DIE FURCHE · 16 8 International 20. April 2023 Flucht ins Ungewisse Aufgrund der gestiegenen Zahl an Bootsmigrant(inn)en hat die italienische Regierung den stato di emergenza (Notstand) ausge rufen und drängt einmal mehr auf ein gemeinsames System seitens der EU, Geflüchtete aufzunehmen. Von Tobias Müller Eine dramatische Rhetorik schallte vergangene Woche aus Rom in Richtung Brüssel: Aufgrund der stark gestiegenen Zahlen von Bootsmigrant(inn)en verkündete die italienische Regierung einen sechsmonatigen Ausnahmezustand. „Das System steht vor dem Kollaps“, erklärte Sebastiano Musumeci, der Minister für Zivilschutz und Meerespolitik, nach einem Osterwochenende, an dem die italienische Küstenwache im Dauereinsatz in Seenot geratene Geflüchtete gerettet hatte. Gut 31.000 Migrant(inn)en erreichten laut Regierungsangaben seit Jahresbeginn per Boot Italien, knapp viermal so viele wie zum gleichen Zeitpunkt 2022. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni von der rechtsextremen Fratelli d’Italia hatte im Wahlkampf noch stark auf die Abwehr illegalisierter Migrant(inn)en gesetzt und anschließend den Operationsradius ziviler Seenotrettung eingeschränkt. Der stato di emergenza (Notstand) soll nun die Ankunftsregionen im Süden Italiens, derzeit vor allem die Insel Lampedusa, „entlasten“, hieß es. Ihn auszurufen war freilich auch ein Signal an die Mitgliedsstaaten, denn was Sizilien für den Rest des Landes ist, ist Italien für die EU. „Hoffentlich versteht Europa, dass wir nicht mehr viel Zeit KLARTEXT Lesen Sie hierzu den Text „Calais und Sinai: Nebenschauplätze der Flucht“ von Angela Huemer (26.6.2014) auf furche.at. Ein neuer Verfassungskonvent Als der Rechnungshof jüngst seinen Bericht zu den Covid-Hilfen veröffentlichte, blieben vertiefende Diskussionen über Konsequenzen weitgehend aus. Dabei haben die horrenden Ausgaben von über 45 Milliarden Euro – mehr als das Sechsfache der Gesamtkosten der Finanzkrise 2008 – eine nähere Befassung verdient. Neu hinzugekommene Energiekostenbeihilfen sowie die zahlreichen umweltpolitisch begründeten Zuschüsse verdienen wohl einen ähnlich kritischen Blick. Wie wäre es aber damit, die konstruktive Kritik des Rechnungshofes als Lernchance für den öffentlichen Sektor zu sehen? Und zwar – der fromme Wunsch sei gestattet – überparteilich und die Interessensphären von Bund, Ländern und Berufsvertretungen gleichermaßen einbeziehend? Eine gute Voraussetzung dafür ist, dass seine nicht wiederbestellbaren, für jeweils zwölf Jahre ernannten Präsident(inn)en Unabhängigkeit von Parteien garantieren. Margit Kraker, die ihre politische Prägung seinerzeit bei Migrationszahlen und Bootsunglücke nehmen zu. Die EU-Staaten setzen mehr denn je auf Abschottung. Auch Australiens Offshore-Praxis taugt mittlerweile zum Vorbild. In Richtung Ruanda haben“, kommentierte Musumeci. Die Botschaft ist angekommen, mit erwartbaren Reaktionen: Die Rechte fordert mehr Abschottung, die Linke wirft Meloni und ihrer Regierung ihre migrationsfeindliche Haltung und alarmistische Rhetorik vor. Weniger beachtet in dieser Gemengelage bleibt zweierlei: Zunächst besteht in lokaler Hinsicht tatsächlich Handlungsbedarf. Wer die Zustände auf Lampedusa, dessen Aufnahmelager völlig überfüllt ist, einmal erlebt hat, kann das nur bestätigen. Dabei geht es nicht um die Überfremdungsfantasien der Rechten, sondern um die simple Tatsache, dass ein geflüchteter der steirischen Volkspartei erfuhr, liefert mit ihrer