DIE FURCHE · 16 20 Ausstellung 18. April 2024 Themen- Klassiker Es ist ein der Bibel entnommenes Thema, das zu einem Klassiker in der Malerei wurde, so auch im Werk von Leonhard Beck (1480–1542): Hl. Georg im Kampf mit dem Drachen, um 1513/14 Fichtenholz, 136,7 x 116 cm Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie. Das Kunsthistorische Museum Wien zeigt, wie die Renaissance im Norden Einzug hielt. Im Mittelpunkt stehen Werke von Hans Holbein, Hans Burgkmair und Albrecht Dürer. Hotspot nördlich der Alpen Von Theresa Steininger Mit entschlossenem, aber auch nachdenklichem Blick schaut er in dem Hans-Holbein- Porträt in die Ferne: Jakob Fugger, dieser vermögende Kaufmann, der durch sein Talent für den Handel und seine Kunstsinnigkeit seiner Heimatstadt Augsburg vor rund 500 Jahren zu einer besonderen Blüte verhalf – und der Künstler seiner Zeit intensiv förderte. Auch durch seine Unterstützung wurde die Renaissance in den Norden gebracht, die wichtigsten Künstler der Zeit waren dort damals Hans Burgkmair der Ältere und Hans Holbein der Ältere. Diesen beiden und ihrem Einfluss auf die Kunstentwicklung Deutschlands widmet das Kunsthistorische Museum (KHM) nun seine Frühjahrsausstellung. Und weil Burgkmair, auch wenn er eine Schlüsselrolle in der Übernahme italienischer Kunstfor- Zum Thema Renaissance lesen Sie auch „Die Mär vom ach so Neuen“ von Christian Jostmann, vom 15.1.2020 unter furche.at. men hatte, ein weniger zugkräftiger Name ist, holt man sich noch Albrecht Dürer hinzu. Von diesem sind zwar weniger Arbeiten zu sehen, auch wirkte er eigentlich nicht in Augsburg, sondern in Nürnberg. Seine Integration in die Schau kann aber durch Aufträge wie jenem für die Fugger- Kapelle argumentiert werden, die damals als für die Renaissance im Norden prägend galt. Drängen nach Prestige „Augsburg war damals der Hotspot schlechthin nördlich der Alpen – und Jakob Fugger war das für Augsburg, was Lorenzo de Medici für Florenz war“, sagt Kurator Guido Messling, der am KHM für Deutsche Malerei zuständig ist und der die Ausstellung gemeinsam mit Jochen Sander vom Städel Foto: © KHM-Museumsverband Museum in Frankfurt am Main zusammengestellt hat, wo diese schon zuvor zu sehen war. „Aus den Kunstwerken lässt sich das Drängen von Fugger nach Prestige deutlich ablesen“, so Messling. Ihm war es wichtig, Parallelen und Unterschiede zwischen den drei Proponenten, die zu Wegbereitern für die damals zeitgenössischen italienischen Kunstformen und ihre Übernahme in die Deutsche Kunst wurden, herauszuarbeiten. „Während sich Holbein immer wieder als frommer Diener Gottes zeigte, inszenierte sich Burgkmair gerne selbst.“ Auch habe sich Holbein mehr an der niederländischen Malerei der Zeit und den eigenen Wurzeln orientiert, obwohl auch er südliches Formengut aufnahm, während sich Burgkmair „ Augsburg war damals der Hotspot schlechthin nördlich der Alpen – und Jakob Fugger war das für Augsburg, was Lorenzo de Medici für Florenz war. “ Guido Messling nun eben seine Vorbilder in Italien suchte. Und dies auch gerne in Selbstbildnissen umsetzte, in denen er sich aus verschiedensten Blickwinkeln zeigte. Aber auch zahlreiche Porträts von Bürgern sowie sakrale Szenen von ihm finden sich. „Er wurde dabei in der Originalität nur von Dürer übertroffen“, sagt Messling. Dass Burgkmair heute weniger bekannt ist, führt Messling darauf zurück, dass dieser „vielleicht für den Norden zu ‚welsch‘, zu italienisch war. Vielleicht fehlte ihm auch die Monumentalität und die Finesse Dürers im Naturstudium.“ Jedenfalls sieht man von Burgkmair beispielsweise die „Geschichte der Esther“, quasi ein Augsburger Pendant zu Historienbildern aus Venedig, das – wie selten im Norden – besonders prachtvoll gestaltet ist, so Messling. Auch wird dokumentiert, wie er die Druckgrafik zum wichtigen Medium machte und wie er für Farbholzschnitt und die Verwendung von Rötelstift in Zeichnungen zum Pionier in seiner Region wurde. Von Holbein fasziniert beispielsweise das eingangs erwähnte Porträt Jakob Fuggers, aber auch ein Bildnis von Jacob Meyer zum Hasen und seiner Frau. Später knüpfte Hans Holbein der Jüngere an den markanten Porträtstil seines Vaters an, was ebenfalls exemplarisch gezeigt wird. Und Dürers bekanntes Bildnis von Kaiser Maximilian I. aus dem Bestand des KHM fehlt natürlich nicht. Wenn man die Sammlung des KHM kenne, liege es „auf der Hand, dass man diese Ausstellung nun endlich zeigt“, sagt Direktorin Sabine Haag. „Gleichzeitig stehen diese Namen für Qualität, vor unseren Augen entstehen Welten, in denen sich damals ein neues Menschenbildnis entwickelte.