DIE FURCHE · 34 20 Ausstellung 24. August 2023 Kunst der Collage Ein Schlüsselwerk Adolph Frohners in der Ausstellung ist „Jackie“, 1968, Grafit, Collage auf Karton. In dieser Zeit betonte Frohner die Geschlechtsmerkmale der Frau, überzeichnete zugleich die Körper und deformierte sie nicht selten.. Das Forum Frohner in Krems setzt diesmal als Gegenpol zum „Hausherrn“ auf die phantasievolle Avantgarde von Oswald Oberhuber. Mit Humor, Witz und Selbstironie Von Ursula Philadelphy Oberhuber versus Frohner. Man ist erstaunt und neugierig, wie diese Gegenüberstellung gelingen kann. Zu verdanken ist die Ausstellung „Oberhuber trifft Frohner“ der Sammlung der Brüder Christian und Stephan Ettl, deren Sammelschwerpunkt auf den Werken der beiden Künstler liegt. Sie trafen die Künstler in ihren Funktionen als Lehrer in den späten 1970er Jahren an der heutigen Universität für angewandte Kunst Wien, woraus sich im Laufe der folgenden Jahrzehnte, dank der persönlichen Begegnung, eine umfangreiche Sammlung entwickelte. Durch die intensive Auseinandersetzung mit den Künstlern gibt die Sammlung heute einen guten „ ‚Die Positionen der beiden Künstler könnten unterschiedlicher nicht sein‘, betont Elisabeth Voggeneder, Kuratorin der Schau. “ Sammlung Ettl, Foto: Christian Redtenbacher Einblick in das zentrale Schaffen von Oberhuber und Frohner. „Die Positionen der beiden Künstler könnten unterschiedlicher nicht sein“, betont Elisabeth Voggeneder, Kuratorin der Schau und zugleich künstlerische Direktorin des Forum Frohner. Sie hat sich, in enger Zusammenarbeit mit den beiden Sammlern, dazu entschieden, dem Reiz des Unterschiedlichen bereits in der Art der Hängung der Werke Raum zu geben. Frohners Arbeiten hängen traditionell-elegant auf der rechten Seite des langgestreckten, riesigen Raumes und fokussieren auf sein zentrales Thema, die menschliche Figur, die er vom Abstrakten aus entwickelte und in unzähligen Variationen erkundete. Frohner unterrichtete ja an der Angewandten zuerst Aktzeichnen und übernahm erst 1986 die Meisterklasse für Malerei, während Oberhuber ab 1975 die Meisterklasse für Grafik leitete, 1979 Rektor wurde und ab 1986 von Frohner die Meisterklasse für Aktzeichnen und den Abendakt übernahm. Zwei Zeichner also, in divergenten Ausformungen. Frohners Werkgenese wird in der Schau mit Werken aus den 1960er und 1970er Jahren präsentiert. Zu den Schlüsselwerken zählt etwa „Jackie“ (1968) – eine Arbeit, bei der der Künstler ein Fragment aus einem Journal in die Zeichnung integrierte und solcherart zur Collage erweiterte. In vielen Zeichnungen dieser Zeit betonte Frohner die Geschlechtsmerkmale der Frau und überzeichnete zugleich die Körper, deformierte sie sogar nicht selten in Richtung Hässlichkeit. Diese Tendenz brachte er einst mit der Aussage auf den Punkt: „Kunst muss nicht schön sondern notwendig sein.“ Aus dem Jahr 1978 stammt die Arbeit „Die schwarze Frau (Weiblichkeitsmonument), Acryl und Grafit auf Holzplatte, mit der Frohner einen Höhepunkt seines Schaffens erreichte. Die klassische Liniensetzung führte zu einer sehr plastischen Erfassung der Figur; außerdem dominiert das Weibliche derartig, dass es „ins Denkmalhafte gesteigert ist“, wie man es im Forum formuliert. Klassische Moderne lässt grüßen Ganz anders die Arbeiten von Oberhuber, die die linke Seite im Stil der sogenannten „Petersburger Hängung“ komplett füllen. Was früher nur bei Ölgemälden in Schlössern üblich war, wird heute variantenreicher zelebriert, denn bei Oberhuber gibt es viel: Die Palette reicht von Fett auf grobem Leinen über Tusche auf Papier, Lack und Aquarell, Gouache, Pastellkreide, Kohle, Farbstifte, Brandspuren, Packpapierschnitzel, Massivholz