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DIE FURCHE 23.11.2023

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DIE FURCHE · 478

DIE FURCHE · 478 Religion23. November 2023Einsatz fürdie am RandEine Aufgabe fürdie Orden heute:Die SalvatorianerinMaria SchlacklSDS (li.) setzt sichin Österreich beider NGO SOLWODIfür von Menschenhandelund ProstitutionbetroffeneFrauen ein.Das Gespräch führte Otto FriedrichAls Martha Zechmeister 1979 inihre Ordensgemeinschaft eintrat,firmierte diese hierzulandenoch unter „EnglischeFräulein“. Heute nennt sie sich„Congregatio Jesu“. DIE FURCHE erreichtedie Österreicherin, die seit 2009 an der zentralamerikanischenkatholischen UniversitätSystematische Theologie unterrichtet,in San Salvador.DIE FURCHE: Wie leben Ordenschristen heute,also Menschen, die sich zu den „evangelischenRäten“ Armut, Ehelosigkeit und Gehorsamverpflichtet haben?Martha Zechmeister: Das ist eine großeFrage. Wenn ich da einmal den Gehorsamhernehme: Vor einigen Jahren wurdeich eingeladen, in Rom vor der weltweitenGeneralkongregation der Oberinnen über„Autorität im Ordensleben“ zu sprechen.Ich habe das dann unter dem Thema „DieAutorität der Leidenden“ getan. Es geht daum die Frage: Wer sind die, die unten sind?Die Marginalisierten, die Überflüssigen,Weggeworfenen – descalzados nennt siePapst Franziskus auf Spanisch, ich weißnie, wie man das genau übersetzen kann:Das sind die, die unten sind. Wenn wir vonAutorität und Gehorsam im Ordenslebenreden, dann stehen wir – vom Papst bis zurletzten Schwester – wie im 25. Kapitel desMatthäusevangeliums …DIE FURCHE: … wo beim Gericht Gottes diejenigenals Gerechte belohnt werden, die sichum die Geringsten gekümmert haben …Zechmeister: … dann sind es diese Letzten –die Ermordeten in den Kibbuzim in Israeloder die Kinder, die jetzt in Gaza sterben –,die den Imperativ unseres Handelns bestimmen.Ich habe mich auch mit HannahArendt abgemüht. Der ihr zugeschriebeneAusspruch: „Keiner hat das Recht zu gehorchen“,beschreibt ja die Katastrophe, dassAdolf Eichmann mit Zitaten aus den Konstitutionendes Jesuitenordens, die auchdie Konstitutionen meiner Ordensgemeinschaftsind, seine Taten begründet hat: „Ichhabe aus Gehorsam gehandelt.“ Nach derKatastrophe des Holocaust können wir dasnicht mehr sagen. Wenn ich ein Gelübdereligiösen Gehorsams ablege, dann ist dasein Gelübde, unbedingt dort zu gehorchen,wo Gott zu mir spricht. Das setzt die Autoritätder Oberen nicht außer Kraft. Aber wirmüssen angesichts dieses Leidens ohneWimpernzucken gehorchen und das zumImperativ unseres Handelns machen. Unddas möglichst als Gesamtinstitution – wirwissen ja um all die Probleme, in die sichKirche und Ordensleben in diesen Kontextmanövriert haben.„ Wer sind die, die unten sind?Die Marginalisierten, die Überflüssigen,Weggeworfenen – ‚descalzados‘ nenntsie Papst Franziskus auf Spanisch. “Lesen Sie vonMartha Zechmeisterauch:„Ordensfrauen:Einfachmenschlich –so wie Jesus“vom 4.5.2016auf furche.at.Vom 27. bis 31. November kommen in Wien Ordensleutezu ihren jährlichen Tagungen zusammen. Die OrdensfrauMartha Zechmeister ist eine der Referentinnen.