DIE FURCHE · 4 2 Das Thema der Woche Der Körper vergisst nicht 25. Jänner 2024 AUS DER REDAKTION Unter einem „Streit um Erinnerung“ stellt man sich derzeit vieles vor – zuvorderst wohl die von kollektiven Traumata und Theopolitik geprägte Lage in Nahost. Ulrich Körtner hat uns dazu ein „Diesseits von Gut und Böse“ geschickt. Doch Traumata gibt es auch individuell – und die Memory Wars zur Frage, wer etwa bei Missbrauchsvorwürfen das Opfer bzw. der Täter war, werden auch hier unerbittlich scharf geführt. Unter dem Titel „Der Körper vergiss nicht“ hat sich Martin Tauss diesem Thema im aktuellen Fokus gewidmet. Wie politische Unfähigkeit oder auch Unwille zu politischer Polarisierung führen, zeigt Tobias Müller in einer Reportage aus dem niederländischen Dorf Ter Apel; welche Rolle Religion spielt, um Demokratie zu stärken – oder zu schwächen – erklärt Franz Winter; und Sandra Lobnig hat in unserer Reihe „Gesichter des Zusammenhalts“ einen Mann porträtiert, der dafür sorgt, dass die Polizei auch für Menschen aus Afrika „Freund und Helfer“ bleibt. Wieder um Erinnerung geht es im Feuilleton: Die aktuelle Schau im Theatermuseum, „Walk of Fame“, rückt 14 Persönlichkeiten in den Fokus, die zwischen 1900 und 1938 Erfolg wie auch Verfolgung erlebten. Und Manuela Tomic widmet sich diese Woche nicht nur der „Singulären Frau“ als Hero in der Moderne, sondern auch der „Sappho von Pommern“, Sibylla Schwarz. Ihr großartiges Feature dazu ist noch bis 28. Jänner in den „Tonspuren“ auf Ö1 zu hören. Nur so als Erinnerung. (dh) In einer polarisierten Gesellschaft droht auch der Traumatherapie ein Rückschlag. Über Geschichte und Gegenwart der Memory Wars. Kampf um Erinnerung Abspaltung Bei Dissoziation sind bestimmte Erinnerungen nicht zugänglich bzw. stark fragmentiert (Bild von Karin Birner, siehe S. 4). Das Trauma in dir (The body keeps the score) Von Bessel van der Kolk Ullstein-Verlag 2023,656 S., kart., € 21,60 Von Martin Tauss Im Superwahljahr 2024 wird es wieder zu beobachten sein: Die Zuschreibung von Opfer- und Täterrollen erfolgt rasant und ungeniert. Man muss nicht unbedingt in die USA blicken, wo der mehrfach angeklagte Donald Trump an seiner Wiederkehr arbeitet; auch im kleinen Österreich ist die Täter- Opfer-Umkehr allseits beliebt. Erstaunlich, wie viele selbsternannte „Opfer“ es heute gibt: zum Beispiel die Leidtragenden einer bösartigen Justiz, voreingenommener Medien oder diskriminierender, ja „faschistischer“ Corona- Maßnahmen. Menschen, die vor der eigenen Haustür kehren und sich kritisch selbst reflektieren, sind im öffentlichen (Debatten-) Raum kaum noch auszumachen. Die Täter-Opfer-Umkehr wird besonders perfide, wenn es dabei um Personen geht, die deformierender Gewalt ausgesetzt waren – „Wir leben in einer Welt der Vampire“ (13.6.2023): Ansgar Rougemont über Trauma und Gesellschaft, auf furche.at. und als Folge davon ein Trauma, eine tiefe innere Verletzung, davontrugen, die ihr weiteres Leben massiv beeinträchtigt. USA 1990: Eine angehende Psychologie-Professorin der Universität Oregon stößt in ihrer eigenen Psychotherapie auf verstörende Erinnerungen. Sie deuten darauf hin, dass Jennifer Freyd als Jugendliche von ihrem Vater missbraucht worden ist. Sie will die Geschichte in der Familie aufklären. An ihre Eltern schreibt sie: „Ich habe nicht die Absicht, das Rechtssystem zu nutzen, um Wunden von vor vielen Jahren zu heilen. Ich bitte euch, mir zu helfen, indem ihr meine Wünsche respektiert.