DIE FURCHE · 29 10 Diskurs 18. Juli 2024 ERKLÄR MIR DEINE WELT Das Gefühl der Leichtigkeit geht mir im Alltag ab Den gesamten Briefwechsel zwischen Johanna Hirzberger und Hubert Gaisbauer können Sie auf furche.at bzw. unter diesem QR-Code nachlesen. Johanna Hirzberger ist Redakteurin von „Radio Radieschen“ und freie Mitarbeiterin von Ö1. Den Briefwechsel gibt es jetzt auch zum Hören unter furche.at/podcast „ Zukunftsängste – was für ein schönes Geburtstagsgeschenk. Na gut, vielleicht setzt mir auch gerade die Hitze zu. Ich harre vor dem Ventilator aus. “ In wenigen Tagen feiere ich meinen Geburtstag. Schon im Kindergarten habe ich mir abgewöhnt, mich darauf zu freuen. In der Regel saß ich allein mit meiner Familie beim Grillen im Garten, während die meisten meiner Freunde auf Urlaub waren. Das tragische Schicksal eines Sonnenkindes. Naja. Inzwischen freue ich mich darauf, denn ich nehme mir immer eine Woche Heimaturlaub und lasse den Tag auf mich zukommen. Mittlerweile nimmt sich meine älteste Freundin, nach fast 20-jähriger Abstinenz und anhaltender Jammerei, auch an diesem Tag frei. Ein Highlight ist heuer außerdem, dass sich eine andere langjährige Schulfreundin, die inzwischen in Mexiko lebt, genau an meinem Geburtstag auf Heimaturlaub befindet. Man darf mich also Glückspilz nennen, denn ich weiß diese Freundschaften wirklich zu schätzen. Kaum ist unser Girl- Squad zusammen, nehmen wir die Sprache unserer Jugend an und freuen uns über alberne Wortwitze. Ganz ehrlich, dieses Gefühl der Leichtigkeit geht mir im Alltag oft ab. Ab welchem Zeitpunkt endet diese unbeschwerte Authentizität im Leben? Und warum? Können Sie mir das verraten? Meinem Umfeld habe ich diese Fragen auch gestellt. Es gab Stimmen, die meinten, dass es Teil des Erwachsenseins ist, nicht spontan auf Freunde zurückgreifen zu können. Jede und jeder habe mittlerweile ein eigenes Leben, berufliche und private Verpflichtungen. Dieser Begründung kann ich natürlich folgen, aber ich frage mich, wenn ich nicht jetzt in solche Freundschaften investiere, werde ich dann irgendwann im Alter einsam sein? Aus meinem Familienumfeld kenne ich jedenfalls niemanden, der oder die erst im späteren Leben neu Freundschaften geschlossen und gepflegt hat. Wie ist das in Ihrem Umfeld? Ein zweiter Gedanke beschäftigt mich rund um meinen bevorstehenden Geburtstag. Der Samen dafür wurde vor ein paar Wochen gesät, bei einem Kaffee. Ich sprach (mal wieder) mit einem Kollegen über den Journalismus als Berufsfeld und dessen Zukunft. Irgendwann setzt er sein Espresso-Häferl ab und fragt mich, wie alt ich denn eigentlich sei. „Naja, dann hast du auch keine Zeit mehr zu verlieren. In deinem Alter war ich schon in einer Führungsposition“, das war seine Reaktion auf meine Antwort. Der Prozess des Alterns ginge auch an mir nicht spurlos vorbei, so viel könne er mir verraten. Insgeheim hatte ich auf diesen Moment gewartet. Bisher hieß es immer, ich sei ja noch so jung und müsse erst Lebenserfahrung sammeln. Schwups, einen Wimpernschlag später ist gefühlt Hopfen und Malz verloren und ich muss mir ernsthafte Sorgen um meine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten machen. Zukunftsängste – was für ein schönes Geburtstagsgeschenk. Na gut, vielleicht setzt mir auch gerade die Hitze zu. Während die Bewohner meines Hauses reihum aus der Stadt flüchten, harre ich bis zu meiner Geburtstagswoche noch vor dem Ventilator aus. Zum Leidwesen