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DIE FURCHE 19.10.2023

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DIE FURCHE

42 · 19. Oktober 2023 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 79. Jg. · € 6,– Ekstasen der Gegenwart: Im absoluten Jetzt In Zeiten der Zukunftsangst boomt die Suche nach dem intensiven Augenblick: Warum Ekstasen auch politisch relevant sind. · Seiten 18–19 Der Donald Trump von Buenos Aires Hoffnungsvoll und liebesfähig bleiben Weitläufige Wiener Melange Javier Milei könnte am 22. Oktober Argentiniens neuer Präsident werden. Über eine Wahl zwischen Protest und Hoffnungslosigkeit. · Seite 5 Warum angehende Lehrkräfte für ihre Arbeit in einer immer herausfordernderen Zeit religiös-spirituelle Ressourcen brauchen. · Seite 7 Die Viennale zeigt wieder eine breite Schau des Filmschaffens. Das Spektrum reicht von Kunstkino bis zu großen Produktionen. · Seite 16 Das Thema der Woche Seiten 2–4 Das größte Massaker an Juden seit 1945 schockt die Welt. Doch die Solidarität mit den Opfern und das klare Benennen der Täter währten nur kurz. Stattdessen wächst der Hass auf Israel. Nach dem Pogrom Foto APA/AFP/Daniel Leal Foto: Privat „Sternregen auf diesen Stern“ Eine außergewöhnliche Frau wird 100. Ilse Helbich ist als Autorin erst spät in die Öffentlichkeit getreten. Ihre Literatur ist ein seltener Glücksfall. Soeben sind ihre Dorfgeschichten „Wie das Leben so spielt“ erschienen. Ein Porträt zum runden Geburtstag. Seite 13 Die Ereignisse in Nahost überschlagen sich. Lösungen des Konflikts scheinen ferner denn je. Dennoch: Will sich Europa einbringen, ist nachhaltige Abkehr vom Antisemitismus unabdingbar. Tage der Verstörung AUS DEM INHALT Erstaunlich ruhig – taktisch klug Seit einem Jahr ist Giorgia Meloni Ministerpräsidentin von Italien. Ihre Beliebtheitswerte steigen – ein Selbstläufer ist Melonis Erfolg dennoch nicht. Seite 6 Von Otto Friedrich Mag sein, dass auch diese Zeilen Makulatur sind, wenn sie erscheinen. So wie vieles rund um die Ereignisse im Nahen Osten von brutalen Aktualitäten überholt wird: Da war das Pogrom der Hamas vom 7. Oktober, ein menschenverachtendes Morden an Jüdinnen und Juden, wie es seit der Schoa nicht mehr stattgefunden hat. Da gab es am 16. Oktober das islamistische Schussattentat von Brüssel. Und einen Tag später folgte der Raketeneinschlag auf ein Krankenhaus in Gaza Stadt. Bei Redaktionsschluss der FURCHE waren weder die Vorgänge, noch Opferzahl, noch Urheber der Explosion klar. Man kann an diesen drei Ereignissen sehen, welche scheinbar unentrinnbare Lage sich hier aufgebaut hat: Als erstes hat das Pogrom der Hamas jedenfalls das politische Versprechen Makulatur werden lassen, dass die Existenz des Staates Israel nach der Tragödie der Schoa imstande ist, die Sicherheit aller Juden weltweit zu garantieren (Seite 2 dieser FURCHE). Dass diese schockierende Erkenntnis auch das sicherheitspolitische Versagen der aktuellen israelischen Politik samt den demokratiegefährdenden Entwicklungen im Land „ Die auch hierzulande zunehmende Sprachlosigkeit, gepaart mit der Unfähigkeit zum Diskurs, ist fatal. “ impliziert, ist evident. Es rechtfertigt das Pogrom jedoch in keiner Weise. Und im Gegensatz zu den autoritären Regimes und Failed States (Libanon ...) rundum stellt Israel immer noch das einzige Land der Region dar, in dem über die Ereignisse und Entwicklungen eine offene Auseinandersetzung stattfinden kann. Zum Zweiten hat das Brüsseler Attentat sicht bar gemacht, dass insbesondere westliche Gesellschaften neu mit Terror rechnen müssen. Das Pulverfass Nahost wird Europa und seine Menschen auf diese Weise weiter und wieder in Mitleidenschaft ziehen. Antisemitische Vorurteile weiter präsent Drittens bieten die Ereignisse rund um den Beschuss des Spitals in Gaza der Hamas willkommenen Stoff für Propaganda. Eine islamistische Internationale formiert sich neu – die Straße in den arabischen Ländern (und im Iran) hat die Hamas längst gewonnen. Die Toten, aber auch die Leidenden in Gaza sind ein wohlfeiles Faustpfand dieser politischen Strategie, die sich einmal mehr als menschenverachtend erweist. Bedrückend auch, dass das Benennen der Komplexität der Vorgänge – was auch bedeutet, den Finger in offene Wunden der israelischen Politik zu legen – selbst im Westen immer schwieriger wird: Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek löste auf der Frankfurter Buchmesse diesbezüglich mit seiner Rede einen Eklat aus, und die Preisverleihung fürs Buch einer palästinensischen Autorin wurde dort „vorsorglich“ verschoben (Seite 15 dieser FURCHE). Die auch hierzulande zunehmende Sprachlosigkeit, gepaart mit der Unfähigkeit zum Diskurs, ist jedoch fatal, weil sie Perspektiven, die in Bezug auf die Entwicklungen im Nahen Osten bitter nötig sind, verunmöglicht. Das hat aber wesentlich damit zu tun, dass in Europa – und in den deutschsprachigen Ländern zumal – der Antisemitismus längst nicht ad acta gelegt wurde. In den muslimischen und migrantischen Communitys wird er, so steht zu befürchten, noch unverblümter zu Tage treten. Aber auch der „alte“, autochthone Antisemitismus ist beileibe nicht ausgerottet. Dass beispielsweise zuletzt dem sich als Welterklärer und Wohnzimmerphilosoph gerierenden Richard David Precht in seinem Podcast mit ZDF-Moderator Markus Lanz uralte antisemitische Stereotype über orthodoxe Juden entschlüpften, zeigt, wie die unseligen Vorurteile weiter mitten in der Gesellschaft wüten. Solange dem so ist, verbietet sich eigentlich jeder Ratschlag gegenüber Israel. Ohne die nachhaltige Abkehr vom Antisemitismus – und das muss sich auch im Kleinen äußern – kann der demokratische Westen kein glaubwürdiger Player sein, der zur Lösung des Nahostkonflikts beiträgt. otto.friedrich@furche.at Von Brüssel in den Alltag Was die Europapolitik beschließt, ist für viele Menschen oft weit weg. Die Entscheidungen spüren sie trotzdem täglich – mit allen Vor- und Nachteilen. Seite 9 Buhlen um Christlich-Soziale Thomas Köhler kommentiert in „Diesseits von Gut und Böse“ das Ringen Andreas Bablers um ÖVP-Wähler – und vermisst einen linken Flügel in der Volkspartei. Seite 11 „Die Toten sind stetig präsent“ Der Autor Dževad Karahasan wurde posthum mit dem Fritz-Csoklich-Demokratiepreis geehrt. Wir bringen Auszüge aus der Laudatio von Karl-Markus Gauß. Seite 14 Rekon struktion einer Biografie Mit der feinen Klinge des Humors zeichnet Wolf Haas in seinem neuen Roman „Eigentum“ ein Porträt seiner Mutter, das die Bilanz unerfüllter Träume darstellt. Seite 15 furche.at Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0

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