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DIE FURCHE 18.07.2024

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DIE FURCHE · 29 2 Das Thema der Woche Die Macht der Märtyrer 18. Juli 2024 AUS DER REDAKTION Als Märtyrer verstand man früher Menschen, deren Haltung vorbildlich für eine ganze Gesellschaft ist, die lieber den Tod erleiden, als diese Einstellung zu verraten. Wolfgang Machreich zeigt im aktuellen Fokus auf, warum auch Engelbert Dollfuß, den der Juliputsch 1934 das Leben kostete, bis heute einen Märtyrerstatus inne hat. Doch man muss nicht 90 Jahre zurückgehen, sondern nur auf die andere Seite des Atlantiks blicken: Nachdem Anschlag auf Donald Trump könnte sich dessen religiöse Überhöhung nicht besser zuspitzen. Vielleicht auch, weil er sich einer Symbolik bediente, die einst ein anderer „Märtyrer“, nämlich Nelson Mandela, als universelles Zeichen gegen die Unterdrückung gebrauchte. Till Schönwälder beschreibt indes, was der Prediger Franklin Graham zu Trumps Höhenflug beiträgt. „Frag nichts. Sag nichts. Geh mit.“ – ist auf der ersten Seite des Feuilleton zu lesen. Oliver vom Hove fokussiert hier aus historischer Sicht die Drehscheibe Marseille zur Zeit der NS-Verfolgung. Matthias Greuling hat wiederum mit dem dänischen Weltstar Mads Mikkelsen über „den eigenen Platz im Leben“ gesprochen. So viel vorweg: Als Kind träumte dieser davon, später Pirat zu werden. Ein Heldenstatus wäre ihm sicher gewesen. Letzteren hatte definitiv der Ausnahmeartist Josef Eisemann, der im Nachkriegswien für das große Spektakel gesorgt hat. Ein Porträt über ihn rundet die dieswöchige Ausgabe ab. Und das ganz ohne (falschen) Märtyrermythos. (Brigitte Quint) Täter-Opfer-Kanzler Leben und Sterben von Engelbert Dollfuß (Aufnahme als Landwirtschaftsminister 1930) stehen exemplarisch für das innenpolitische Scheitern wie das außenpolitische Aufbäumen der Ersten Republik. Von Niklas Perzi Es ist eines der ikonografischen Bilder der österreichischen Geschichte: Der auf einem Sofa liegende Kanzler Engelbert Dollfuß, getötet am 25. Juli 1934 von Nazi-Putschisten im Bundeskanzleramt. Es hat jedoch an Wirkmächtigkeit verloren. Das Gedenken an das Nazi-Opfer Dollfuß an den runden Jahrestagen seines Todes scheint gegenüber dem als (Mit-)Zerstörer der parlamentarischen Demokratie in Österreich fast vollständig in den Hintergrund geraten zu sein. Im Gegenteil: Ein zentraler Erinnerungsort an Dollfuß und die Opfer des Juli-Putsches wurde aktuell mit der Räumung des Museums im niederösterreichischen Texing nicht überarbeitet, sondern geschlossen. Keine legale Machtübernahme Die lange Zeit ungeklärten Fragen rund um den NS-Putschversuch sind indessen vor allem durch die akribischen Forschungen des österreichischen Historikers Kurt Bauer für sein Standardwerk zum Thema „Hitlers zweiter Putsch“ (Residenz, 2014) weitgehend beantwortet. Als Bauer sich auch an die Entmystifizierung des sozialdemokratischen Februar- Aufstands machte, schlug ihm teilweise heftige Ablehnung entgegen. Als gesichert kann laut Bauer gelten, dass der Putsch auf Anweisung Hitlers geschah. Dollfuß