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DIE FURCHE 19.10.2023

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DIE FURCHE · 42 12 Diskurs 19. Oktober 2023 ZEITBILD Foto: APA / AFP / Central Land Council / Tina Tilhard Australien sagt doch „Nein“ Er habe alles getan, was er tun konnte: Das sagte Australiens Premierminister Anthony Albanese nach einer historischen Volksbefragung. Ging es doch um die Aborigines, die den australischen Kontinent seit mehr als 65.000 Jahren besiedeln. Konkret sollten die Australier darüber abstimmen, ob die Indigenen (ca. vier Prozent der Bevölkerung) ein in der Verfassung verankertes Mitspracherecht im Parlament bekommen. Doch ca. 60 Prozent der Bevölkerung stimmten dagegen. Linda Burney, die Ministerin für indigene Australier, sprach unter Tränen von einem „traurigen Tag für Australien“. Zuletzt machte vor allem die konservative Opposition gegen das Projekt Stimmung. Aber auch einige Indigene waren dagegen, da ihnen das Vorhaben nicht weit genug ging. Die Aborigines (im Bild noch hoffnungsfroh vor dem „Heiligen Berg“ Uluru) gelten weltweit als älteste noch bestehende Kultur. Mit der Kolonisierung Australiens durch die Briten begann für sie eine lange Zeit der Unterdrückung. Bis in die 1970er-Jahre wurden indigene Kinder ihren Familien entrissen, um bei Weißen „umerzogen“ zu werden. Er respektiere das Ergebnis, so Premier Albanese, der mit dem Referendum ein Wahlversprechen eingelöst hatte – „doch ich werde weiter für eine Versöhnung mit den Ureinwohnern und für ein Ende der Kluft in der Gesellschaft arbeiten“. (M. Tauss) Siehe dazu auch „Australien wählt: ‚Ein Ja als Zeichen des Respekts´“ (11.10.2023), auf furche.at. Am 23. Oktober wartet das große Finale der 196. Klassenlotterie mit Gewinnen von insgesamt 10 Millionen Euro, die 197. Lotterie steht in den Startlöchern. Jagd auf Millionen „mit Klasse“ Der Oktober steht ganz im Zeichen der 6. und damit letzten Klasse der 196. Klassenlotterie, die sich ihrem großen Finale nähert. Bei der Schlussziehung am 23. Oktober werden dann nochmals einmal 5 Millionen und fünfmal 1 Million Euro verlost. IHRE MEINUNG Schreiben Sie uns unter leserbriefe@furche.at Zum Fokus über die Attacke auf Israel, insbesondere Die Logik des Wahnsinns Von Heinz Nußbaumer Nr. 41, Seite 3 In der medialen Wahrnehmung Europas befindet sich der Ukrainekrieg seit dem 7. Oktober im Schatten des Überraschungs-Angriffes der Gaza-Miliz Hamas auf Israel und den von Israel begonnenen massiven Luftschlägen, wohl bald gefolgt von einer großen Bodenoffensive. Obwohl es im Ukrainekrieg auf beiden Seiten schon jeweils über 100.000 Todesopfer zu beklagen gibt, finden Kriege um Israel und Palästina in Europa, Amerika und natürlich im Nahen Osten mehr Aufmerksamkeit. Im Nahostkrieg kommt eine religiöse Instrumentalisierung dazu, auch die Verantwortung aus dem Holocaust wirkt sich besonders in Deutschlands und Österreichs Politik und Öffentlichkeit stark aus. Die historischen Hintergründe, wie sie der frühere FURCHE-Herausgeber Heinz Nußbaumer im weiten Bogen seines Wissens als „Logik des Wahnsinns“ zusammengefasst hat, sind so erdrückend, dass nicht nur Israelis und Palästinenser gefordert sind, endlich nach Friedenslösungen zu suchen. Die Warnungen vor einem Flächenbrand müssen von allen Beteiligten ernst genommen werden. Dazu zählt auch, dass die USA alle Möglichkeiten wie Einschränkung der Militärhilfe