uneitlen, sachorientierten Amtsführung den besten Beweis dafür. Wie groß der Handlungsbedarf ist, zeigen die zuletzt von der „Initiative bessere Verwaltung“ vorgelegten Verbesserungsvorschläge, an denen von Irmgard Griss über Clemens Jabloner bis Thomas Wieser zahlreiche Kenner(innen) der Materie mitgewirkt haben. Beinahe zwanzig Jahre nach dem auf hohem Niveau letztlich an Parteilichkeiten gescheiterten Verfassungskonvent 2005 wäre es wieder hoch an der Zeit, eine vergleichbare Kraftanstrengung zu unternehmen, die abseits des medialen Schlachtenlärms kommender Wahlkämpfe konsequent die übergeordneten Interessen eines gut organisierten, schlank verwalteten, selbstbewussten europäischen Mitgliedsstaates im Blick hat! Der Autor ist Ökonom und Publizist. Von Wilfried Stadler Mensch einen Ort braucht, um sich von einer lebensgefährlichen Odyssee zu erholen. Das Aufnahmelager auf Lampedusa ist dafür alles andere als geeignet. Im breiteren Rahmen erlebt die EU in diesem Frühling ein erneutes Beispiel der Dynamik, die ihre Asyl- und Migrationspolitik seit Jahren bestimmt. Deren Kern ist simpel: Steigende Ankunftszahlen Geflüchteter führen entlang der Außengrenzen zu vollen Aufnahmezentren und Warteschlangen. Dieser Effekt verstärkt sich umso mehr, je länger sich die Mitgliedsstaaten nicht auf ein gemeinsames System zur Aufnahme und Verteilung von Asylsuchenden einigen können. Dementsprechend nimmt die politische Rhetorik von Bedrohung und Überfremdung zu und mündet im Ruf nach immer höheren Zäunen und effektiverer Abschottung – und zwar nach Möglichkeit immer weiter vor den tatsächlichen Grenzen Europas. „ Die Option radikaler Abschreckungs maßnahmen etabliert sich. Auch Däne mark sucht nach einer Möglichkeit, Asylwerber außerhalb der eigenen Grenzen unterzubringen. “ Foto: imago / zuma Wire Just in diesem Jahr nun tritt dieses Muster besonders deutlich zutage. Schon 2022 gab es in Europa (EU plus Schweiz und Norwegen) 966.000 Asylanträge, die höchste Zahl seit 2016. Laut der Asylagentur EUAA ist das eine Steigerung um 50 Prozent im Vergleich zu 2021. Die Gründe sind mitunter die zahlreichen globalen Konflikte, unsichere Nahrungsversorgung und die nach dem Ende der Pandemie wegfallenden Reisebeschränkungen. Für das laufende Jahr geht die EUAA von einer erneuten Steigerung aus. Das Schlagwort von einem möglichen „neuen 2015“ in Anspielung auf die damalige Flüchtlingskrise geistert seit Jahren durch Politik und Medien. Seit der Katastrophe Ende Februar, als vor der kalabrischen Küste bei Steccato di Cutro 72 Menschen umkamen, darunter 28 Kinder, liegt der Fokus der Weltöffentlichkeit einmal mehr auf den Toten, die auf den Fluchtwegen immer wieder zu beklagen sind. Die International Organisation for Migration (IOM) berichtet dieser Tage, dass 441 Passagiere die Überfahrt im ersten Quartal nicht überlebten – so viele wie seit 2017 nicht mehr. Dabei hat die Hauptsaison noch nicht einmal begonnen. Ein besonderer Aspekt kommt aktuell hinzu: Nach Italien führen nun eigentlich zwei Routen – zum einen die traditionelle der kleinen Boote, die von Tunesien oder Libyen Kurs in Richtung Sizilien bzw. Lampedusa nehmen; zum anderen Segelschiffe, die aus der Türkei die Ostküste in Kala brien ansteuern. Diese Route, in den letzten beiden Jahren stets aktiver, ist wesentlich länger als die Überfahrt nach Griechenland, umgeht aber die griechische Küstenwache und ihre Pushbacks, illegale Rückschiebungen, die gleichsam zum Alltag an