DIE FURCHE · 42 10 Diskurs 19. Oktober 2023 ERKLÄR MIR DEINE WELT Die Doppelmoral macht mich fertig Den gesamten Briefwechsel zwischen Johanna Hirzberger und Hubert Gaisbauer können Sie auf furche.at bzw. unter diesem QR-Code nachlesen. Johanna Hirzberger ist Redakteurin von „Radio Radieschen“ und freie Mitarbeiterin von Ö1. Den Briefwechsel gibt es jetzt auch zum Hören unter furche.at/podcast Ihr Brief erreicht mich im Badezimmer. Ich sitze panisch vor meiner Waschmaschine. Mir ist das Reinigungsmittel „ausgekommen“ und nun blicke ich im Sekundentakt zur Waschtrommel. Sie ist bis oben hin gefüllt mit Schaum. Na, super! Und natürlich passiert mir genau so etwas an einem Tag voller Termine. Ich frage mich, wann ich endlich erwachsen genug bin, um in so einem Moment nicht intuitiv meine Eltern anzurufen, weil ich davon ausgehe, dass sie immer alles wissen. Aber nun zu Ihrem Brief. Gerne würde ich mich so für den „ Birgt die Struktur, die die Kirche mit sich bringt, nicht zu große Gefahr für Ausgrenzung? Welche Struktur könnte die Institution vor Machtmissbrauch bewahren? “ Text von Franziskus begeistern können, wie Sie es tun. Definitiv werde ich ihn lesen. Aber Religion ist gerade wirklich ein sehr schwieriges Thema. Manchmal frage ich mich, auch bedingt durch die aktuellen Konflikte, ob sie nicht unnötig ist, weil in ihrem Namen so viel Schaden und Leid angerichtet wird. Ja, ich weiß, Religion ist nicht Extremismus und eigentlich geht es um Werte wie Liebe und Hoffnung und so weiter. Und ich halte ja auch selbst noch an diesen Vorstellungen fest. Aber ganz ehrlich, die gelebte Doppelmoral macht mich fertig. Glaube braucht keine Religion Wer kennt nicht diese Person, die sich wahnsinnig in der Kirche engagiert, Spenden für andere Länder sammelt und dort missioniert, um dann zu Hause über Menschen mit Migrationshintergrund zu schimpfen, die sich nicht genug anstrengen, nicht dankbar genug sind. Die sich selbst durch ihren Glauben anderen Menschen gegenüber abgrenzen und erhöhen. Ihr Motto: Ich bete, also bin ich (ein besserer Mensch). Was ich damit sagen möchte, – birgt die Struktur, die die Kirche mit sich bringt, nicht zu große Gefahr für Machtmissbrauch und Ausgrenzung? Oder anders gefragt: Welche Struktur könnte die Institution Kirche vor Machtmissbrauch bewahren? Ich freue mich auf Ihre Meinung. Religion braucht Glaube, aber Glaube braucht keine Religion, stand in dem Buch, das ich am Wochenende verschlungen habe – und ich fühl’s. Übrigens, mittlerweile ist die Waschtrommel schaumlos, Gott sei Dank! Sollten Sie je in eine solche Situation geraten wie ich heute, kippen Sie feines Salz und ein Glas Wasser in das Seifenfach. „Das Gesicht zum Geschriebenen“ Abschließen möchte ich mit einer freudigen Begegnung. Lieber Herr Gaisbauer, wissen Sie eigentlich, dass wir eine Fan-Gemeinschaft haben. Ok, das ist vielleicht ein bisschen übertrieben, aber ich freue mich sehr, wenn unsere Texte wertgeschätzt werden. Gestern war ich in einer Apotheke. „Das Gesicht zum Geschriebenen“ – so oder so ähnlich sprach mich die freundlich lächelnde Apothekerin unerwartet an. Gehetzt vom Alltag verstand ich im ersten Moment nicht, was sie meinte. Als ich gehen wollte, erwähnte sie Ihren Namen und DIE FURCHE, die sie seit langer Zeit abonniert hat. Voll cool, so was ist mir zuvor noch nie passiert. „Vielleicht schreibe ich ja von dieser Begegnung“, rief ich ihr hinterher. Wir lachten und nun ja, ich wollte Ihnen, lieber Herr Gaisbauer, diesen schönen