Aufrufe
vor 1 Jahr

DIE FURCHE 25.05.2023

  • Text
  • Menschen
  • Furche
  • Zeit
  • Kirche
  • Wien
  • Welt
  • Foto
  • Juden
  • Kissinger
  • Tieck

DIE

DIE FURCHE · 21 8 Wirtschaft/Politik 25. Mai 2023 Unter „Welthandel – total und als Allheilmittel?“ (16.12.1999) antwortet Schmitz auf einen Gastkommentar von Christian Felber, siehe furche.at. Den Text „Jugend in der Zeit“ (5.12.1946) von Wolfgang Schmitz über die katholische Jugend lesen Sie auf furche.at. Von Wilfried Stadler Wolfgang Schmitz hat Österreichs Wirtschaftspolitik von 1964 bis 1973 maßgeblich mitgeprägt: zuerst als Finanzminister, dann als Notenbank-Präsident. Er steht für eine Zeit der österreichischen Innenpolitik, in der intensive Arbeit an politischen Konzepten und respektvolles Ringen um Kompromisse in beiden damals bestimmenden Großparteien eine kulturelle Selbstverständlichkeit waren. Zusammen mit seinem 100. Geburtstag ein guter Anlass, sich an das Wirken des 2008 verstorbenen, langjährigen FURCHE-Herausgebers zu erinnern. Geboren wurde Schmitz in eine christlich-sozial geprägte Familie. Sein Vater Hans war Universitätsprofessor und Direktor der Angestellten-Pensionsversicherung, sein Onkel Richard Schmitz wirkte in der Ersten Republik als Sozial- und Unterrichtsminister sowie als Vizekanzler. 1934 bestimmte ihn das austrofaschistische Regime anstelle seines demokratisch gewählten Vorgängers Karl Seitz zum Bürgermeister von Wien. Unmittelbar nach KLARTEXT Hand in Hand FURCHE- Retter 1976 konnte Wolfgang Schmitz mit Hanns Sassmann die FURCHE- Liquidierung abwenden. Bis 2003 war er Mitherausgeber. Am 28. Mai jährt sich der Geburtstag von Wolfgang Schmitz – ehemaliger Finanzminister und langjähriger FURCHE- Herausgeber – zum 100. Mal. Eine persönliche Würdigung. Vordenker des sozialen Marktes dem „Anschluss“ wurde der überzeugte Nazi-Gegner im März 1938 mit dem „Prominententransport“ ins KZ Dachau verschleppt. Nach der Matura begann Wolfgang Schmitz 1941 sein Jus-Studium an der Universität Wien, wurde jedoch bereits nach einem Semester zur Deutschen Wehrmacht eingezogen. Erst nach dem Kriegsende konnte er sein Studium fortsetzen und 1948 mit dem Doktorat abschließen. Ergänzend Von Susanne Glass Wer die Zukunft gestalten will, muss in den Schulen damit anfangen. Deshalb hat mich die „Max Rayne – Hand-in- Hand-Schule“ in Jerusalem beeindruckt. Dort unterrichten arabische und jüdische Lehrerinnen und Lehrer zweisprachig Kinder aus allen Stadtteilen: Muslime, Juden und Christen. Von der Vorschule bis zur Matura. Bei der Gründung 1998 hatten sie nicht einmal geeignetes Lehrmaterial. Ist ja auch äußerst komplex inmitten des Nahost-Konflikts. Die zwei verschiedenen Sprachen scheinen mir da noch das kleinste Problem. Und eher lustig finde ich die Tatsache, dass sich die Schule bemüht, sämtliche Feiertage von Juden, Muslimen und Christen zu berücksichtigen. So viele Tage schulfrei wären früher ein Traum für mich gewesen. Aber Witz beiseite. Natürlich ist es wichtig, Religion und Kultur der Nachbarn zu kennen und ihre Feiertage zu respektieren. So richtig schwierig wird es aber bei der Frage: Wie bedient man die beiden unterschiedlichen Narrative in einem Land, in dem Israelis jetzt 75 Jahre Staatsgründung feiern und Palästinenser 75 Jahre Flucht und Vertreibung als Katastrophe betrauern? In der Hand-in-Hand- Schule gilt das Doppelprinzip, nach dem die Geschichten jeweils gleichberechtigt einen Platz einnehmen. Das Wichtigste, das