widersetzte sich bei aller Verhandlungsbereitschaft den Machtansprüchen der Nationalsozialisten, dabei das warnende Beispiel seiner katholischen Parteifreunde im „Reich“ vor Augen. Mit seinem Bekenntnis zu Österreich als selbstständigen (wenn auch „deutschen“) Staat hatte Dollfuß den großdeutschen Konsens der Jahre nach 1918 in Österreich infrage gestellt. Aus dem überzeugten Anschlussfreund, Antisemiten und Republikaner seiner Jugend- und Studienjahre war der Herold eines neuen österreichischen Selbstbewusstseins geworden: Etwa wurde er von den meisten österreichischen Juden als Schutzherr gegen die Nazis gewürdigt; die Nazis wiederum diffamierten den Kanzler als Judenknecht; auch begriff man ihn mittlerweile als einen dem Habsburg-Mythos nützenden Politiker. Aus dem Ziel, Österreich in das Deutsche Reich zu holen, hatten die Nationalsozialisten nie einen Hehl gemacht. Aber seit der Machtergreifung in Berlin 1933 Dollfuß- Nachfolger Kurt Schuschnigg am 8. August 1974 über „Der 25. Juli 1934 – nach 40 Jahren“; nachzulesen unter furche.at. Der nationalsozialistische Putschversuch am 25. Juli 1934 kostete Bundeskanzler Engelbert Dollfuß und über hundert weiteren Republik- Verteidigern das Leben. Was bis heute fast unbeachtet blieb: Der NS-Aufstand wurde damals in Österreich erfolgreich niedergeschlagen. Vom Antisemiten zum „Judenknecht“ konnten sie zu dessen Umsetzung über die Mittel einer Großmacht verfügen, dass die Souveränität des Nachbarlandes über seine Grenzen und Staatsbürger ganz offen anzweifelte. Der Kanzler des Deutschen Reiches agierte gleichzeitig als „innerösterreichischer Oppositionsführer“, wie Dieter Binder vom Institut für Geschichte der Universität Graz diese Doppelrolle beschrieben hat. Mit der „Tausend-Mark-Sperre“ und der Drosselung der Industrieimporte wollte Deutschland den sowieso krisengeschüttelten Staat in die Knie zwingen. „ Das Gedenken an das Nazi- Opfer Dollfuß scheint gegenüber dem als (Mit-)Zerstörer der parlamentarischen Demokratie fast vollständig in den Hintergrund geraten zu sein. “ Das Dollfuß-Regime hatte den Nazis allerdings in einem Nebeneffekt mit der Ausschaltung von Parlament und (Neu-)Wahlen eine legale Machtübernahme nach deutschem Muster verunmöglicht. Die österreichische NSDAP wurde nach einer Serie von Terroranschlägen auf Infrastruktur und Menschen verboten und Österreich begann sich der Unterstützung Italiens und Frankreichs zu versichern. Dies beförderte in Hitler die Angst vor einer antideutschen Einkreisung und damit dem Ende seiner Großraumpläne. Deshalb der Befehl zum Putsch, der allerdings nicht mit der Ermordung Dollfuß’, sondern mit dessen Absetzung und dem Ersatz durch seinen christlich-sozialen Parteikollegen Anton Rintelen, der Aufnahme von NS-Ministern und Neuwahlen (!) enden sollte. Die Geschichte des dilettantisch durchgeführten Putsches und der Foto: picturedesk.com/ ÖNB-Bildarchiv / Max Fenichel (1885-1942) ebenso dilettantischen Gegenwehr ist oft erzählt worden und bot genügend Stoff zur Mythenbildung auf beiden Seiten. Kaum Beachtung fand und findet hingegen die auf den Putsch