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DIE FURCHE 23.03.2023

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DIE FURCHE · 12 8 Religion 23. März 2023 In Polen ist vollends eine Debatte darüber entbrannt, wie Papst Johannes Paul II. in seiner Zeit als Erzbischof von Krakau mit pädophilen Priestern umging. Neue Recherchen rücken ihn in ein schlechtes Licht – aber kein schwarz-weißes, wie es Gegner und Verteidiger zeichnen. Von Jan Opielka Es ist Freitagmorgen im südpolnischen Wadowice. Vor dem Eingang zum Johannes- Paul-II.-Museum steht eine Gruppe von Schulkindern, sie warten mit ihren Erzieherinnen auf Einlass. Die Kinder kichern, unterhalten sich über alles Mögliche, nur nicht über den 2005 verstorbenen Papst. Direkt neben dem Geburtshaus des späteren Papstes steht die Basilika der Darstellung der Hl. Jungfrau Maria, und auch hier ist der Papst allgegenwärtig: in Bildern, Zitaten, Gedenktafeln. Am Tag zuvor, am 16. März, fand hier und vor dem Gotteshaus unter dem Motto „Verteidigen wir den Papst“ eine Messe statt, dann ein Appell und um 21.37 Uhr, der Todesstunde des Papstes, das Singen der „Barke“. Nahezu jeder Pole und jede Polin weiß, dass dies das Lieblingslied ist, das er bereits in Jugendjahren sang. „Oh Herr, du hast mich angesehen / Deine Lippen sprachen heute meinen Namen aus.“ „Johannes Paul II. wusste es“ GLAUBENSFRAGE Ähnliche „Verteidigungs“-Aktionen fanden in den letzten Tagen im gesamten Land statt. Anlass sind zwei Publikationen, die Anfang März für großes Aufsehen sorgten: das Buch „Maxima Culpa. Johannes Paul II. wusste es“ des in Polen arbeitenden und niederländischen Journalisten Ekke Overbeek; und „Franciszkańska 3“, ein Filmdokument des Investigativjournalisten Marcin Gutowski aus der TV-Dokureihe „Bielmo“ über Pädophiliefälle in Polens Kirche und die Rolle von Johannes Paul II. bzw. von Karol Wojtyła. Denn es geht explizit um die Zeit 1964– 78, als der spätere Papst Erzbischof von Krakau war. Ergebnis beider Recherchen: Zumindest in vier Fällen hatte Erzbischof Wojtyła Kenntnis von pädophilen Priestern seines Erzbistums, die sich aktiv an Kindern vergingen. Er ging da teilweise so vor, wie es das kanonische Recht seiner Zeit verlangte – und disziplinierte sie. Teilweise ließ er sie an Orte versetzen, wo ihnen der Kontakt mit Kindern nicht gestattet war. Härtere Strafen, ein Kümmern um die Vom Klerikalismus durchseucht Je desaströser sich die katholische Kirche entwickelt, desto mehr favorisiere ich die „Kunst, nicht dermaßen regiert zu werden“ (Michel Foucault), das heißt, nicht auf diese Weise, nicht um diesen Preis, nicht mit diesen Argumenten – und daher nicht von diesen Leuten. Das lässt sich gut auf die aktuelle Kirche übertragen. Zunächst einmal gilt es, eine Glaubenslehre nur anzunehmen, wenn die Gründe, die dafür ins Feld geführt werden, auch überzeugen. Sollen bestimmte Macht positionen abgesichert werden, indem wieder und wieder dieselben unglaubwürdigen Argumente vorgebracht werden, gilt es, in kreativen Widerstand zu gehen. In der katholischen Kirche herrscht nach wie vor das, was Kate Manne in ihrer Analyse der Misogynie down girl! nennt. „Runter mit euch!