zeigt, wie farbenfroh Druckgrafik sein kann, darunter Ludwig Heinrich Jungnickel: Drei blaue Aras, 1909, Farbholzschnitt in Schwarz, Dunkelblau, Hellblau und Gelb. Für die Albertina steht 2023 ein Jubiläum an. Vor zwei Jahrzehnten wurde das Haus renoviert und maßgeblich erweitert, seither war der Fokus auf das ursprüngliche Herzstück – die Grafische Sammlung – weniger im Vordergrund als zuvor. Nun widmet man dieser gleich mehrere Ausstellungen. Eine mit „Dürer. Munch. Miró“ betitelte Schau – Marketing anhand von klingenden Namen sind ja im Haus keine Seltenheit – zeigt große Meister der Druckgrafik vom 15. Jahrhundert bis heute. Eine Fortsetzung findet die Ausstellung in der Albertina modern, wo mit „Andy Warhol bis Damien Hirst – The Revolution of Printmaking“ das Thema bis in die Gegenwart weitergeführt wird. Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder nennt die beiden Expositionen ein „Duett an zwei Standorten“. Und eine zusätzliche Schau im Haupthaus widmet sich Zeichnungen von Pieter Bruegel und Zeitgenossen. „Dürer. Munch. Miró“ setzt mit der Erfindung der Druckgrafik ein, als um 1430 die massenhafte Vervielfältigung von Bildern möglich wurde. Einer der ältesten erhaltenen Holzschnitte überhaupt, die „Heilige Familie“ eines „ Nicht nur, dass Meisterwerke jeder Art gezeigt werden, die technischen Verfahren werden auch in kurzen Videos erklärt. “ anonymen Meisters, führt hier in die Thematik ein. Rembrandts „Hundertguldenblatt“ steht stellvertretend für die Möglichkeit, nun auch abseits der Malerei Geld zu verdienen. Die Werke waren ab jener Zeit nicht mehr ausschließlich für weltliche und klerikale Fürsten gedacht, sondern richteten sich nun auch an ein breites Publikum – was sich bald in den Sujets niederschlug. Die chronologisch geordnete Ausstellung führt entlang der Erfindungen im Bereich der Druckgrafik: Ob Kupferstich und Radierung, Lithografie und mehr. Nicht nur, dass Meisterwerke jeder Art gezeigt werden, die technischen Verfahren werden auch in kurzen Videos erklärt. „Die Druckgrafik erfindet sich ständig neu, dadurch gibt es viele verschiedene Foto: albertina, Wien | © Nachlass L.H. Jungnickel optische und ästhetische Erlebnisse“, unterstreicht Kurator Christof Metzger. Bald erkannte man, dass Holzschnitt und Co. nicht nur billiger in der Erzeugung und leichter zu transportieren und zu verkaufen waren, sondern dass sie auch eine ganz eigenständige Ausdruckskraft hatten. Facettenreiche Zeichenkunst Bemerkenswert, wie Albrecht Dürer durch die neuen Techniken besondere Plastizität und Tiefenräumlichkeit erreichte, etwa im „Rhinocerus“; wie Martin Schongauer mit Licht und Schatten spielte und wie präzise Jacopo deʼBarbari Venedig aus der Vogelperspektive wiedergab. Bald schon ist der Ausstellungsbesucher bei den Farbholzschnitten der Nabis oder Francisco de Goyas düsteren Szenen gelandet. Vor Farbe Sprühendes gibt es bei Toulouse-Lautrec. Wie die Wiener Secessionisten den Holzschnitt für ihre Zwecke nutzten, wie Käthe Kollwitz ein körperliches Konzept erarbeitete und wie im Expressionismus Primitivität durch Reduktion angesagt war, sieht man in der Folge. Die Schau schließt mit Abstraktem von Miró. Und während man sich für die zeitliche Fortführung der Entwicklung in die Albertina modern begeben kann, ist im Haus eine weitere Ausstellung „Bruegel und seine Zeit“ gewidmet. Auch hier kann betrachtet werden, wie sich die Bilderwelt ändert, als in Bruegels Zeit mehr für anonyme Käufer und weniger für Auftraggeber gearbeitet wird. Monströse Gestalten à la Hieronymus Bosch finden sich ebenso wie Alltagsszenen aus dem Volk. Die Albertina zeigt ihre sechs Bruegels inmitten zahlreicher Arbeiten von Zeitgenossen. „Pieter Bruegel der Ältere dient uns als Ausgangsfigur für eine Betrachtung der Epoche“, hält Kuratorin Laura Ritter fest. Man startet mit hell-dunkel-Zeichnungen wie Jan de Beers „Die Vermählung Mariae“ auf grau gefärbtem Papier und dessen „Wurzel Jesse“, in denen Details plastisch hervortreten. Starke Kontraste fallen auch in Jacob de Gheyns „Ecce Homo“, einer monumentalen Pergamentarbeit, ins Auge. Unter den Alltagszenen sind Darstellungen einer stillenden Mutter. Von Bruegel findet sich etwa ein Werk, in dem große Fische die kleineren fressen und ein Vater im Boot daneben seinem Sohn vom Recht des Stärkeren berichten dürfte. Und man sieht Bruegels Persiflage der damaligen Künstlersituation: Darin wird der Maler mit heruntergezogenen Mundwinkeln und mürrisch gezeigt, während neben ihm ein stupid wirkender Käufer, der den geistigen Gehalt des Werks nicht erfassen dürfte, nach dem Geldbeutel langt. Ein genaues Hinschauen – das erfordern die Arbeiten aller drei Ausstellungen jedenfalls. Dürer. Munch. Miró Albertina, bis 14. Mai 2023 Andy Warhol bis Damien Hirst – The Revolution of Printmaking Albertina modern, bis 23. Juli 2023 Bruegel und seine Zeit Albertina, bis 24. Mai 2023 www.albertina.at Weiter denken DER FURCHE PODCAST Foto: Neuhold „ Wir erleben heute eine Wucht an Freiheit. Das ist einerseits toll. Zugleich kann eine Gesellschaft, in der sich jeder nur um sich selbst kümmert, nicht funktionieren. “ „Gegeneinander leben geht nicht“ Zu seinem 70. Geburtstag hat sich der langjährige Caritas-Präsident Franz Küberl selbst mit einem Buch beschenkt: „Zukunft muss nach Besserem schmecken“. Ein Gespräch über Kirche, Politik und Gesellschaft. Das Gespräch sowie weitere FURCHE- Podcasts können Sie hier nachhören: furche.at/ podcast
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