DIE FURCHE · 39 6 Politik/International 26. September 2024 Premierminister Marcel Ciolacu (3. v. re.) empfing die Vertreterin der EU-Kommission in Deutschland, Barbara Gessler (1. v. li.), ihre Mitarbeiterinnen und ein Dutzend Journalisten im Sitzungssaal des Victoria-Palastes in Bukarest. FORTSETZUNG VON SEITE 5 Foto: Europäische Kommission, Büro Berlin informieren sie unverzüglich die lokale Grenzpolizei bzw. jene des Nachbarlandes. „Wir haben durch diese Methoden die illegale Migration nach Serbien um 75 Prozent senken können“, sagt Predoiu. In der ersten Jahreshälfte wurde 2800 Personen aufgegriffen – um 75 Prozent weniger als im Vorjahr. Zum Vergleich: Unionsweit waren es laut der EU-Grenzschutzagentur Frontex rund 140.000 Personen. Die Mammutinvestition in die Grenzüberwachung habe sich ausbezahlt, so der Minister. Es sei offensichtlich, dass die hochtechnologisierte Grenzüberwachung illegale Migration eindämme. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Sicherheit ist das eine, als innenpolitisches Kleingeld instrumentalisiert zu werden das andere.“ Das Wort „Österreich“ steht wie ein Elefant im Raum. Der Präsident der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, spricht indes von der „österreichischen KLARTEXT Grafik: Rainer Messerklinger (Quelle: Rumänisches Innenministerium) Ungarn 546,4 km Serbien 546,4 km Demokratie unter Stress? Demokratie ist Wählen, aber nicht nur das. Sie ist ein komplexes Gebilde. Doch unser liberaldemokratisches Modell wäre nur gefährdet … 1. wenn man die Demokratie als eine derartige Selbstverständlichkeit ansähe, dass sie keiner Pflege und Obsorge bedürfte, weil „Rückfälle“ in Auto ritarismen ausgeschlossen wären; 2. wenn das Verständnis für das balancierte repräsentative System dahinschwände, mit der Folge eines destruktiven Zusammenspiels der Kräfte und mangelnden Respekts zwischen den Parteien; 3. wenn die Mechanismen des Rechtsstaats (einschließlich Gewaltenteilung) nicht mehr geachtet würden, wenn die Unabhängigkeit der Justiz nicht bewahrt würde oder die Justiz selbst ihre Beschränkungen und Objektivitätsgebote missachtete; 4. wenn Menschenrechte als Allzweckinstrument zur Durchsetzung eigener Anliegen eingesetzt (und in Dauerrhetorik abgewertet) würden; 5. wenn man die ständige Sorge um die Wahrung von Freiheitsräumen (über die auch die Mehrheit nicht DRUCK AUF RUMÄNIENS AUSSENGRENZEN Ukraine 447,8 km Rumänien Bukarest Bulgarien 631,3 km Rep. Moldau 681,3 km befinden darf) vernachlässigte, sei es in bester Absicht; 6. wenn das freie Mediensystem zu „wackeln“ begänne oder eine öffentliche Diskussion nicht mehr mit Informiertheit und Bedachtsamkeit stattfände; 7. wenn die bürokratische Maschinerie (aufgrund von Überlastung oder Überkomplexität) Gesetz und Politik nicht mehr ausreichend und nachvollziehbar „auf den Boden“ brächte; 8. wenn die politische Kultur zu einer Sache persönlicher Affekte und Verfälschungen, Verleumdungen und Bosheiten degenerierte; 9. wenn Faktenbindung und Kompromissbereitschaft dahinschwänden, obwohl die Demokratie nur mit einem „kooperativen Minimum“ funktioniert. Glücklicherweise werden wir von solchen Gefährdungen nicht behelligt. Oder? Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz. Von Manfred Prisching niedrig mittel hoch Schwarzes Meer 193,5 km Kontrolle an Land, am Meer, an den Flüssen Die Gesamtlänge der rumänischen Außengrenze beträgt 3149,9 Kilometer (rund 2000 Kilometer EU-Außengrenze). Davon entfallen 1085,6 Kilo meter auf Land, 1816,9 Kilometer auf Flüsse und 247,4 Kilometer auf Seegrenzen. 