nützen, um Israel vor einer großen Bodenoffensive abzuhalten, was ein Eingreifen der Hisbollah verhindern und Israel den Grund für einen Angriff auf den Iran nehmen würde. Die USA und die EU, die den Palästinensern für die ärgste Not jährlich nur geringfügige Hilfen zukommen ließen, haben die Pflicht, nicht nur an der Seite Israels zu stehen, sondern endlich auch für Gerechtigkeit und wirksame Hilfe für die Palästinenser zu sorgen. Karl Semmler Bad Blumau wie oben In der Regel schätze ich die Beiträge von Herrn Professor Nußbaumer, doch diesmal kann ich seinem Beitrag ganz und gar nicht zustimmen. Auch wenn einige seiner Argumente durchaus nachvollziehbar sind, so ist seine Parteinahme für die Palästinenser unübersehbar. „Umstritten ist weltweit, wer hier die Terroristen sind – und wer die Opfer.“ Dieser von ihm zitierte Satz aus der New York Times (Militants = Kämpfer) ist aus dem Zusammenhang gerissen und relativiert den barbarischen Angriff der Hamas, die halbnackte blutende Frauen durch die Straßen schleifen oder alte Menschen in Rollstühlen dem Mob preisgeben. Haben Sie vergessen, dass sich Israel, dieser noch immer einzige demokratische Staat im Nahen Osten, einem bedingungslosen Vernichtungswillen der Hamas, Hisbollah, respektive des Iran gegenübersieht? Haben Sie sich nie gefragt, warum es keine weltweiten Demonstrationen gegen die Hamas gibt, die das palästinensische Volk als Schutzschild gegen israelische Angriffe missbraucht und so unzählige, unschuldige Zivilisten dem Tod preisgibt? Leider hat die FURCHE mit diesem Beitrag nicht zu einer fairen Berichterstattung beigetragen. DI (FH) Franz Josef Dorn 8733 St. Marein wie oben Danke Herrn Professor Nußbaumer für seine hervorstechende Betrachtung! Hass, der zu unfassbarer Grausamkeit führt, ist durch nichts zu entschuldigen, nicht durch erlittene Ungerechtigkeit, nicht durch angeblichen Selbstschutz, schon gar nicht durch Glauben. Rudolf Belyus via Mail Infrastruktur für alle! Von Victoria Schwendenwein Nr. 41, Seite 10 Die immer neuen Runden von Pfarrzusammenlegungen (beschönigend „Seelsorgeräume“ genannt) bringen immer mehr Verlust an Relevanz von Kirche, vor allem Verlust an Nähe zu den Menschen, gerade den immobilen wie Älteren, Familien usw. Danke deshalb für diesen Artikel! Machterhaltung durch gesteigerten Klerikalismus scheint offenbar das Hauptanliegen unserer Kirchenleitung zu sein – und nicht die „Sorge um die Seelen“, die das Kirchenrecht als Hauptaufgabe der Kirche bezeichnet. Karl Niederer, Pfarrer Pfarre St. Anna-Gösting, 8051 Graz In dieser Ausgabe der FURCHE finden Sie Zahlscheinbeilagen von Missio, Päpstliche Missionswerke in Österreich. 29 Millionentreffer, 250.000 Lose, eine Gesamtgewinnsumme von 121,5 Millionen Euro, Superklasse und Goldklasse – darum geht es auch bei der 197. Klassenlotterie, die am Montag, dem 13. November 2023 mit der Verlosung der ersten Million startet. An der Klassenlotterie kann man mit einem ganzen Los oder mit Zehntel-Anteilen davon teilnehmen. Ein Zehntellos kostet pro Klasse 15 Euro, ein ganzes Los 150 Euro. Lose sind in allen Geschäftsstellen der Klassenlotterie erhältlich. Alle Infos zum Spiel findet man unter win2day.at/klassenlotterie. Als Zusatzspiele gibt es die Superklasse, bei der es täglich um 100.000 Euro geht, und die Goldklasse, bei der Gold im Gesamtwert von 12,5 Millionen Euro verlost wird. Bildtext: Bei der Schlussziehung am 23.10. geht es