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DIE FURCHE 26.01.2023

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DIE FURCHE · 4 18 Theater & Literatur 26. Jänner 2023 Zweimal Offenbach: „La Périchole“ missglückt am Theater an der Wien, „Orpheus in der Unterwelt“ überzeugt pointiert an der Volksoper. Holzhammer und Slapstick Von Walter Dobner Man drehe Perus Nationalflagge um 90 Grad, und schon wird sie zur österreichischen. Ein augenscheinliches Argument, um Offenbachs in der spanischen Kolonie Peru spielende Operette „La Périchole“ inhaltlich nach Österreich zu verlegen. Schließlich geht es, folgt man Regisseur Nikolaus Habjan, in diesem Sujet vornehmlich um Korruption. Und die ist, nach jüngeren Chat- und sonstigen Verläufen zu urteilen, hierzulande in besten Händen. „Peru darf nicht Österreich werden“, prangt als populistisches Motto auf einem Plakat inmitten der Bühne des Museumsquartiers, des Ausweichquartiers des Theaters an der Wien. Garniert mit einfach gestrickten, laute Lacher rasch provozierenden Sagern diminuiert Offenbachs opéra bouffe bald zu einem wenig anspruchsvollen Politkabarett. Dabei enthält dieser Stoff heftige Gesellschaftskritik. Es steht aber weniger Korruption als eine höchst raffinierte Abrechnung mit allen Formen des Absolutismus im Fokus dieses Dreiakters. Genau daran schrammt man in dieser, von grel- Britisch bunt und schräg Das Comedy- Ensemble Spymonkey inszeniert Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ mit britischem Humor; Ruth Brauer- Kvam (Öffentliche Meinung) und das Wiener Staatsballett. „ Man bekommt die mehrfach gespiegelte Ironie dieser mit ihren menschlichen Schwächen gezeigten Götterwelt mitLeichtigkeit, Charme und subtiler Pointenvielfalt serviert. “ len Bühnenaccessoires (Bühnenbild: Julius Theodor Semmelmann) begleiteten, klamaukhaften Inszenierung vorbei. Der Regie geht es vornehmlich darum, politische Missstände der jüngeren österreichischen Vergangenheit aufs Korn zu nehmen. Dementsprechend trifft man auf so manche ihrer Akteure, von denen man einige bereits hinter Gitter sehen will. Nichts gegen Aktualisierungen, wenn man überzeugt ist, dass sich das Original – Offenbach geißelt die Lebensweise des Franzosenherrschers Napoleon III. – heute nur mehr schwer vermitteln lässt. Dann aber mit ungleich mehr Scherz, Ironie, Satire und tieferer Bedeutung, um es mit Grabbe zu sagen, und nicht mit einem derartigen, die Absichten des Stücks schmerzlich zermalmenden Holzhammer, wie es diese mehr persönliche Ressentiments als wirkliche Kritik vermittelnde Produktion zeigt. Musikalisch blieb dieser in seiner Zweitversion aufgeführte Offenbach ebenfalls weit unter allen Erwartungen. Wenn man schon das für dieses Repertoire nur wenig ausgewiesene ORF Radio-Symphonieorchester Wien verpflichtet, dann mit einem Dirigenten, der in dieser differenzierten Musik zu Hause ist und es nicht auf so oberflächliche Plakativität anlegt wie Jordan de Souza. Herausragend, wenngleich mit ihrer subtilen Gestaltung allein auf weiter Flur, Anna Lucia Richter in der Titelpartie. Da versteht man, warum sich einst Anna Moffo, Teresa Stratas oder Maria Ewing um diese Primadonnenpartie rissen. Foto: Barbara Pálffy/Volksoper Wien Es geht auch anders Ist „Orpheus in der Unterwelt“ die einfachere Aufgabe? Das Haus am Währinger Gürtel konnte mit seiner Offenbach-Neuproduktion ungleich mehr für sich einnehmen. Dabei