2012 ging das Bukarester Kontrollzentrum des Grenzschutzes in Betrieb. Seither wird die gesamte Außen grenze des Landes in Echtzeit überwacht. (bqu) „ Die ‚österreichische Herausforderung‘ überträgt Ursula von der Leyen von nun an einem Österreicher. Die Personalie Magnus Brunner als Kommissar für Migration war ein geschickter Schachzug. “ Herausforderung“. Bei seinem jüngsten Besuch in Bukarest bekräftigte er, dass sich die EVP längst für den vollständigen Beitritt Rumäniens zum Schengenraum ausspreche. Dennoch müssten die Bedenken aus Wien berücksichtigt bleiben. Ein offener Kritiker der Blockadepolitik findet sich auch in Österreich selbst. Bundespräsident Alexander Van der Bellen unterstützte am vergangenen Mittwoch das Statement des slowakischen Präsidenten Peter Pellegrini, der auf einer gemeinsamen Pressekonferenz erklärte: „Wir sollten den Schritt weiter wagen und Bulgarien und Rumänien vollständig im Schengenraum aufnehmen.“ Auch wenn Marcel Ciolacu vermutlich künftig lieber seinen Parteifreund Andreas Babler im österreichischen Kanzleramt sehen würde – strategisch sollte er hoffen, dass die ÖVP zumindest Teil einer nächsten Regierung ist. So paradox es klingt. Der Schlüssel liegt in folgendem Satz, den Innenminister Karner gegenüber der Presse verlautbaren ließ: „Es geht nicht nur um Rumänien und Bulgarien. Das gesamte Migrationssystem liegt im Argen. Ich bin nicht derjenige, der Noten verteilt in Richtung Rumänien und Bulgarien. Ich mache mich auf europäischer Ebene für ein funktionierendes System stark. Und das wird nur der Fall sein, wenn die Außengrenze geschützt wird. Das ist auch wesentlicher Teil des neuen Asylund Migrationspakts, auf den sich die EU geeinigt hat und den wir nun mit Leben erfüllen müssen.“ Richtungsentscheidung steht bevor Für Letzteres trägt künftig Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) die Verantwortung. Vor wenigen Tagen wurde er von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum neuen EU-Kommissar für Migration und Grenzschutz nominiert. Ein geschickter Schachzug von der Leyens. „Die österreichische Herausforderung“ überträgt sie damit einem Österreicher, der bald innerhalb der eigenen Partei die Werbetrommel für eine vollständige Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in den Schengenraum rühren dürfte. Ob mit der neuen Personalie Karners Wunsch nach einem „funktionierenden System“ in Erfüllung gehen wird, steht freilich in den Sternen. Der Funktionalität steht vermutlich auch im Weg, dass die einzelnen Mitgliedsstaaten aus innenpolitischen Gründen den ganz großen Wurf immer wieder torpedieren. Dieser Bericht ist im Rahmen einer Pressereise nach Rumänien und Moldau entstanden – organisiert von der Vertretung der EU- Kommission in Deutschland, die die Kosten für Unterbringung und Verpflegung übernommen hat.
Entgeltliche Einschaltung SPEZIAL 7 TRIGOS zeichnet Österreichs nachhaltigste Unternehmen 2024 aus Im Rahmen eines Gala-Events ehrten am Dienstag 200 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft die Erfolge zukunftsfähigen Unternehmertums. Der TRIGOS, Österreichs wichtigste Auszeichnung für Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung, wurde zum 21. Mal vergeben und zeigt auch in diesem Jahr, dass Nachhaltigkeit in der heimischen Wirtschaft immer stärker gelebt wird. Die sechs Preisträger:innen wurden in den eindrücklichen Räumlichkeiten des TRIGOS-Zukunftspartners, der Liechtenstein Group, im Gartenpalais Liechtenstein ausgezeichnet. Damit reihen sie sich ein in über 2.900 Einreichungen sowie knapp 300 Preisträger:innen verschiedenster Branchen, Größen und Regionen, die seit der Gründung des TRIGOS den anspruchsvollen Juryprozess durchlaufen haben. Von Datenbanken aus der Steiermark, die Transparenz und Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette sicherstellen, bis hin zu einem Wiener Familienunternehmen, dass in Griechenland durch Nachhaltigkeit den Olivenanbau revolutioniert – die Gewinner:innen des TRIGOS 2024 spiegeln das breite Spektrum aus 21 Jahren TRIGOS wider und konnten mit ihrer Vielfalt sowie ihrer sozialen, technischen und ökonomischen Innovationskraft