meiner Hündin, die trotz ihres abenteuerlustigen Wesens nur ungern und für wenige Minuten das Haus verlässt. Ganz schnell springt sie dann über die aufgewärmte Straße zu ihrem Pinkelplatz. Ich mache mir jetzt jedenfalls einen Verlängerten mit Eiswürfel und verwöhne sie mit tiefgefrorenen Apfelspalten. Von Wolfgang Machreich Die Ergebnisse der Untersuchungskommission zur In FURCHE Nr. 24 Causa Pilnacek sind eindeutig: Es habe politische 3800 16.Juni 2021 Interventionen gegeben. Über Macht und Manipulation. Eine vom Justizministerium eingerichtete Untersuchungskommission hat politische Interventionen in der Amtszeit des verstorbenen Ex-Sektionschefs Christian Pilnacek bestätigt. Man habe in allen angeführten Punkten eine „positive“, weil zutreffende Befundung abgegeben, sagte Kommissionsleiter Martin Kreutner bei der Präsentation des Berichts vergangenen Montag. Die Kommission forderte als eine Konsequenz die Einrichtung einer unabhängigen Generalstaatsanwaltschaft. Pilnacek hatte bei einer heimlich aufgenommenen Runde mit Bekannten im Wirtshaus über Versuche der ÖVP berichtet, Ermittlungen zu beeinflussen. „Das österreichische Justizsystem ist ein prinzipiell sehr gutes“, stellte Kreutner nun der „Befundung“ voran. Aber es habe sich nach Ansicht der Kommission gezeigt, dass es eine „Zweiklassenjustiz“ gebe. Fehlende Distanz zur Politik sowie zu Medien wurde ebenfalls konstatiert, ebenso ein zum Teil stark frustrierender Instanzenzug. Wolfgang Machreich hat sich bereits 2021 mit der Frage beschäftigt, wie mächtig ranghohe Beamte wirklich sind. Eduard von Bauernfeld, der Hausdichter des Wiener Burgtheaters, reimte zu Metternichs Zeiten: „Zittre, du großes Österreich, / Vor deinen kleinen Beamten!“ Und vor den großen Beamten-Kaiser war einmal Beamten? [...] Die mediale Beschreibung der großen Sturzhöhe des suspendierten Sektionschefs im Justizministerium, Christian Pilnacek, bei der kein Bericht ohne die Zuschreibung „der (einst) mächtige Sektionschef“ auskommt, deutet in dieser Richtung. „Lange Zeit waren sie die wahren Mandarine in unserem Regierungssystem, direkt und nur dem Minister unterstellt, nahezu allmächtig in ihrem Wirkungsbereich, beeindruckende Persönlichkeiten, die auch ihre gesellschaftliche Stellung im Sozial- und Kulturleben der Stadt behaupteten“, schreibt Manfred Matzka in seinem Buch „Hofräte, Einflüsterer, Spindoktoren“. Das auf einen Sektionschef gemünzte Bonmot, der gesagt haben sollen: ,,Es ist mir eigentlich egal, wer unter mir Minister ist“, hält Matzka allerdings für falsch: „Kein tatsächlich einflussreicher Spitzenbeamter würde je so etwas sagen und kein Minister würde so etwas dulden.“ Matzka muss es wissen. 22 Jahre war er Sektionschef, fünf Jahre Kabinettschef, diente acht Ministern und sieben Bundeskanzlern. Die einstige Machtfülle von Sektionschefs sieht Matzka mittlerweile durch zwei Entwicklungen beschnitten: Zum einen wurden in den „letzten zwei Jahrzehnten die Ministerbüros stark vergrößert“, sagt er im FURCHE-Gespräch, „das hat die Tendenz verstärkt, in die Häuser hinein zu regieren, was den Gestaltungsraum der Verwaltungsspitze deutlich kleiner macht“. Zum anderen wurden zwischen den Ministern und Sektionschefs die Generalsekretäre als „politische Beamte“ installiert. [...] Foto: APA / EXPA / Johann Groder „Die Politik zieht sich viel zu oft die Gummistiefeln an und steigt in das operative Geschäft ein“, zeichnet Matzka das dafür passende Bild: „Die Verwaltung kommt dann in ihrer Rolle zu kurz und weil sie sieht, dass sie politisch ein starkes Backing braucht, dient sie sich an oder mischt sich politisch ein – und dann entstehen Chats, zu Dingen, wo man eigentlich nichts zu chatten hat.