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DIE FURCHE 24.08.2023

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DIE FURCHE

34 · 24. August 2023 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 79. Jg. · € 4,– Wahl in Polen: Die Lokomotive mit Potenzial Die PiS will punkten, in dem sie gegen die EU poltert. Wird das goutiert? Eine Richtungswahl mit Strahlkraft. · Seiten 6 und 7 Trumps republikanische Mitbewerber Kirche – trotz des Untergangs Gewalt als Lösung? Das FBI abschaffen, das Bildungsministerium auflösen, Waffengesetze lockern – über extreme Ansichten, die sich Bahn brechen. · Seite 5 Andrea Riccardi, Historiker und Mitbegründer der Gemeinschaft Sant‘Egidio, äußert sich im Buch „Die Kirche brennt“ prophetisch. · Seite 9 Abrechnung mit dem Patriarchat: Mareike Fallwickls Roman „Die Wut, die bleibt“ als Salzburger Festspiel- Drama. · Seite 18 Das Thema der Woche Seiten 2–4 Foto: iStock/gruizza Vor 60 Jahren sagte der Bürgerrechtler Martin Luther King den berühmten Satz: „Ich habe einen Traum!“ Aber wie geht es Visionären von heute? Warum Ideale jetzt wichtiger sind denn je. Die Weltverbesserer Peter Henisch – ein Porträt Der bekannte und vielfach ausgezeichnete österreichische Schriftsteller feiert im August seinen 80. Geburtstag. Rechtzeitig zu diesem Anlass erscheint sein neuer Roman „Nichts als Himmel“. Seiten 17–18 Ukraine-Korrespondent Christian Wehrschütz saß bei einem ZIB1-Bericht einem russischen Fake-Video auf. Was auf diesen Lapsus folgte, offenbarte Lehrstücke zur Medienqualität. Die Krone als Beichtvater AUS DEM INHALT Katholischer Schmelztiegel Der Weltjugendtag hat mehr als eine Million Menschen im Namen der Kirche nach Lissabon gebracht. Kann das Bild der Weltkirche auch im Alltag bestehen? Seite 10 Von Otto Friedrich Fake News und Krieg – eine unendliche Geschichte. Seit jeher sind Propagandalügen Teil von Kriegsführung. Das ist im Ukrainekrieg nicht anders. Anders ist hingegen, dass in Social-Media-Zeiten der entsprechende Aufwand und die dafür die nötige Kunstfertigkeit, Lügenbotschaften zu platzieren, massiv zugenommen haben. Wer aus dem Krieg berichtet, steht also besonders unter Propaganda-Druck. Und Journalismus ist unter diesen Auspizien besonders gefordert – und gefährdet. Dass Christian Wehrschütz, der ORF-Korrespondent in der Ukraine, auch einmal Fake News aufsitzt, war da nur eine Frage der Zeit. Die medienethischen Fragen, die sich hier strukturell wie im konkreten Fall auftun, machen das Ganze aber auch zu einem Lehrstück, mit dem sich gerade die Medien sorgfältig auseinandersetzen müssen. Im Ukrainekrieg ist die Asymmetrie der journalistischen Möglichkeiten mit Händen zu greifen: Wehrschütz berichtete über Korruption bei der Rekrutierung für die ukrainische Armee. Es ist natürlich Aufgabe der Medien, Missstände aufzuzeigen. Gleichzeitig kann man sich ausmalen, wie ungleich schwerer (bis unmöglich) es ist, über ana- „ Auch Medien und Journalisten machen Fehler. Das ist klar. Deswegen ist eine Fehlerkultur unabdingbar. “ loge Vorgänge in Putins Reich zu berichten. Eine Diktatur weiß sich in punkto medialer Repression quasi systemisch im Vorteil. Natürlich ist es ärgerlich, wenn ein Wehrschütz-Bericht aus der Ukraine mit falschem Bildmaterial illustriert wurde, das nicht das zeigt, wovon die Rede war. Allerdings werden ob der Fülle an Fake-Material Fehler wie dieser schwer zu vermeiden sein. Die Frage ist, wie man als Medium, wie als Journalist mit derartigen Fehlern umgeht. Journalistische One-Man-Shows Der ORF reagierte auf erste Anwürfe, die Bilder des ZIB1-Berichtes seien falsch, patzig und änderte seine Reaktion erst, als in den sozialen Medien schon eine wilde Debatte darüber stattfand. Christian Wehrschütz seinerseits klopfte sich – nicht ohne Pathos – öffentlich selbst an die Brust: Der Fehler sei „der erste dieser Art in 23 Jahren als Korrespondent“. Auch Medien und Journalisten machen Fehler. Das ist klar. Gerade deswegen ist so eine Fehlerkultur unabdingbar für Qualitätsmedien. Und hier beginnt das österreichische Lehrstück: Denn obiges Zitat stammt aus einem Brief von Christian Wehrschütz an die „Leserinnen und Leser der ‚Krone‘“. In Österreich wird Absolution erst erteilt, wenn sie im Boulevard stattfindet: Die Krone ist daher der mediale Beichtvater der Nation. Und Sünder Wehrschütz tut Buße dort. Wehrschütz endet seinen Krone-Brief mit: „Der Vorwurf einer prorussischen Haltung ist einfach nur falsch und böswillig. Wir riskieren nicht unser Leben in der Ukraine für fremde Interessen, sondern darum, um der österreichischen Bevölkerung ein objektives Bild der Lage zu ermöglichen – und das werden wir auch weiterhin tun.“ Auch in diesem Anspruch der „Objektivität“ offenbaren sich grundsätzlich strukturelle Probleme des Journalismus: Die aktuelle Ukraine-Berichterstattung des ORF fußt praktisch ausschließlich auf einer Person. Und Christian Wehrschütz ist gleichzeitig Korrespondent für den Balkan. So konnte es sein, dass er live vom Kriegsschauplatz in der Ukraine berichtete und nur Stunden später über eine Wahl in Slowenien. Auch der begabteste Journalist kann nicht all diese lokalen und regionalen Besonderheiten, für die auch Sprachkenntnisse unabdingbar sind, mit gleicher Kompetenz abdecken. Anstatt sich über einen Fehler mit anschließenden Bußübungen in der Krone zu echauffieren, wäre es an der Zeit, daran zu arbeiten, dass Informationsqualität gerade aus den Krisenherden der Welt gewährleistet wird. Mit journalistischen One-Man- Shows, die jeweils die halbe Welt mit einer Person abdecken, ist diesem Anspruch aber nicht beizukommen. otto.friedrich@furche.at @ofri_ofriedrich Der Kannibalismus der KI-Systeme Sprachmodelle wie ChatGPT benötigen riesige Datenmengen, um neue Daten zu generieren. Doch der Vorrat an Texten könnte bald erschöpft sein. Seite 12-13 Lernen in den Ferien? Soll man Kinder auch im Sommer fordern und fördern? Diese Woche streiten Brigitte Quint und Manuela Tomic über den Zweck der schulfreien Zeit. Seite 14 Maßlose Gier im Namen des Glücks Martina Kronthaler (Aktion Leben) über den Leihmutterskandal in Griechenland, der einmal mehr offenbart, worum es geht: Menschenhandel und Ausbeutung. Seite 15 Kampf und Intrige bei Hofe Die französische Filmemacherin Maiwenn inszenierte sich selbst in „Jeanne du Barry“ als Mätresse von König Louis XV., der von Johnny Depp verkörpert wird. Seite 19 furche.at Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0

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