überzeugen. Schritt für Schritt in Richtung mehr Transparenz und Nachhaltigkeit Das steirische Unternehmen wird dafür mit dem TRIGOS in der Kategorie „Klimaschutz“ ausgezeichnet. Auf technische Innovation setzt auch HARTMANN Österreich – Mit den Bacillol ® Zero Tissues hat Hartmann nachhaltige, hochwirksame Desinfektionstücher entwickelt. Die Tücher bestehen aus plastikfreier Cellulosefaser und sind vollständig recycelbar, was ihren CO2-Fußabdruck um bis zu 75% reduziert. Das Projekt setzt somit neue Standards für nachhaltige Innovationen im Gesundheitswesen und bringt dem Unternehmen den TRIGOS in der Kategorie „Social Innovation & Future Challenges“ ein. Dass Nachhaltigkeit über Landesgrenzen hinweg wirkt, beweist die Mani Bläuel GmbH. Das Wiener Familienunter- nehmen betreibt seit über 40 Jahren biologischen Olivenanbau in Griechenland und setzt auf nachhaltige Anbaumethoden und Fair Trade. Damit unterstützt Mani Bläuel über 300 Familien vor Ort und fördert nicht nur Biodiversität, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität der Region. Den TRIGOS gibt es dafür in der Kategorie „Internationales Engagement“. „ Die Gewinner:innen des TRIGOS 2024 spiegeln das breite Spektrum aus 21 Jahren TRIGOS wider und konnten mit ihrer Vielfalt sowie ihrer sozialen, technischen und ökonomischen Fotos: Markus Korenjak Gewinner:innen Die Legero Schuhfabrik GmbH HARTMANN Österreich Mani Bläuel GmbH Julius Blum GmbH Kärntnermilch reg. Gen.m.b.H. Henriette Stadthotel Innovationskraft überzeugen. “ TRIGOS 2024 Nachhaltig vom Frühstückstisch zum Arbeitsplatz und wieder zurück Seit 1928 als Genossenschaft aktiv, hat sich die Kärntnermilch als Vorreiterin in Umweltbewusstsein und Qualität etabliert. Ihre Bioprodukte und Initiativen wie Bio-Wiesenmilch und Genuss-Meiereien fördern Klima- und Artenschutz sowie regionale Wertschöpfung und setzen Maßstäbe für die Milchverarbeitungsindustrie. Die Kärntnermilch reg. Gen.m.b.H. erhält dafür den TRIGOS in der Kategorie „Regionale Wertschaffung“. Der TRIGOS in der Kategorie „Mitarbeiter:innen-Initiativen“ geht dieses Jahr nach Vorarlberg an die Julius Blum GmbH. Reiht man die Arbeitswege aller 6.800 Mitarbeiter*innen aneinander, ergibt das eine tägliche Strecke von fast 150.000. Das Unternehmen fördert mit „Wir bei Blum fahren Bus & Rad“ nachhaltige Mobilität für Mitarbeiter:innen durch Zuschüsse für Fahrräder, kostenlose Klimatickets und neue Bushaltestellen. Das umfassende Konzept passt sich klar an regionale Bedürfnisse an und beweist echten Vorbildcharakter. Den TRIGOS für „Vorbildliche Projekte“ erhält das Henriette Stadthotel. Als erstes Geimeinwohl-Hotel in Wien, revolutioniert das Unternehmen Nachhaltigkeit in der Branche durch chemiefreie Reinigung, Naturmaterialien und umweltfreundliche Mobilität. Henriette macht umfassende Nachhaltigkeit erleb- und messbar und zeigt, dass auch kleine Unternehmen einen großen Beitrag leisten können. < Hintergrundwissen Hinter dem TRIGOS steht eine einzigartige Trägerschaft: Die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer Österreich, die Caritas, das Österreichische Rote Kreuz, respACTaustrian business council for sustainable development und der Umweltdachverband machen den TRIGOS zum renommiertesten nationalen Preis für Nachhaltigkeit und CSR – und das bereits seit 21 Jahren. Die Legero Schuhfabrik GmbH setzt durch ihre Eco-Datenbank neue Maßstäbe in der Transparenz und Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Mehr als 10.000 Datensätze ermöglichen es, klimaschädliche Materialien jedes produzierten Schuhs gezielt zu identifizieren und durch umweltfreundlichere Alternativen zu ersetzen. Österreichs wichtigste Auszeichnung für Nachhaltigkeit & Unternehmensverantwortung Die eindrücklichen Räumlichkeiten des Gartenpalais Liechtenstein.
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