“ AUSGABEN DIGITALISIERT VON 1945 BIS HEUTE ÜBER 175.000 ARTIKEL SEMANTISCH VERLINKT DEN VOLLSTÄNDIGEN TEXT LESEN SIE AUF furche.at Medieninhaber, Herausgeber und Verlag: Die Furche – Zeitschriften- Betriebsgesellschaft m. b. H. & Co KG Hainburger Straße 33, 1030 Wien www.furche.at Geschäftsführerin: Nicole Schwarzenbrunner, Prokuristin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Chefredakteurin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Chefredakteurin Digital: Ana Wetherall-Grujić MA Redaktion: Philipp Axmann BA, MMaga. Astrid Göttche, Dipl.-Soz. (Univ.) 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DIE FURCHE · 29 18. Juli 2024 Diskurs 11 Was wäre gewesen, hätte man die umstrittene Linzer Gebärenden-Skulptur genutzt, um das Leben Marias zu meditieren? Fromme Wünsche zu „Crowning“. Eine Attacke des Antimodernismus Das Kloster Pantokrator im Nordwesten der griechischen Insel Korfu wird seit 1978 von Nonnen bewohnt. Etwa 30 Frauen zählt der Konvent, Nachwuchsprobleme kennt diese orthodoxe Abtei nicht. Die Nonnen sind weithin für ihre Ikonenmalerei bekannt, sie haben auch in der im 19. Jahrhundert errichteten Klosterkirche zahlreiche Ikonen beigesteuert. An einer ganz in der klassischen orthodoxen Bildsprache gehaltenen Darstellung bleibt das Auge des Betrachters hängen: Die Szene gibt den Besuch Marias bei Elisabeth wieder, wie ihn das Lukasevangelium beschreibt. Auffällig – und auch für orthodoxe Ikonen ungewöhnlich – ist, dass die noch ungeborenen Kinder der beiden Schwangeren im Mutterleib dargestellt sind: Jesus und Johannes der Täufer als Embryonen also. Sogar in der so strengen Kunstform wie der Ikonenmalerei kann die Menschwerdung Gottes auf diese Weise dargestellt werden: Es ist selbstverständlich, dass Jesus wie jeder Mensch auf die Welt gekommen ist. Marienfrömmigkeit ohne Behübschungen In der katholischen Kirche greift derartige Offensichtlichkeit längst nicht bei allen Schäfchen. Im diesjährigen Sommertheater, das Traditionalisten rund um die gebärende Marienstatue, die in einem Nebenraum des Linzer Doms ausgestellt war, veranstaltet haben, war in einschlägigen Foren zu lesen, man dürfe die Geburt Jesu deswegen nicht realistisch darstellen, weil man dadurch die Jungfräulichkeit Mariens leugnen würde. So wie die Empfängnis Jesu sei auch seine Geburt ein Geheimnis. Auch der Urlauber im fernen Griechenland reibt sich die Augen, wenn er die Geiselhaft sieht, in welche dieses Geistes Kinder andere Katholiken zu nehmen versuchen. Kopf ab – zumindest buchstäblich beim Kunstwerk. Es ist dies nicht der erste Fall in der letzten Zeit, wo rabiater Traditionalismus künstlerische Intervention zu Fall zu bringen versucht. Man sollte sich diese Zerschlagung des Diskurses zwischen Kunst und Glaube, der ein wichtiger Teil des Dialogs von Kirche mit der Welt ist, aber nicht gefallen lassen. Und man darf schon auch die ästhetische Verniedlichung des Glaubens ZEIT- WEISE Von Otto Friedrich „ Es zeugt davon, dass der Täter und seine Claqueure das radikale Menschsein ausblendet, wenn nicht gar leugnet. “ benennen, die hinter dieser Kampagne steckt, und die die Künstlerin Esther Strauß mit ihrer Skulptur „Crowning“ hinterfragt. Denn sie nimmt explizit Bezug auf Mariendarstellungen in der Krippe des Linzer Doms aus dem beginnenden 20. Jahrhundert, die – wie so viele Mariendarstellungen nicht nur jener Zeit – alles Menschliche und Fleischliche aussparen. Und sie macht darauf aufmerksam, dass nicht nur Jesus ein Mensch aus Fleisch und Blut ist, sondern auch Maria, die ihn als junge Frau zur Welt gebracht hat, was verkitschte Marienverehrung wider die biblischen Befunde ausspart. Ein Frauenleben zwischen dem Geburtsschmerz und der Grausamkeit, die Hinrichtung des eigenen Kindes erleben zu müssen – dies zu thematisieren wäre eine Aufgabe echter Marienfrömmigkeit. Eine Skulptur wie jene von Esther Strauß kommt dem ungleich näher wie die süßlichen Behübschungen, welche das Marienbild bis zur Unkenntlichkeit verdunkeln. „Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt“, liest man beispielsweise bei Paulus im Römerbrief. Man kann dies im Blick auf die Lebensgeschichte von Maria anhand der Skulptur von Esther Strauß gewiss wahrhaftig meditieren. Dass man sich solcher Auseinandersetzung mittels Kopfabschlagens entledigt, ist nicht nur die Schändung eines Kunstwerks. Sondern es zeugt davon, dass der Täter und seine Claqueure das radikale Menschsein, dem das Christentum mit dem, was als „Menschwerdung Gottes“ beschrieben wird, ausblendet, wenn nicht gar leugnet. Das alles ist kein Sturm im Wasserglas. Es handelt sich um den konzertierten Versuch, dem unseligen Antimodernismus, der die katholische Kirche vor gut hundert Jahren ins intellektuelle Abseits geführt hat, wieder zur Geltung zu bringen. Dass dies mit dem Aufflammen des Rechtspopulismus einhergeht, ist kein Zufall. Kardinal Müllers Phantasien Man kann sich der einschlägigen Wortmeldungen zurzeit kaum erwehren. Kardinal Gerhard Müller, von Papst Franziskus emeritierter Präfekt der Glaubenskongregation und seither Stichwortgeber der Ultrakonservativen, äußerte sich auch zur Diskussion um die gebärende Marienskulptur. Neben allerlei Breitseiten gegen den Feminismus und dem Insistieren auf einer – biologischen? – Jungfräulichkeit Marias auch nach der Geburt Jesu, sinniert der Kardinal auch über rechte Bilderkunst: „Der Betrachter darf nicht durch die Darstellung zu erotischen und sexuellen Phantasien verlockt werden, sowohl aus den moraltheologischen Gründen der Schamhaftigkeit als auch aus dem zentralen theologischen Grund, dass es um das Bekenntnis zur Person Christi geht“, liest der Leser da – und ertappt sich beim bösen Gedanken, dass derartige Assoziationen bei der Darstellung einer Geburtsschmerzens-Madonna wohl nur ein zölibatär lebender Mann entwickeln kann. Es ist nicht zuletzt der Kunst der letzten hundert Jahre zu verdanken, dass das Menschliche der Gestalt Jesu, aber auch der anderer „Ikonen“ des Christentums Eingang in die Auseinandersetzung mit dieser Religion gefunden haben. Dazu gehört auch das Fleischliche, das untrennbar mit dem Menschsein verbunden ist. Man hofft, dass die Kirchenleitungen zu Störaktionen à la Linz genügend Resilienz entwickeln. Der Autor war bis April 2024 stv. Chefredakteur der FURCHE. ZUGESPITZT Gefangen in der Zeitschleife Kennen Sie das auch? Sie schalten den Fernseher ein und sehen eine Talkrunde. Sie denken sich: Seltsam, die sah ich doch schon gestern, diese Runde, diese Menschen. Die sah ich auch vorgestern. Und vorvorgestern. Und vorvorvorgestern. Sie schalten trotzdem nicht gleich aus. Es