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DIE FURCHE 23.11.2023

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DIE FURCHE · 4712

DIE FURCHE · 4712 Diskurs23. November 2023Über die Folgen des Attentats auf den ehemaligenUS-Präsidenten John F. Kennedy.Kennedy undunsere ZukunftVon Friedrich HeerIn FURCHE Nr. 4828. November 1963Am 22. November 1963 wurde John F.Kennedy in Dallas, Texas ermordet. DieHintergründe des Attentats konnten nievollständig geklärt werden, was auch zueinem Wucher an Verschwörungstheoriengeführt hat.Er war unser: Dieser „junge Mann“,Jahrgang 1917, verkörperte dieHoffnung einer Generation: Niewieder Krieg, nach zwei Weltkriegen!Dieser junge Mann weckte die Funkenin der Asche: die Funken der gelöschtenHoffnungen, die getöteten Hoffnungendes 18., 19. und 20. Jahrhunderts.[...] John F. Kennedy wurde voneinem Mann, von dem es heißt, daß ereiner Linken zugetan war, erschossen,als er daranging, in Dallas, in Texas, eineRede gegen seine Gegner von rechtszu halten. Diese nie gehaltene letzteRede Kennedys schließt mit den Worten:„Denn dies ist eine Zeit für Tapfereund eine Zeit der Berufung: wederKonformismus noch Selbstgefälligkeitgenügt, weder die Fanatiker noch dieZaghaften werden gebraucht. Laßt unsalso nicht kleinlich sein, wenn unsereSache so groß ist; laßt uns nicht untereinanderstreiten, wenn die Zukunftunserer Nation auf dem Spiel steht.Laßt uns mit erneuertem Vertrauenzu unserer Sache zusammenstehen —vereint in unserem Vermächtnis derVergangenheit und unseren Hoffnungenfür die Zukunft —, entschlossen,daß dieses Land, das wir lieben, dieMenschheit zu neuen Horizonten desFoto: APA/AFPFriedens und des Überflusses führensoll.“ [...] Freiheit, Friede, Liebe; nichtHaß; das ist die Erbschaft, die derStaatsmann John Kennedy uns als Aufgabehinterläßt. [...] Unsere Zukunft:sie wird uns gehören, wenn wir jeneStrategie des Friedens lernen, erproben,ausbauen und weiterentwickeln,die John F. Kennedy zu erkunden undzu praktizieren begann.3800AUSGABENDIGITALISIERTVON 1945BIS HEUTEÜBER 175.000ARTIKELSEMANTISCHVERLINKTDEN VOLLSTÄNDIGENTEXT LESEN SIE AUFfurche.atAm 24. Novemberladen die ÖsterreichischenLotterien insNaturhistorischeMuseum Wien.Mit dem„LotterienTag“ in dieArktisDas Naturhistorische MuseumWien vermittelt die Vielfalt derNatur und die Evolution unseresPlaneten auf einzigartige Weise.Mit der aktuellen Sonderausstellung„Arktis – Polare Weltim Wandel“ wird die einzigartigeNatur dieser Erdregion um denNordpol, ihre Faszination undVerletzlichkeit in den Mittelpunktgestellt.IHREMEINUNGSchreiben Sie uns unterleserbriefe@furche.atBarmherzigkeit als Komplizevon Gewalt?Von Paul-Henri CampbellNr. 46, Seite 15Herr Campbell und seine Sympathisantentäten gut, in Foreign Affairs zulesen: The Virtues of Restraint – Whythe Use of Force Is Rarely a SufficientResponse to Terrorism (16.11.) undThe Ghosts of Lebanon – To See WhatLies Ahead in Gaza, Look Back toIsraelʼs 1982 Invasion (14.11.).Soll Gewalteinsatz nicht das Gegenteildes Beabsichtigten oder bloßRache bewirken, verdienen solcheempirischen Befunde ernste Beachtung.Foreign Affairs ist keinepazifistische Postille.Peter Öfferlbauer, via Mailwie obenHerr Campbell ist wahrscheinlich mitder katholischen Lehre in Summe unzufrieden.Wenn er in seinem Artikelein „wehrhaftes Christentum fordert“,Aufrufe zu einem Waffenstillstand kritisiertund