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DIE FURCHE 25.01.2024

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DIE FURCHE · 4 14 Diskurs 25. Jänner 2024 ERKLÄR MIR DEINE WELT Mir graut vor der Verherrlichung von Fahnen Den gesamten Briefwechsel zwischen Hubert Gaisbauer und Johanna Hirzberger können Sie auf furche.at bzw. unter diesem QR-Code nachlesen. Hubert Gaisbauer ist Publizist. Er leitete die Abteilungen Gesellschaft- Jugend-Familie sowie Religion im ORF-Radio. Den Briefwechsel gibt es jetzt auch zum Hören unter furche.at/podcast Mein Brief soll heute mit Kindheits- und Jugenderinnerungen beginnen. Mit Erinnerungen, die viele Jahre einen hohen Stellenwert in „meiner Welt“ hatten. Seit geraumer Zeit ist dies nicht mehr der Fall. Im Gegenteil. Ich bin diesen Erinnerungen gegenüber sehr kritisch geworden. Vor allem in letzter Zeit. Jetzt aber der Reihe nach. In meinem zwölften Lebensjahr bin ich Mitglied der katholischen „Jungschar“ und später der Katholischen Studierenden Jugend geworden. Stolz nannten wir uns KSJ. Aufgenähtes blaues Emblem mit Kreuz und Krone auf weißem Hemd. Bei gewissen Anlässen sind wir in „ Ich mache mir Sorgen. Also frage ich Sie, die so viel Jüngere: Was können wir, Sie und ich, gegen dieses Gespenst einer drohenden illiberalen Demokratie tun? “ geordneten Reihen und hinter leuchtenden Fahnen über die Linzer Landstraße gezogen. Heute erscheint mir derlei eher als ein sehr fragwürdiger und zeitbedingter Bodensatz vergangener Jahrzehnte. Aber damals spürten wir ehrlichen Bekennermut. Es war dies auch die Zeit, als mich ein Werk des Dichters Rainer Maria Rilke so tief beeindruckt hatte, dass ich es seitenlang auswendig deklamieren konnte. In Bruchstücken geht das sogar heute noch: „Meine gute Mutter, seid stolz: Ich trage die Fahne, seid ohne Sorge: Ich trage die Fahne, habt mich lieb: Ich trage die Fahne …“. Rilke hat „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ vor 125 Jahren geschrieben. Viele Tausend junge Soldaten zweier Weltkriege haben sie im Tornister getragen. Heute graut mir vor einer Verherrlichung von Fahnen. Ich will nicht, dass junge Menschen hinter einer oder für eine Fahne sterben, auf welcher Seite auch immer – und vor allem graut mir vor dem demagogischen Einsatz von Fahnen. Warum, frage ich, finden sich vor allem auf und bei den kirtagartigen rechten Veranstaltungen so viele Fahnen und Fähnchen? Warum schwingen ihre Wortführer so gerne Fahnen? Und es fällt mir (wieder) jener fast vergessene Viktor Klemperer ein, einer wichtigsten Sprachkritiker, der vor neunzig Jahren in sein Tagebuch geschrieben hat: „Immer Feste, Volksgemeinschaft, drittes Reich, Fahnen, Fahnen, Fahnen.“ Liebe Frau Hirzberger, nach manchen öffentlichen Auftritten eines bestimmten Politikers – mit viel Fahnenschwingen – mache ich mir in meiner späten Welt einfach Sorgen. Und das will ich Ihnen schreiben – und nicht, um unsere schöne Korrespondenz für ein politisches Statement zu missbrauchen. Also frage ich Sie, die so viel Jüngere: Was können wir, Sie und ich, gegen dieses Gespenst einer drohenden illiberalen Demokratie tun? Gegen markige Sprüche eines Landesspitzenpolitikers, der von der kommenden Nationalratswahl als „der Mutter aller Schlachten“ (Copyright Saddam Hussein 1990) spricht? Ich frage mich: Wie reagiere ich – außer mit Empörung – auf einen Redeschwall voller diffamierender Beschimpfungen und darauf, dass besagter Politiker am Schluss seiner Rede einen durchschnittlichen Liedermachertext mit Franz von Assisi in möglichen Zusammenhang bringt und damit dessen Namen nennt und missbraucht, dieser Wolf mit der weißen Mehlpfote! Liebe Frau Hirzberger, um wieviel lieber würde ich Ihnen wieder von meinem langen Lesen erzählen, wenn ich vor dem Einschlafen noch zwei, drei tröstende Seiten aus Adalbert Stifters „Nachsommer“ lese! Aber es wäre – in gewissem Sinne – gewissenlos. Verzeihen Sie mir! Ja! Doch eines vorweg: Die Bierpartei um Dominik