um 10 Mio. Euro Foto: © Österreichische Lotterien IN KÜRZE LITERATUR ■ Deutscher Buchpreis für Tonio Schachinger Der Wiener Tonio Schachinger hat mit seinem Roman „Echtzeitalter“ den Deutschen Buchpreis 2023 gewonnen. Die Auszeichnung für den besten deutschsprachigen Roman des Jahres ist mit 25.000 Euro dotiert. Der 31-jährige Schachinger, als Sohn eines österreichischen Diplomaten und einer mexikanisch-ecuadorianischen Künstlerin in Neu-Delhi geboren, verarbeitet in „Echtzeitalter“ seine eigene Schulzeit im Wiener Theresianum und liefert mit seinem Roman quasi eine Weiterführung von Friedrich Torbergs „Der Schüler Gerber“ aus dem Jahr 1930. „Auf den ersten Blick ist Schachingers ,Echtzeitalter‘ ein Schulroman. Auf den zweiten viel mehr als das: ein Gesellschaftroman, der das Aufwachsen seines Helden Till an einer Wiener Eliteeinrichtung beschreibt, an der die künftigen Leistungsträger*innen mit reaktionärem Drill und bildungsbürgerlichen Idealen aufs Leben vorbereitet werden“, heißt es in der Jurybegründung. Der Roman ist dieses Jahr im Rowohlt Verlag erschienen. Foto: APA / dpa / Arne Dedert BILDUNG ■ Kindergärten im Streik Wiens Elementarpädagoginnen und -pädagogen treten erneut in den Streik. Deshalb wird es am 24. Oktober großteils keinen Kindergartenbetrieb in der Bundeshauptstadt geben. Betroffen sind vor allem private Kindergärten sowie auch Horte und schulische Freizeitbetreuung der meisten Träger. Sie werden an diesem Tag von 7 bis 15.30 Uhr wegen Betriebsversammlungen geschlossen. Auch die städtischen Kindergärten haben sich laut der Gewerkschaft Younion den Protesten angeschlossen. Von den Auswirkungen der Protestmaßnahmen sind die Familien von schätzungsweise rund 100.000 Kindern betroffen. POLITIK/GESELLSCHAFT ■ Freiwilliger Kesseltausch Das Erneuerbare-Energie-Paket der Regierung sieht keinen verpflichtenden Heizkesseltausch vor. Das soll einkommensschwächere Haushalte entlasten. Stattdessen will man mit neuen Förderungen beim Tausch unterstützen. Zudem sollen PV-Anlagen steuerfrei werden. Das nun vorgelegte Paket stößt bei Opposition und Interessensvertretern auf geteilte Meinungen. Aufgrund der Teuerung habe sich die Stimmung im Land aber geändert. Die Verpflichtung zum Heizungstausch könne Menschen überfordern und zur Ablehnung des Klimaschutzes führen, erklärte Grüne-Ministerin Leonore Gewessler ihre Entscheidungen.

DIE FURCHE · 42 19. Oktober 2023 Literatur 13 Von Maria Renhardt Eine außergewöhnliche Frau wird 100. Ilse Helbich ist als Autorin erst spät in die Öffentlichkeit getreten. Ihre Literatur ist ein seltener Glücksfall. Soeben sind ihre Dorfgeschichten „Wie das Leben so spielt“ erschienen. Ein Porträt zum großen runden Geburtstag. Mut und Entschlossenheit braucht es fürwahr, um mit 80 Jahren eine literarische Karriere zu starten. Die österreichische Autorin und Publizistin Ilse Helbich, die in Kürze ihren 100. Geburtstag feiert, verfügt über beides. Wenn der Literaturkritiker Anton Thuswaldner in seiner Laudatio zu ihrem 90. Geburtstag von der „rebellischen Generation der Unberechenbaren“ spricht, die nicht daran denkt, im Alter zu schweigen und dem Lauf der Welt untätig zuzusehen, dann trifft dies wohl in besonderer Weise auf Ilse Helbich zu. Denn gerade sie hat im Laufe ihres Lebens mit zunehmendem Alter Sicherheiten immer kühner hinter sich gelassen und Traditionen schon zu einer Zeit den Rücken gekehrt, als weibliche Autonomie