folgende Niederschlagung des NS-Aufstandes. In Teilen der traditionell deutschnational und protestantisch eingefärbten Bundesländer Salzburg, Steiermark, Oberösterreich und Kärnten schlug die SA gegen die Staatsmacht los. Die sozialrevolutionäre Truppe wurde besonders von jungen Bauerssöhnen, Knechten, dem Dorfproletariat, aber auch den Privatangestellten und Arbeitern unterstützt. Wie im Februar wurde auch diesmal auf beiden Seiten rücksichtslos und brutal vorgegangen. Die Hauptlast der Abwehr lag bis zum Einschreiten des Bundesheeres bei der Exekutive und der austrofaschistischen Heimwehr, die sofort mobilisierte. Insgesamt kostete die Niederschlagung des Aufstandes auf Seiten der Regierung 105 Menschen, davon 55 Heimwehr- Kämpfern und 23 Bundesheer- Soldaten das Leben. Ein Eingreifen der „Österreichischen Legion“, schwer bewaffneter österreichischer SA-Exilanten aus Deutschland, wurde im letzten Moment abgeblasen. Österreich hatte den Kanzler verloren, aber an internationalem Prestige gewonnen. Das „autoritär“ regierte Österreich hatte sich als erster Staat Europas den Expansionsplänen NS-Deutschlands erfolgreich entgegengestellt. Allerdings verstand es Dollfuß-Nachfolger Schuschnigg in den folgenden Jahren nicht, sich im Inland breitere Unterstützung zu sichern, die verordnete budgetäre Austerität trug zur Verelendung weiter Kreise der Bevölkerung bei, der gedemütigten Sozialdemokratie kam er nicht entgegen. Und in Europa war bald Appeasement mit Hitler angesagt: Das autoritäre Polen schloss genauso mit Deutschland Verträge wie Großbritannien. Italien wurde vom Gegner zum Verbündeten. Frankreich ließ Hitler, als er noch zu stoppen gewesen wäre, gewähren. 1938 opferten die europäischen Mächte schließlich das diktatorische Österreich genauso wie die demokratische Tschechoslowakei. Würdigung des Widerstandes Doch wie der Wiener Historiker Paul Mychalewicz in seiner aktuellen Publikation „Der bürgerliche Widerstand gegen das NS-Regime“ (Wien 2024) aufzeigt, formierte sich bald nach dem „Anschluss- Jubel“ 1938 der von früheren Anhängern und Akteuren der Dollfuß-Schuschnigg Jahre getragene katholisch-konservative Widerstand. Gewiss stand dabei (noch) nicht die parlamentarische Demokratie im Zentrum ihres Wollens. Damit aber waren sie in Europa nicht alleine. Es war das autoritäre Polen, das 1939 als erster Staat gegen Deutschland militärisch antrat und erst der Überfall auf die stalinistische Sowjetunion brachte mit deren Gegenwehr die Wende. In ihrem Schlepptau agitierten in den besetzten Staaten Europas die Kommunisten, die die größten Opfer im Widerstand gegen das NS-System erbrachten, auch in Österreich. Auch Claus Schenk Graf von Stauffenberg starb nicht mit dem Hinweis auf die demokratische Weimarer Verfassung, sondern mit dem „heiligen Deutschland“ auf den Lippen, als er nach seinem missglückten Hitler-Attentat am 20. Juli 1944 exekutiert wurde. In diesem Lichte wäre auch eine Würdigung des österreichischen (Staats-)Widerstands angebracht. Der Autor ist Historiker mit dem Schwerpunkt Österreichische und Tschechische Geschichte im 20. Jahrhundert.

