DIE FURCHE · 4 20 Literatur 25. Jänner 2024 Sibyllas Unterstützer Nach ihrem Tod wäre Schwarz wie so viele Dichterinnen in Vergessenheit geraten, wäre da nicht der Pfarrer Samuel Gerlach gewesen. Er veröffentlichte Sibyllas Gedichte und sicherte sie so für die Nachwelt. Bild: IMAGO / agefotostock Von Manuela Tomic Ein heruntergekommenes Backsteinhaus mit vertäfelten Fenstern im Zentrum von Greifswald: Das Geburtshaus von Sibylla Schwarz, der wohl wichtigsten Lyrikerin des Barock, ist heute verwaist. An der Hausfassade sind Epigramme angebracht. Neben den Graffiti, die an die Wand geschmiert wurden, sehen die Zeilen von Schwarz fast absurd aus: „Du meinst ich soll dein noch gedenken und dich lieben,/ ob du mich schon verlässt, ey sei doch nicht so toll,/ich habe dir ja oft vor diesem schon geschrieben:/Dass niemand Eisen, Stein und Klötze lieben soll.“ Dabei war die pommersche Dichterin selbst noch eine Jugendliche, als sie diese Zeilen schrieb. Heute wird die 1621 geborene Schwarz als Ausnahmetalent und Wunderkind gefeiert. Zu ihrem 400. Geburtstag, im Februar 2021, sind gleich mehrere Neuauflagen ihrer Gedichte und zwei kritische Ausgaben erschienen. Die Barockpoetin war ihrer Zeit voraus. Ihr Gedicht „Gesang wider den Neid“ bezeichnet die Literaturwissenschaftlerin Erika Greber als das „erste kompromißlos feministische Gedicht der Weltliteratur“: „Hat zwar die Missgunst tausend Zungen/Und mehr als tausend ausgestreckt/Und kommt mit Macht auf mich gedrungen,/So wird ich dennoch nicht erschreckt;/…“ Schwarz war eine Draufgängerin, die einzige Lyrikerin in der damaligen Männerdomäne. Sie erkämpfte sich ihren Platz mit Bissigkeit und Humor und starb mit nur 17 Jahren an der Ruhr, einer Infektionskrankheit. Oder doch an einem gebrochenen Herzen? „Die pommersche Sappho“ Als jüngstes von sieben Kindern in eine einflussreiche Patrizierfamilie geboren, erhielt Sibylla Schwarz schon früh Zugang zu umfassender Bildung. Ihre Mutter Regine war die Tochter eines Ratsherrn. Sie unterrichtete die kleine Sibylla. Als Regine an der Pest starb, übernahm der Vater Christian Schwarz, damals Bürgermeister von Greifswald, die Ausbildung des Mädchens. Ihr älterer Bruder brachte ihr von seinen Reisen immer wieder neue Lektüre mit. Sibylla lernte Latein und schien die antike Mythologie fast manisch aufzusaugen. Mit nur zehn Jahren schreibt Sibylla Schwarz ihr erstes Gedicht; in jenem Jahr, in dem ihre Mutter stirbt. Ihr ganzes Leben ist überschattet vom Dreißigjährigen Krieg. Der Kampf um die religiöse Vormachtstellung zwischen Protestanten und Katholiken zwang zahlreiche Menschen Ö1 Feature von Manuela Tomic Bis 28. Jänner kann man auf Ö1 in der Sendereihe „Tonspuren“ das Feature über Sibylla Schwarz von FURCHE- Redakteurin Manuela Tomic nachhören. Mit nur zehn Jahren schrieb sie ihr erstes Gedicht und sicherte sich so ihren Platz in einer Männerdomäne. Über Sibylla Schwarz, die unbeugsame Lyrikerin des Barock. Die junge Wilde „ Schwarz lässt im Gedicht ‚Auf der Liebsten Abschied‘ das männliche ‚Ich‘ weg. So wirbt vielleicht eine Frau, vielleicht sie selbst, um ihre Freundin, die heiratet und sie nun verlässt. “ zur Flucht. Viele suchten hinter den festen Mauern Greifswalds Schutz. Sibylla kocht für die Truppen und für die Flüchtlinge. Als ihre Schwestern heiraten, bleibt das Mädchen allein mit ihrem Vater zurück. Sie muss sich um den Haushalt