Wlazny alias Marco Pogo ist eine politische Kraft, die es vermag, eine eingerostete Parteienlandschaft aufzulockern, aufzumischen, zu provozieren. Für eine Demokratie ist das (normalerweise) gesund. Denn Wlazny spricht Bevölkerungsgruppen an, die womöglich aus Frust über den Status quo oder die Verhaltensauffälligkeiten in der Regierung überhaupt nicht wählen wollten oder ein Kreuzchen „aus Protest“ setzen. Dieses wiederum würde dann bei irgendeiner anderen Kleinpartei landen oder paradoxerweise bei der FPÖ, die viele immer noch als Protestpartei ansehen, obwohl sie dieser Zuschreibung längst entwachsen ist. Aus diesem Grund sollten bei der Nationalratswahl 2024 alle Kräfte aus dem demokratischen Spektrum (angefangen bei der Bierpartei bis hin zur Zivilgesellschaft) ein gemeinsames Ziel verfolgen: die FPÖ in der Regierung verhindern. Die Aufgabe könnte schwieriger kaum sein. Der erste Platz der Blauen in den Umfragen scheint einzementiert. Strategisch gesehen muss der Fokus also auf die Zweit- und Drittplatzierten – also ÖVP und SPÖ – gelegt werden. Diese können es sich schlichtweg nicht leisten, Stimmen zu verlieren. Die Gefahr besteht aber allen voran für die Sozialdemokraten, wenn die Bierpartei auf den Plan tritt. Weiter könnte die Bierpartei auch Wechselwählerinnen und Wechselwähler anderer Fraktionen ansprechen oder Nichtwäh- LASS UNS STREITEN! Wird die Bier-Partei der Linken schaden? Nein! Die vermeintliche „Verhinderung der FPÖ“, wie meine Kollegin links schreibt, darf kein Grund dafür sein, die Parteienvielfalt zu reduzieren. Wahlkämpfe sollten immer noch mit Inhalten, Lösungen und Vertrauen gewonnen werden. Dass die SPÖ von einer einst staatstragenden Partei nunmehr seit Jahren in der Opposition vor sich herdümpelt, liegt in den Problemen der Partei selbst. Sie hat es nicht geschafft, Antworten auf die sich rasch wandelnde Arbeitswelt zu geben. Außerdem hat die Partei den digitalen Wandel und das damit entstandene neue Prekariat als mögliche Wählergruppe nicht berücksichtigt. Dass die Grünen in die Regierung mit der ÖVP gegangen sind, wird ihnen für die künftigen Wahlen ebenfalls mehr Schaden als Nutzen brinler mobilisieren. Gerade diese Gruppen könnten das Zünglein an der Waage darstellen. Schon klar, Altruisten kommen im Leben nicht weit und in der Politik schon gar nicht. Dennoch: Dominik Wlazny wäre es gut zu Gesicht gestanden, wenn er diesmal nur eine klare Wahlempfehlung abgegeben hätte – um Andreas Babler im Match um Platz zwei zu stärken. Er hätte die Zeit bis zur übernächsten Nationalratswahl nutzen können, um sich bundesweit, also außerhalb Wiens, zu etablieren, was ihm langfristig mehr nützt als diese ad hoc Kandidatur. Das kann man lautstark kommunizieren, ohne das Gesicht zu verlieren. Vielmehr hätte man Wlazny Respekt gezollt. Nun wird die Bierpartei nicht nur der SPÖ schaden, sondern auch Stimmen von den Grünen abziehen. (Brigitte Quint) gen, mussten sie doch auch viele unliebsame Entscheidungen mittragen, wie etwa die Absage für die Rückholung einiger abgeschobener Kinder 2021. Der Arzt und Musiker Dominik Wlazny zeigt diese Versäumnisse indirekt durch seine Kandidatur für die Bierpartei auf. Obwohl Wlazny und seine Partei wohl eher ein urbanes Wien-Phänomen bleiben wird, ist sie eine Bereicherung für den Wahlkampf. Denn jede Partei, egal ob links oder rechts, bestimmt schließlich in der heißen Wahlkampfphase auch worüber Österreich spricht. Hier Gegengewichte zu schaffen sollte gerade von der politischen Kollegschaft im linken Spektrum unterstützt werden. Linke Parteien sollten sich ohnehin gegenseitig unterstützen und mehr auf ihre Inhalte fokussieren, anstatt sich auf den moralischen Zeigefinger zu verlassen. Wlazny spricht mit seiner Bierpartei jedenfalls auch vieles ab, von dem sich andere linke oder Mitte-Links-Parteien etwas abschauen können: Wichtig sei ihm bei der nötigen Finanzierung, die die Partei noch braucht, die Unterstützung vieler; Großspender wolle man nicht. „Die Bierpartei ist unabhängig, unverbraucht, frei von Eigeninteresse“ denn „Großspendertum schafft Abhängigkeit.