dabei als „schlechte“ BeispielePapst Franziskus in Rom, dieCaritas International in Deutschlandund Pax Christi in Österreich erwähnt.Alle diese Stimmen haben sich für einmöglichst baldiges Ruhen der Waffenin Gaza und damit für das Retten vonMenschenleben ausgesprochen. Erbehauptet, dass der Anspruch aufVersöhnung, Normalisierung undWiedergutwerdung auf viele jüdischeMenschen anmaßend wirken muss.Da übersieht er die vielen jüdischenMenschen, die genau das fordernund dafür auf die Straße gehen, umgegen die Politik von Netanjahu zuprotestieren. Christliche Hoffnunglebt vom Tätigwerden!Dr. Meinrad Schneckenleithner4040 LichtenbergWer will den Frieden wagen?Von Wilfried Stadler, Nr. 44, Seite 6Der israelische MinisterpräsidentBenjamin Netanjahu ist teilweisewieder in. Nicht nur in Israel, sondernauch in Politik und Medien des Westensscheint schlagartig ziemlich inVergessenheit geraten zu sein, dassvor dem 7. Oktober täglich in IsraelsStädten Hunderttausende gegendie von der rechtsradikalen undultrareligiösen Regierung Netanjahuvorangetriebene Entmachtung desHöchstgerichtes demonstriert hatten.Nach dem brutalen Hamas-Überfallkann Netanjahu sich offenbar miteinem langen unverhältnismäßigenVergeltungskrieg im Gazastreifen– bisher schon 12.000 getötete Palästinensernach 1200 getöteten Israelis– rächen und vom begonnenen Abbauder Rechtsstaatlichkeit und Demokratieablenken. Netanjahu, dem wegenseiner Korruptionsdelikte bis zu zehnJahre Haft drohen, dürfte nun hoffen,als großer Sieger dieses Kriegesweiterhin Wahlen gewinnen und alsMinisterpräsident einem Haftantrittentkommen zu können.Karl Semmler, Bad BlumauDie böse Saat wahnhafter ReligionVon Ulrich H.J. KörtnerNr. 45, Seite 11Religion braucht gar nicht „wahnhaft“sein, um mit dem irdischen Leben inKonflikt zu kommen. Die BezeichnungReligio kommt vom Verb religere, sichan etwas binden. Eine solche Bindungfindet sich nicht nur bei Religionen,sondern auch an religiös ausgerichtetenSekten, Parteien oder Befreiungsideologien.Die totale Erfüllung von„religiösen“ Glaubensinhalten kanneinfach im irdischen Bereich nievollständig verwirklicht werden. Einirdisches Paradies ist nicht möglich.Wenn aber Menschen derartig starkvom Glauben und ihrer Sendungüberzeugt sind, passiert zweierlei:Erstens lässt eine solche Haltungkeine Diskussion über Inhalte mehrzu. Diese könnte ja in Abstrichenvon meinem Glauben – etwa einemKompromiss – enden, will heißen,mein Gesprächspartner ist von vornhereinmein Feind und will mich zumKetzer machen. Zweitens, wenn ichgewillt bin, mein Leben für meinenGlauben einzusetzen, heißt das, dassmein Leben mir weniger wert ist alsmeine Glaubensziele. Warum solltemir dann das Leben meiner Feindenoch überhaupt etwas wert sein, siegehören doch als Störenfriede oderKetzer ausgerottet!Diese zwei Schlussfolgerungen sindfür alle „Religionen“ gültig. Beispielegibt es in der Geschichte in Überzahl.Dr. Helmut Reif, CH-2502 Biel/BienneIn dieser Ausgabe derFURCHE finden SieZahlscheinbeilagen vonMissio, Päpstliche Missionswerkein Österreich.Am Freitag, dem 24. November2023 bittet das NaturhistorischeMuseum Wien gemeinsam mitden Österreichischen Lotterienzum Lotterien Tag. Damit gibt esmit jedem beliebigen Produktder Österreichischen Lotterien– Wettscheinquittung oderLos – freien Eintritt. Um 10.30Uhr und 14.30 Uhr werdenauch Führungen mit limitierterTeilnehmerzahl