kümmern, putzen, waschen, Einkäufe erledigen. Doch immer wieder findet Schwarz Zeit zu dichten. Häufig zählt Schwarz in ihrer Lyrik weibliche Vorbilder auf. In ihrem bereits erwähnten Gedicht „Gesang wider den Neid“ stellt sich das „Ich“ selbstbewusst in eine Reihe schreibender Frauen. Eine von ihnen ist die griechische Dichterin Sappho, die als wichtigste Dichterin der Antike in die Geschichte eingegangen ist, obwohl nur wenige Fragmente ihrer Poesie erhalten sind. Sappho stellte ihre männlichen Kollegen in den Schatten – wie Sibylla. Auch Sappho ist heute eine Ikone der homoerotischen Dichtkunst. Sie spielt mit Andeutungen und Anzüglichkeiten. Und wie Sibylla Schwarz muss auch Sappho im Laufe ihres jungen Lebens unfreiwillig ihre Heimat verlassen. Selbst die Todesumstände beider Frauen werfen Fragen auf. Der Legende nach soll sich Sappho aus unerwiderter Liebe zu Phaon von einem Felsen gestürzt haben, weil der schöne Fährmann ihre Liebe nicht erwidert hat. Sehnsucht ist das zentrale Element ihrer Liebeslyrik. Und die Sehnsucht holt auch Schwarz immer wieder ein. Deshalb bekam Schwarz später den Beinamen „die Sappho von Pommern“. Das Leiden durch den Krieg, die Umkehr der Geschlechter und das jugendlich Spielerische ihrer Sprache lassen ihre Dichtung heute wieder aktuell erscheinen. Schwarz ist eine der wichtigsten Vertreterinnen des Petrarkismus. Ihr Begründer, der italienische Dichter und Geschichtsschreiber Francesco Petrarca, prägte mit seiner Liebeslyrik die europäische Dichtung. Ähnlich wie im Minnesang, der durch den Petrarkismus abgelöst wird, erleidet der Mann Liebesqualen und wird von Liebeskummer verzehrt. Die Angebetete hingegen erwidert diese Liebe nicht, ist kalt und distanziert. Auch William Shakespeare war von dieser Dichtkunst stark beeinflusst. Sibylla Schwarz gibt, wenn sie Petrarca nachahmt, ihre eigene spielerische Zutat hinein: In einer Rede an ihre enge Freundin Judith Tanck entlarvt sie ein Geheimnis. Sie lässt im Gedicht „Auf der Liebsten Abschied“ das für gewöhnliche männliche „Ich“ einfach weg. Und so wirbt vielleicht auch eine Frau, vielleicht ist es Sibylla Schwarz selbst, um ihre geliebte Freundin, die heiratet und sie nun verlässt. Schwarz schreibt hundert Jahre vor der Entstehung des Sturm und Drang, und doch scheint sie bereits mit den starren Regeln zu hadern und auch Biografisches in ihre Dichtung miteinfließen zu lassen. Beides war zur Zeit des Barock noch ungewöhnlich. „Pfui, Pfui dich an du schnöde Welt“ Nach ihrem Tod wäre Sibylla Schwarz wie so viele weibliche Dichterinnen in Vergessenheit geraten, wäre da nicht der Pfarrer Samuel Gerlach gewesen. Er hatte engen Kontakt zur Familie und erkannte Sibyllas Talent. Er sammelte ihre Gedichte und veröffentlichte sie zwölf Jahre nach ihrem Tod. In das Vorwort schrieb er: „Ich übergebe dir lieb und geneigter Leser ein Werklein dergleichen du von einer Weibsperson zu unser Zeit in unserem Vaterland und deutscher Mutter-Sprache vielleicht wenig auch wohl gar nicht gesehen hast.