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DIE FURCHE 25.10.2023

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DIE FURCHE · 43 8 International 25. Oktober 2023 Lesen Sie auch den Artikel „Kalter Krieg 2.0 wäre falsch“ von Helmut L. Müller vom 13. September 2023 auf furche.at. Von Tobias Müller Die Neuaufstellung der Welt vollzieht sich schneller als erwartet. Erst Ende September verkündete Indiens Ministerpräsident Narendra Modi, dass die G20-Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer die Afrikanische Union (AU) aufnimmt. Damit sind mehr als hundert Staaten bei den G20 vertreten – eine kleine Version der Vereinten Nationen. Zuvor hatte schon der BRICS-Block um China und Russland eine Erweiterung von fünf auf elf Mitglieder beschlossen, Tendenz stark wachsend. Und im Westen steigt der Druck, nicht nur das Verteidigungsbündnis NATO zu erweitern, sondern auch den G7-Klub der wichtigsten westlichen Industriestaaten. „Historische“ Erweiterung Hinter allem steckt letztlich eine Erkenntnis: Die UN alleine sind nicht in der Lage, die Welt zu organisieren. Nötige Verabredungen werden zunehmend in anderen Gruppierungen getroffen. Im Schatten der Kriege in Israel und in der Ukraine stellt vor allem die Erweiterung der BRICS-Staaten ab 1. Jänner 2024 den Westen vor große Herausforderungen. Bislang bestanden die BRICS aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Ihre Mitgliederzahl wird sich 2024 mehr als verdoppeln. Die sechs Neulinge sind Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die China als Gönner Chinas Präsident Xi Jinping kündigte einen umgerechnet zehn Milliarden US-Dollar schweren Sonderfonds für die globale Entwicklung an. China will aber vor allem die Zusammenarbeit mit dem Iran verstärken. Das erweiterte BRICS-Bündnis ist ein Zusammenschluss demokratiefeindlicher Regime. Seit dem jüngsten Angriff auf Israel dürften sich diese noch weiter vom Westen entfernen. Die autoritäre Internationale Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Es ist mehr als auffällig, dass sich hier ein neuer autoritärer Verhandlungsblock bildet, der sich als Gegenspieler des Westens versteht. „Neue Realitäten erfordern eine grundlegende Reform der Institutionen der Weltordnungspolitik, damit sie repräsentativer werden und besser auf die Herausforderungen reagieren können, vor denen die Menschheit steht“, so äußerte sich Cyril Ramaphosa, der südafrikanische Präsident, zur Erweiterung der BRICS. „ Für Europa wird das Agieren in diesem sich verändernden Kräfteverhältnis zunehmend komplex und die neue Rolle in diesem System schwierig auszutarieren. “ Damit werden China und Russland wohl noch weiter zusammenrücken und ihren Einfluss auf Industrie- und Schwellenländer des Globalen Südens erweitern. Auf letzteres deutet zudem die Tatsache hin, dass insgesamt 22 Staaten einen Mitglieds-Antrag in dem 2009 gegründeten Bündnis gestellt haben. Die kommende Erweiterung dürfte also wohl nicht die letzte sein. Aus BRICS-Kreisen tönt entsprechend offensive Rhetorik. „Historisch“, nannte Chinas Präsident Xi Jinping die Erweiterung. Naledi Pandor, Südafrikas Foto: APA / AFP / Phill Magakoe Außenministerin, kündigte eine „veränderte globale Ordnung“ an. Wladimir Putin, wegen eines Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs per Video zugeschaltet, attackierte den „Neoliberalismus“ früherer westlicher Kolonialmächte, der das Entstehen einer multipolaren Welt