war man mit dem Engagement des wenig opernerfahrenen britischen Comedy-Ensembles Spymonkey für die Inszenierung kein geringes Risiko eingegangen. Aber ihnen ging es nicht darum, diesen Offenbach zu einer billigen Satire umzudeuten. Ihr Ehrgeiz zielte darauf, die hier in einer deutschen Fassung gespielte, mit einigen geschmacklosen Bummelwitzen garnierte Vorlage mit Freude an reflektiertem Witz und typisch britischem Understatement auf die Bühne zu bringen. Ob sie sich dabei auch von Nietzsches Diktum leiten ließen? „Die Texte Offenbachs haben etwas Bezauberndes und sind wahrscheinlich das einzige, was die Oper zugunsten der Poesie bisher gewirkt hat.“ Jedenfalls bekommt man die mehrfach gespiegelte Ironie dieser mit all ihren menschlichen Schwächen gezeigten Götterwelt mit einer solchen Leichtigkeit, einem derartigen Charme und subtiler Pointenvielfalt serviert wie selten. Präsentiert wird das Geschehen auf einer Art Barockbühne (Bühnenbild Julian Crouch, der auch die bunt-sprechenden Kostüme entworfen hat). Damit wächst der gewissermaßen auf den Kopf gestellten Mythologie ein zusätzlicher Reiz zu. Nicht unbedingt bedurft hätte es einer zusätzlichen Rahmenhandlung: Der gleich zu Beginn unerwartet auf der Bühne erscheinende, als überheblicher Geck karikierte Komponist (Marcel Mohab) glaubt mehrfach, sich in der Staats- statt in der Volksoper zu befinden. Er beklagt, dass ihm bisher ein Denkmal in Wien verwehrt wurde. Am Schluss wird sein Wunsch erhört, und er findet sich inmitten der Bühne in ein Monument verwandelt. Auch musikalisch funktionierte es. Egal, ob Marco Di Sapia als mit seinen Amouren bloßgestellter Jupiter, Timothy Fallot als gestandener Pluto, Hedwig Ritter als stimmkräftige Eurydike, Juliette Khalil als aufmüpfiger Cupido, Daniel Kluge als zwiespältiger Orpheus oder die in dieser schrägen Antikenparade mit ihrem Kostüm an den Filmklassiker „Metropolis“ erinnernde, von Ruth Brauer-Kvam verkörperte Öffentliche Meinung: Sie alle sind mit gestalterischer wie vokaler Kompetenz höchst engagiert bei der Sache. Was ebenso für die übrigen Comprimarii und die Mitglieder des Wiener Staatsballetts (Choreografie: Gail Skrela) gilt, stets schwungvoll begleitet vom Volksopernorchester unter Alexander Joel. La Périchole MusikTheater an der Wien, MQ, 27., 29., 31.1. Orpheus in der Unterwelt Volksoper Wien, 28.1., 1.2., 5.2., 8.2., 14.2., 14.3. WIEDERGELESEN Wie Sprache die Wirklichkeit korrumpiert Von Anton Thuswaldner Klar, dass Erik Reger bei den Nazis nicht gut angeschrieben war. Sein Roman „Union der festen Hand“, 1931 erschienen, wurde wie sein zweiter Roman „Das wachsame Hähnchen“ nach der Machtergreifung kurzerhand verboten. Reger übersiedelte mit seiner Familie in die Schweiz; weil er dort nicht arbeiten durfte, kehrte er 1936 nach Deutschland zurück. Er passte sich an, arbeitete als Lektor, veröffentlichte unverfängliche, unpolitische Romane und arbeitete als Journalist. Nach dem Krieg war er wieder als kritischer Kopf gefragt – die typische deutsche Karriere eines Wendehalses aus Not. In einer Leitartikelserie des Berliner Tagesspiegels, dessen Mitherausgeber und Chefredakteur er wird, geht er mit den Deutschen hart ins Gericht und tritt als Mahner vor totalitären Versuchungen in Erscheinung. Sein großes Vorbild sind jetzt die USA. Der erste Roman des 38-Jährigen – er ist uns jetzt wieder zugänglich gemacht worden – zählt zu den großen Büchern