“ Mit einem Alfred Gusenbauer, der als Signa-Beirat mit Beraterhonoraren in Millionenhöhe wieder in der Öffentlichkeit steht, wird die SPÖ hingegen jedenfalls alles andere als punkten. Nur eine von vielen Baustellen am linken Spektrum Österreichs. (Manuela Tomic) Medieninhaber, Herausgeber und Verlag: Die Furche – Zeitschriften- Betriebsgesellschaft m. b. H. & Co KG Hainburger Straße 33, 1030 Wien www.furche.at Geschäftsführerin: Nicole Schwarzenbrunner, Prokuristin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Chefredakteurin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Redaktion: Philipp Axmann, Dr. Otto Friedrich (Stv. Chefredakteur), MMaga. Astrid Göttche, Dipl.-Soz. (Univ.), Brigitte Quint (Chefin vom Dienst), Magdalena Schwarz MA MSc, Dr. Brigitte Schwens-Harrant, Dr. Martin Tauss, Mag. (FH) Manuela Tomic Artdirector/Layout: Rainer Messerklinger Aboservice: +43 1 512 52 61-52 aboservice@furche.at Jahresabo (inkl. Digital): € 298,– Digitalabo: € 180,–; Uniabo (inkl. Digital): € 120,– Bezugsabmeldung nur schriftlich zum Ende der Mindestbezugsdauer bzw. des vereinbarten Zeitraums mit vierwöchiger Kündigungsfrist. Anzeigen: Georg Klausinger +43 664 88140777; georg.klausinger@furche.at Druck: DRUCK STYRIA GmbH & Co KG, 8042 Graz Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz: www.furche.at/offenlegung Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Art Copyright ©Bildrecht, Wien. Dem Ehrenkodex der österreichischen Presse verpflichtet. Bitte sammeln Sie Altpapier für das Recycling. 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DIE FURCHE · 4 25. Jänner 2024 Diskurs 15 So sehr von den Kirchen zu fordern ist, zum Existenzrecht Israels klar Stellung zu beziehen: Den Nahostkonflikt heilsgeschichtlich aufzuladen (wie jüngst geschehen), ist kontraproduktiv. Ein Gastkommentar. Theopolitik ist im Nahostkonflikt fatal Am 1. März findet der heurige Weltgebetstag der Frauen statt. Sein Motto lautet: „Informiert beten – betend handeln.“ Die Liturgie ist in diesem Jahr von palästinensischen Christinnen erarbeitet worden. Das im vergangenen Herbst erschienene Materialheft zierte ursprünglich ein Bild der palästinensischen Künstlerin Halima Aziz, dessen Symbolik zu Recht als antisemitisch kritisiert worden ist. Kritik ist aber auch am Inhalt des Materialheftes laut geworden, weil einige Texte letztlich das Existenzrecht des Staates Israel in Frage stellen. Unter dem Eindruck des von der Hamas am 7. Oktober verübten Pogroms wurde das umstrittene Bild vom Cover der deutschen und der österreichischen Ausgabe entfernt. Die deutsche Ausgabe wurde zudem inhaltlich überarbeitet. Das wiederum hat Proteste ausgelöst, wonach die unter dem Eindruck der Schoa geforderte bedingungslose Solidarität mit Israel das Schicksal und Leid der palästinensischen Bevölkerung nicht gebührend wahrnehme. Der Konflikt gewinnt an Schärfe, wenn die Anerkennung des Existenzrechts Israels nicht allein als eine politische, völkerrechtliche und moralische Frage, sondern auch als eine Glaubensfrage angesehen wird. Genau dahingehend argumentierte freilich der renommierte evangelische Theologe Günter Thomas in einem Artikel in der evangelischen Monatszeitschrift zeitzeichen: „Wer nicht theologisch und in der Konsequenz dann auch politisch ,Ja‘ zum Staat Israel sagt, ist am Ende doch ein lupenreiner religiöser Antisemit“, spitzt Thomas zu. Welches Israel in welchen Grenzen? So sehr von den Kirchen und ihren Repräsentanten zu fordern ist, dass sie unmissverständlich Stellung beziehen und nicht herumlavieren, was das Existenzrecht Israels und die Bewertung der Hamas betrifft: Den Nahostkonflikt theologisch und heilsgeschichtlich aufzuladen – gleich ob von christlicher, jüdischer oder islamischer Seite –, ist fatal. Eine theologische Schlüsselrolle spielen die alttestamentliche