angeboten.Darüber hinaus ermöglichen dieÖsterreichischen Lotterien vierFührungen für Schulklassen mitsozialem Hintergrund.Detaillierte Informationen findetman unter lotterientag.at. DasMuseum hat am Lotterien Tagvon 9.00 Uhr bis 18.00 Uhrgeöffnet.Lotterien Tag mit spannendenEinblicken in die Region ArktisFoto: Richard Barrett_WWF-UKIN KÜRZEDIE FURCHE EMPFIEHLTRELIGION■ Ehrung der Stadt WienFür die Umsetzung des Schulprojekts „Botschafterfür den sozialen Frieden“ wurdendie katholische Theologin und FURCHE-AutorinRegina Polak, der jüdische RabbinerSchlomo Hofmeister sowie der muslimischeImam Ramazan Demir von der Stadt Wien geehrt.Bürgermeister Michael Ludwig strichbei der Ehrung im Wiener Rathaus die Bedeutungder Religionsgemeinschaften undderen Miteinander fürs soziale und friedlicheZusammenleben hervor. Das Projekt vermittleden jungen Menschen an den Schulendie Botschaft, „dass wir Einheit in der Vielfaltfinden können und das Gemeinsame vordas Trennende stellen“, so Ludwig.RELIGION■ Papst kritisiert Synodalen WegDer Papst hat sich erneut kritisch zur katholischenKirche in Deutschland geäußert. Er teiledie „Sorge über die inzwischen zahlreichenkonkreten Schritte, mit denen sich große Teiledieser Ortskirche immer weiter vom gemeinsamenWeg der Weltkirche zu entfernen drohen“,schrieb Franziskus in einem persönlichenBrief an vier deutsche Katholikinnen, darunterzwei Theologinnen, die dem Papst ihre Besorgnisangesichts des deutschen „SynodalenWegs“ mitgeteilt haben. Unter ihnen sind auchdie an der Uni Wien lehrende Marianne Schlosserund Katharina Westerhorstmann, Professorinder Franciscan University of Steubenvilleam österreichischen Standort Gaming.GESELLSCHAFT■ Private PV-Anlagen steuerfreiAb 2024 sind Photovoltaik-Anlagen mit einerSpitzenleistung von 35 Kilowatt (kWp)von der Umsatzsteuer befreit. Der Wegfallder Steuer gilt auch für Balkonkraftwerke,das sind kleine PV-Anlagen mit ein oder zweiModulen, die höchstens 800 Watt an Leistungliefern und an einer Steckdose angestecktwerden. Die Umsatzsteuerbefreiungist im Rahmen der Budgetbegleitgesetze imNationalrat beschlossen worden. Damit fallenfür viele private PV-Anlagen auch dieFörderanträge weg, die seit dem Photovoltaik-Boom2022 für viel Frust gesorgt hatten,weil das Budget oft binnen weniger Minutenausgeschöpft war.Ö1-Hörspiel vonManuela TomicIm zweisprachigen Hörspiel„Blasse Stunden/Blijedi sati“von FURCHE-Redakteurin ManuelaTomic wird eine Fahrtnach Bosnien zu einer Reise indie Vergangenheit, zum Orakelgroßer Familiengeheimnisse.„Blasse Stunden/Blijedi sati“Ö1 Hörspiel25. November 2023, 14 Uhroe1.orf.at

DIE FURCHE · 4723. November 2023Geschichte13Vom seriösen Forscher zum Mitglieddes Rassenpolitischen Amtes derNSDAP: In der neu aufgelegtenBiografie „Konrad Lorenz“ offenbartsich ein faszinierender Opportunist.Die vierGesichterVon Hellmut ButterweckDie überarbeitete undergänzte Neuauflageder Biografie „KonradLorenz“ von KlausTaschwer und BenediktFöger erscheint zur richtigenZeit. Konrad Lorenz war nämlichnicht nur repräsentativ für seine,er ist es auch für unsere heutigeZeit. Er war der Typ, der darauf besteht,nicht gewusst zu haben, waser wissen hat müssen, darauf, dassnie gewesen ist, was nicht bewiesenwerden kann und der jeden,der Antwort auf die offen gebliebenenFragen fordert, beschimpft.Ach, wie heutig uns das anmutet!Dabei war er