könnte ja sein, dass Sie nicht immer zugehört haben, gestern, vorgestern, vorvorgestern, vorvorvorgestern und irgendetwas Wichtiges verpasst haben. Sie hören also zu. Der Typ da, der seinen Mund gerade öffnet: Sie wissen, was jetzt kommt. Sie können mitsprechen. Sie wissen auch, was ihm die Dame gegenüber antworten wird. Sie können mitsprechen. Thema? Unwichtig. Sie kennen die Phrasen, Sie können mitsprechen. In all diesen Talksendungen, fällt Ihnen auf einmal auf, sitzen immer dieselben Menschen. Einmal so zusammengesetzt, einmal so. Aber immer dieselben. Die Sendung ist keine Wiederholung. Die Sendung ist doch eine Wiederholung. Auf einmal wird Ihnen ganz eng. Wie kommen Sie da je wieder hinaus? Sie schalten den Fernseher aus. Sie gehen zum Luftschnappen in den Park. Da kommt Ihnen der mit dem Beruf Täglichtalkshowteilnehmer entgegen. Es riecht irgendwie nach – Murmeltier. Brigitte Schwens-Harrant PORTRÄTIERT Das Maschinengewehr Gottes A uf X (vormals Twitter) dankte Franklin Graham, Sohn des legendären Maschinengewehr Gottes, Billy Graham (1918 - 2018), Gott dafür, dass Donald Trump noch am Leben sei. Er teilte zudem ein Foto des verletzten Ex-Präsidenten kurz nach dem Attentat. Auf dem Nachrichtensender Fox News legte der Präsident der einflussreichen Billy Graham Evangelistic Association (BGEA) nach. Es sei offensichtlich, dass Gottes Wirken den 78-jährigen Immobilientycoon vor Schlimmerem bewahrt habe. Graham rückte Trump dabei in die Nähe eines Märtyrers. Er kämpfe mit allem, was er habe, für Amerika – „und nun hat er dafür auch geblutet“. Das habe den ehemaligen Präsidenten jedoch nicht davon abgehalten, auch seine Anhänger weiterhin zum Kampf für Amerika aufzurufen, so Graham. Die Geschäfte der Evangelistic Association hatte Sohn Franklin von seinem Vater 2002 übernommen. Bis dahin soll die BGEA durch den Vertrieb von Büchern, Magazinen, CDs, Videos und DVDs sowie durch das Sammeln von Spenden immerhin ein Vermögen von rund 384 Millionen Dollar erwirtschaftet haben. Wenig verwunderlich ist also Grahams vehemente Unterstützung des wirtschaftsfreundlichen Populisten Trump, den er mehrmals als „Kandidat Gottes“ bezeichnete. Nach den für die Republikaner wenig erfolgreichen Halbzeitwahlen 2022 hatte Graham zwar zunächst angekündigt, sich aus dem Nominierungsverfahren für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten 2024 heraushalten zu wollen und damit Trump die Unterstützung versagt. Das scheint sich nun aber geändert zu haben, nachdem die Chancen des Ex-Präsidenten auf eine weitere Amtszeit wohl so gut wie nie zuvor stehen. In der Nation Under God – wie es schon im Treue-Gelöbnis der Vereinigten Staaten heißt – gehört das Buhlen um die christlichen Stimmen zum Kerngeschäft eines jeden Bewerbers um das Präsidentenamt. Eine christliche Gruppe, die Donald Trump bisher ganz besonders unterstützt hat, sind die weißen evangelikalen Bevölkerungsschichten. Bei der Wahl 2016 erhielt der Republikaner von ihnen 77 Prozent der Stimmen, 2020 waren es sogar satte 81 Prozent. Nicht weiter verwunderlich ist es also, dass neben Graham weitere prominente evangelikale US-Prediger kurz nach dem vereitelten Schuss-Attentat zum Gebet für den 78-Jährigen aufriefen. (Till Schönwälder) Foto: APA / AFP / Logan Cyrus Der evangelikale Prediger Franklin Graham gilt als einer der vehementesten Unterstützer Trumps im christlichen Lager.
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