„Um radikaleSolidarität“DIE FURCHE: Wie hat sich das Leben alsOrdensfrau, als Ordensmann in den letzten50 Jahren verändert?Zechmeister: Wenn ich die Situation meinerOrdensgemeinschaft in Österreich anschaue,dann war das Ordensleben 1979,als ich eingetreten bin, schon im Niedergang.Vor uns waren es die „EnglischenFräulein“, die durch die ganze Kriegszeithindurchgegangen sind, gestandene Frauen,die wirklich etwas bewirkt haben. Alsich eingetreten bin, hat es geheißen: Zurückzu den Quellen. Wir haben da noch„Englische Fräulein“, „Institutum BeataeMariae Virginis“, geheißen, aber wir habengesagt, wir müssen das ernst nehmen mit„Zurück zu den Quellen“. Unsere GründerinMary Ward war eine mutige Frau, die dieMöglichkeiten und Grenzen einer Frau zuBeginn des 17. Jahrhunderts gesprengt hat,die aus der Klausur ausgebrochen ist unddie Ignatianischen Konstitutionen übernommenhat – aber nicht als weiblicherZweig der Jesuiten, sondern mit eigener Generaloberin.Dafür wurde sie von der Inquisitioneingesperrt, weil „diese Frauenwollen sich selbst regieren“ usw. Und wirhaben gesagt, wir machen das, was unsereGründerin wollte, wirklich. Also nichtnur die Ignatianischen Konstitutionen,sondern auch das Christologischeim Namen –mittlerweile heißen wir„Congregatio Jesu“. DerOrdenschrist ist einganz normaler Christ,der versucht, mit allerunschuldigen Radikalitätdas zu tun, was Jesuswirklich getan hat. Undwir versuchen, die evangelischenRäte in diesemSinn umzusetzen.DIE FURCHE: Wie ist dasmit dem Gelübde der Armut,das Sie ja auch ablegen?Zechmeister: Vielleichtist die Armut der Schlüssel unter den evangelischenRäten. Lange haben wir von„evangelischer Armut“ geredet und habenein kindisches Taschengeldabrechnungssystemverstanden, wo ich mir auf eigeneFaust kein Eis kaufen konnte oder wirklichkein Geld in der Tasche hatte. Aber es gehtda um eine radikale Solidarität mit denen,die Armut nicht als Lebensoption gewählthaben, sondern die zur Armut verdammtsind. Ich versuche ganz persönlich in Radikalitätmit diesen Menschen Leben zu teilen.Fotos: OrdensgemeinschaftenDIE FURCHE: Dennoch muss man feststellen,dass – trotz solch beeindruckender Ideale –Ordensleute, Ordensfrauen zumal, speziellin Europa weniger und weniger werden.Zechmeister: Ohne Schuld von Einzelnenist die Sozialform Ordensleben da an einEnde gekommen. Die Großkommunitätenwaren nicht mehr lebbar, sind Altenheimegeworden. Man hat dann gesagt: Wir brauchenkleine lebbare Kommunitäten. Da hatdas Ordensleben viel in seine Reform undin einen Neuanfang investiert. Nur hat esnicht gegriffen. In Europa ist das Ordenslebeneine Marginalie geworden: Die, dieeinst kulturstiftend waren – denken Sie etwaan Benedikt von Nursia! – oder Erziehungsgroßmächte,sind mittlerweile eineFußnote. Und dann kam noch die Welle mitden Missbrauchsfällen, die die Glaubwürdigkeitzunichte gemacht haben. Das warenkeine Einzelfälle, sondern systemischeProbleme. Was kann ich da nach 45 JahrenOrdensleben für mich sagen: ein einzigerLebensirrtum, dem ich aufgesessen bin?Nein! Ich bin dankbar für ein glücklichesund realisiertes Leben – und das hat mirdas Ordensleben ermöglicht.DIE FURCHE: Sie arbeiten in El Salvador, wodie Not der Menschen noch viel unmittelbarerzutage tritt. Man spricht gerade in Bezugauf die Orden oft auch von prophetischemZeugnis. Wie steht es darum?Zechmeister: Ich lebe in El Salvador, einemLand, wo vor 30 Jahren der Bürgerkrieg aufgehörthat. Die Wunden davon sind immernoch offen. Dann ist die Gewalt der Maras,der kriminellen Banden, gekommen. Fürmich gibt es einen einzigen Gottesbeweis(alle anderen sind nette Versuche): Wennin unserer Welt, so, wie sie beschaffen ist– und die so inhuman ist und so viele Menschenlebenmit Füßen tritt und zum Kollateralschadenerklärt –, ein Mensch erscheint,der wirklich menschlich ist, dortbricht