der EU-Außengrenze gehören. Letzteres Beispiel zeigt einmal mehr, dass selbst noch so repressive Maßnahmen das Problem nicht lösen – eine Erfahrung, die auch die Regierung Meloni im ersten halben Jahr ihrer Amtszeit machte. Nicht zuletzt aus dieser Einsicht entsteht die Forderung nach einem noch drastischeren Vorgehen. Das Zauberwort heißt dabei offshore processing – eine Praxis, die Australien bereits seit Jahren anwendet. Bootsmigrant(inn)en müssen auf den weit entfernten Pazifikinseln Manus und Nauru den Ausgang ihres Verfahrens abwarten. Was die „Pacific Solution“ für Australien ist, könnte für das Mutterland Großbritannien das ostafrikanische Ruanda werden. Genau ein Jahr ist es her, dass die Regierungen in London und Kigali eine „Asylpartnerschaft“ beschlossen. Über fünf Jahre kann das Vereinigte Königreich damit Asylbewerber ohne Prüfung nach Ruanda bringen, wo sie ein Verfahren durchlaufen und sich bei Anerkennung dort niederlassen können. 120 Millionen Pfund zahlt London dafür, hoffend, mit diesem Szenario vor allem Migrantenboote aus Nordfrankreich abzuschrecken. Zunächst scheiterte die Durchführung an Gerichtsbeschlüssen, der High Court gab jedoch im Dezember grünes Licht. Abkommen mit afrikanischen Ländern Deutlich wird hier, dass sich in einem anhaltenden Krisendiskurs – in Großbritannien entzündet er sich an den klandestinen Überquerungen des Ärmelkanals – die Standards dessen, was migrationspolitisch als akzeptabel und durchführbar gilt, verschieben. Schon in den letzten Jahren gab es aus London immer wieder Gedankenspiele, die bis zu Pushbacks auf offener See reichten. Weit gediehen sie nicht, doch sie etablierten die Option radikaler Abschreckungsmaßnahmen in der Debatte. Und dies wiederum zieht Kreise. In diesem Fall hat auch die dänische Regierung Interesse an einem Abkommen mit Ruanda. Seit 2021 schon ist das skandinavische Land auf der Suche nach einer Möglichkeit, Asylwerber außerhalb der eigenen Grenzen unterzubringen. Die vermeintliche Abwegigkeit dieses Plans relativiert sich wiederum, wenn man die Entwicklung hin zu Deals mit autoritären Türsteherregimen wie der Türkei, Maghreb- oder Sahelstaaten beachtet, die Geflüchtete von den Küsten der EU abhalten sollen. Im Februar stimmte auch eine Mehrheit des niederländischen Parlaments dafür, sich künftig mit Dänemark auszutauschen, um Asylwerber außerhalb der EU zu versorgen. „Vielversprechende Chancen“ sah der Antrag einer rechten Oppositionspartei darin. Einen Monat später traf Ministerpräsident Mark Rutte übrigens in Rom ein, wo er sich mit seiner Amtskollegin Giorgia Meloni auffällig einig war: Beide Länder wollen künftig zusammenarbeiten, um Migrant(inn)en unterwegs in Richtung EU noch vor dem Mittelmeer zurückzuhalten – durch ein entsprechendes Abkommen mit afrikanischen Ländern.
DIE FURCHE · 16 20. April 2023 Religion 9 Am 20.9.1956 beschrieb Ismail Balić von al-Azhar ausgehend die islamische Welt, siehe „Hinter Suez – der Welt-Islam?