der Zwischenkriegszeit. Er leistet tatsächlich Unerhörtes. Er überführt ein so sperriges Thema wie die Wirtschaft ins Erzählerische. Die Vertreter der Schwerindustrie des Ruhrgebiets stellt er als so einflussreiche wie skrupellose Entscheidungsträger bloß, die direkt Einfluss auf die Politik nehmen. Das Buch ist „dem deutschen Volke“ gewidmet, dem die Augen übergehen sollen angesichts der ausgesprochen kenntnisreichen Darstellung politischer und sozialer Verhältnisse. Nicht „die Wirklichkeit von Personen oder Begebenheiten“ werde vermittelt, heißt es in der „Gebrauchsanweisung“ zu Beginn, „sondern die Wirklichkeit einer Sache und eines geistigen Zustandes“. Unterstrichen wird das dadurch, dass am Ende jeden Kapitels ein Bericht des Generalanzeigers angehängt ist, zur Beglaubigung der Fiktion als Auskunftgeber über die unmittelbare Gegenwart. Es leuchtet ein, dass dieses Vorgehen gar nicht erst vorsieht, einzelne Figuren herauszustreichen, um an ihnen aufzuzeigen, wie sie gebeutelt werden. Es geht um das spezifische Klima der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, in dem der Einzelne keine Rolle spielt, sondern als Repräsentant einer Gruppe wahrgenommen wird. Das Besondere an dem Buch, das es so erschreckend heutig aussehen lässt, ist die Fähigkeit Regers, die Mechanismen von Macht aufzudecken und zu zeigen, wie durch eine Sprache der Propaganda Wirklichkeit verwischt wird und Halbwahrheiten die Oberhand gewinnen. Ein Lehrstück für unsere Zeit. Union der festen Hand Roman einer Entwicklung Von Erik Reger Mit einem Nachwort von Andreas Rossmann Schöffling & Co. 2022 640 S., geb., € 32,90

DIE FURCHE · 4 26. Jänner 2023 Theater & Literatur 19 Bildgewaltig zeigt das Akademietheater mit „Die Eingeborenen von Maria Blut“ die erste Uraufführung dieses Jahres. Das Stück adaptiert einen Roman der Wiener Autorin Maria Lazar (1895–1948), deren Werk seit Kurzem wieder aufgelegt wird. Hilferuf an Mutter Gottes Von Julia Danielczyk Das vergessene Buch: So nannte der Germanist Albert C. Eibl seinen 2014 neu gegründeten Verlag mit Sitz in Wien und machte es sich seither zur Aufgabe, verfolgte und verfemte Autorinnen wiederzuentdecken. Dass es hier immer noch einiges zu leisten gibt, zeigt das Beispiel der 1895 in Wien geborenen Maria Lazar, die bis vor Kurzem vollkommen unbekannt war. Zu den katastrophalen Auswirkungen des Nazi-Regimes zählen nicht nur Vertreibung und Verfolgung, sondern auch das Verschweigen und damit die endgültige Auslöschung jüdischer Künstler. Bis heute gibt es hier noch einiges wiederzuentdecken beziehungsweise gilt es, einen genauen Blick auf die Kultur- und Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts zu werfen. Welche Rolle dabei auch die Reformpädagogin und Autorin Eugenie Schwarzwald spielte, zeigen zahlreiche Initiativen zu ihrer Arbeit und ihren Schülerinnen, zu denen unter anderen Anna Freud, Vicki Baum und die Schriftstellerin Maria Lazar zählten. Aus einer großbürgerlich-jüdischen Familie stammend besuchte Lazar Schwarzwalds Schule, die vor allem eigenständiges Denken, literarische Interessen und eine kritische Haltung förderte. Ähnlich wie andere, erst spät wiederentdeckte Autorinnen wie Veza Canetti, Mela Hartwig oder Else Feldmann war Lazar in den 1920er Jahren als Journalistin, Übersetzerin und Schriftstellerin aktiv. 