Moment nicht vorenthalten, wir sind ja irgendwie ein Team. Carl Peez In FURCHE Nr. 10 4. März 1948 Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab Großbritannien seine Verantwortung als Mandatsmacht Palästinas ab. Die Zukunft Palästinas lag nun in den Händen der Vereinten Nationen. Deren Generalversammlung, auf die sich dieser Text bezieht, traf am 29. November 1947 eine historische Entscheidung: Sie verabschiedete eine Zwei-Staaten- Lösung, die bis heute nicht existiert und deren Idee noch immer zu heftigen Auseinandersetzungen und Kriegen, wie dem jüngsten Angriff der Hamas auf Israel, führt. Das Palästinaproblem stellt für die Organisation der Vereinten Nationen eine Gefahr da. Es bleibt nur zu hoffen, dass eine friedliche Lösung gefunden wird. Verhängnisvolle Entscheidung Kein glücklicher Stern waltete über der Generalversammlung der „Vereinten Nationen“, als sie am 30. November 1947 in Flushing Meadows die Teilung Palästinas zum Beschluß erhob. [...] Vergeblich hatten die arabischen Staaten einen letzten Vermittlungsvorschlag gemacht, das Heilige Land zu einem Föderativstaat nach dem Muster der USA oder der Schweiz umzugestalten, der aus jüdischen und arabischen „Kantonen“ bestehen sollte. Aber die Vollversammlung faßte den Teilungsbeschluß, der die Wirren in Palästina aufs äußerste verschärft und die Institution der Vereinten Nationen selbst in eine schwere Krise gestürzt hat. Der Sprecher der Arabischen Liga, der syrische Delegationsführer Emin Arsl-n, rief der Versammlung nach der Abstimmung zu: „Die Charta der Vereinten Nationen ist tot — ermordet — und Sie kennen die Mörder!“ [...] Während in Palästina nach der Entscheidung der UNO sofort der blutige Krieg zwischen Arabern und Juden losbrach, harrte ein fünfköpfiger Untersuchungsausschuß der Vereinten Nationen vergeblich auf die Möglichkeit, in das Land einzureisen und die Übergabe und genaue Abgrenzung der den beiden Streitteilen zugesprochenen Teile vorzubereiten. [...] Die britischen Truppen haben mit dem Abmarsch bereits begonnen, der bis 1. August beendet sein soll. Aber schon zum 15. Mai übergibt England die gesamte Verwaltung des Landes und damit die Verantwortung für alle weiteren Ereignisse der UNO und beschränkt sich von diesem Tage an auf den Schutz seiner Räumungsoperationen. [...] Die Lage hat sich nun durch eine Reihe von Mißgriffen so ernst gestaltet, daß das britische Außenamt in einem Memorandum zur Palästinafrage die durch den Teilungsbeschluß aufgeworfenen Probleme als Zerreißprobe für die Vereinten Nationen darstellt. „Es wird“, so heißt es in der Denkschrift, „in der nächsten Zeit zu ernsten Spannungen innerhalb der Vereinten Nationen kommen, die weitaus schwerwiegender sein werden, als alle, die die UNO bisher durchmachen mußte.“ Generalsekretär Trygve Lie selbst hat in besorgten Worten auf die Gefahren hingewiesen, die das Palästinaproblem für die Organisation der Vereinten Nationen bedeute. Man kann nur hoffen, daß Foto: Wikipedia sich hier, wie sooft in ernster Stunde, ein „Weg zu friedlicher Lösung, finden werde. [...] Der unter unfreundlichen Grabreden verabschiedete Völkerbund hatte in den 14 Jahren, von seiner Gründung bis zum abessinischen Krieg, eine lange Liste erfolgreich gelöster Spannungen, geschlichteter Konflikte zu verzeichnen, eine Liste, welche die „Vereinten Nationen“ noch nicht begonnen haben. 