Gott in unsere Welt ein. LeonardoBoff hat das einmal so formuliert: Somenschlich kann nur Gott sein. Wir habengerade eine Ausstellung über Märtyrerinnengemacht – denn auch bei den salvadorianischenMärtyrern kommen nur Männervor. In dieser Ausstellung „Das weiblicheGesicht des Martyriums“ wurde eine Fraugezeigt, die mehrere Massaker des Bürgerkriegsüberlebt hat, eine andere war eineTransfrau in einem Bordell, in dem das Militärzugange war, aberals es aufgeflogen ist,haben sie auch dort einMassaker verübt. Unddie dritte Frau war eineMutter, die seit elf Jahrenihren Sohn sucht,als Repräsentantin der40.000 Verschwundenen,die in El Salvador totgeschwiegenwerden. DasMartha Zechmeister CJ leitet denStudiengang Teología Latinoamericanaan der Kath. Uni San Salvador.prophetische Zeugnisfür alle Christen – nichtnur für Ordensleute! –ist, mit diesen einfachenZeichenhandlungen undBeispielen sichtbar zumachen, was andere mitFüßen treten, was diemenschliche Würde beschädigt, was tötet.Das ist mit Nachfolge gemeint. Und diekann ich auch als Ordensfrau in El Salvadorwahrscheinlich in größerer Unmittelbarkeitleben als in Österreich.Diese Seite entstand in Kooperationmit den OrdensgemeinschaftenÖsterreichs. Die redaktionelleVerantwortung liegt bei der FURCHE.

DIE FURCHE · 4723. November 2023Gesellschaft9Psychische Gewalt zählt europaweit zu den häufigsten Formen derhäuslichen Gewalt. Betroffene Frauen haben kaum Handhabe.Die EU-Ratifizierung der Istanbul-Konvention soll jetzt Schutz bieten.Vor den Trümmernder ExistenzAuch wenn Frauen es schaffen,sich von ihren gewalttägigenMännern zu trennen, nimmtder Albtraum für sie oft auchJahre später noch kein Ende.Von Victoria SchwendenweinMarta* lebt mit ihrerachtjährigenTochter in Warschau,in einerkleinen 45 Quadratmeter-Wohnung.Mehr kannsie sich derzeit nicht leisten. Mitden Alimenten, die sie vom Ex-Mann bekommt, sind gerade einmaldie Betreuungskosten ihrerTochter gedeckt. Im Video-Telefonatschießen ihr immer wiederdie Tränen in die Augen. Das alleshabe sie sehr mitgenommen,die Symptome ihres posttraumatischesStresssyndroms würdensich in unmöglichen Situationenzeigen. „Dann kommt alles hoch“,schildert die Polin.„Alles“ ist die Geschichte ihrerdreijährigen Ehe, in der sie beschimpft,bedroht, und betrogenwurde – und der seit sechs Jahrenwährende Versuch, die Besitzansprüchezwischen ihr undihrem Ex-Mann zu klären. Eigentlichsollte 2020 vor Gerichtendgültig ein Schlussstrich gezogenwerden. Doch es kam anders:Zwar erhielt der Mann in ersterInstanz Schuld am Scheitern derEhe, allerdings ohne weitere Konsequenzen.Die Wohnung, für dieauch sie einen Kredit abbezahlt,blieb ihm – und die Alimentesind gering bemessen. Marta legteBerufung ein. Doch der Richterwies nachträglich auch ihr dieSchuld zu – und begründete diesso: „Ein Element, das die Rettungder Ehe begünstigt, die in einenKrisenzustand gerät, […] ist diemöglichst intensivste Aufrechterhaltungder sexuellen Kontakte.“Marta habe das vermutlich verweigert,das sage ihm „seine Lebenserfahrung“...