freilich von anderemals dem heute vorherrschendenKaliber. Sonst stündees ja nicht dafür, eine in akribischerArchivarbeit entstandene480-Seiten-Biografie Seite für Seitezu lesen, und das mit anhaltendemInteresse und bleibendemGewinn. Den Autoren standendie 120 Ordner mit dem Briefwechselim Lorenz-Nachlass zurVerfügung, sie erschlossen dieNachlässe zahlreicher mit ihmkorrespondierender Personenin Österreich, Deutschland, England,Holland und den USA. Die inder letzten Lebensphase diktiertenErinnerungen waren seit zweiJahrzehnten verschollen und fandensich in einer falsch beschriftetenMappe unter den Druckfahnender Bücher.Der herausragende BeobachterDass Konrad Lorenz 1903 mitdem sprichwörtlichen goldenenLöffel im Mund geboren wurde,war bekannt. Doch wie golden dieserLöffel war! Wie er verwöhnt,aber auch vom Vater geistig gefordertwurde! Und in welch anregendemMilieu er aufwuchs,nicht zuletzt dank einem Opapa,der Chefredakteur der Neuen FreienPresse war. Lorenz war sein Lebenlang dankbar für die Voraussetzungen,unter denen er frühseine herausragende Beobachtungsgabeentwickeln und den elterlichenWohnsitz in Altenbergnach und nach in einen Privatzooverwandeln konnte.Die wissenschaftlichen Grundlagenund neuen Begriffe, mit denener später berühmt wurde, hattesich der Doktor der Medizinund habilitierte Zoologe bereitsmit 35 Jahren erarbeitet. In einemKapitel seines 1949 erschienenenBestsellers „Er redete mitdem Vieh, den Vögeln und den Fischen“servierte er die erste Beobachtungder Weitergabe von Informationbei höheren Tieren vonGeneration zu Generation. JungeDohlen verfügen nicht, wie andereVögel, über eine angeboreneReaktion auf Feinde. Sie wirdvon den Eltern gelernt. Heute eineSelbstverständlichkeit, zurZeit seiner Dohlen-Beobachtungenvor dem Zweiten Weltkriegradikal neu. Hätte Lorenz diesenAnsatz weiter verfolgt, wäreer wohl auch zu Nobel-Ehren gelangt.Doch sein Weg war ein anderer,nicht die Erforschung dererworbenen, sondern der angeborenenFähigkeiten und Verhaltensweisen.Wie mir scheint, kommt beiTaschwer und Föger ein Mannmit mindestens vier Gesichternzum Vorschein. Welch ein Bruchzwischen dem seriösen Forscherund dem Mitglied des RassenpolitischenAmtes der NSDAPmit Redeerlaubnis, dem Mann,der ein Leben lang daran festhielt,dass der in Großstädten lebendeZivilisationsmensch unweigerlichder Degeneration und„Verhaustierung“ verfällt . Seineeugenischen Ideen gipfelten1940 in der Zeitschrift für angewandtePsychologie und Charakterkundeim Satz, die Rassenpflegemüsse „auf eine noch schärfereAusmerzung ethisch Minderwertigerbedacht sein, als sie es heuteschon ist“. Man müsse auf „unsereBesten“ vertrauen und ihnen„die Gedeihen oder Verderben unseresVolkes bestimmende Auslese“überlassen. Ähnliche Ideenspukten in vielen Ländern nichtnur in den Naziköpfen. Es warenpopuläre, aber unhaltbare Vorurteile,denen auch der Vater, der berühmteOrthopäde Adolf Lorenz,anhing und die vom Sohn verinnerlichtwurden. Zwei Seelenwohnten, ach, in Konrad Lorenz’Brust: der Naturwissenschaftlerund der auf wissenschaftlicheEvidenz pfeifende Ideologe.„ Zwei Seelenwohnten, ach, inLorenzʼ Brust: derNaturwissenschaftlerund der auf Evidenzpfeifende Ideologe.“So krass äußerte er sich niewieder. Taschwer und Föger meinen,dass ihn Freunde wegenseiner Nazi-Ergüsse kritisierthätten, eine Rolle habe aber gewissauch gespielt, dass er „imJahr 1940 endlich seine heißersehnteProfessur erhielt unddeshalb ,opportunistische Nazi-Predigten’nicht mehr nötig waren.