3800 AUSGABEN DIGITALISIERT VON 1945 BIS HEUTE ÜBER 175.000 ARTIKEL SEMANTISCH VERLINKT DEN VOLLSTÄNDIGEN TEXT LESEN SIE AUF furche.at Medieninhaber, Herausgeber und Verlag: Die Furche – Zeitschriften- Betriebsgesellschaft m. b. H. & Co KG Hainburger Straße 33, 1030 Wien www.furche.at Geschäftsführerin: Nicole Schwarzenbrunner, Prokuristin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Chefredakteurin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Redaktion: Philipp Axmann, Dr. Otto Friedrich (Stv. Chefredakteur), MMaga. Astrid Göttche, Dipl.-Soz. (Univ.), Brigitte Quint (Chefin vom Dienst), Victoria Schwendenwein BA, Dr. Brigitte Schwens-Harrant, Dr. Martin Tauss, Mag. 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DIE FURCHE · 42 19. Oktober 2023 Diskurs 11 Nach dem „Burger“-Video buhlt der SPÖ-Chef um ÖVP-Wähler – und Karl Nehammer um Caritas, Diakonie und Co. Fakt ist: Der linke Flügel der Volkspartei scheint verschwunden. Ein Gastkommentar. Ein Stück des Weges mit Christlich-Sozialen? Andreas Babler übt den Vorwahlkampf: Zuletzt sandte er eine Einladung an die „Christlich-Sozialen“ der Volkspartei, mit der SPÖ doch „ein Stück des Weges gemeinsam zu gehen“. Damit schließt er an den Slogan an, den Bruno Kreisky an die „Bürgerlichen“ gerichtet hatte. Doch die Umstände sind verschieden. Kreisky – eher Sozialdemokrat denn Sozialist – war Bourgeois und Citoyen gleichermaßen; Babler hingegen – eher Sozialist denn Sozialdemokrat – ist weder noch. Unabhängig vom Habitus ihres einstigen und heutigen Vorsitzenden bergen die Avancen der SPÖ in Richtung „Mitte“ allerdings nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. Weite Kreise der bezirzten Christlich-Sozialen teilen mit der neuen SPÖ-Führung nämlich einen wichtigen alten Affekt: die Abneigung gegen eine Koalition mit der FPÖ. Seriöse Mitte zwischen den Extremen Parallel dazu wird deutlich, dass seitens der ÖVP Kontakt und Kontext mit Menschen und Inhalten, die sich christlich-sozial definieren, schwächer werden – trotz aller momentanen Bemühungen von Karl Nehammer, die Irritationen durch das jüngste „Burger“-Video bei einem Gesprächstermin mit Sozialorganisationen zu glätten. Das liegt nicht nur an der – weniger rationalen als emotionalen – Distanz der Volkspartei zur sogenannten „Caritas & Diakonie-Fraktion“, der sie Nähe zu den Grünen unterstellt, sondern auch am Verschwinden eines „linken“ Flügels, wie er nach dem Zweiten Weltkrieg sehr wohl bestanden hatte. Dabei liegen die Themen und Titel heute mehr denn je auf der Hand: von der Mieten- über die Preisbis zur Steuerpolitik usw. So ist die Abschaffung der Kalten Progression gewiss ein „großer Wurf“ zur Stärkung der Mitte; von der enormen Inflation sind freilich die Ärmsten und Reichsten am meisten betroffen: negativ die einen und positiv die anderen. Worunter die einen leiden, darüber lachen die anderen: als Verlierer bzw. Gewinner von Spekulation. Dass die Kluft zwischen Arm und Reich – auch objektiv – immer größer wird, provoziert christlich-soziale oder „linke“ Politik; und nur, wenn sie das beachtet, bleibt die Volkspartei Foto: Privat DIESSEITS VON GUT UND BÖSE Von Thomas Köhler „ Nur wenn sie die größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich beachtet, bleibt die ÖVP ,Volkspartei‘. “ dem Anspruch ihres Namens authentisch verbunden. Will die ÖVP gegen die Verlockung der SPÖ ankämpfen und wieder zu einer Integrationsbewegung der rechten und linken Mitte werden, muss sie sich des Ansporns erinnern, wie er aus ihrem Bekenntnis zu Personalität, Solidarität und Subsidiarität in Wort und Tat erwächst. Denn viel mehr