noch keine Selbstverständlichkeit war. Helbich ist 1923 in Wien geboren. Ihre Kindheit verbringt sie in einer wohlhabenden, aber kühlen und strengen Familie samt abenteuerlichen Ferienzeiten am großelterlichen Anwesen im Waldviertel oder am Mittelmeer. Als Frau kommt sie für die Nachfolge im Betrieb ihres Vaters nicht in Frage, daher darf sie studieren. Nach grauenvollen Kriegserfahrungen mit traumatischen Erlebnissen folgt ein Intermezzo in einem Verlag, bis sie eine von Anfang an unglückliche Ehe eingeht, in der sie als Mutter von fünf Kindern und Hausfrau ausgelastet ist. Dennoch wendet sie sich schon früh dem Schreiben zu und publiziert gelegentlich verstreut kleinere literarische Texte für den ORF, das Feuilleton der Presse oder DIE FURCHE. Späte Neuorientierung Als markante Zäsur in ihrem Leben kann man wohl die Trennung von ihrem Mann nach 30 Jahren Ehe sehen. In ihrem Debüt „Schwalbenschrift“ (2003), in dem sie später ihre eigene Geschichte autofiktional mit bemerkenswerter Präzision verarbeitet und unprätentiös in einem breiten sozialhistorischen Zeitgemälde verortet, reflektiert sie diesen Schritt: „Sie hat über den Entschluss nicht lange nachgedacht – von einer auf die andere Stunde weiß sie, dass sie gehen muss [...] Sie vergisst fortan nicht, dass Freiheit sich auch im materiellen Freisein gründet.“ Ihre finanzielle Absicherung resultiert aus dem Verkauf ihrer Firmenanteile, was für sie Neuanfang und Autonomie um vieles leichter macht. Erst retrospektiv kann sie in einem Gespräch mit dem Wien Museum feststellen, dass sich diese Befreiung aus patriarchalen Strukturen bei ihr als „eruptiver Ausbruch“ und nicht als sanfte Entwicklung vollzogen hat. Es braucht Zeit, um eine Neuorientierung zuzulassen. Schreiben als Echoraum Foto: Privat „Sternregen auf diesen Stern“ Irgendwann möchte sie ein eigenes Haus am Land. In Schönberg am Kamp wird ihr die zentral gelegene baufällige Alte Post zum Kauf angeboten: „Die Besitzer haben dem alten Gebäude die Fenster ausgebrochen, wie Wunden sitzen die neuen Glotzfenster in der Fassade. Notdürftig sind die weiten Räume in schluffartige Kammern geteilt und außen und innen billige ‚Verschönerungen‘ angebracht worden. / Der Garten, in den das U-förmig angelegte Gebäude hineingestellt ist, zeigt sich als eine Wildnis, Brennnessel, Brombeeren, unbekanntes Krautwerk wuchern hüfthoch, Efeu schlingt sich dicht um alte Bäume“, schreibt sie in ihrer „Schwalbenschrift“. Helbich ersteht und renoviert das Haus. Es trägt Spuren einer langen, wechselvollen Geschichte in sich. Später setzt sie dem Prozess der baulichen Metamorphose in ihrem Roman „Das Haus“ ein Denkmal. Im Nachhinein bewertet sie im Standard diese Phase auch als wesentlich für ihre persönliche Weiterentwicklung: „Indem ich dieses Haus erlöst habe, habe ich mich selbst erlöst. Das war keine gute Tat, es war eine Notwendigkeit. Mit dieser Aufgabe sind viele Bedrängnisse und Ausweglosigkeiten von mir abgefallen. Ich bin mit diesem Haus eine andere geworden.