“ Doch die Eltern wollen nichts von der Geschichte hören. Mathematik-Professor Peter Freyd Bild: Karin Birner hat einen anderen Verdacht im Sinn: Die Therapie sei es, die zur Verwirrung seiner Tochter geführt habe. Kurz darauf gründen er und seine Frau die „False Memory Syndrome Foundation“: eine Interessensgemeinschaft, deren Mitglieder angeben, fälschlicherweise des sexuellen Missbrauchs beschuldigt zu werden. Dieser Fall ist exemplarisch für die Entwicklung in den 1990er- Jahren: Das Bewusstsein für Trauma war damals durch ein liberales Gesellschaftsklima und den aufstrebenden Feminismus, durch Selbsthilfegruppen und populäre Sachbücher gewachsen. Die Betroffenen fühlten sich ermutigt – und manche begannen, gegen die mutmaßlichen Täter zu Gericht zu ziehen. Das führte „ Gedächtnis-Experten treten vor Gericht mit konträren Gutachten zum Gefecht an. Diese Kampfzone hat sich seit dem Aufkommen der #MeToo-Bewegung noch massiv ausgeweitet. “ schließlich auch dazu, die Pädophilen-Skandale in der katholischen Kirche aufzurollen. Doch die Frage des Erinnerns wurde bald umso hitziger debattiert: Vertreter der „Scheinerinnerungen“ und jene der „Trauma-Erinnerungstherapie“ stritten über wissenschaftliche Belege, und Gedächtnis-Experten traten vor Gericht mit konträren Gutachten zum Gefecht an. Diese Kampfzone hat sich seit dem Aufkommen der #MeToo-Bewegung im Jahr 2017 noch stark ausgeweitet. Heftige Widerstände Renommierte Traumaforscher lassen heute keinen Zweifel daran, dass schreckliche Ereignisse aus der Kindheit so abgespalten werden können, dass man lange Zeit nichts davon weiß – und Erinnerungsfragmente erst im Erwachsenenalter ins Bewusstsein zu treten beginnen. „Tatsächlich wurden im Laufe von mehr als einem Jahrhundert buchstäblich Hunderte von wissenschaftlichen Abhandlungen über die Unterdrückung traumatischer Erinnerungen und deren Wiederauftauchen nach Jahrzehnten publiziert“, so Psychiater Bessel van der Kolk im Standardwerk „Das Trauma in dir“ („The body keeps the score“). „Traumatische Erinnerungen unterscheiden sich grundsätzlich von den Geschichten, die wir über die Vergangenheit erzählen: Sie sind dissoziiert.“ Das heißt, der Schrecken aus der Vergangenheit ist nicht zugänglich beziehungsweise in der Erinnerung stark fragmentiert: Er ergibt vorerst keine sinnvolle Erzählung und dadurch kann diese nicht als Teil der Lebenserinnerung harmonisch integriert werden. Allein schon die Anerkennung von Trauma war von heftigen Widerständen begleitet. Als nach dem Ersten Weltkrieg viele Soldaten seltsame Symptome zeigten, die zunächst als „Granatschock“ subsumiert wurden, dauerte es nicht lange, bis man den Betroffenen einen Charaktermangel unterstellte. Mit fatalen Folgen, wie Bessel van der Kolk analysiert: „Die Weigerung, sich mit den durch den Krieg verursachten Schädigungen auseinanderzusetzen, und Intoleranz gegenüber ‚Schwäche‘ spielte in den 1930er- Jahren beim Aufstieg des Faschismus und Militarismus auf der ganzen Welt eine wichtige Rolle.