als populistische Extreme braucht eine seriöse Mitte den Bezug zur Wurzel, um nicht ab- oder auszusterben. Das gilt nicht nur für die österreichische, sondern auch für die europäische Ebene, wo EVP und SPE immer mehr an Einfluss gegenüber politischen Rändern verlieren, weil sie ihre Tradition und Ideologie vergessen oder verdrängen. Sie scheinen sich ihrer zu schämen, als repräsentierten sie nicht Weite, sondern Enge. Verlegenheit aber wird nicht gewählt. Dass die Christliche Demokratie – zum Beispiel unter Konrad Adenauer oder Alcide de Gasperi – so profund war, hing mit ihrer Breite, Tiefe und Höhe zusammen: In ihren Reihen vereinte sie nicht nur christlich-konservative und christlich-liberale Strömungen, sondern besaß auch einen christlich-sozialen Flügel. Dass der sich durchaus „links“ verstand, belegen das „Ahlener Programm“ der CDU (1947) oder die Corrente der Sinistra Democrazia Cristiana. Wie sieht es aber heute aus? In Italien engagiert sich – wohl zu Bablers praktischer und Kreiskys theoretischer Freude – die frühere Sinistra Democrazia Cristiana im Partito Democratico Seite an Seite mit Vertretern des ehemaligen Partito Comunista. In Deutschland gibt sich die CDU – mühsam – ein neues Programm. Ein „linker“ Wurf wird es nicht werden. Man erschöpft sich in Diskussionen über „Brandmauern“ gegen „rechts“. Doch das reicht nicht. Notwendige „Bewahrung der Schöpfung“ Die Europäische Union – die historisch wichtigste Initiative der Christlichen Demokratie – basiert nicht auf nationalen oder gar nationalistischen Ideen, wie sie heute von einigen Mitgliedsstaaten propagiert werden. Vielmehr ist sie ein inter- und supranationales Konstrukt. Um inner- und außerhalb ihrer selbst weiter Frieden zu stiften, hat sie neben das ökonomische Primat, das sich vor und nach 1989 als dominant erwiesen hat, dringend ein soziales und ökologisches zu stellen. Nur so ist sie zukunftswillig und -fähig und bleibt ein ebenso historisches wie politisches Vorbild. Zur „Bewahrung der Schöpfung“ drängen Raum und Zeit. Vieles ist aus den Fugen geraten und manches ruft nicht nach Evolution allein. Dass die Wurzeln der Christlichen Demokratie just in der Französischen Revolution liegen, weiß nach wie vor nur eine be- und erlesene Minderheit. Als ewige Antwort auf die Anfragen von gestern, heute und morgen lautet ein bekanntes Zitat: „Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht, Gehorsam aber zu Verbrechen.“ Andreas Babler wird es vielleicht Bert Brecht zuschreiben, der es aber bloß kopiert hat; in Wirklichkeit stammt es von Vincenco Goacchino Pecci, dem späteren Papst Leo XIII., der mit Rerum Novarum 1891 die erste Sozialenzyklika veröffentlicht hat. Seine Zeilen muten wohl aktueller an denn je. Gehen mir doch mit ihnen im Herzen ein Stück des Weges gemeinsam und fassen wir Mut. Eine Zumutung? Eine Zu-mutung! Der Autor ist Geisteswissenschaftler und Co-Herausgeber des „Jahrbuchs für politische Beratung“ (Edition mezzogiorno). ZUGESPITZT Kein kurzer Prozess Was machen politische Parteien, wenn in ihren Reihen Unschönheiten sichtbar werden? Sie beauftragen Compliance-Officer, die sich um wundersam verteuerte Schrebergärten kümmern; sie konsultieren Historikerkommissionen, die braune Flecken inspizieren; oder sie wenden sich an den parteieigenen Ethikrat, der final bewerten soll, ob irgendwelche Chats nur ein wenig ungustiös waren oder doch ein wenig mehr. Das Salzamt schafft solche Selbstbespiegelungen, die mit eigenen Unschönheiten kurzen Prozess