“ auf furche.at. Das Gespräch führte Otto Friedrich Der Großimam der Kairoer al-Azhar-Universität , der höchsten religiösen Autorität im sunnitischen Islam, ist tot. Um seine Nachfolge rankt sich der Thriller „Die Kairo-Verschwörung“ von Tarik Saleh. Der in Schweden lebende ägyptischstämmige Regisseur im Religionsgespräch. DIE FURCHE: Auf welchem religiösen Hintergrund fußt Ihr Film? Tarik Saleh: Ich bin ein Muslim, ich war als junger Mann auch praktizierend. Ich kenne daher die roten Linien dieser Religion und weiß um die Empfindlichkeiten. Ich war nicht daran interessiert, den Koran infrage zu stellen. Mein Interesse lag an einer Geschichte über einen Konflikt zwischen einer Institution und politischer Macht. DIE FURCHE: Beeindruckend an Ihrem Plot ist, dass Sie ein großes Wissen darüber haben, wie al-Azhar, wie ein institutionalisierter Islam funktioniert. Wie haben Sie sich diese intime Kenntnis angeeignet, insbesondere da Sie ja nicht nach Ägypten fahren können, weil Sie das Regime dort verfolgt? Saleh: Mein Großvater studierte an der al-Azhar. Der Konflikt um al-Azhar ist viel älter als der Konflikt mit dem aktuellen Regime. Es ist ein Konflikt, der in vielen Institutionen ähnlich abläuft – etwa im schwedischen Königshaus: Diese Institutionen funktionieren dadurch, dass sie sich nicht verändern. Und dann versuchen Politiker, die Institutionen in ihrem Sinn zu benutzen. Dieser Kampf, diese Dynamik interessiert mich. In Ägypten gibt es diesbezüglich eine lange Tradition: Den Konflikt zwischen dem Pharao und den Priestern gab es schon lange vor unserer Zeitrechnung. Im Islam – vor allem im sunnitischen – war das immer eine Herausforderung. Denn im Islam gibt es keine Autorität außer Gott. Es gibt keine heiligen Männer, keine Heiligen, keinen Papst. Wie wird dann Macht ausgeübt, wenn Dem in Schweden lebenden Regisseur mit ägyptischen Wurzeln Tarik Saleh gelingt mit „Die Kairo-Verschwörung“ ein spannender Zugang zur führenden sunnitischen Religionsinstitution al-Azhar. „Seine Macht ist informell“ Gott die einzige allmächtige Instanz ist? Was mich interessiert, ist die im Islam sehr ausgeprägte Vorstellung davon, dass man eine Institution hat, die ihre Macht aus dem Wissen bezieht. Deswegen ist im sunnitischen Islam die Universität ein Zentrum der Macht. DIE FURCHE: Und wer nimmt diese Macht wahr? Saleh: Da ist der Imam, der das Gebet führt. Woher erhält der Imam seine Autorität? Er erhält sie daher, dass er den Koran besser kennt als die anderen Betenden. Als ich 15 Jahre alt war, ging ich mit meinem Onkel, einem Arzt, in eine große Moschee in Kairo, wo tausende Menschen gebetet haben. Wir standen weit vorn, der Imam rezitierte den Koran – und mein Onkel schrie dem Imam Korrekturen zu. Für mich war das verstörend und sehr grob. Nach dem Gebet fragte ich den Onkel: „Wa rum hast du das getan?“ Er antwortete: „Es ist meine Pflicht, den Imam zu korrigieren, wenn er beim Rezitieren Fehler macht. Das muss ich tun!“ – Diese Geschichte zeigt, wie wenig Autorität ein Imam eigentlich hat. Wenn sich herausstellt, dass er falsch liegt, dann kann er infrage gestellt werden. Das bedeutet, dass der Großimam der al-Azhar aufgrund seines Wissens sehr sorgfältig ausgesucht wird. Er ist von Menschen umgeben, die in Bezug auf die Kenntnis des Korans die Besten der Besten sind. Seine Macht ist informell. Er gibt Fatwas heraus. „ Woher erhält der Imam seine Autorität? Er erhält sie daher, dass er den Koran besser kennt als die anderen Betenden. “ Kampf um al-Azhar Gedreht wurde der Thriller von Tarik Saleh in Istanbul, weil das ägyptische Regime den Regisseur nicht einreisen lässt. DIE FURCHE: Nicht zuletzt wegen des iranisch-schiitischen Mordaufrufs an den Schriftsteller Salman Rushdie hat der Begriff „Fatwa“ im Westen keinen guten Ruf. Saleh: Eine Fatwa ist eigentlich eine religiöse Empfehlung; das klingt harmlos. Aber wenn man religiös ist, dann hält man sich daran, wenn die Person, welche sie ausspricht, über