“ Auch nach dem Zweiten Weltkrieg verbreitete etwa das US-Militär die Auffassung, dass nicht der Krieg die Männer krank mache, sondern dass vielmehr charakterschwache, minderwertige Männer nicht für den Krieg geeignet seien. Erst nach dem Vietnamkrieg fand eine Traumadiagnose (PTBS) Aufnahme in die medizinische Fachliteratur. „Auch heute lautet das dominante Narrativ: Es geht uns gut, und Leuten, die psychisch nicht klarkommen, sollte man misstrauen“, sagt der deutsche Psychiater und Traumatherapeut Ansgar Rougemont, der in Vevey am Genfer See tätig ist, gegenüber der FURCHE. „Dieser Haltung zufolge darf man psychiatrischen Patienten nicht glauben, da sie ja nur konfabulieren oder Theater spielen. Doch die Traumatherapie hat ein neues Paradigma: Wir müssen den Patienten genau zuhören, um den tieferen Sinn ihrer Symptome zu erkennen.“ Natürlich sei nicht auszuschließen, dass es übergriffige Therapeuten gibt, die ihre Klienten in eine bestimmte Richtung drängen oder eigene Vorstellungen suggerieren – und somit einen schweren Behandlungsfehler begehen. Genau das sei vor einigen Jahren an einer Schweizer Klinik passiert, wie Rougemont erzählt: „Doch es ist völlig übertrieben, wie dieser Umstand in deutschen und Schweizer Medien aufgebauscht wurde. Das ist kein Grund, das ganze Feld der Traumatherapie zu diskreditieren.“ In einem Klima, in dem Dialogfähigkeit und Debattenkultur durch gezielte Polarisierung beschädigt werden, sind nun auch therapeutische Hilfestellungen ins Visier geraten, die den seelisch am stärksten Verwundeten zugutekommen. Die enormen Fortschritte, die die Traumaforschung zuletzt erzielt hat, erscheinen dadurch bedroht. Damit steht auch ein gewichtiges Stück an sozialem Fortschritt auf dem Spiel. Trauma-Betroffene dürfen nicht erneut zum Opfer werden.
DIE FURCHE · 4 25. Jänner 2024 Das Thema der Woche Der Körper vergisst nicht 3 Schweizer Traumatherapeuten sind mit Vorwürfen konfrontiert, bei der Aufarbeitung von Gewalt und Missbrauch suggestiv zu arbeiten. Psychiater Jan Gysi über Glauben und Zweifeln in der Behandlung. „Wir sind mit einer Hetzjagd konfrontiert“ Das Gespräch führte Dagmar Weidinger Jan Gysi ist langjähriger Spezialist im Bereich der Traumatherapie, Ausbildner und Verfasser eines Standardwerks zur Erkennung von Traumafolgestörungen. Was sagt der wissenschaftlich tätige Psychiater und Psychotherapeut zum kursierenden Begriff der „Scheinerinnerungen“ und zu den aktuellen Vorwürfen gegen ihn und seine Berufsgruppe? DIE FURCHE hat den Schweizer Facharzt zum Zoom-Interview getroffen. DIE FURCHE: Nicht nur Sie, die gesamte Traumatherapie-Szene in Deutschland und der deutschsprachigen Schweiz wurde heuer von einem regelrechten „Medienkrieg“ heimgesucht. Dabei geht es im Wesentlichen um die Frage, ob Traumatherapeuten ihren Klienten im großen Stil Scheinerinnerungen von Missbrauch suggerieren. Zuletzt ging es sogar um organisierte sexualisierte und rituelle Gewalt. Eine ähnliche öffentliche Debatte gab es bereits vor 30 Jahren in den USA – die sogenannten „Memory Wars“. Was sagen Sie dazu? Jan Gysi: Wir sehen uns mit einer massiven Hetzjagd konfrontiert, die längst die Ebene eines redlichen und sachlichen Diskurses verlassen hat. Die aktuelle Medienberichterstattung zum Thema lässt mehrheitlich jegliche rationale, objektive Betrachtung vermissen. Kritische Stimmen zu dieser einseitigen Narrativpflege sind kaum zu vernehmen. Ja, es sind Fehler im Bereich der Traumatherapie passiert. Einige davon werden nun stellvertretend auf meinen Schultern und auf der gesamten Therapierichtung abgehandelt. Es ist wichtig, dass wir uns dieser Herausforderung stellen, um die Fehler zu erkennen und aus ihnen zu