sie ihre Kinder und Jugendliche fürs Leben lernen lassen: zuhören, die Sicht der anderen kennenlernen und Empathie entwickeln, auch bei Meinungsverschiedenheiten. Gerade hat der rechtsextreme israelische Politiker Ben-Gvir, dessen Titel „Minister für nationale Sicherheit“ wie Hohn klingt, einmal mehr gezielt die muslimische Welt provoziert, indem er inmitten der angespannten Lage den Tempelberg besuchte. Hoffentlich lernen möglichst viele Kinder, Hand in Hand den Feinden ihrer friedlichen Koexistenz zu begegnen. Die Autorin ist Redaktionsleiterin Ausland und politischer Hintergrund beim Bayerischen Rundfunk. Wolfgang Schmitz’ Kommentar „Vorbeireden grenzt an Dialogverweigerung“ vom 5. Juli 1979 ist auf furche.at nachzulesen. dazu studierte er Nationalökonomie, Philosophie und Staatswissenschaften in Fribourg und an der Catholic University of America in Washington, D.C. Schon während des Krieges engagierte sich Schmitz als überzeugter Gegner des Nazi-Regimes in der katholischen Jugend. Nach 1945 sah er im Zusammenwirken ihrer europäischen Teilorganisationen eine große friedenspolitische Chance – und wirkte aktiv an ihrem ersten Weltkongress in Luzern mit. Der frühe FURCHE-Beitrag „Jugend in der Zeit“ gibt davon Zeugnis. „ Schmitz verstand es, wirtschaftsliberale Ordnungspolitik und christliche Sozialethik zu verbinden. Immer wenn diese Vereinbarkeit in Abrede gestellt wurde, kämpfte er dagegen an. “ Foto: APA / Ulrich Schnarr Seine erste berufliche Tätigkeit nach dem Gerichtsjahr führte Schmitz ins Generalsekretariat der damaligen Bundeskammer der Gewerblichen Wirtschaft. Dort wurde er 1963 zum Mit-Initiator und ersten Vorsitzenden des Beirats für Wirtschafts- und Sozialfragen. Dieses Expert(inn)engremium trug durch sozialpartnerschaftlich ausgewogene wissenschaftliche Gutachten über nahezu drei Jahrzehnte maßgeblich dazu bei, dass wesentliche sozial-ökonomische Grundsatzfragen vorparlamentarisch außer Streit gestellt werden konnten. Als Josef Klaus 1964 Alfons Gorbach als ÖVP-Parteivorsitzender und Bundeskanzler ablöste, berief er Wolfgang Schmitz zu seinem Finanzminister, der mit Beginn der ÖVP-Alleinregierung 1966 zügig Akzente setzte: von der Einführung einer mittelfristigen Budgetvorschau über die Einrichtung des Familienlasten-Ausgleichsfonds bis zur Gründung des Katastrophenfonds. Seine „Wachstumsgesetze“ stärkten zudem die österreichische Wirtschaft. 1968 konnte durch eine von ihm mitgestaltete Abstimmung von Geld- und Einkommenspolitik die drohende Stagflation abgewendet werden. Dennoch entschied sich Kanzler Klaus damals dafür, Schmitz durch Stefan Koren abzulösen und ihn zum Nachfolger von Reinhard Kamitz als Präsident der Österreichischen Nationalbank zu bestellen. In dieser Funktion sorgte er für eine am Ziel der Finanzmarktstabilität orientierte Geldund Wechselkurspolitik. Dieser Kurs erwies sich als wichtige Vorleistung für die nachfolgende Hartwährungspolitik – als Durchgangsstation zur europäischen Gemeinschaftswährung. Ab 1973 bis zu seiner Pensionierung war Wolfgang Schmitz als Konsulent in der Wirtschaftskammer tätig. Während dieser Zeit intensivierte er seine publizistische Tätigkeit. Unter den mehr als 20 Büchern aus seiner Feder sticht „Was macht den Markt sozial?