1933 floh sie mit ihrer Tochter ins Exil nach Dänemark, 1937 verfasste sie den heute als ihr Hauptwerk wahrgenommenen Roman „Die Eingeborenen von Maria Blut“, der in der Exilzeitschrift Das Wort erschien (herausgegeben von Bertolt Brecht, Willy Bredel und Lion Feuchtwanger) und erst 2014 von Eibl, mit Unterstützung des Wiener Germanisten Johann Sonnleitner, wiederaufgelegt wurde. Marienkult und Wunderglaube Foto: Susanne Hassler Smith Es zählt nun zu den Verdiensten des Burgtheaters, Autorinnen wie Maria Lazar weitere Aufmerksamkeit und Publizität zu verschaffen: Die deutsche Regisseurin Lucia Bihler (sie inszenierte 2021 Thomas Bernhards „Jagdgesellschaft“) hat den Roman dramatisiert und für die Uraufführung im Akademietheater gesorgt. Im Zentrum der Bühne (Jessica Rockstroh) steht eine riesige Mutter-Gottes-Statue, flankiert von zwei Engeln. „Maria Blut“ heißt der (fiktive) Wallfahrtsort, auch als „das österreichische Lourdes“ bekannt, in dem Lazar diesen sozialen Mikrokosmos ansiedelt. Die Marienstatue wird zur Projektionsfigur, junge Frauen weinen bittere Tränen, arbeitslose Außenseiter beklagen ihr Schicksal, vor allem aber wird hier getrascht ohne Ende. Denn die Mutter Gottes ist diskret. Doch nicht nur das: Gegen die zunehmende Arbeitslosigkeit, Inflation und Wirtschaftskrise kann auch sie nichts machen, sodass die scheinbare Erlösung von einem gewissen Industriellen namens Schellbach kommt, der in der mittlerweile geschlossenen Konservenfabrik sogenannte Raumkraft produzieren will. Rätselhaft, aber umso vielversprechender scheint die Unternehmung zu sein, die Gerüchte zirkulieren, und mit dem Erwerb von Schellbach-Aktien übertrumpfen sich die „Maria Bluter“ wechselseitig. Regisseurin Bihler legt ihr Hauptaugenmerk auf das Gewimmel der Leute und auf den Tratsch. Fast wie im Hörspiel sorgt der „ Es zählt nun zu den Verdiensten des Burgtheaters, Autorinnen wie Maria Lazar weitere Aufmerksamkeit und Publizität zu verschaffen. “ Maskenhaft karikiert Uniforme Kostüme und Masken versinnbildlichen stereotyp die Neidgesellschaft aus Denunzianten: Stefanie Dvorak in „Die Eingeborenen von Maria Blut“. akustische Rahmen für eine Atmosphäre der Bedrohung und der zugespitzten Verhältnisse. Kommen die „Eingeborenen“ zusammen, um über die anderen herzuziehen, tragen sie Masken, denn all diese gehässigen Neider sind Stereotype, Denunzianten und kaltherzige Opportunisten. Sie haben kein Gesicht, sondern sehen alle gleich aus, brav und bieder, scheinbar ganz ohne Harm. Von der Seite sprechen die Schauspieler über Mikros deren Text, als würden sich die hohlen Phrasen unabhängig von den jeweiligen Personen zeitlos halten. Wegbereiter ins Dunkle Auch die Protagonisten sind fratzenartig überschminkt. Etwa der stotternde Wirtssohn Vinzenz (Jonas Hackmann), allseits verniedlichend „Pimperl“ gerufen, seine Schwester, die bigotte Katholikin Notburga (Lili Winderlich), oder die Wichtigtuerin Mizzi Reindl (Stefanie Dvorak). Für die scheinbar zu kurz Gekommenen boten der aufblühende Nationalsozialismus und der mörderische Antisemitismus Möglichkeiten, an die Macht zu kommen. Bisweilen geht Bihler in ihrer Darstellung zu weit, etwa wenn sie den jüdischen Rechtsanwalt Meyer-Löw (Dorothee Hartinger) allzu klischeehaft und daher fast karikierend präsentiert. Die Rasanz der Entwicklungen in diesen Jahren, das Nebeneinander von Monarchisten, Sozialdemokraten, Nationalsozialisten zeigen die schnellen Szenenwechsel, die wie Schlaglichter die politischen und sozialen