lernen. Nur so können wir sicherstellen, dass die Traumatherapie weiterhin ein wertvolles Werkzeug für diejenigen bleibt, die sie am meisten brauchen. DIE FURCHE: Im Zusammenhang mit den Vorwürfen fällt immer wieder der Begriff der „Scheinerinnerungen“. Was halten Sie von diesem Konzept? Gysi: Das Wort „Scheinerinnerung“ erlebe ich in seiner aktuellen medialen Verwendung als Propagandabegriff, hinter dem eine gewisse Ideologie steht. Was wäre der Gegenbegriff? „Schein-Entlastungen“, „Schein-Freisprüche“... Aber man sollte Propaganda nicht mit Propaganda bekämpfen. Fakt ist, es gibt falsche Erinnerungen von traumatischen Erlebnissen. Und es gibt reale traumatische Erlebnisse, die nur zum Teil richtig erinnert werden. Wir müssen damit leben, dass wir momentan keine wissenschaftliche Methode haben, um den Wahrheitsgehalt von Erinnerungen zu hundert Prozent sicher zu bestimmen. Wir haben immer nur Annäherungen. Es ist nachgewiesen, dass rund zehn Prozent aller Aussagen bei der Polizei Falschaussagen sind. Mengenmäßig sind die richtigen Aussagen zu realem Missbrauch um einiges höher als die falschen Missbrauchsberichte. Falsche Missbrauchsberichte können trotzdem großen Schaden anrichten. Letztlich wird uns die Polarisierung, die hinter Begriffen wie „Scheinerinnerungen“ steht, nicht weiterbringen. DIE FURCHE: Propaganda zu welchem Zweck? Gysi: Wir müssen grundsätzlich zwischen zwei Formen von Suggestion unterscheiden. Das eine ist die Suggestion von Gewalt. Das bedeutet, dass ich in ein Gespräch gehe und die Vorannahme habe: Es muss Gewalt gegeben haben. Ich bin also in diese Richtung suggestiv. Man kann Kindern unkritisch glauben oder sie suggestiv beeinflussen, dann können schlimme Fehler passieren. Das andere Extrem ist aber die Suggestion von Nicht-Gewalt. Wenn jemand die Grundhaltung hat: Die meisten Frauen lügen oder die meisten Traumatherapeuten manipulieren, dann ist das auch eine Form der Suggestion. Das ist die Realität von Bergisch-Gladbach, von Staufen oder auch der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. (Anm. der Red.: In Bergisch-Gladbach wurde 2019 ein riesiges Missbrauchsnetz aufgedeckt; in Staufen wurden zwei Kinder über Jahre via Darknet verkauft.) Auch da sind Fehler geschehen, weil man Kindern und Erwachsenen zu wenig geglaubt hat. Auf diese beiden Extreme müssen wir achten! „Draußen vor der Tür“ Beim sexuellen Missbrauch von Kindern fehlen nach wie vor die Worte (Bild von Karin Birner, siehe S. 4). Bild: Karin Birner „Der Verrat wird nicht gesehen“ (29.11.2023): Interview mit US-Psychologin Jennifer Freyd über die „Memory Wars“, auf furche.at. „ Es geht darum zu realisieren, wie schnell Missbrauch durch die digitalen Medien wächst. Das beschlagnahmte Material nimmt exponentiell zu. “ DIE FURCHE: Bleiben wir beim Begriff der „Suggestion“. Medial scheint derzeit eher die Suggestion von „Nicht-Gewalt“ vorherrschend zu sein. Würde man das nach #MeToo so erwarten? Gysi: Die Debatte schwingt wie ein Pendel hin und her. Nehmen wir die USA im Jahr 1991: Damals zeigten sich laut einer Studie 80 Prozent der Medienberichte über sexualisierte Gewalt empathisch gegenüber den Opfern. Doch dann änderte sich das Bild. Begriffe wie False Memories prägten die Schlagzeilen. Nur drei Jahre später kritisierten 80 Prozent der Berichte die Opfer und Therapeuten und Therapeutinnen. Ein radikaler Wandel in der