“ lautet die Platzanweisung des Klerikalismus an Frauen. Papst Franziskus sprach sie erneut aus, als er auf den Synodalen Weg reagierte. Er verfemte die Forderung, Frauen die Priesterweihe zu ermöglichen, als Klerikalisierung und weist damit weiterhin Vorwürfe gegen Papst Wojtyła „Vergiftete Quelle“: Installation des polnischen Bildhauers Jerzy Kalina, die eine kontroversiell aufgenommene Statue von Johannes Paul II. mit einem Meteoriten in eine Blut symbolisierende Flüssigkeit vor dem Warschauer Nationalmuseum stellte (Oktober 2020). Zu Missbrauch und Polens Kirche siehe auch Jan Opielkas Bericht vom 4.10.2018, „Befreiung aus katholischer Gefangenschaft“ auf furche.at. Opfer oder gar Übergabe an staatliche Behörden: Fehlanzeige. Doch die Kontexte der hier dargestellten Vertuschungen, die Wojtyła zur Last gelegt werden, sind diffiziler, als es die Klarheit der kochenden Debatte vermuten ließe – allein Overbeeks Buch vertieft auf über 500 Seiten ganze vier Fälle. Beide Publikationen, obwohl fundiert und lange recherchiert, sind nicht frei von reißerischen Elementen und lassen Raum für Mutmaßungen, etwa bei der Bewertung von Akten der Geheimdienste – diese bekämpften die Kirche, wo sie nur konnten. Bereits Ende 2022 hatte die konservative Tageszeitung Rzeczpospolita – das meistzitierte Medium Von Hildegund Keul den Opfern des Systems die Schuld zu. – Leider wurde auch der Synodale Weg selbst zur Platzanweisung down girl. Mit voller Stimmenzahl stimmten die Bischöfe dafür, etwas gegen den spirituellen und sexuellen Missbrauch an Frauen zu tun, weil diese besonders vulnerabel seien. Mit Frauen in der Opferrolle kommen Bischöfe gut zurecht. Aber die Hardliner waren nicht bereit, etwas gegen die erhöhte Vulnerabilität zu tun. Dazu hätten sie die Handlungskompetenz von Frauen in der Sakramentenspendung deutlich stärken müssen. Stattdessen erfolgte eine Vulnerabilisierung: Frauen werden vulnerabel gehalten, um sie leichter beherrschen zu können. Die Kunst, sich nicht dermaßen und von diesen Leuten regieren zu lassen, ist in einer vom Klerikalismus durchseuchten Kirche in besonderem Maß vonnöten. Die Autorin ist katholische Vulnerabilitätsforscherin an der Universität Würzburg. Foto: APA / AFP / Janek Skarzynski „ Wojtyła agierte im Umgang mit pädophilen Priestern kaum anders als andere ranggleiche Hierarchen dieser Zeit. “ Polens – von zwei Fällen berichtet, die auch Overbeek und Gutowski aufgriffen. Die Journalisten der Rzeczpospolita berichteten weniger sensationsfreudig und kamen zu dem Schluss: Wojtyła handelte, gemessen an heutigen Standards, fragwürdig – doch gemessen an den seinerzeitigen Standards korrekt. Diese Berichte veranlassten zwar den Krakauer Erzbischof Marek Jędraszewski Ende Dezember 2022 dazu, die Archive seiner Kurie zu schließen. Ein Ergebnis, das alle drei Recherchen verbindet: Wojtyła agierte im Umgang mit pädophilen Priestern kaum anders als andere ranggleiche Hierarchen dieser Zeit. Doch das reicht bereits, um resolute Papstanhänger, Kirchenfürsten und Politiker auf die Barrikaden zu bringen. Gläubige halten Mahnwachen ab, Städte und Gemeinden verabschieden Beschlüsse zu Ehren des Papstes, für Millionen Katholik(inn)en im Land steht er als Person in einem imaginären Pantheon, das keine Kritik und keine Risse duldet. In diesem Geist ist auch der Beschluss gefasst, den der Sejm, die zweite Parlamentskammer, auf Initiative der regierenden „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) am 9. März unter dem Titel „Zur Verteidigung des guten Namens des hl. Johannes Paul II.“ verabschiedete. Darin heißt es unter anderem: „Wir werden nicht zulassen, dass das Bild eines Mannes zerstört wird, den die gesamte freie Welt als eine Säule des Sieges über das Imperium des Bösen betrachtet. Papst Johannes Paul II. ist Symbol für [...] die Befreiung aus der russischen Einflusszone.