DIE FURCHE · 29 18. Juli 2024 Das Thema der Woche Die Macht der Märtyrer 3 Der jetzige Märtyrer-Kult um Trump lässt ahnen, wie die religiöse Überhöhung von Bundeskanzler Dollfuß nach dessen Tod um sich griff. Heute ist „seine“ Kirche eine beliebte Hochzeitslocation. Von Wolfgang Machreich Die Windungen im Eisengeländer vor dem Kircheneingang verdanken sich keiner Schmiedekunst, sondern sind von Granatsplittern und Gewehrkugeln gedreht. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs war die Kirche auf der Hohen Wand eine wild umkämpfte Bastion, erklärt Robert Schara. Im wuchtigen Sakralbau auf dem Karstplateau über dem südlichen Wiener Becken verschanzten sich Wehrmachtsverbände, die den anrückenden Sowjet-Truppen im abschüssigen Gelände noch erbitterten Widerstand leisteten. Auf einem Tisch in der Sakristei stehen Blumenvasen verschiedener Form und Größe – aus dem Sortiment zieht Schara eine Granathülse. Mit dem zur Vase umgemodelten Kriegsrelikt in der Hand setzt er die politisch belastete und mit ideologischem Sprengstoff geladene Geschichte des Ortes ins Bild und beschreibt gleichzeitig den heute dort praktizierten pragmatischen Umgang damit. „Für uns ist das eine Kirche, wir feiern hier Gottesdienste, aber wir huldigen hier keinem Politiker, Staatsmann, Diktator, wie immer man zu Engelbert Dollfuß stehen mag“, sagt Schara als stellvertretender Vorsitzender des Pfarrgemeinderats der Ortschaft Dreistetten, zu der die Hohe-Wand-Kirche gehört. So wie die Gedächtnisstätte für den im Gefolge des Juliputsch 1934 ermordeten Bundeskanzler auf einer anderen Etage, quasi im Untergeschoß des Gebäudes liegt, unterscheidet Schara zwischen Kirche und Gedenkort: „Wir trennen das, was auch der ersten Intention dieses ursprünglich viel kleiner geplanten Kirchenbaus entspricht.“ Gedenkort statt Zweitwohnsitz Die Idee einer Kombination aus Kirche und Gedächtnisstätte auf der Hohen Wand soll von der Witwe des Bundeskanzlers gekommen sein. Dollfuß war mit der Gegend verbunden. Als Funktionär der Landwirtschaftskammer förderte er die Almweidegenossenschaft auf dem Hochplateau; als Landwirtschaftsminister trieb er den Bau der Bergstraße auf die Hohe Wand voran, die den Tourismus ankurbelte und für einen wirtschaftlichen Aufschwung in der Region sorgte. Die Wandgemeinde verlieh ihm dafür das Ehrenbürgerrecht, das Dollfuß mit dem Kauf eines Wochenendhauses mit Leben erfüllen wollte – dazu ist es nicht mehr gekommen, dafür zog Dollfuß als „Heldenkanzler“ und „Märtyrer“ auf der Hohen Wand ein. Anlässlich des ersten Jahrestages der Ermordung des Bundeskanzlers wurde die von der Vaterländischen Front errichtete „Dollfuß-Kirche“, wie sie damals in allen Zeitungen hieß, am 21. Juli 1935 eingeweiht. 10.000 Menschen kamen aus „allen Gauen Österreichs“ zu diesem religiös-politischen Hochamt. Sonderzüge wurden gestellt, Autobusse gechartert: „Endlos war die Kette der Autos, die sich durch das eisenrote Gestein die kühne Straße mit ihrer scharfen Steigung und den scharfen Kehren emporwand“, hieß es in einem Bericht, „endlos der Zug der Wandernden, der Männer und Frauen, der alten Weiblein und Kinder, die rucksackbeladen aufwärts zogen.“ Die hier beschriebene Völkerwanderung den Berg hinauf, dem Gnadenort entgegen, fügt sich nahtlos in den um Dollfuß aufgebauten Märtyrerkult. So zog der Wiener Kardinal Theodor Innitzer Parallelen zwischen Foto: Wolfgang Machreich Statt Dollfuß lockt die Aussicht dem Sterben des Bundeskanzlers und dem Kreuzestod Jesu. In seiner Ansprache zur Kirchweihe auf der Hohen Wand wünschte er, „dieses Kirchlein möge ein Wallfahrtsort werden für uns Österreicher“. Die Welle an religiösen Kommentaren, die das versuchte Attentat auf US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump gerade auslöst (siehe Seite 6), gibt eine Ahnung von der damaligen Attraktivität einer messianischen Führerfigur. Ins Heute passt auch das beherrschende Thema von Innitzers Kirchweih-Rede auf der Hohen Wand, die unversöhnliche Gegnerschaft zwischen den politischen Lagern: „Wir wollen das Wort ‚Gegner‘ oder ‚Feind‘ nicht mehr kennen“, forderte der Kardinal. Stattdessen sei es „ernstlich an der Zeit, nicht bloß scheinheilig seinen Friedenswillen zu betonen, sondern ehrlich mitzuarbeiten, daß unserem Volk, unserem geliebten Österreich in Bälde der Friede wieder werde“. Erst zehn Jahre später sollte dieser Friede Wirklichkeit und begonnen werden, die ideologischen, politischen und gesellschaftlichen Granathülsen zu Blumenvasen umzuwidmen. Dazwischen lagen auch für die Hohe-Wand-Kirche bewegte Jahre. Nach dem Anschluss an Hitler-Deutschland waren Messfeiern in der „Engelbert- Kirche“, wie sie der Volksmund nannte, verboten. Vom Turmkreuz wurde die Märtyrerkrone abmontiert, das Dollfuß-Relief und die Inschrift „Dem Märtyrerkanzler“ auf der Kirchenglocke entfernt; weg kam auch das Fresko in der Gedenkstätte unter der Kirche, das Christus als Geißelheiland zeigte, umgeben von Märtyrern, einer davon Engelbert Dollfuß. Robert Schara erzählt, die Gestapo habe den damaligen Pfarrer wegen vermeintlicher Dollfuß-Gedenkmessen am Ort immer wieder in die Mangel genommen. Dass die Kirche in den Kriegsjahren aber gerne besucht wurde, zeigen Inschriften aus dieser Zeit auf den Fensterbänken. Nach Kriegsende wurde die zerschossene Kirche zum Pferdestall. Erst ab 1948 durften wieder Gottesdienste gefeiert werden. Heute wird die Hohe-Wand-Kirche gerne für Hochzeiten angefragt, sagt Schara, „die schöne Lage, der Blick übers Land bieten einen besonderen Rahmen“. Den die Pfarre für Gottesdienste jeden ersten Samstag im Monat oder zu kirchlichen Ohne Schuldbekenntnis kein Friede, schrieb Hubert Feichtlbauer am 9. Februar 1984 im Leitartikel „Sünde und Sühne 1934“; nachzulesen unter furche.at. „ Für uns ist das eine Kirche, wir feiern hier Gottesdienste, aber wir huldigen hier keinem Politiker, Staatsmann, Diktator, wie immer man zu Engelbert Dollfuß stehen mag. “ Robert Schara, Pfarrgemeinderat Dreistetten Sankt Engelbert Die Skulptur zeigt den Hl. Engelbert, Erzbischof von Köln, der 1225 als Folge politischer Ränke ermordet wurde. Ein Vandalenakt machte aus dem Dollfuß- Gedächtnis ein Ge-ächtnis. Hochfesten wie Mariä Himmelfahrt, Ostermontag und für eine Christmette nützt. „Wir haben diese Kirche geerbt, sie steht unter Denkmalschutz, wir müssen sie erhalten, da ist es nur sinnvoll, wenn wir sie nutzen“, erklärt Schara den Umgang der Pfarre mit ihrem Erbe. Dazu gehört, dass auf die Außenwand der Dollfuß-Gedächtnisstätte gesprühte Antifa-Graffitis überpinselt werden. „Da sind schon viele Farbschichten übereinander“, kommentiert Schara den Aktionismus, der seiner Erfahrung nach „den Aufmerksamkeitswellen“ in der öffentlichen Diskussion um die Zeit des Austrofaschismus folgt. Am Boden der Gedächtnisstätte liegen die Scherben einer zerschlagenen Erinnerungstafel an den „Märtyrerkanzler“. Der Platz an der Wand ist leer, könnte für eine neue, andere Sicht auf damals genützt werden. Zum Beispiel im Sinne der unlängst abgegebenen Erklärung des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, zum 90. Jahrestag der Einführung der „Maiverfassung“ 1934 in Österreich: „Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Kirche haben in den Tagen des Austrofaschismus in großer Einseitigkeit der unter dem Deckmantel vermeintlich christlicher Politik agierenden Diktatur das Wort geredet und danach gehandelt – dieses Versagen müssen wir als Glaubensgemeinschaft bekennen.“

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