“ Mit nur 17 Jahren ist Sibylla Schwarz an der Ruhr gestorben. Wer etwa verunreinigtes Wasser trank, konnte sich sehr leicht mit der Infektionskrankheit anstecken. Heinz- Peter Schmiedebach, Medizinhistoriker an der Charité in Berlin, glaubt aber nicht an diese These. Das Wesen der Ruhr war, dass der tödliche Verlauf auch mit geistiger Verwirrung einherging, doch Sibylla sei bei vollem Verstand gewesen. Hatte sie etwa mit 17 Jahren mit dem Leben abgeschlossen? Hinweise hat es gegeben. Im Jahr ihres Todes, 1638, musste Schwarz besonders viel Schmerz erleben. Das Gut Fretow, in dem sie den Kriegsereignissen entfliehen konnte, war von den Schweden zerstört worden. Nur wenige Zeit später ist ihre beste Freundin Judith Tanck weggezogen, und dann kam es zur Heirat ihrer Schwester. Schwarz verlor ihr zu Hause, ihre beste Freundin und ihre Schwester. Kurz vor ihrem Tod schrieb sie folgende Zeilen in ihr Notizbuch: „Pfui, pfui dich an du schnöde Welt/du trübe Jammer-Schule,/ du Störenfried, du Kummerfeld,/du rechter Satans-Buhle!/Fahr hin, fahr hin, ich lasse dich,/Gott, mein Erlöser fordert mich.“ Ob dies bloß Zufall war, bleibt ihr Geheimnis. Ich fliege Himmel an mit ungezähmten Pferden Werkauswahl Von Sibylla Weiland Hrsg. Gudrun Schwarz Secession 2021 240 S., geb., € 20,90 Werke, Briefe, Dokumente Kritische Ausgabe Band 1 & 2 Von Sibylla Schwarz, Hrsg. Michael Gratz Reinecke & Voss 2021, 189 S. & 274 S., kart, € 21,–, € 24,– Deutsche poetische Gedichte Nach der Ausgabe von 1650 Von Sibylla Schwarz, Hrsg. von Klaus Birnstiel Unter Mitarbeit von Jelena Engler, Wehrhan 2021, 304 S., geb., € 20,–
DIE FURCHE · 4 25. Jänner 2024 Wissen 21 Vor 25 Jahren wurde die europäische Hochschullandschaft grundlegend neu aufgesetzt. Die großen Ambitionen wurden vor allem in Österreich nicht erfüllt. Ein Gastkommentar. Die Bologna-Baustellen Von Martin Tauss HUMAN SPIRITS Jenseits der Nationen Foto: iStock/minoandriani Bildungsarchitektur Ein neues Hochschulrechtspaket der Regierung ist derzeit in Begutachtung. Im Sinne der „Bologna- Architektur“ soll es u.a. die Kurzzeitmobilität innerhalb des Semesters fördern. Das gilt vor allem für Lehrveranstaltungen der European-University-Allianzen oder für kleinere Lerneinheiten (Bild: Bibliothek im Palazzo dell’Archiginnasio, Bologna). Die imposanten Weiten der amerikanischen Wildnis haben viele Dichter und Dichterinnen inspiriert. Eine der wichtigsten Stimmen für unsere krisengeschüttelte Gegenwart ist Gary Snyder. Der 93-Jährige, der heute zurückgezogen in der Sierra Nevada lebt, blickt auf ein abenteuerliches Leben zurück: als Beatnik, Feuerwächter, Bergsteiger, Zen-Mönch oder Weltreisender. Die kreative Initialzündung für Künstler ist oft die erste Liebe; für ihn war es die intime Begegnung mit der Natur, wie er einmal sagte. Bald schon wurde er zu einer Galionsfigur der amerikanischen Umweltbewegung. „Wir brauchen ein weltweit geltendes ‚natürliches Abkommen‘ mit den Weltmeeren, der Luft, den Vögeln am Himmel“, schrieb er 1990 in „The Practice of the Wild“ (dt. „Lektionen der Wildnis“). „ Eine neue Studie fordert den Schutz von ‚planetaren Gemeingütern‘ – kritischen Systemen, die im Anthropozän die Lebensqualität auf der Erde regulieren. “ Von Herbert Matis Seit nahezu einem Vierteljahrhundert sind auch die österreichischen Universitäten und Hochschulen der sogenannten „Bologna-Architektur“ verpflichtet. Es handelt sich dabei um ein von der Politik vorgegebenes Regelwerk, welches in Ergänzung zur politisch-wirtschaftlichen Integration Europas auf die Etablierung eines „gemeinsamen europäischen Hochschulraums“ abzielt. Ausgangspunkt war ein Treffen von 29 europäischen Bildungsministern in Bologna anlässlich der 900-Jahrfeier der vermutlich ältesten Universität in Europa im Jahre 