und sogar geschweißtem Rundstahl. Sein Schaffen entwickelt sich auf der Wand dicht an dicht in Werkblöcken, aus denen sich visuell einzelne Arbeiten beliebig miteinander verbinden lassen. Ein reizvolles Spiel, denn der Künstler lockt mit viel subtilem Humor, mit Ironie, einer satten Portion Selbstironie und Witz. In den 1940er Jahren entstanden bereits kleinformatige informelle Werke. Sehr rasch wurde die Auseinandersetzung mit sowohl historischen als auch aktuellen Kunstströmungen deutlich und bei der frühen monochromen Arbeit „Linien“ (1952) wird Oberhubers Absicht sichtbar, mit wenigen Mitteln auf den Punkt zu kommen. Nicht selten steht das Material im Mittelpunkt, wie etwa „Fettabdruck“ (1952), „Zünderturm“ (1965) oder „Brandbild“ (1970) zeigen. Es gibt aber auch Phasen, in denen Figuratives dominiert; und um sein Universum von Widersprüchlichem und Erstaunlichem zu entwickeln, wurde auch Gefundenes, Kunstfremdes und Alltägliches gemixt. Oberhuber kombinierte und interpretierte mit viel Verve. Spannend auch der Werkblock der sogenannten Schriftbilder, die dadaistischen Charakter haben und die Bildende Kunst mit der Literatur verknüpfen. Oberhuber trifft Frohner Bis 22. Oktober 2023 Forum Frohner, Minoritenplatz 4 3500 Krems-Stein www.forum-frohner.at DIE FURCHE EMPFIEHLT Motto: Literatur für alle Von 31. August bis 3. September 2023 wird zum fünften Mal in Schlierbach die Literatur gefeiert: unter anderem im Stift, im Theatersaal, im Gasthaus Schröcker, in der Landwirtschaftsschule. Mit dem ukrainischen Schriftsteller Jury Andruchowytsch, dem Lokalmatador Erwin Einzinger, mit Sabine Gruber, Monika Helfer, Ana Marwan. Die Volksschule bietet ein eigenes Programm für Kinder. OÖ Literaturfestival in Schlierbach 31.8. bis 3.9., literarischenahversorger.at ARCHITEKTUR ■ Luigi Blau (1945-2023) IN KÜRZE Geboren wurde Luigi Blau am 3. Jänner 1945 im niederösterreichischen Mistelbach. Er studierte von 1966 bis 1973 Architektur an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Ernst A. Plischke. Er prägte das Bild des Wiener Stadtraums mit schlicht gestalteten Wartehäuschen für Bus- und Straßenbahnhaltestellen, Telefonzellen, Sitzbänke und Mistkübel, Kioske und Kleidercontainer und öffentliche WC-Anlagen. Auch ein Abschnitt der Fußgängerzone Favoritenstraße wurde von ihm bis 2005 neu gestaltet. Luigi Blau, der mit der späteren Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann verheiratet war, war auch für Umbauten im Burgtheater (etwa für das Restaurant Vestibül) und für die Renovierung des Theater Ronacher verantwortlich. 1993 erhielt er den Preis der Stadt Wien für Architektur. Am 20. August ist Luigi Blau verstorben. „Zufälliges gab es für ihn nicht. Sein Hauptaugenmerk lag am Verbessern des Vorhandenen“, würdigte nun das Architekturzentrum den Verstorbenen in seinem Nachruf. 2015 gelangte Blaus Archiv durch Schenkung in die Sammlung der Institution. Foto: Architekturzentrum Wien LITERATUR ■ Deutscher Buchpreis 20 Bücher wurden für den diesjährigen Deutschen Buchpreis nominiert, darunter finden sich sechs Autorinnen und Autoren aus Österreich: Raphaela Edelbauer: „Die Inkommensurablen“ (Klett-Cotta 2023), Thomas Oláh: „Doppler“ (Müry Salzmann), Teresa Präauer: „Kochen im falschen Jahrhundert“ (Wallstein), Kathrin Röggla: „Laufendes Verfahren“ (S. Fischer), Tonio Schachinger: „Echtzeitalter“ (Rowohlt), Clemens J. Setz: „Monde vor der Landung“ (Suhrkamp) sowie der Wahlwiener Luca Kieser: „Weil da war etwas im Wasser“ (Picus) und der Südtiroler Sepp Mall: „Ein Hund kam in die Küche“ (Leykam).
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