Landverheißung an Israel und die Verbindung von Bundestheologie und Landzusage. Der Nahostkonflikt berührt letztlich Fragen einer Geschichtstheologie. Foto: Privat Müssen die Kirchen, wenn sie sich heute zum ungekündigten Bund mit seinem Volk Israel bekennen, auch die Gründung des modernen Staates Israel als heilsgeschichtliches Ereignis deuten? Und wenn ja: Reden wir von Israel in den Grenzen des UN-Teilungsplans von 1947, von Israel in den Grenzen von 1967 oder von einem um weitere Gebiete zu erweiternden Staat, wie ihn religiöse Zionisten anstreben? Wer sich in dieser Gemengelage auf die alttestamentlichen Landverheißungstraditionen beziehen möchte, muss sagen, welche er genau meint. Die biblische Überlieferung ist alles andere als einheitlich, abgesehen davon, dass es DIESSEITS VON GUT UND BÖSE Von Ulrich H.J. Körtner „ Die Bibel ist zur Landverheißung alles andere als einheitlich. Abgesehen davon handelt es sich um fiktionale Texte. “ sich bei vielen der Erzählungen zum Land, zur Landnahme und zum israelitischen Königtum um fiktionale Texte handelt. Manche Traditionsstränge halten ein Zusammenleben von Israeliten und Nichtisraeliten im gelobten Land für denkbar, andere hingegen entwerfen die Vision eines rein jüdisch besiedelten Landes und eines ausschließlich jüdischen Gemeinwesens. Kann man in Kenntnis dieser Umstände pauschal von „Gottes ungekündigtem Bund mit Israel“ und der „bleibenden Gültigkeit der Landverheißung“ sprechen, ohne die komplexen historischen und exegetischen Fra- gen zu bearbeiten? Letztlich geht es um bibelhermeneutische Fragen: Wie lesen Juden die Hebräische Bibel, wie die Christen das Alte Testament als Teil ihres Doppelkanons? Die biblische Landzusage ist theopolitisch zu verstehen. Theopolitik betreiben allerdings auch die palästinensischen Christen und christlichen Theologen, welche die Universalisierung aller biblischen Aussagen über das Land propagieren und die Fiktion einer palästinensischen Urbevölkerung verbreiten, welche durch jüdische Invasoren ihres Landes beraubt wurde. Für den christlich-theologischen Diskurs erscheint es mir hilfreicher, sich noch einmal gründlich mit der Unabhängigkeitserklärung Israels zu beschäftigen. Sie enthält sich einer religiösen Deutung der Rückkehr in das Land der Väter und der Staatsgründung. Beides wird vielmehr naturrechtlich, historisch und völkerrechtlich begründet. Das völkerrechtlich unbestreitbare Existenzrecht des Staates Israel bedarf keiner theopolitischen Begründung. Gerade aus theologischen Gründen sollte – jedenfalls im Sinne der reformatorischen Tradition – die Sphäre des Politischen in ihrer Weltlichkeit ernstgenommen werden. Verantwortung für Juden und Palästinenser Ein verantwortungsethischer Zugang zum Nahostkonflikt, wie er sich beispielsweise in einer Stellungnahme der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck findet, schließt die Anerkennung der je eigenen Bindung beider Völker – Juden und Palästinenser – an das eine Land ein. Er sieht die Kirchen „in der Verantwortung, konsequent für das Existenzrecht des Staates Israel einzutreten“, zugleich aber die Situation der Palästinenser wahrzunehmen. Die besondere Verbundenheit mit den Christen in Palästina sollte auch durch fragwürdige bis untragbare Aussagen palästinensischer Christen nicht aufgekündigt werden. Welche Chancen noch bestehen, das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser im Rahmen einer Zwei-Staatenlösung zu verwirklichen, ist nach dem 7. Oktober 2023 allerdings fraglicher denn je. Der Autor ist Ordinarius für (Reformierte) Systematische Theologie an der Evangelisch- Theologischen Fakultät der Universität Wien. ZUGESPITZT Der G-Punkt: eine Verständnisfrage Man kann es ja verstehen. Man kann verstehen, dass man das thematisiert, dass man das kampagnisiert, dass man das skandalisiert, dass man das als Einflugschneise nutzt für diesen unpackbaren Wahlkampf, diese Erregung, diese Empörung, diese Wut auf diese