bedrohe. Es kann angesichts dieses ideologischen Crossovers also durchaus interessant werden. Ursprünglich waren die BRICS nämlich ein ökonomischer Verband aufstrebender Schwellenländer, die zur Zeit der Finanzkrise 2008 als Märkte der Zukunft galten. Doch in Zeiten globaler Kriege entwickelten sich die BRICS-Staaten mehr und mehr zu einem Gegengewicht zur westlichen Hegemonie. Mit den neuen Mitgliedsländern zeigen die BRICS zudem, in welche Richtung es gehen soll. Schließlich sind alle neuen Staaten autoritäre, nationalistische Regime. Die Ausnahme bildet derzeit Brasilien, wo der Sozialdemokrat Lula da Silva zum Jahreswechsel den faschistoiden Trump-Jünger Jair Bolsonaro als Präsident ablöste, autoritäre Kräfte aber noch stark in der Gesellschaft präsent sind. Zugleich zeigt sich im größten Land Südamerikas beispielhaft, wie – aus der Geschichte herrührende – anti-amerikanische Reflexe dazu führen, Allianzen mit jenen Kräften anzusteuern, die sich anti-westlich gebären. Nicht zum ersten Mal: Lula selbst fiel schon zu seinen ersten Amtszeiten durch fehlende Distanz gegenüber Teheran und dem damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinejad auf. Heuer liest sich die Prioritätensetzung so: weil die G7, so der Präsident, in einer überholten Art Geopolitik betrieben, sei BRICS zu erweitern. Die konkreten Züge der künftigen Zusammenarbeit müssen sich erst noch herausbilden. Werden sie sich auf ihren ökonomischen Kern, also die Verstärkung von gegenseitigem Handel und Investitionen, beschränken? Oder werden sie sich auch auf anderen Politikfeldern manifestieren? Angesichts der Frage, wie handlungsfähig diese autoritäre Internationale im Hinblick auf ihre internen Konfliktlinien ist, steht die zukünftige Ausrichtung der BRICS noch in den Sternen. Steigende Ölpreise? Unter den Gründungsmitgliedern ist das Verhältnis zwischen den Atommächten Indien und China von einem Grenzkonflikt belastet, hinzu kommen nun die Erzrivalen Iran und Saudi-Arabien, die sich zuletzt freilich wieder annäherten, sowie Äthiopien und Ägypten, die um das Wasser des Nils streiten. Es gibt durchaus Stimmen, die in der Ausbreitung statt der erhofften Gewichtszunahme auf globalem Parkett eine Gefahr für den internen Zusammenhalt sehen. Unbestreitbar ist indes, dass BRICS Plus rein zahlenmäßig in der multipolaren Welt einen wachsenden Machtfaktor darstellt: während auf die heutigen Mitglie- der immerhin 40,8 Prozent der Weltbevölkerung entfallen, sind es künftig 46 Prozent. Die G7 stellen derzeit gerade einmal 9,7 Prozent der Weltbevölkerung. Auch ökonomisch hat BRICS inzwischen die G7 überholt. Laut IMF sind diese 2023 für 30,9 Prozent des globalen Brutto-Inland-Produkts zuständig, BRICS dagegen für 33,12 Prozent, inklusive der neuen Mitglieder wären es sogar 38,91 Prozent. Noch deutlicher zeigt sich die Entwicklung auf dem Ölmarkt: mit dem Beitritt der OPEC-Schwergewichte Saudi- Arabien, Iran und Vereinigte Arabische Emirate steigt der globale Marktanteil von 20,4 auf 43,2 Prozent. Der eskalierende Konflikt zwischen der radikal-islamischen Hamas und Israel birgt laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) nun einen weiteren potenziellen Spannungsherd in der geopolitischen Auseinandersetzung zwischen den USA und Europa auf der einen und den BRICS-Ländern auf der anderen Seite. „Sollte es in Folge des Konflikts zu einer Verschärfung der Sanktionen oder deren Durchsetzung gegen den Iran