“ Für den Beschluss stimmten auch die rechtsnationalistische „Konfederacja“ und die konservative Bauernpartei PSL. Die Linke war geschlossen dagegen. Zur Abstimmung nicht erschienen waren die Abgeordneten der größten Oppositionspartei, der Bürgerkoalition (KO). Es verwundert kaum. Im Herbst wird in Polen ein neues Parlament gewählt. Und die von Donald Tusk geführte KO weiß um die Bedeutung des Papstes auch für Teile ihrer Anhängerschaft. Laut aktuellen Umfragen gibt zwar ein Viertel der Befragten an, dass der Papst durch die Enthüllungen für sie an Autorität einbüßt. Fast zwei Drittel jedoch meinen, dass die Autorität des Papstes nicht leiden werde. Die regierende PiS dürfte in den Monaten bis zur Wahl im Verbund mit der Kirche einen pathetischen Verteidigungskrieg inszenieren. „Du wirst benutzt. Schon wieder“ Eine fragwürdige Position nehmen dabei auch führende Bischöfe ein. Erzbischof Jedraszewski von Krakau hat die jüngsten Recherchen als „zweiten Anschlag“ auf den Papst bezeichnet, nach dem ersten von 1981 in Rom. Johannes Paul II. „ist immer noch der Feind vieler Kräfte außerhalb Polens, aber auch innerhalb unseres Landes – Verfechter der Gender-Ideologie, Befürworter von Abtreibung und Euthanasie“, so der Erzbischof. Zurückhaltender war die polnische Bischofskonferenz in einer offiziellen Stellungnahme, doch auch sie lehnt die Recherchen ab, spricht von „großangelegten Versuchen, einen der bedeutendsten Landsleute“ zu diskreditieren. Kirchennahe, aber unabhängige Fachleute fordern indes – anders als der Episkopat – mehr denn je die Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungskommission, um das Problem der Pädophilie in den Reihen der polnischen Kirche aufzuarbeiten . „Jeder Versuch, eine solche Kommission in einem innerkirchlichen Forum zu organisieren, ist zum Scheitern verurteilt“, schreibt der Theologe und katholische Geistliche Alfred Wierzbicki, der an der Marie-Sklodowska-Universität in Lublin lehrt. Man müsse nicht Johannes Paul II. verteidigen, so Wierzbicki, sondern sich um die Opfer kümmern. Eine junge Frau, als Kind Opfer pädophiler Priester, veröffentlichte in der katholischen Zeitschrift Wiez einen Brief. Er ist an sie selbst gerichtet und steht symbolisch dafür, dass die Opfer auch in dieser neuen Debatte über pädophile Straftaten übergangen werden. Toska Szewczyk, eine nach wie vor praktizierende Katholikin, schreibt: „Ich sehe, du weinst allein, weil wieder einmal deine Hoffnung auf Gemeinschaft mit der brutalen Realität kollidiert ist. Sie reden nicht mit dir. Die meisten sprechen von einem Anschlag auf die Heiligkeit des Papstes. […] Ich sehe die Wut, die dich zerreißt. Du wirst benutzt. Schon wieder.“

DIE FURCHE · 12 23. März 2023 Bildung 9 Künstliche-Intelligenz-Programme offenbaren alte Baustellen im Bildungssystem. In einer digital geprägten Welt braucht es jedenfalls mehr als den bloßen Einsatz technischer Geräte, sagen Lehrkräfte und Schüler(innen). Bislang lässt das Bewusstsein dafür auf sich warten. ChatGPT: Salz in alten Wunden Von Victoria Schwendenwein Eine Recherche auf ChatGPT, anschließend eine Diskussion in Kleingruppen über gelieferte Ergebnisse und danach die Debatte im Klassenverband über die erarbeiteten Inhalte. So oder so ähnlich stellt sich der niederösterreichische Landesschulsprecher Marco Gayer einen modernen Unterricht vor; unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), mit sachlichen Diskussionen – und das in jedem Unterrichtsfach. Allein: Die Realität sieht bisweilen anders aus. „Der Stand der Technologie hat den des Bildungssystems schon lange überholt“, sagt Gayer und untermauert seine These mit den Ergebnissen eines Experiments, das im Laufe der vergangenen Woche hohe Wellen geschlagen hat. Er und sein Schüler(innen)vertretungsteam (LSV) haben die Aufgaben der Zentralmatura aus dem Vorjahr dem vieldiskutierten Chatbot ChatGPT gestellt. Das Ergebnis: Genügend in Mathematik und Deutsch, Befriedigend in Englisch. Schafft man es theoretisch also ChatGPT, bei der Matura zur Verfügung zu haben, ist es