1999. Diese unterzeichneten gemeinsam eine programmatische Erklärung, welche die europäische Hochschul- und Bildungslandschaft seither grundlegend verändern sollte: Intendiert war eine Erhöhung der transnationalen Mobilität sowohl von Studierenden als auch von Forschenden und Lehrenden, und nicht zuletzt eine möglichst frühe adäquate berufliche Qualifikation der Studierenden. Dies sollte durch eine Angleichung der akademischen Ausbildungswege, eine abgestufte Studienstruktur und eine Harmonisierung von Studiengängen und Studienabschlüssen erreicht werden. Durch die Einführung eines einheitlichen Leistungsanrechnungssystems (ECTS) sollte ebenfalls die Vergleichbarkeit und Mobilität gesteigert werden. Gleichzeitig wollte man die Akademikerquote auf mindestens fünf Prozent erhöhen und die Zahlen der Studienabbrecher verringern. Klingt doch alles sehr gut; dafür war man gerne bereit, bestehende Strukturen und ein bewährtes Qualifikationssystem abzuschaffen und durch die Bologna-Konvention zu ersetzen. Ein weiterer Aspekt war die „Ökonomisierung“ des akademischen Studiums. Die Universitätsleitung sollte gleichzeitig wie eine Firma „professionalisiert“ werden: Vorstand und Aufsichtsrat galten dabei als Vorbilder. Parallel dazu wurde der akademische Mittelbau durch auf jeweils fünf Jahre abgeschlossene Kettenverträge diszipliniert, wobei man vergaß, dass auch die immer wieder als Vorbild zitierten US-Universitäten sehr wohl einen „Tenure-Track“, eine Fixanstellung nach erfolgreicher Qualifizierung, kennen. Die heimischen Nobelpreisträger, auf die man heute so stolz ist, sind nach deren eigenen Aussagen nicht in einem solchen Milieu der beruflichen Unsicherheit herangewachsen. Leider sind, vor allem in Österreich, die „ Die angestrebte Mobilität reduzierte sich in Österreich auf eine ‚Germanisierung‘. Numerus-Clausus- Flüchtlinge sind nicht mit Internationalisierung gleichzusetzen. “ mit Bologna verbundenen hochgespannten Erwartungen insgesamt nicht erfüllt worden: Die angestrebte Mobilität und Internationalisierung reduzierte sich in erster Linie auf eine „Germanisierung“. Numerus-Clausus-Flüchtlinge bei den Studierenden und „Berufungskartelle“, die aus unserem westlichen Nachbarland kommen, sind eben nicht mit Internationalisierung gleichzusetzen. Zwar wurden neue Titel eingeführt (z. B. der Bachelor), die aber in der Öffentlichkeit kaum als Berufsqualifikation akzeptiert sind. Besonders kurios ist dies im Fall der Wiener Wirtschaftsuniversität, wo man früher nach sechs Semestern als Diplomkaufmann abschließen konnte – ein Titel, der in der Praxis durchaus Anerkennung fand. Wer sucht aber einen Bachelor? Rund 80 Prozent schließen daher ein Masterstudium an. Häufig wird beklagt, dass unsere Hochschulen in internationalen Rankings nicht besonders glorreich abschneiden. Das ist jedoch in erster Linie dem seit Jahrzehnten bestehenden Zustand der Massenuniversität und der damit verbundenen schlechten Betreuungsrelation zwischen Lehrenden und Lernenden geschuldet. Ein zunehmender Prüfungsdruck bei gleichzeitig unzureichender Ressourcenausstattung führte zu einer Ersetzung von – pädagogisch eindeutig sinnvolleren – mündlichen Prüfungen durch „Multiple Choice“-Tests. Die in manchen Fächern wie etwa dem Medizinstudium eingeführten Eingangsprüfungen dienen zur Reduktion der Studentenzahlen und haben nur wenig mit den späteren Berufsqualifikationen