Medienlandschaft, der zum Nachdenken anregt! Dieser wurde erst durch die Aufdeckung der vielen Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche beendet. Zu dem Zeitpunkt hatte man der Traumatherapie allerdings bereits stark geschadet. Ich denke, dass wir es in Europa momentan mit einem ähnlichen Bestreben zu tun haben... DIE FURCHE: … also die Traumatherapie in Misskredit zu bringen? Gysi: Im deutschsprachigen Raum erleben wir seit vielen Jahrzehnten ein ähnliches Hin und Her. Die aktuelle Situation hat auch mit einer allgemeinen Verleugnungstendenz in der Gesellschaft zu tun. Es gibt den tiefen Wunsch, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Dass familiärer Missbrauch und Gewalt extrem selten sein mögen. Dabei wird aber die Realität verleugnet: Nämlich, dass das beschlagnahmte Missbrauchsmaterial exponentiell zunimmt. Es geht auch darum zu realisieren, wie schnell Missbrauch durch die digitalen Medien wächst. Vor diesem Hintergrund ist der Reflex der Verleugnung verständlich. DIE FURCHE: Sie sprechen von Verleugnung, aber gibt es denn Belege? Gysi: Täglich erreichen uns Nachrichten über massenhaft Missbrauchsbilder im Internet und sexuelle Ausbeutung im Menschenhandel. Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindsmissbrauchs in Deutschland hat unzählige Schilderungen von Menschen gesammelt, die Erfahrungen unter anderem mit organisierter Gewalt gemacht haben. Obwohl nicht alle Berichte zwangsläufig der Wahrheit entsprechen, sind sie zu zahlreich, um sie pauschal als unwahr abzutun. DIE FURCHE: Sie sagen, diese Verleugnungstendenz gibt es immer wieder in der Geschichte. Haben Sie ein Beispiel? Gysi: Es gibt die berühmte Geschichte eines polnischen Leutnants, der im Zweiten Weltkrieg aus seinem Heimatland in die USA flüchten konnte. Dort erzählte er Präsident Roosevelt, was er in den polnischen Ghettos gesehen hatte. Man glaubte ihm nicht. Im Gegenteil, es wurde gesagt: So etwas ist nicht möglich. DIE FURCHE: Kommen wir konkret zur Sicht der Traumatherapie: Wie sieht traumatisches Erinnern für Betroffene aus? Gysi: Es gibt starke Gefühle und eine Überaktivierung des Nervensystems, zum Beispiel in Form von einer Schreckreaktion. Manchmal ist jedoch genau das Gegenteil der Fall: Das Nervensystem schaltet sich plötzlich ab und Emotionen verblassen. Menschen erleben dann eine dissoziative Erfahrung. Ihre Identität, ihr Körper wirken fremd, fast unwirklich. Als Folge dieser unangenehmen Gefühle kommt es oft zu Vermeidung. Man will nicht mehr an die traumatische Situation erinnert werden und lernt das Leben um diese „Trigger“ herum aufzubauen, ganz nach dem Motto: Nur ja nicht anstreifen! DIE FURCHE: Was ist so schlecht an der Vermeidung von unangenehmen Situationen? Gysi: Das Problem daran ist, dass so die Integration der traumatischen Ereignisse vermieden wird. Als Folge kann eine Chronifizierung entstehen, die sich körperlich in Form von Schlaf- oder Schmerzstörungen, Ängsten oder Panikattacken zeigt. Je länger die Vermeidung dauert, desto weniger verbinden die Betroffenen ihre aktuellen Symptome mit dem auslösenden Erlebnis von „damals“. Erfolgreiche Traumaintegration ist das Wissen, dass etwas Schlimmes geschehen ist – aber es ist vorbei. DIE FURCHE: Es gibt Experten und Expertinnen, die genau das Gegenteil behaupten – FORTSETZUNG AUF DER NÄCHSTEN SEITE
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