“ Rhinozeros und Putten Dürer und Burgkmair direkt vergleichen kann man beispielsweise in Rhinozeros-Darstellungen der beiden. Dürers Arbeit an der Fugger-Kapelle ist unter anderem durch Fotos und Entwürfe, beispielsweise für das Grabmal des Jakob Fugger, dokumentiert. Aus dieser stammen auch Hans Dauchers eigenwillig erwachsen wirkende Putten in Kalkstein. Insgesamt sind 170 Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Druckgrafiken sowie Goldschmiede und Plattnerarbeiten zu sehen – sie alle sollen dokumentieren, welche Innovationskraft von Augsburg zur damaligen Zeit ausging. Holbein, Burgkmair, Dürer Renaissance im Norden Bis 30. Juni Kunsthistorischen Museum Wien www.khm.at IN KÜRZE LITERATUR FOTOGRAFIE • MEDIEN MEDIEN MEDIEN ■ Buchpreis an Daniel Wisser Der Wiener Buchpreis, der von der Wirtschaftskammer Wien (Fachgruppe Buchund Medienwirtschaft) vergeben wird und mit 5000 Euro dotiert ist, ergeht heuer an den Schriftsteller und FURCHE-Autor Daniel Wisser. Der Wahlwiener, dessen letzter Roman „012“ im Vorjahr im Verlag Luchterhand erschienen ist, ist der 11. Preisträger. 2023 wurde Marlene Streeruwitz mit dem Preis geehrt. Neben Daniel Wisser erhält Literturkritikerin Katja Gasser den mit 1000 Euro dotierten Perfomancepreis. Der Ehrenpreis der Wiener Buchbranche ergeht an die Buchhändlerin Rotraut Schöberl. Die Preisverleihung findet am 23. April statt. ■ Michael Horowitz (1950-2024) Geboren am 1. Dezember 1950 in Wien, fotografierte er Prominente wie Arnold Schwarzenegger, Kiki Kogelnik, Andy Warhol, Mick Jagger. Arnulf Rainer zeigte er mit schwarz bemaltem Gesicht, Thomas Bernhard auf dem Fahrrad und Fatty George, Al Fats Edwards und Helmut Qualtinger als Heilige Drei Könige. Er gründete die Wochenendbeilage „freizeit“ des Kurier und war von 1989 bis 2004 ihr Chefredakteur. „Das Wichtigste damals und heute ist, dass man zu den Menschen, bevor man sie porträtiert, Vertrauen aufbaut“, sagte er 2020: „Die Kamera war nicht nur eine Komplizin, sondern eine Freundin.“ Am 12. April ist Michael Horowitz gestorben. ■ Susanne Newrkla (1969-2024) Nach langer, schwerer Krankheit ist die ORF-Journalistin Susanne Newrkla verstorben, wie der ORF-Redaktionsrat vergangenen Samstag bekannt gab. Sie wurde 55 Jahre alt. Newrkla habe jahrzehntelang die Auslandsberichterstattung vor allem der Radio-Journale auf Ö1, Ö3, FM4 und den ORF-Regionalradios mitgeprägt. „Sie war eine Stütze der Redaktion, unter anderem als Korrespondentin des ORF in Washington“, würdigte das Gremium die Kollegin. Die Journalistinnen und Journalisten des ORF sind tief betroffen: „Sie war nie zynisch oder abgeklärt, und sie hat an das Gute mit aller Kraft geglaubt.“ ■ Personenkomitee für Ö1 In einem Offenen Brief appellieren prominente Vertreterinnen und Vertreter der heimischen Kulturszene an den ORF, die beabsichtigte Verschmelzung der Ö1-Abteilungen Wissenschaft, Kultur und Musik mit den Fernseh- und Online-Redaktionen zu überdenken. „Ö1 muss als europäischer Spitzensender erhalten bleiben“, nennt sich das Personenkomitee, dem alle Direktoren der Bundestheater sowie die Intendanten der Salzburger und Bregenzer Festspiele und der Wiener Festwochen angehören. Durch die Cluster würden „Entscheidungen nicht innerhalb des Senders getroffen, sondern im fernsehdominierten ORF-Kontext.“
Nr. 82 Literaturbeilage 18. April 2024 Österreichische Post AG · WZ 02Z034113W Retouren an Postfach 555 · 1008 Wien DIE FURCHE · Hainburger Straße 33 1030 Wien · T.: (01) 512 52 61-0 Die Zukunft des Feminismus, der Gesellschaft, der Natur: Die Literatur dieses Frühjahrs weitet den Blick. FLORA UND ANDERE BÜCHER Solanum nigrum
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