ein größeres religiöses Wissen verfügt als man selbst. Die Fatwas, denen die meisten Muslime folgen, kommen von der al-Azhar und ihrem Großimam. Aber dieser spricht sehr wenige aus, sie sind meist moderat. Eine sehr berühmte Fatwa jüngeren Datums handelt davon, dass ein Muslim sich reinigen muss, bevor er eine Bibel berührt: Denn auch die Bibel ist für Muslime ein heiliges Buch. Natürlich hat diese Fatwa eine tiefere Bedeutung, nämlich dass man als Muslim nicht seine christlichen Nachbarn bekämpfen darf. Der Großimam von al-Azhar hat geschichtlich gesehen eine mäßigende Rolle gespielt. Fotos: Filmladen Filmverleih Tarik Saleh erhielt in Cannes 2022 für „Die Kairo-Verschwörung“ den Drehbuchpreis. DIE FURCHE: Aber die Geschichte des Films sagt, dass auch der Großimam in politische Machenschaften verstrickt ist, er wird von der herrschenden Regierung mehr oder weniger ausgewählt. Saleh: Als General Sisi in Ägypten 2013 an die Macht kam, war der Großimam der al-Azhar bereits da, Präsident Sisi war also der Neue. Aber er forderte den Großimam schnell heraus, es heißt im Film ja auch: „Es kann nur einen Pharao geben.“ Als ich das Drehbuch geschrieben habe, war Sisi noch gar nicht an der Macht. Der Konflikt zwischen ihm und dem Großimam ereignete sich, als wir den Film drehten. Al-Azhar wurde im Lauf der Geschichte immer wieder vorgeworfen, sich der politischen Macht zu beugen, sie bewegte sich immer auf einem schmalen Grat. Sie war meistens keine radikale Kraft und konnte sich Unabhängigkeit bewahren. Es gibt viele Beispiele dafür. So wollte der Präsident vom Großimam die Unterstützung für ein Gesetz über Geheimehen bekommen. Doch der sagte: „Frag nicht mich, sondern geh ins Parlament, dort soll dieses Gesetz diskutiert und beschlossen werden.“ Der Präsident meinte: „Die Leute werden sich aber nicht daran halten, wenn ich von dir dazu keine Fatwa bekomme.“ Der Großimam erwiderte: „Ich kann keine religiöse Empfehlung dafür abgeben, denn der Koran sagt darüber nichts.“ Das ist ein gutes Beispiel für diese informelle Macht, die sehr stark ist. Das hat mich als Filmemacher interessiert. KRITIK ZU „DIE KAIRO-VERSCHWÖRUNG“ In den heiligen Hallen Er hatte einen Thriller wie Umberto Ecos „Der Name der Rose“ im Hinterkopf, meint Tarik Saleh über seinen Film „Die Kairo-Verschwörung“. Allzu viel hat der spannende Krimi ja nicht mit dem Werk des italienischen Semiotikers und Bestsellerautors zu tun. Aber ein Einblick in die Komplexität einer Religionsinstitution wie der al-Azhar-Universität in Kairo gelingt dem ägyptisch-schwedischen Regisseur ganz und gar. Eine religiös fremde, aber in den Machtspielen vertraute Welt tritt als Folie zutage, auf der religiöse, aber auch politische Probleme der Zeit erwachsen: Der Großimam von al-Azhar ist tot. Der ägyptische Staat ist nun höchst interessiert, einen dem Regime genehmen Geistlichen und nicht etwa einen Muslimbruder an die Spitze der Universität zu hieven. Also heuert Geheimdienstler Ibrahim (Fares Fares) den al-Azhar-Studenten und Fischersohn Adam (Tawfeek Barhom) an, um Einblicke in die Vorgänge in den heiligen Hallen der al-Azhar zu erhalten. Weil Regisseur Saleh nicht mehr nach Ägypten kann, musste der Krimi in Istanbul gedreht werden. Dennoch: authentisch. Und wie! (ofri) Die Kairo-Verschwörung (Boy From Heaven – Walad min al-Janna) S/F/SF/DK 2022. Regie: Tarik Saleh. Mit Tawfeek Barhom. Filmladen. 125 Min.
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