“ als Standardwerk hervor. Es erwies sich als glückliche Fügung, dass er – durchaus im Sinne seines 1954 verstorbenen Onkels Richard, der nach dem Krieg als Generaldirektor des Herold-Verlages wirkte – 1976 zu einem wichtigen Mitglied jenes Teams wurde, das unter Federführung des legendären Styria-Generaldirektors Hanns Sassmann DIE FURCHE vor ihrem damals drohenden Untergang bewahrte. Mit großem ideellem Engagement machte er sich an seine Aufgaben als Aufsichtsratsvorsitzender und Herausgeber, die er bis 2003 ausübte. Er stand in engem Kontakt nicht nur zu den jeweiligen Chefredakteuren wie Horst Friedrich Mayer, Kurt Skalnik oder Hubert Feichtl bauer, sondern auch zu all den Gastautor(inn)en, die damals schon die weltanschauliche Breite der FURCHE verdeutlichten – von Friedrich Heer bis György Sebestyén, von Johannes Schasching bis Trautl Brandstaller und Norbert Leser. Ein christlich-sozialer Marktliberaler Wolfgang Schmitz verstand es, wirtschaftsliberale Ordnungspolitik mit dem Ideengebäude der Christlichen Sozialethik zu verbinden. Immer wenn diese Vereinbarkeit innerkirchlich oder in der Parteienkonkurrenz in Abrede gestellt wurde, kämpfte er engagiert dagegen an. Soziale Marktwirtschaft erschien ihm als die ideale Kombination einer wertegeleiteten Christlichen Soziallehre mit einer für Wertschöpfung sorgenden liberalen Wettbewerbswirtschaft. Dass diese Vereinbarkeit auch einen Gestaltungsauftrag für gelungene Globalisierung mit sich bringt, hielt er schon 1999 in einem FURCHE- Beitrag fest. Als ich ihm kurz nach seinem Ausscheiden aus der Notenbank als angehender Volkswirt persönlich begegnen durfte, beeindruckte mich die Klarheit seiner wirtschaftsethischen und ordnungspolitischen Vorstellungen. Das Gedenken an seinen hundertsten Geburtstag wird so auch zu einer Erinnerung an eine Zeit, in der „das Denken noch geholfen hat“ und die intensive Vorarbeit an politischen Konzepten sowie das respektvolle Ringen um Kompromisse in beiden damaligen Großparteien selbstverständlich waren. Der Autor ist Ökonom und Publizist . Von 2003 bis 2023 war er gemeinsam mit Heinz Nußbaumer Herausgeber der FURCHE.

DIE FURCHE · 21 25. Mai 2023 Gesellschaft 9 Laut der jüngsten Studie „Antisemitismus in Österreich“ hegt bis zu ein Drittel aller Österreicher(innen) judenfeindliche Vorstellungen. Was kann man dagegen tun? Ein Gastkommentar. Ich verstehe Von Maram Stern Ich verstehe Antisemiten nicht. Das mag wie eine Binsenweisheit klingen, insbesondere aus dem Mund eines Juden. Mir geht es aber gar nicht darum, zu sagen, dass ich antisemitische Haltungen nicht gutheiße. Das wäre in der Tat absurd. Nein, ich verstehe Antisemiten schon rein intellektuell nicht. Die Motive eines Steuerhinterziehers, Erpressers oder gar Raubmörders kann ich nachvollziehen, auch wenn ich ihre Taten natürlich aufs Tiefste verabscheue. Aber für die Ablehnung von Juden, weil sie Juden sind, fehlt mir jedes Verständnis. Denn was unterscheidet uns Juden von der übrigen Gesellschaft? Dass einige von uns koscher essen, dürfte den meisten Menschen egal sein, es regt sich ja auch niemand über Leute auf, die Rosenkohl oder Fisch verschmähen. Auch der regelmäßige oder gelegentliche Besuch der Synagoge kann in einer immer säkulareren Welt wohl kaum der Grund sein. Und selbst wenn jemand so intolerant ist, fremdländisch aussehende Menschen abzulehnen, lässt sich dieses abstoßende Verhalten nicht zur Begründung des Antisemitismus heranziehen, denn Juden sind äußerlich nicht von ihren Landsleuten zu unterscheiden. Wahnvorstellungen Noch unverständlicher aber bleibt mir, wie sich irgendjemand der Wahnvorstellung anhängen kann, die Juden beherrschten die Medien, die