kommen, dann könnten auch die Ölpreise weiter steigen“, warnte der IfW-Präsident Moritz Schularick. „Geopolitische Kommission“ Aufschluss über das Verschieben der Machtachsen gab zuletzt auch der G20-Gipfel in Neu-Delhi, bei dem G7- sowie alte und zukünftige BRICS-Staaten zusammentrafen. Mit der Aufnahme der Afrikanischen Union kann der hindu-nationalistische Premier Narendra Modi einen Erfolg verzeichnen, gerade wenn es um seine Darstellung als Sprachrohr des Globalen Südens geht. Keine Zustimmung fand eine Abschluss-Erklärung, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt. Stattdessen bekräftigt das Dokument die territoriale Integrität von Staaten – ein deutlicher Unterschied zum letzten Gipfel auf Bali. Für Europa wird das Agieren in diesem sich verändernden Kräfteverhältnis zunehmend komplex und die neue Rolle in einem multipolaren, multilateralen System schwierig auszutarieren. Die „geopolitische Kommission“, die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen bei ihrem Amtsantritt 2019 ausgerufen hat, ist noch dabei, diesen Anspruch in der Wirklichkeit umzusetzen. Nach den EU-Wahlen im Juni 2024 kommt ihrer Nachfolgerin eine entscheidende Bedeutung zu. Eine Herausforderung wird es, die Balance zwischen besagtem Anspruch und den Grundsätzen von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten aufrecht zu erhalten. Global, das zeigt die BRICS-Erweiterung, ist es um jene, die daran festhalten, erschreckend einsam geworden. Dass diese Werte bei einem Projekt, das sich der Emanzipation des Globalen Südens verschrieben hat, auf der Strecke bleiben, lässt die neue Weltordnung nicht allzu rosig erscheinen.

DIE FURCHE · 43 25. Oktober 2023 Politik/Gesellschaft 9 Von Dieter Reinisch Von den Medien werden sie „Kamikaze-Drohnen“ genannt. Flugkörper iranischer Bauart: günstig, einfach zu bauen, tödlich und auf russischer Seite gegen ukrainische Städte im Einsatz. Es gibt aber nicht nur billige, sich selbst zerstörende Modelle, sondern auch hochmoderne Drohnen, die über hunderte Kilometer unbemerkt von feindlichem Radar gesteuert werden. Die jemenitischen Huthis setzten diese iranische Technologie vor vier Jahren ein: Am 14. September 2019 bombardierten sie die saudischen Raffinerien Abkaik und Khurais – 800 Kilometer von der Grenze entfernt. Diese Drohnenmodelle iranischer Bauart können im südlibanesischen Mleeta in einem von der Hisbollah geführten Propagandapark auf 1060 Metern Seehöhe besichtigt werden. Mehrere funktionsfähige Kampfdrohnen sind hier ausgestellt. Deren Insignien: Pilzförmiger, ockerbrauner Hintergrund, zwei purpurrote Flügel und dazwischen ein HK-G3-Schnellfeuergewehr, aus dem eine Hand ragt, die in der Faust eine AK-47 hält. Darüber auf Arabisch: „Es wird mit Sicherheit die Armee Gottes sein, die triumphieren wird.“ Darunter: „Islamischer Widerstand im Libanon“. Es sind Drohnen der „Hisbollah Air Force“, der Luftwaffeneinheit der schiitischen Miliz, die hier im Süden Libanons regiert. In Mleeta feiert sie sich selbst und hat um viele Millionen Dollar einen Freizeitpark errichtet: „Besonders beliebt ist er bei jungen Paaren aus den Golfstaaten in ihren Flitterwochen“, erzählt der Touristenführer bei unserem Besuch – vor dem Angriff auf Israel am 7. Oktober. Am frühen Morgen hat uns Tarek, ein Druse, mit seinem Auto in Beirut abgeholt. Bevor wir nach Mleeta fuhren, besuchten wir südlich des Litani-Flusses die Grenze zu Israel. Dort ist mit „United