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DIE FURCHE 23.02.2023

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DIE FURCHE · 8 24 Ausstellung 23. Februar 2023 Das Kunstforum zeigt, dass die Kärntner Künstlerin Kiki Kogelnik nicht auf Pop Art und Glasköpfe reduziert werden sollte. Von Theresa Steininger Breitbeinig steht die Figur da und hält einen Pinsel vor ihr Geschlecht, von dem rote Farbe tropft: Das Gemälde „The Painter“ von Kiki Kogelnik (1935‒1997) ist im Kunstforum Wien so positioniert, dass es Besuchern beim Betreten der Ausstellung sofort ins Auge sticht. Und es vermittelt gleich zu Beginn Hauptkomponenten des Werks der heimischen Künstlerin, die als eine der wichtigsten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts präsentiert wird: Selbstbewusstsein, Selbstdarstellung und weibliche Körperlichkeit. Dass sich Kogelniks Œuvre aber nicht leichtfertig einordnen lässt, wie es manch einer machen würde, der ihren Namen bisher ausschließlich mit ihren Köpfen aus Murano-Glas oder mit Pop Art in Verbindung bringt, will Kuratorin Lisa Ortner-Kreil zeigen. Stets war das Werk der Künstlerin, die in Kärnten aufwuchs und ihre ersten Schritte auf dem Kunstparkett in Wien machte, bevor sie bald nach New York übersiedelte, von ihrer großen Neugierde und ihrem Streben nach neuem Terrain geprägt. Seismografin ihrer Zeit Am Anfang standen große, abstrakte, gestisch gefertigte Gemälde in lebenbejahenden Farben – wie hier in einer Rekonstruktion der ersten Ausstellung Kogelniks in der Galerie Nächst St. Stephan gezeigt wird. Doch ihr Umzug nach New York änderte ihre Arbeitsweise radikal. Sie wurde zu einer, die Schwingungen der Zeit ganz besonders stark aufnahm. Sei es, dass der „Space Race“ dazu führte, dass sie schwebende Körper vor silbernen Kreisen malte, sei es, dass sie aus Muffinformen Roboter- oder Raketenantrieb-Artiges baute. Bei einem Heimataufenthalt machte sie außerdem ein „Moon Happening“ in Frauenstatement Ein feministischer Unterton charakterisiert Kiki Kogelniks „Hangings“, so auch das Werk „Chandelier Hanging“, ca. 1970, Acrylaufhänger mit Vinyl. Wien, das im Kunstforum auf einem Bildschirm zu sehen ist. „Sie griff die virulenten Themen der Zeit auf“, sagt Kuratorin Lisa Ortner-Kreil. „Auch Künstliche Intelligenz, Klonen und In- vitro- Fertilisation kamen bei ihr schon sehr früh vor. Kogelnik fungierte wie ein Seismograf.“ Natürlich nahm sie in der Umgebung von Andy Warhol, Claes Oldenburg und Roy Lichtenstein auch die Schwingungen der „ Sie griff die virulenten Themen der Zeit auf. Auch Künstliche Intelligenz, Klonen und In-vitro-Fertilisation kamen bei ihr schon sehr früh vor. “ Zwischen „Space Race“ und Körpern als Kampfzone Foto: © Kiki Kogelnik Foundation. All rights reserved Pop Art auf. Für die wie schwerelos wirkenden Körper ihrer damaligen Arbeiten zog sie außerdem Körper ihrer Kollegen und Bekannten auf Packpapier nach. Später entwickelte sie dies zu ihren „Hangings“ weiter, bei denen sie die Körperumrisse aus Vinyl wie reale Scherenschnitte über einem Kleiderbügel aufhängte. „Dabei schwang einerseits ein feministischer Unterton mit, wenn auf häusliche Tätigkeiten wie Nähen und Wäscheaufhängen angespielt wird, andererseits haben die ‚Hangings‘ auch etwas Gewaltvolles, wenn sie wie abgezogene Haut wirken“, sagt Ortner-Kreil. Kogelnik selbst wurde nicht gerne als Teil der Pop-Art-Bewegung bezeichnet – und auch von ihren damaligen Lieblingsthemen rund um den Weltraum verabschiedete sie sich nach der Mondlandung von Neil Armstrong rasch. In den 1970er Jahren wollte sie klar den Stil wechseln und arbeitete sich farbstark und plakativ an Darstellungen aus Modemagazinen ab. Die Frauen, die sie malte, haben Haare wie Perücken, ihre Posen und Gesichter wirken eingefroren. „Hier spürt man die Kritik des männlichen Blicks auf den weiblichen Körper und die Aggressivität, die in ihrem Œuvre generell virulent ist“, so Ortner-Kreil. Wie so oft gibt es auch hier ein Selbstbildnis, diesmal steht sie mit der oft verwendeten Schere im Mittelpunkt, unter ihr liegen „Hangings“ auf dem Boden. „Der Körper als Kampfzone war ihr wichtig.“ Stets blieb Kogelnik eine, die danach trachtete, „ihre künstlerische Spielwiese zu erweitern“, wie Ortner-Kreil es nennt. Als neues Medium kam Keramik hinzu. Den Abschluss im Kunstforum macht ein Raum zum Thema Leben und Tod, aus dem einem nicht nur ein aus buntem Vinyl gefertigter Totenschädel in kräftigem Gelb und Grasgrün förmlich entgegenstrahlt. Auch winkt ein fröhliches Skelett in dem Werk „Hi“, das die 1997 verstorbene Kogelnik ein Jahr nach ihrer Krebsdiagnose fertigte. Gegenüber gehen der Tod und ein Mädchen eine sinnliche Umarmung ein, während eine Maske von zwei Seiten begutachtet werden kann – eine, die für den Tod, und eine andere, die für das Leben steht. „Für Kogelnik waren das immer zwei Pole, die sich bedingen. Und die Kunst diente ihr dazu, diese beiden Pole aufzulösen. Es ging ihr nicht um eine Drohgebärde, sondern um Leichtigkeit im Umgang mit dem Tod“, so Ortner-Kreil. Eine Künstlerin, mit der viele maximal ihren Einsatz bei der Biennale in Venedig 2022 verbinden, wird also nun in ihrer ganzen Vielfalt gezeigt – und als eine, die es verstand, formal eigenständig umzusetzen, was die Schwingungen ihrer Zeit waren. Kiki Kogelnik: Now Is the time Kunstforum Wien Bis 25.6.2023, tägl. 10–19 Uhr www.kunstforumwien.at Die Reise zum inneren Ich Wenn man vom inneren Ich spricht, denkt man immer, es wäre etwas Autonomes, Herausgelöstes. Wir werden dieses innere Ich in dieser Folge gemeinsam mit dem Psychologen Tobias Glück, FURCHE-Gesellschaftsredakteurin Jana Reininger und dem Philosophen Peter Strasser erkunden. furche.at/chancen

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