Geschäftswelt, die Politik und so weiter. Es gibt weltweit gerade einmal 15 Millionen Juden bei einer Erdbevölkerung von acht Milliarden. In Österreich stellen sie nicht mehr als 0,2 Prozent der Bevölkerung, in den USA, die immer wieder als Beispiel für den angeblich übermäßigen jüdischen Einfluss angeführt werden, ist die Zahl zwar deutlich höher, aber auch hier stehen zwei Prozent Juden 98 Prozent Nichtjuden gegenüber. Wie um Himmels willen soll eine so verschwindend kleine Gruppe einen so großen Einfluss ausüben? Ich würde annehmen, derartig absurde Behauptungen widerlegten sich selbst. Und dennoch muss ich zur Kenntnis nehmen, dass sie es offenbar nicht tun. Der jüngsten, vom österreichischen Parlament in Auftrag gegebenen Studie „Anti semitismus in Österreich“ zufolge hegt jeder dritte bis fünfte Österreicher antisemitische Vorstellungen. 36 Prozent stimmen der Aussage zu, die Juden beherrschten die internationale Geschäftswelt, immerhin 30 Prozent beklagen eine übermäßige Macht der Juden in der internationalen Presse und Politik, und selbst in Österreich hätten Juden einen zu großen Einfluss, glauben knapp 20 Prozent. Das macht mich sprachlos. Wie kann man so einen Unsinn glauben? Und was kann man angesichts solcher absurden Annahmen eigentlich wirklich gegen Antisemitismus tun? Allerdings offenbart die Studie zumindest auch zwei Gründe für Optimismus: Erstens sind diese Zahlen rückläufig. 1986, auf dem Höhepunkt der „Waldheim-Affäre“, waren immerhin zwei Drittel aller Österreicher der Ansicht, die Juden beherrschten die internationale Geschäftswelt. Und zweitens sind antisemitische Ansichten unter Menschen ohne Matura deutlich verbreiteter. Bildung scheint folglich zu helfen. „ Vor zwei Dingen möchte ich im Kampf gegen Judenfeindschaft warnen: vor Kitsch und Fremdenfeindlichkeit. “ Wirklich beruhigen können mich beide Erkenntnisse nicht. Der Rückgang antisemitischer Haltungen ist erfreulich, aber auch die heutigen Zahlen sind noch erschreckend hoch. Und auch die Bildung ist kein Allheilmittel. Vor allem ist sie kein Mittel, auf dessen schnelle Wirkung wir setzen könnten. Bildung braucht Zeit. Wenn die Politik heute beispielsweise beschließt, der Information über das Dritte Reich und den Holocaust einen größeren Platz in der schulischen Stundentafel einzuräumen, ist das begrüßenswert. Die positiven Effekte werden sich aber erst Jahre später einstellen. Das heißt natürlich nicht, dass man von diesen Versuchen ablassen sollte. Ganz im Gegenteil: Wenn man Antisemitismus überhaupt bekämpfen kann, dann mit Aufklärung. Alle aber wird man damit nicht erreichen können. Und wie gesagt, man sollte sich immer klarmachen, dass die Bekämpfung des Antisemitismus einen langen Atem braucht. Leider weiterhin notwendig und sofort wirksam sind hingegen der polizeiliche Schutz jüdischer Einrichtungen und die Verdrängung antisemitischer Meinungen aus der Sphäre des Sagbaren. Jeder Einzelne ist aufgerufen, judenfeindlichen Einstellungen klar und entschieden entgegenzutreten. Wenn jemand beispielsweise behauptet, die Presse würde von Juden beherrscht, sind alle Gesprächsteilnehmer gefordert, diese Behauptung nicht nur zurückzuweisen, sondern auch als antisemitische zu kennzeichnen. Selbst wenn das den Vertreter dieser abenteuerlichen These nicht überzeugen sollte, ist es dennoch wichtig, die Grenzen des Foto: picturedesk.com / dpa / Patrick Pleul Sagbaren enger zu ziehen. Mir ist es lieber, jemand hegt im Stillen judenfeindliche