Nations Interim Force in Lebanon“ eine der ältesten Beobachtermission der Vereinten Nationen im Einsatz. Etwas nördlich des UN-Gebiets liegt Mleeta. „Wo die Erde zum Himmel spricht“ Wir nähern uns dem Berg von Süden aus. Schon von Weitem erkennen wir die beiden meterhohen Flaggen des Libanon und der Hisbollah. Eine kurvenreiche Straße geht es in der brütend heißen Hitze hinauf, bis wir den Besucherparkplatz erreichen. Er ist nahezu leer, in der Mittagshitze besucht Mleeta kaum jemand. Der Eintritt kostet wenige Dollar. Über dem Eingang steht auf Arabisch und Englisch: „Wo die Erde zum Himmel spricht.“ Daneben das Logo des libanesischen Foto: Dieter Reinisch „Die Armee Gottes wird triumphieren“: Unter diesem Motto betreibt die terroristische libanesische Schiitenmiliz, die Israel von Norden mit Raketen und Drohnen attackiert, ein Propagandamuseum in Mleeta. Ein Besuch. Im Freizeitpark der Hisbollah Tourismusministeriums. Mleeta wurde für Besucher zum zehnten Jahrestag des Abzugs der israelischen Armee aus dem Libanon eröffnet. Zu den Feierlichkeiten am 25. Mai 2010 kamen Vertreter der libanesischen Regierung, des Präsidenten – und der US-Wissenschaftler Noam Chomsky. Am Eingang erwartet uns ein freundlicher Touristenführer. Er spricht fließend Englisch und ein wenig Deutsch: „Willkommen in Mleeta. Hier erfahren Sie die Geschichte des islamischen Widerstands im Libanon.“ Er begleitet uns auf einen asphaltierten Platz. Von hier aus gehen Stufen zu einem Aussichtpunkt weg, ein Museum, ein Waldpfad und ein Museumsshop. Gegenüber ist ein Kinosaal: „Wir beginnen mit einer Dokumentation, danach treffen wir uns da drüben wieder.“ Er zeigt auf eine Betonbrücke auf der anderen Seite des Platzes. Tarek setzt sich derweilen unter einen Baum im Schatten, um zu rauchen. Es ist seine zweite Packung rote Winston an dem Tag, zwei weitere werden noch folgen: „Es ist zu heiß für Kino“, sagt er. In den Kinosaal passen 150 Zuschauer, heute sitzen wir hier zu zweit. Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah begrüßt uns von der Leinwand. Der Film setzt 1948 ein: Jerusalem, Beirut und Damaskus seien die drei historischen Städte der arabischen Welt, wird erzählt: „1948 fiel Jerusalem an die Zionisten.“ Dann marschierte 1982 „die zionistische Armee in Beirut ein, nur noch Damaskus war in arabischer Hand“. Im November desselben Jahres griff ein Selbstmordattentäter im südlichen Beiruter Vorort Sur, an dessen malerischem Strand wir tags zuvor Baden waren, einen Militärkonvoi an: „Es war der Beginn der Widerstandsbewegung gegen die Besatzer“, wird erklärt. 18 Jahre dauerte der Krieg, bis die israelische Armee den Libanon verließ. Auch im 30-Tage-Krieg 2006 konnten sie die Hisbollah nicht besiegen. Laute, martialische Musik ertönt zu den Bildern des Kriegs, bevor Nasrallah nochmals erscheint: „Bombardiert ihr den Flughafen Beirut, dann bombardieren wir den Flughafen Tel Aviv. Bombardiert ihr unsere Häfen und Städte, dann bombardieren wir eure Häfen und Städte“, ist in den Sequenzen seiner berüchtigten Rede aus 2010 zu sehen. Die Musik stoppt abrupt und Nasrallah-Vorgänger, Abbas Al-Musawi, der 1992 von Israel im Südlibanon ermordet wurde, blickt in die Kamera. Aus den Lautsprechern tönt: Isra’eel saqadat – Israel ist gefallen. Es ist das einzige Mal, das in Mleeta der Name Israel erwähnt wird. Auf den Tafeln ist sonst nur vom „besetzten Palästina“ und „den Zionisten“ zu lesen. Auch der Namen „Hisbollah“ ist selten, stattdessen ist von der „islamischen Widerstandsbewegung im Libanon“ zu lesen. „Das Grab des Zionismus“ Draußen erwartet uns vor der Betonbrücke unser Touristenführer. Die Brücke führt über ein 3500 Quadratmeter großes Loch. Darin liegt schweres israelisches Kriegsgerät, das zwischen 1982 und 2006 erbeutet wurde: „Wir nennen es das Grab des Zionismus, denn hier findet ihre Armee ihr Ende.