möglich, die schriftliche Reifeprüfung nur durch das Eingeben der Angabe positiv zu bestehen. Das stellt einmal mehr die Matura als sinnvolle Prüfung und das System Schule infrage . Für die LSV ist spätestens jetzt der Zeitpunkt, um auf die Herausforderung der Gegenwart zu reagieren. Die Jugendlichen fordern gleiche Bedingungen bei der standardisierten Reifeprüfung (Zentralmatura), verpflichtende Debattierrunden in allen Fächern zur Förderung kritischen Denkens und modern ausgestattete Arbeitsräume, die den Anforderungen der Zeit entsprechen. Anwendungen wie ChatGPT haben in ihrer Idealvorstellung von Schule einen fixen Platz – Auswendiglernen dagegen hat ausgedient. Falsch verstandene Digitalisierung Foto: iStock/sompong_tom Für Gayer und sein Team macht das Maturaexperiment deutlich, dass es eine große Lücke zu schließen gilt. Während einerseits ChatGPT das eigene Lernen überflüssig erscheinen lässt, sind auf der anderen Seite die technischen Voraussetzungen für Maturant(inn)en nach fast zehn Jahren Zentralmatura immer noch nicht dieselben. Als damals die flächendeckende Einführung der standardisierten Reifeprüfung bevorstand, demonstrierten Schülerinnen und Schüler für faire Bedingungen. Seither hat sich zwar an der Oberfläche vieles getan, aber faktisch wenig bewegt. Volksschulklassen werden mit Tablets und Bee-Bots (kleinen Robotern für erste Programmierschritte) ausgestattet, Smartboards ersetzen Over head -Projektoren, und soziale Medien werden auch von den Schulen genutzt. Ob Schülerinnen und Schüler ihre Schul- und Maturaarbeiten aber am Computer oder per Hand schreiben, ist nach wie vor eine schulautonome Entscheidung und wird nicht zentral vorgegeben. Gleichzeitig werden die Stunden- und Lehrpläne immer voller. Der Tenor der Jugendlichen: „Es gehört entrümpelt.“ Die Forderungen wollen sie zunächst auf Landesebene durchbringen, um dann auf Bundesebene mehr zu erreichen. Ihre Überlegungen haben aber längst nicht mehr nur nationale Relevanz. Künstliche Intelligenz in der Bildung ist zur globalen Herausforderung geworden. Im deutschsprachigen Raum macht der deutsche Gymnasiallehrer, Blogger und Podcaster Bob Blume auf die Gefahren einer falsch verstandenen Digitalisierung aufmerksam. Für ihn gehört dazu weit mehr als ein Aufpolieren des Unterrichts durch Computer. Er spricht von einer „Kultur der Digitalität“, die darauf abzielt, Kinder und Jugendliche mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts auf das Leben in einer digital geprägten Welt vorzubereiten. Bisher mangle es aber bei den Entscheidungsträger(inne)n am Grundverständnis dessen, was Digitalisierung und ein reflektiertes Lernen im digitalen Wandel unterscheiden würden. Würden die technischen Entwicklungen der Gegenwart ignoriert, laufe Schule Gefahr, ein künstlicher Ort zu werden, warnt Blume. „Alle, die sagen, das Digitale soll im Unterricht nicht Platz finden, handeln fahrlässig“, meint er und plädiert für einen Unterricht, in dem die Arbeit mit und über Medien Teil jedes einzelnen Faches ist. Dazu gehören für ihn drei wesentliche Aspekte berücksichtigt: die Fragen, wie man lernt, welche Haltung man dabei einnimmt und wie man das Soziale dabei in den Mittelpunkt rückt. Werden aber vertiefende Inhalte weiterhin nach Hause verlagert, „kann man sich das jetzt von der KI abnehmen lassen“. Wer aufgrund seiner sozialen Stellung einen leichteren Zugang zur Technologie erhält, kommt somit schneller zu besseren Noten. Dadurch geht auch die soziale Schere weiter auf. Auswirken wird sich das auch auf den Arbeitsmarkt. Wenn heute kolportiert wird, dass Programme wie ChatGPT schon bald einfache Tätigkeiten übernehmen können, werden diejenigen, die bisher „mit basalen Fähigkeiten irgendwie über die Runden gekommen sind, das Nachsehen haben“, warnt der Gymnasiallehrer. Auf das österreichische Bildungssystem umgelegt, schlägt Bildungspsychologin Christiane Spiel in eine ähnliche Kerbe. Individuelle Interessen und Begabungen zu fördern, um nach der Schule die eigenen Talente bestmöglich einsetzen zu können, wäre für sie ein wichtiger Ansatz. ChatGPT könnte man – ganz im Sinne der niederösterreichischen Landesschüler(innen)- vertretung – sinnvoll nutzen. Als Beispiel nennt auch sie Gruppenarbeiten, in denen Abgefragtes kritisch hinterfragt wird, sodass Schüler(innen) ihre eigenes Wissen einbringen können. „ Werden die technischen Entwicklungen der Gegenwart in der Bildung ignoriert, läuft Schule Gefahr, ein künstlicher Ort zu werden. “ Bob Blume, Lehrer und Blogger Ambivalent sieht Spiel allerdings die Forderung nach generellen einheitlichen Vorgaben zum Einsatz technischer Hilfsmittel. Zwar brauche es bei der Zentralmatura faire Voraussetzungen für alle, ansonsten hält sie derzeit aber wenig von flächendeckenden Vorgaben. „Die Situationen an Schulen sind sehr heterogen“, verweist sie etwa auf Unterschiede in der technischen Ausstattung oder bei den Erfahrungen der Lehrpersonen. Außerdem würden die Prozesse bis zur Verankerung einer solchen Vorgabe zu lange dauern, die technischen Entwicklungen zu rasch voranschreiten. Vielmehr sollten einzelne Lehrpersonen in Kompetenzbereichen wie etwa Digitalisierung eine hohe Expertise erwerben und andere Lehrpersonen in der Schule unterstützen. Denn Lehrkräfte seien keine „Wunderwuzzis“, die alles könnten; und auch das Lehramtsstudium könne sie nicht dazu ausbilden. Käme es zu einer Verlagerung Zu den Kontroversen der Matura schrieb Georg Cavallar über die „Maturaprüfung als blanker Unsinn“ (25.6.2020) auf furche.at. von der Individualebene auf die Schulebene, sei auch die bereits vor 20 Jahren angeregte, aber nie umgesetzte Einführung eines mittleren Managements an Schulen möglich. „Das würde Aufstiegsmöglichkeiten für Lehrpersonen ermöglichen und Expertenwissen an Schulen besser verteilen“, sagt Spiel, die auch diskutieren will, inwiefern sich Prüfungsmodi verändern müssen. Sie nennt dazu ein Beispiel aus der Psychologie, in der bei den Onlineprüfungen an der Universität Wien während der Corona-Beschränkungen weniger Wissen, sondern der Transfer des Wissens abgeprüft wurde. Ein Kampf für kritische Geister Und was sagt ChatGPT zu seiner Zukunft im Bildungsalltag? „ChatGPT kann ein nützliches Werkzeug sein, aber es sollte nicht als Ersatz für traditionelle Lernmethoden angesehen werden“, generiert der Chatbot seine Antwort und erklärt: „ChatGPT ist kein Ersatz für eigenes Engagement, das Lesen von Büchern, das Schreiben von Aufsätzen oder das Durchführen von praktischen Experimenten.“ Für Landesschulsprecher Marco Gayer ist das eine Bestätigung. Das kritische Denken bleibe wichtig, aber Computer und Chatbots könnten in Zukunft zu neuen Ideen inspirieren. Auf Landesebene starten er und sein Team eine Unterschriftenaktion, um ihre Anliegen im Landtag vorzubringen. Ob der Punkt „Modernisierung der Schulen“ im schwarz-blauen Arbeitsübereinkommen daran anknüpft, bleibt abzuwarten. Dass der Weg ein langer sein kann, ist dem LSV-Team bewusst. Für Gayer selbst wird sich bis zu seiner Matura im Mai kaum etwas ändern, aber: „Wir kämpfen für die, die nach uns kommen.“ Foto: iStock/AndreaObzerova Nicht real Schule muss heute den Anspruch erfüllen, auf das Leben in einer digital geprägten Welt vorzubereiten. Im Schulalltag gibt es aber eine Lücke zwischen neuen Technologien und praktischen Bedingungen.

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