“ Hier in ihrer neuen Bleibe mit mittlerweile prächtig blühendem Garten gibt sich Ilse Helbich, die ihren literarischen Vorlass bereits dem niederösterreichischen Literaturarchiv übergeben hat, fortan unermüdlich dem Schreiben hin. „Die Tätigkeit des Schreibens liegt in einer Sicherheitszone“, hält sie später in „Anderswohin“ fest. Helbichs facettenreiches Alterswerk präsentiert sich als Spiegel ihrer Interessen, als Echoraum vielfältiger philosophischer, literarischer und spiritueller Reflexionen. Ähnlich wie Friederike Mayröcker macht sie auch die Bürde des Alters zum Thema, etwa in ihren Bänden „Schmelzungen“ oder „Anderswohin“. Hier geht es um physische Einschränkungen, um massive Veränderungen im Alltag, aber auch um das Bedauern, „ohne Aufgabe“ zu sein und auf das Körperliche reduziert zu werden: „Als stünde der Alte mitten in einer Sandwüste, ausgesetzt einer unbarmherzigen grellen Sonne. Da die Stimme der Betreuerin: ‚Sie sollten unbedingt mehr Flüssigkeit zu sich nehmen. Ich habe Ihnen hier eine Tasse warmen Fencheltee gebracht.‘“ Aber aus dem Versuch, mit dieser Lebensphase zurechtzukommen, erblüht auch eine strahlende Form der Gelassenheit mit schwebender Ruhe: „Sich überlassen? Sich überlassen.“ Fragen, Sätze oder Notate inspirieren, so im Lyrikband „Gehen“ („Wie schwer es ist, leicht zu sein“) oder sie sind Poesie: „Sterne auf wispernden Bahnen / Sternregen auf diesen Stern“. Tief in die Seele geblickt Rechtzeitig zu ihrem Geburtstag ist das schmale Bändchen „Wie das Leben so spielt“ mit drei neuen Erzählungen erschienen, die sie selbst als „Dorfgeschichten“ bezeichnet. Schauplatz ist die Gegend um das Kamptal. In gewisser Weise erinnert die Prosa sogar ein wenig an die Novellen Marie von Ebner-Eschenbachs. Denn Helbich blickt den Menschen tief in die Seele und lotet mit feinen Strichen auch ihre Abgründe aus. Eine Frau dient bei einem Professorenehepaar und ist ihm treu ergeben. Als es sich einen Hund zulegt, ist es die Haushälterin, die nach Versäumnis und Unvorsichtigkeit des Herrn das verletzte Tier pflegt und wieder ins Leben „ Es erstaunt immer wieder, wie viele verschiedene Erzählwelten Helbich in ihrem Œuvre vereinigt hat. “ zurückholt. Viele neue schwierige Situationen sind in diesem Haushalt zu bewältigen. Nach einer verhängnisvollen Entdeckung kulminiert das Geschehen in Gewalt. Die Geschichte bringt in der detailgetreuen Zeichnung der Charaktere das psychische Unterfutter zum Vorschein, das die sukzessive Entwicklung der inneren seelischen Verstrickung mit Wut und Rache als Ventil offenbart. Das Unheil entfaltet sich schrittweise aus den Zudringlichkeiten des Lebens und des Milieus. Gefeiert Mit „Schwalbenschrift“ veröffentlichte Ilse Helbich 2003 ihr erstes Werk. Für die promovierte Germanistin war dies der Beginn ihrer Karriere als Schriftstellerin. Neben der Erzählung „Einfach so“, die das schwierige Verhältnis einer Tochter zur Mutter thematisiert, lässt sich Helbich in ihrer dritten Geschichte „Welten“ auf das Spiel mit dem schwebenden Erzählen samt offenem Ende ein. Der Eigenbrötler und Außenseiter des Dorfes – Ignaz – freundet sich mit einem zwölfjährigen Buben an, bis diesem der Kontakt mit ihm verboten wird. Als Erwachsener kauft er nach dem Tod des Mannes dessen Anwesen und findet darin ein Schulheft. Zunächst vergräbt er es in Ignazʼ Grab, später schenkt er es seiner Tochter. Aber das Geheimnis bleibt. Es erstaunt immer wieder, wie viele verschiedene Erzählwelten Helbich in ihrem Œuvre vereinigt hat. Ihre Texte sind von großer Wahrhaftigkeit und Tiefe, aber auch von Leichtigkeit geprägt. Ilse Helbich ist ein Glücksfall für die Literatur. Mögen ihr noch viele Momente lustvollen Schreibens geschenkt sein! Wie das Leben so spielt Von Ilse Helbich Droschl 2023 80 S., geb., € 19,–

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