„Ein Schlag für alle Gewaltopfer“Das war sie, die volle Wucht patriarchalerStrukturen. In polnischenMedien wurde das Urteilals „anderswo in Europa undenkbar“und „Schlag für alle Gewaltopfer“eingeordnet.Das widerspreche auch klar derIstanbul-Konvention, die auch Polenunterzeichnet hat. Zwar drohtedie rechtskonservative Regierung2021 mit dem Ausstieg ausdem Menschenrechtsvertrag, dochPolen ist – wie auch Österreich –eines von 45 Ländern, das sich mitder Konvention dazu verpflichtethat, Frauen durch ihre Nationalgesetzebesser vor Gewalt zuschützen.DIE FURCHE EMPFIEHLT16 Tage gegen GewaltFoto: iStock/SohlDer 25. November ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen,der 10. Dezember der Internationale Tag der Menschenrechte. Die16 Tage dazwischen nutzen Fraueninitiativen weltweit, um auf dasRecht auf ein gewaltfreies Leben aufmerksam zu machen. Österreichnimmt seit 1992 an der Aktions-Kampagne teil. Bundesweitgibt es in diesem Zeitraum verstärkt Veranstaltungen zum Thema.16 Tage gegen Gewalt - Vorträge, Ausstellungen, Seminarebundesweit von 25.11.2023 bis 10.12.2023www.aoef.at (Verein AÖF – Autonome Österreichische Frauenhäuser)„Wäre ich geblieben,ich wäre tot“In Österreich ist die Istanbul-Konvention 2014 in Kraft getreten.Seither wurde der Opferschutzstetig ausgebaut. Laut der WienerRechtsanwältin Sonja Aziz werdeaber der Aspekt psychische Gewaltim Haushalt auch hierzulandeimmer noch zu wenig beachtet.„Psychoterror, Kontrolle, falscheVorwürfe“ – damit hätten auch ihreMandantinnen in Wien zu tun.Weil psychische Gewalt schwernachzuweisen ist, sind Betroffenedarauf angewiesen, dass das Gerichtihnen glaubt, erklärt Aziz:„Die eigene Einvernahme ist hieroft das einzige Beweismittel.“Besonders fatal werde es, wennKinder im Spiel seien: „Mütternwird dann oft gesagt, sie könntendie Paar-Ebene nicht von der Eltern-Ebenetrennen.“ Ihnen werdeunterstellt, die Kinder vom Vaterentfremden zu wollen. AnstattMännern Gewaltprävention aufzutragen,würde das Gericht eherElternberatungen – für beide –vorziehen. „Über das, was der Vatergetan hat, wird in vielen Fällenhinweggesehen“, erklärt Aziz.Ein Phänomen, das sich in verschiedenenAusprägungen europaweitbeobachten lässt. AuchMarta kennt diese Situation.Nach der Geburt ihrer Tochterwird ihr Ex-Mann zunehmend aggressiver,seine Alkohol-Exzessemehren sich; aus Angst fliehtsie aus der Wohnung. Doch vorGericht zählt das nicht. Sie hättenachsichtiger mit ihm sein sollen,heißt es. Der Ex-Mann bekommtsogar ein Aufenthaltsbestimmungsrecht.„Wenn meine TochterFreunde außerhalb der Stadtbesuchen möchte, brauchen wirseine Erlaubnis“, erzählt Marta.Zermürbend, denn getrennt hatsie sich, weil sie keinen anderenAusweg gesehen hatte. „Wäre ichbei ihm geblieben, wäre ich heutenicht mehr am Leben“, sagt sie.Nährboden für EskalationenUnabhängig von nationalstaatlichenGesetzen beschreibt MartasFall eine Dynamik, vor der Gewaltschutzinitiativeneuropaweitwarnen: Eltern zu zwingen, auchnach der Trennung ständig imAustausch zu bleiben, biete einenLesen Sie zumfehlendenBewusstseinbei Gericht dasInterview mitBirgitt Haller„Das ist unerträglich“(10.8.06)auf furche.at.„ Nach der Geburt ihrer Tochterwird ihr Ex-Mann zunehmendaggressiver. Doch vor Gerichtzählt das nicht: Sie hätte nachsichtigermit ihm sein sollen. “GLAUBENSFRAGEDas bis heute versäumte WortEs gibt viele Versäumnisse in der Geschichte, VersäumnisseKriege zu verhindern, VersäumnisseFrieden zu schließen, Versäumnisse zu handelnoder zuzuwarten, Versäumnisse zu reden oder zu schweigen.Ein solches Versäumnis gab es auch in den letztenWochen: Das Versäumnis nämlich, ein einfaches, kleines,klares Wort zu sprechen, ein Wort ohne „doch“ und „aber“und ohne Berufung auf den „Kontext“ – ein Wort gegen dieUntaten, die Unmenschlichkeiten und die zynische Verachtungder Humanität durch die Schergen der Hamas.Nicht den jüdischen Stimmen oblag es, dieses Wort zusprechen, noch