machen sollen, in der Regel auch ganz gut. Etwas länger wird der Prozess, wenn auch andere auf die Unschönheiten schauen, zum Beispiel in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Das läuft manchmal besser und manchmal schlechter, manchmal eleganter und manchmal unschöner – aber immerhin coram publico und unter Wahrheitspflicht. Wenn auch das nicht mehr hilft, weil das mit der Wahrheit womöglich nicht so tausendprozentig ernst genommen wird (es gilt stets die Unschuldsvermutung), dann gibt es immer noch ein Gericht. Dass hier selbst ehemaligen Regierungschefs ein kurzer oder langer, aber jedenfalls fairer Prozess mit jeder Menge Zeugen gemacht werden kann – das ist ganz schön eigentlich. Doris Helmberger PORTRÄTIERT Kämpfer auf dem schwierigen Rückweg zur Rechtsstaatlichkeit Kind, als junger Mann war ich ein typischer Hooligan“, sagte Donald Tusk vor einigen Jahren in einem Interview über sich selbst. Nun „Als ist es ausgerechnet er, der Polen mit seinen 38 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern zurück auf den Pfad der liberalen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit führen könnte – und nach zahllosen Konflikten mit der Kommission gleichsam „heim nach Europa“. 30,7 Prozent erhielt die liberal-konservative „Bürgerkoalition“ (PO) des ehemaligen Regierungschefs und EU-Ratspräsidenten bei den Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag. Damit blieb man zwar deutlich unter der bisher regierenden nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) von Tusks langjährigem Intimfeind Jarosław Kaczyński, die mit 35,4 Prozent der Stimmen stärkste Kraft bleibt. Dennoch könnte nach der Richtungswahl im Land an der Weichsel ein Machtwechsel bevorstehen: Schließlich kommt das Dreierbündnis von Tusks Bürgerplattform mit dem christlich-konservativen „Dritten Weg“ (14,4 Prozent) und dem Linksbündnis „Lewica“ (8,6 Prozent) auf 249 der insgesamt 460 Sitze im Parlament – und damit auf eine Mehrheit der Mandate. Die ultrarechte „Konfederacja“, die u.a. für eine noch weitere Verschärfung des Abtreibungsverbots eintrat und auch antisemitisch agierte, erhielt letztlich nur 7,16 Prozent. Auch jenes Referendum, mit dem die PiS mit Suggestivfragen Stimmung gegen die EU-Migrationspolitik machen und Wähler mobilisieren wollte, scheiterte. Entschieden ist nach dem Urnengang mit seiner Rekordbeteiligung von über 74 Prozent die politische Zukunft Polens freilich noch nicht. Zwar richteten Tusk und seine Mitstreiter den Appell an Staatspräsident Andrzej Duda, den Regierungsauftrag gleich an die bisherigen drei Oppositionsparteien zu übertragen. Doch ist davon auszugehen, dass der Erstgereihte und bisherige Ministerpräsident, Mateusz Morawiecki (zudem Parteifreund Dudas), zum Zug kommen wird – selbst wenn er keine Regierungsmehrheit in Aussicht hat. Und selbst wenn Tusk bald ans Ruder käme und der bis 2025 amtierende Duda ihn nicht mit einem Veto blockieren würde, hätte Tusk einstweilen die wichtigsten Staatsorgane gegen sich: Sowohl der Verfassungsgerichtshof wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen, die Staatsanwaltschaft, das Justizsystem und die Nationalbank werden von der PiS kontrolliert. Polens Rückweg zur liberalen Demokratie – er wird steinig werden. (dh) Foto: APA / AFP / Janek Skarzynski Donald Tusk, 2014 bis 2019 EU-Ratspräsident, wurde mit seiner Bürgerplattform (PO) Zweiter, hat aber gegen Intimfeind Kaczyński gepunktet .
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