“ In der Mitte: Ein Panzer, das Rohr ist verknotet. Auf der anderen Seite der Brücke beginnt der Weg durch den Wald. Rechts und links des Pfades sind Verstecke nachgebaut, lebensgroße Figuren in Tarnanzügen tragen Proviant und Munition den Berg hinauf, Abschussrampen für Katjuscha-Raketen sind nachgebaut. Am Ende ist der Eingang zu einem 200-Meter-Tunnel durch den Berg: Schlafräume, Funkstationen und ein Gebetsraum sind zu sehen. Drei Jahre lang haben tausend Kämpfer dieses Versteck gebaut. Von hier verübte die Hisbollah ihren Guerillakrieg gegen die israelische Armee und deren Verbündete christliche South Lebanon Army. „ Aus den Lautsprechern ertönt: ,Israel ist gefallen‘. Statt von ,Hisbollah‘ liest man von der ,islamischen Widerstandsbewegung‘. “ Am anderen Ausgang des Tunnels ist ein Balkon, darüber wehen die Flaggen, die wir bei der Herfahrt gesehen haben: „Heute ist Mleeta ein Museum dank der Männer, die von hier aus gekämpft haben“, erzählt unser Touristenführer. Wir blicken vom Berg über die Ebenen Richtung Mittelmeer: „Aufgrund des Kampfes von hier aus, ist alles, was Sie vor sich sehen, der freie Libanon.“ Am Rückweg durch den Wald kommen wir noch an einer Ausstellung von Boden-Luft- und Boden-Boden-Raketen modernster Technologie vorbei – alle mit Reichweite zumindest von hier bis nach Tel Aviv. Zum Abschluss geht Lesen Sie zu diesem Thema auch die Analyse „Libanon: Ein Land zerbricht“ (22.11.2012) von Ralf Leonhard auf furche.at. Gegen die „Zionisten“ Mleeta, eine Mischung aus Museum, Gedenkstätte und Themenpark, wurde am 25. Mai 2010 zum zehnten Jahrestag des Abzugs der israelischen Armee aus dem Libanon eröffnet. Mit dabei: Noam Chomsky. es in das Museum. Dort zu bestaunen: Eine lebensgroße Wachsfigur des iranischen Ayatollah Khomeini und Nasrallah selbst. Draußen wird es langsam kühler und mehr Besucher strömen herein. Unter den Bäumen warten wir beim Museumscafé auf unseren Fahrer Tarek. In einer Hand eine Zigarette und in der anderen das Handy, stapft er glücklich zu uns: „Fantastisch ist das hier. Ich habe ganz viele Videos für meine Kinder gemacht“, frohlockt der atheistische Druse über den Freizeitpark der schiitischen Miliz, die auf der EU-Terrorliste steht. Kinder als Kämpfer Aus dem Museumsshop kommt derweilen eine fünfköpfige Familie. Der Vater zeigt seiner Frau stolz den erstandenen Hisbollah-Briefbeschwerer. Daneben schlecken die drei Kinder im Volksschulalter ihr Mangoeis. Eines läuft zu einer Pappwand, auf der eine Person in Uniform und AK47 aufgedruckt ist, steckt den Kopf durch und ruft der Mutter zu, sie solle ihn auch als Hisbollah-Kämpfer fotografieren. Am 11. August 2023 zeigt der libanesische Fernsehsender al-Manar Videos von einem neuen, gesteuerten Raketensystem der Hisbollah. Entwickelt wurde es im Iran. Es ist derzeit im Süden des Libanon im Einsatz. Gegen Israel. Der Autor ist Historiker und Journalist. Zuletzt erschienen: „Terror. Eine Geschichte der politischen Gewalt“ (Promedia 2022).

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