“Auch der Mensch Konrad Lorenzhatte nämlich zwei Gesichter.Auf der einen Seite der große Motivator,der es verstand, Schülerin seinen Bann zu schlagen, umnicht zu sagen: auf sich zu prägen.Auf der anderen der Opportunist,der sich dem Ständestaatals loyaler Österreicher darstellteund den Nazis vorschwafelte, erhabe „immer und überall mit allerMacht getrachtet, den Lügender jüdisch-internationalen Presseüber die angebliche BeliebtheitSchuschniggs [...] entgegenzutreten.“Auf der einen Seite der Mannmit einer Ausstrahlung, die selbsteinen hohen sowjetischen Offizierdes KonradLorenzTiere und„Rasse“Konrad Lorenz(1903–1989) wurdefür seine Beobachtungenan Rabenvögeln(Bild) undGraugänsen berühmtund erhielt 1973 denMedizin-Nobelpreis.Seine Ideen zur„Rassenpflege“ beiMenschen wurdenerst spät publik.öffentlichen Lokale betreten, keineStraßenbahnen benützen, aufkeinen Parkbänken sitzen. Die Begleitumständeder rassenpsychologischenUntersuchung an 877deutsch-polnischen Mischlingenund Polen, an welcher er mitarbeitete,kann man sich vorstellen.Mit 1. Juli 1942 wurde die Heerespsychologieaufgelöst undLorenz zur neurologisch-psychiatrischenAbteilung des Reservelazarettsin Posen versetzt, woer „fast völlig selbständig“ die Verantwortungfür „eine der größtenHysteriker-Heilungsstationen derganzen Wehrmacht“ hatte, wie ereinem seiner Mentoren schrieb.Bis zu vierzig Soldaten täglich warenzu begutachten, ob sie tatsächlichNervenzusammenbrüche erlittenhatten oder simulierten.Wie es in diesen Stationen zuging,ist bekannt. 20.000 „Simulanten“wurden zum Tode verurdemEhrenwort des Kriegsgefangenenvertrauen ließ. Auf der anderender Lorenz, der sogar seineNSDAP-Mitgliedschaft abstritt.Ein Antisemit im Sinne der Naziswar er nicht. Eher einer von der„gemäßigten“ österreichischen Sorte,die Freunde und gute Bekannteausspart und den Nazis in die Händespielte, als Charakter gefragtwar. In der Kriegsgefangenschaftbewährte er sich als Arzt und Trösterder Verzweifelten.Der HeerespsychologeDer dunkelste Punkt dieser Vitaist nicht das Geschriebene. Lorenzwurde Anfang 1942 zur Wehrmachteingezogen und führte alsHeerespsychologe in Posen Eignungstestsfür das Militär durch.Tausende polnische Lehrer, Priesterund Ärzte waren bereits ermordetworden, die Juden tot oder abtransportiert.Polen durften keineteilt und hingerichtet, die Tötung„Unheilbarer“ als „unwertes Leben“ist Fakt. Seinem BiografenAlec Nisbett gegenüber erwähnteer Szenen, „die zu schrecklichsind, um sie zu erzählen. Siesind Geister [...] Unholde! DasSchlimmste, was man sich vorstellenkann, ist ein menschlichesWesen, das seine Menschlichkeitverloren hat.“ Er meinte aber wederseine Kollegen von der Heerespsychiatrie,noch die Richter anden Feldgerichten, noch jene, welchedie Welt in den Abgrund gestürzthatten, sondern die Ärmstenseiner Patienten. Was ist mitihnen geschehen? Die Autorenüberlassen es dem Leser, die naheliegendenSchlüsse zu ziehen.In den von Lorenz diktiertenErinnerungen mündet die dubioseBehauptung, der geheilte „Hys-Unter demTitel „Nicht allesist machbar“kritisiert KonradLorenz am5.6.1980 das„technomorpheDenken“, siehefurche.at.FORTSETZUNG AUF DER NÄCHSTEN SEITEFoto: Bernhard Hellmann, Privatarchiv Paul Hellmann

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