Identität, Identität, Identität, die auch die eigene ist, nur andersherum, die sich diskriminiert fühlt, nur andersherum, die sich nicht gesehen und falsch gelesen fühlt, nur andersherum, normal eben, normal, nicht wie diese Ischler Puderanten, überhaupt, immer dieses Bessersein, Gscheitersein, Künstlersein, Abgehobensein, Himmelherrgott, was macht das Sternchen besser, was macht der Doppelpunkt besser, was macht der Glottisschlag besser, außer die da oben, was haben die überhaupt für ein Problem, wer kümmert sich um das, was wirklich wichtig ist, unsere Sprache, unsere schöne, deutsche Sprache, Goethe, Schiller, Donau so blau, wer kümmert sich um uns, nur Bildung reicht nicht, nur Gesundheit hilft nicht, nur Steuersenkung interessiert uns nicht, nur Sicherheit zieht nicht, nur Festung Österreich, aber das hat ja schon wer, wo bleibt der absolute Triggerpunkt? Man kann Karl Nehammers „Genderverbot“ verstehen. Aber man muss nicht. Doris Helmberger NACHRUF Eine Größe für sich nicht liebt, darf nicht bauen“, sagte Heinz Tesar, der am 18. Jänner 2024 gestorben ist und dem Wien „Wer ein Meisterwerk zu verdanken hat. Die Donaucity- Kirche „Christus, Hoffnung der Welt“ (1998-2000) ist ein Bau, den man nur mit Hingabe und Demut entwerfen kann. Zwischen Tech-Gate, Andromeda-Tower und der UNO-City drückt sich der kleine abgesenkte Sakralbau in den achtsam modellierten Boden. Gerade das erzeugt eine starke Präsenz. Tesar begriff Architektur als „in sich ruhendes Behältnis von Luft, Licht, Körper und Raum.“ Er war eine Ausnahmeerscheinung unter den großen Architekten seiner Zeit. Das damals gefragte Attribut „Star“ war ihm ein Gräuel. Ruhig, ernsthaft und beharrlich ging er seinen eigenständigen, künstlerischen Weg. Stets umkreiste er seinen Entwurfsgegenstand in unterschiedlichen Medien. Notate aus seinen Notizbüchern, Zeichnungen, Aquarelle, Skizzen, Fotografien, Knetungen, Modelle, Reiseerfahrungen: alles floss ein. Jeder Bauaufgabe widmete er sich in derselben Ausschließlichkeit. Tesar wurde am 16. Juni 1939 in Innsbruck geboren, seine architektonische Initiation erlebte er als 14-Jähriger auf einer Reise nach Italien, von 1961 bis 1965 studierte er bei Roland Rainer an der Wiener Akademie der Bildenden Künste Architektur, 1971 eröffnete er sein eigenes Büro. Dem souveränen Umgang mit alter Bausubstanz kam seine Ernsthaftigkeit zugute. Seine ersten Bauaufträge waren Kirchensanierungen, das Keltenmuseum in Hallein (1991-1994), der Umbau des Bode-Museums in Berlin (1997-2006). Karlheinz Essl war ein großer Förderer und Mentor. Für ihn plante Tesar in Klosterneuburg den Bürobau Schömerhaus (1986-87), er vermittelte den Auftrag für die dortige evangelische Kirche (1995). Licht war eines seiner Baumaterialien, das Essl Museum (1998-99) eines der schönsten im Lande. Im fernwirksamen, skulpturalen, weißen Baukörper eröffnete sich ein Raumkaleidospkop für Gegenwartskunst. Fensterbänder, Oberlichten, Einschnitte, Rundungen, Rampen, ein Wasserbecken und Skulpturengarten boten jedem Genre seinen spezifischen Rahmen. „In all diesen weltlichen Eitelkeiten ist die Kirche ein kompakter, monolithischer Körper, der sich verdichtet und nach innen geht“, erklärte Tesar der FURCHE seine Donaucity- Kirche. Alles an ihr ist außergewöhnlich und voller Symbolik. Dunkler, galvanisierter Stahl veredelt die Fassade, die von runden Öffnungen in zwei Größen perforiert ist. „Erst durch die Verletzung des Materials kann es leuchten“, erklärt Tesar. „Dieser Raum strahlt im Inneren.“ Dort findet am 7. Februar um 14.30 Uhr die Seelenmesse statt. (Isabella Marboe) Foto: APA / Michele Gaggini „Kirchen, unter Türmen und Autobahnen gebaut: Rastorte im Trubel“ von Isabella Marboe vom 18.10.2001, nachzulesen auf furche.at. Unbeirrt und beharrlich ging Architekt Heinz Tesar seinen baukünstlerischen Weg. Der große, stille Architekt starb am 18. Jänner 84-jährig in Baden bei Wien.

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