Umbrüche der Zwischenkriegszeit immer mehr beschleunigen und am Ende die große Angst der Rechten präsentieren: Die große Angst heißt in Maria Blut „Austro marxismus“. Nach knapp zwei Stunden gab es heftigen Applaus, vor allem für die Sensation dieser Wiederentdeckung, aber auch für eine überzeugende Ensembleleistung. Die Eingeborenen von Maria Blut Akademietheater, 3., 9., 20.2. GANZ DICHT VON SEMIER INSAYIF Vom Glauben an die Poesie Zwei Gedichtbände möchte ich hier vorstellen, die – aus meiner Sicht – auf unterschiedliche Weise eine Art positiv-kritischen Glauben an die Poesie in ihrem Inneren tragen. Im Gedichtband „berichte von der innenfront“ von Christl Greller sind Beobachtungen, Reaktionen auf Kunst, auf pandemische Erfahrungen, auf den beginnenden Krieg ebenso zu finden wie ungewöhnliche Blicke auf gewöhnliche Gegenstände. Im Gedicht „landgasthof“ heißt es: „und rankt sich das rostige ofenrohr / hoch mit krummer gebärde … /“. Es sind 91 Gedichte, alle ungebunden und ungereimt, selten länger als eine Seite, in vier Kapiteln. Von der Künstlerin Traute Molik-Riemer stammen acht Radierungen und das Coverbild. Wichtige poetische Mittel scheinen mir die Ellipse und die Konjunktion „und“ zu sein. „und bricht dieser stamm aus dem boden /“, oder „dreifach die quellen / und suchen sich ihr bett. /“. Diese Kombinationen bewirken eine Art fragmentarisierte Unmittelbarkeit. Ein weiteres Zentrum sind intensive Berichte von Verlust, Schmerz und Trauer. „hab nicht gewusst, dass der tod /“ oder „schneide mir die lider von den augen, damit ich sehen muss. /“. Eine berührende und poetisch überzeugende Drastik, die durch die Poesie überwunden werden kann. „/ fang wieder von vorne an / mit dem buchstabieren. / dem buchstabieren der verlorenen worte, / … / immer wieder buchstabieren, / bis bleibt.“ Tagebuch in Form von Poesie Der Gedichtband „Eichhörnchenlieder“ versammelt 88 meist kurze ungereimte Gedichte, die alle mit einem Entstehungsdatum versehen sind. Ein stilles poetisches Tagebuch, das auch durch seine Unaufgeregtheit einen schreitenden und berührenden Atem entwickelt. Dabei changiert Nils Jensen zwischen Naturbetrachtungen, Introspektion und Gedanken über krisenhafte gesellschaftliche Entwicklungen. Die Thematik der Natur ist konkret und gleichzeitig symbolisch zu lesen. So entstehen Gedichte, die Schönheit, Beständigkeit und drohende Gefahren auf engem Raum aufeinandertreffen lassen, wie zum Beispiel im „Eichhörnchenlied 81“, da heißt es: „Windstill grellgelb der Ahorn / … / Kettensägen summen in der Nähe / und alles riecht / nach Pilzen und nach nassem Laub“. Nichts ist beim Begegnen dieser Gedichte im Wege, keine sprachlich komplizierten Konstrukte oder komplex-formalen Verrückungen, die die Sprache an sich ausstellen oder thematisieren. Es sind Gedichte, die in ihrer unmittelbaren Flüchtigkeit jeden Ballast abgeworfen zu haben scheinen. So ist an einer Stelle zu lesen: „/ Ohne dich / Bin ich nicht ich / Ohne dich“. Diese Gedichte kamen offenbar aus einer Notwendigkeit auf diese Welt, um wesentlich zu sein. „ganz dicht“ stellt jeweils vor einem Dicht-Fest in der Alten Schmiede (nächstes: 14.2.2023) Lyrik vor. berichte von der innenfront Gedichte Von Christl Greller edition lex liszt 2022 120 S., kart., € 19,– Eichhörnchenlieder Gedichte Von Nils Jensen edition keiper 2022 96 S., kart., € 16,50

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