zu tun. Und sie fungieren in erster Linie als ein neuer Geschäftszweig für neu geschaffene Zulassungsagenturen. Starke Verschulung Wenn vom zuständigen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung vollmundig erklärt wird: „Der Bologna-Prozess trägt wesentlich zur Europäisierung und Internationalisierung der österreichischen Hochschulen bei. Im Mittelpunkt steht die Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit im europäischen und globalen Kontext durch die Förderung der Mobilität von Studierenden, Lehrenden und des wissenschaftlichen Personals“, so ist dieser Wunsch prinzipiell zu begrüßen. Doch angesichts der Bedingungen der modernen Massenuniversität erleben die Betroffenen die Folgen dieses Prozesses zumeist bloß als verstärkte Bürokratisierung. Die Aufkündigung des akademischen Prinzips der „Bildung durch Wissenschaft“ beziehungsweise dessen Ablösung durch einen stark verschulten „Ausbildungsbetrieb“ trägt überdies zu einer Abkoppelung der Lehre von der aktuellen Forschung bei. Der Wunsch, die akademische Mobilität zu steigern, die Studienabbrecher-Zahlen zu verringern und die abschließende Berufsfähigkeit zu erhöhen, muss zwangsläufig scheitern, solange sich die Betreuungsrelationen nicht verbessern lassen. Der Autor ist em. Professor an der Wirtschaftsuniv. Wien, ehemaliger Vorstand des Instituts für Wirtschafts- und Sozialgeschichte und wirkliches Mitglied der ÖAW. Ich musste an Snyder denken, als ich auf eine aktuelle Studie stieß, in der ein internationales Expertenteam den rechtlichen Schutz von „planetaren Gemeingütern“ fordert. Gemeint sind etwa die Regenwälder im tropischen Amazonas, das Eisschild auf Grönland, der Monsun in Indien oder die Permafrostböden in Sibirien. Sie sind für die Bewohnbarkeit unseres Planeten essenziell, denn sie schützen wichtige Funktionen des Erdsystems. „Sie wurden der Welt anvertraut und bedürfen daher einer gemeinsamen koordinierten Steuerung“, sagt Studienleiter Johan Rockström von der Universität Potsdam. Zwar gebe es bereits „globale Gemeinschaftsgüter“ wie die Hohe See, die Antarktis oder die Erdatmosphäre. Doch das bestehende globale Umweltrecht reiche nicht aus, um sicherzustellen, dass die planetaren Belastungsgrenzen nicht überschritten werden, so die Forschenden. Der Schutz sollte daher auch für kritische biophysikalische Systeme gelten, die im Anthropozän – dem „Zeitalter des Menschen“ – den Zustand und die Lebensqualität auf der Erde regulieren. Leitmotiv der Allmende Das wäre ein wichtiger Schritt in Richtung eines planetaren Bewusstseins, das der Menschheit durch die Klimakrise nahegelegt oder, wenn man so will, aufgezwungen wird. Welche Schätze dabei zu entdecken sind, hat Gary Snyder poetisch reflektiert. Der Dichter und Umweltaktivist plädiert für bioregionale Perspektiven jenseits nationaler Grenzen. Ein wichtiges Leitmotiv für ihn ist die Allmende, das alte Gemeinschaftseigentum eines Dorfes – „zwischen den Extremen der tiefen Wildnis und dem Privatland der einzelnen Bauernhöfe“. Sie wird heute zum globalen Sinnbild: „Wenn wir die Allmende nicht wiedererlangen – die persönliche, örtliche, gemeinschaftliche und unmittelbare Einbindung des Menschen in eine gemeinschaftliche Nutzung (in ein gemeinschaftliches Wesen) der wilden Welt – dann wird die Welt uns noch weiter aus den Händen gleiten.“
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