Gedanken, statt sie selbstbewusst auf die Straße zu tragen. Nur wenn Antisemitismus gesellschaftlich geächtet wird, können wir hoffen, ihn kleinzuhalten. Vor zwei Dingen möchte ich im Kampf gegen Judenfeindschaft ausdrücklich warnen: vor Kitsch und Fremdenfeindlichkeit. Allzu häufig schlägt der wohlmeinende Versuch, nicht langfristig, sondern unmittelbar Antisemitismus zu bekämpfen, in schwer erträglichen Kitsch um. So etwa 2018, als mehrere Tausend Menschen in Berlin ihre Solidarität mit den in Deutschland lebenden Juden dadurch zum Ausdruck brachten, dass sie auf einer Demonstration Kippa trugen. Ich war dankbar für die Solidaritätsbekundung, aber gekränkt über das Kippa-Tragen. Die Kippa ist ein Symbol der jüdischen Religion. Nichtreligiöse Juden tragen sie normalerweise nicht, Nichtjuden erst recht nicht. Was ich für Juden verlange, ist Toleranz – Toleranz für sie als Menschen, für ihre Kultur, für ihre Religion. Ich verlange nicht, dass Nichtjuden zum Judentum konvertieren. Schon gar Antisemiten nicht nicht sollten sie so tun, als wären sie Juden, auch nicht für einen Tag oder für die Dauer einer Demonstration. Zumindest außerhalb Israels werden Juden immer nur eine kleine Minderheit sein. Diese Minderheit braucht und verdient Respekt. Es hilft nichts, wenn die Mehrheit für eine kurze Zeit mal Minderheit spielt. Christlich-jüdisches Abendland? Zumindest aber war das kollektive Kippa-Tragen gut gemeint. Dagegen vermag ich keine aufrichtigen Motive bei denjenigen zu erkennen, die den Kampf gegen Antisemitismus zur Bemäntelung ihres Rassismus oder ihrer Islamfeindschaft nutzen wollen. Wer heute die „christlich-jüdische Kultur“ betont, tut dies meistens, um auszudrücken, dass der Islam nicht dazugehört. Genauso wurde noch vor gar nicht zu langer Zeit vom „christlichen Abendland“ gesprochen, aus dem dann auch Juden ausgeschlossen waren. Besonders christlich ist weder das eine noch das andere. Damit will ich nicht bestreiten, dass es Antisemitismus unter Migranten aus islamisch geprägten Ländern gibt. Auch diesen gilt es natürlich zu bekämpfen. Aber: Die Kippa als Solidarität? Juden, die Kippa tragen, leben mitunter gefährlich. Dass Nicht juden sie bei Solidaritätsbekundungen tragen – wie 2018 in Berlin –, hält Maram Stern jedoch für verstörend. Lesen Sie dazu auf furche.at auch Otto Friedrichs Fokus „Erinnerte Auslöschung“ (22.10.2020) über 600 Jahre Wiener Gesera. meisten antisemitischen Straftaten werden weiterhin nicht von Migranten verübt, auch wenn kein einziger Migrant in Österreich lebte, gäbe es immer noch Antisemitismus. Und: Antisemitismus ist nicht einfach eine Form von Rassismus. Aber sowohl Rassismus als auch Antisemitismus sind Formen von Intoleranz und Menschenfeindlichkeit. Intoleranz gegenüber Muslimen schafft ein Klima, in dem auch Intoleranz gegenüber Juden gedeiht. Besonders handfest wird das in Versuchen, die muslimische Religionsausübung zu beschränken, etwa durch das Verbot des Schächtens oder der Beschneidung, denn von beidem wären natürlich auch Juden direkt betroffen. Die erschreckenden Erkenntnisse der gerade veröffentlichten Studie rufen alle Österreicher zum Handeln auf. Der Kampf gegen Antisemitismus und Intoleranz braucht Engagement und einen langen Atem, aber er lohnt sich. Denn in einer intoleranten Gesellschaft wird es bald auch für die Mehrheit ungemütlich. Der Autor ist geschäftsführender Vizepräsident des World Jewish Congress.

DIE FURCHE 2024

DIE FURCHE 2023