dem Staate Israel, sondern dem Gewissender Welt. Dem Gewissen besonders jener, die die Fackeldes Wissens und der Gerechtigkeit voraustragen, die Denkenden,Lehrenden, Schreibenden. Vor allem aber dem Gewissenjener, welche die Freiheit des palästinensischenVolkes auf dem Banner ihrer Rede tragen. Sie mögen auchweiterhin dieses Banner tragen. Doch ein schmales Wort,ein Wort ohne Relativierung der erschütternden Wahrheit,Nährboden für Eskalationen – undkönnte im äußersten Fall zum Femizidführen. In Österreich wurdenheuer bereits 26 Frauen aufgrundihres Geschlechts getötet– in vielen Fällen war eine Gewaltbeziehungvorausgegangen.Um derartiges künftig verhindernzu können, wünscht sich dieWiener Rechtsanwältin Aziz einemultiinstitutionelle Vernetzung,denn „oft war es an verschiedenenStellen schon aktenkundig, abereinzelne Behörden wussten nichtsdavon“. Das führe dazu, dass vieleAnzeigen aus Mangel an Beweiseneingestellt und Drohungen als„milieu- oder situationsbedingteUnmutsäußerungen“ abgetanwürden. „Hier wäre es relevant,Frauen ernst zu nehmen“, betontsie. Zudem gäbe es in Österreichim Umgang mit Kindern Möglichkeiten,das Kontaktrecht auszuüben,ohne dass Eltern aufeinandertreffenmüssen – etwa inBesuchscafés mit gestaffelten Ankunftszeiten.Internationales BekenntnisAuf internationaler Ebene willdie EU neue Maßstäbe setzen,denn Eurostat-Daten aus den vergangenenzehn Jahren belegen:Etwa 40 Prozent aller Frauen inder EU haben schon einmal psychischeGewalt in einer Beziehungerlebt. In Österreich warenes 2021 immerhin 36 Prozent.EU-weit wird zudem davon ausgegangen,dass jede dritte Frau seitihrem 15. Lebensjahr eine Formdes körperlichen oder sexuellenÜbergriffs erfahren hat. Als Gegenmaßnahmehat das EU-Parlamentfür die Ratifizierung derIstanbul-Konvention gestimmt,die bereits 2016 unterzeichnetwurde, dann aber an Einwändenmehrerer Mitgliedsstaaten gescheitertist. Ein Urteil des EuropäischenGerichtshofs ermöglichtnun, dass der Vertrag ohne die Zustimmungaller Mitgliedsländerratifiziert werden kann.Sonja Aziz sieht in internationalenVerträgen wie diesem einwichtiges Mittel, um im Rahmennationalstaatlicher Gesetze internationaleMindeststandards zumSchutz von Frauen zu verankern.Auch Marta setzt ihre Hoffnungenauf internationale Abkommen,um doch noch zu ihrem Recht zukommen. Und mit ihrer Geschichtewill sie Frauen vor Ähnlichembewahren: „Wenn die Sache einenSinn haben soll, dann wenigstensden, dass ich für andere Fraueneinen Beitrag leisten konnte.“*Name von der Redaktion geändertmuss diesem Banner vorangehen:Dass dies nicht unsere Art des Widerstandssein darf, dass hier eineGrenze überschritten wurde.Es wird demonstriert auf der ganzen Welt. Offene Briefeentstehen. Kundgebungen der Solidarität. Und doch hättedieses kleine Wort aus den Stimmen jener, denen die Zukunfteines palästinensischen Staates am Herzen liegt,lauter gesprochen, weiter gerufen werden müssen, als jedeDemonstration und jeder Marsch in den Farben Palästinas.Denn es wäre ein Wort gewesen gegen Hamas, ein Widerstandgegen die Menschenverachtung dieser Tyrannei, gegendie Verachtung der zivilen Bevölkerung in Gaza, gegendie Verachtung der eigenen Zukunft. Für dieses Wort ist esnun zu spät. Nun wütet ein Krieg, wo Stimmen, die richtigenStimmen der Empörung, Hamas hätten zerstören können.Der Autor ist Professor für moderne jüdischePhilosophie an der University of Virginia, USA.Von Asher D. Biemann

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