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DIE FURCHE 17.08.2023

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DIE FURCHE · 33 8 International 17. August 2023 Denken im Osten Besucher einer Bibliothek mit gespiegelter Decke in der Stadt Shaoyang in Chinas zentraler Provinz Hunan. Von Franz Winter In gewisser Weise sitzt die Welt wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange, wenn es um China geht. Größere geopolitische oder wirtschaftliche Ereignisse, etwa jüngst der unselige Überfall Russlands auf die Ukra ine, lassen regelmäßig nach der Position der chinesischen Regierung fragen. Dabei präsentieren sich das Land und seine Tradition vielfach als riesenhafte black box, als schier undurchdringlicher und nur schwer verstehbarer Moloch, was fast zwangsläufig entweder zu Dämonisierung oder zu Mystifizierung führt. Die Deutung diverser Äußerungen politischer Funktionäre fällt dabei schon deshalb oftmals schwer, weil man wenig über die grundsätzlichen Zugänge zu Themen wie Welt und Weltordnung (und deren Begründung) innerhalb Chinas weiß. Das hat auch viel mit der Frage der Zugänglichkeit zu den dementsprechenden Quellen zu tun. Wenige werden wohl ausreichend des Chinesischen mächtig sein (und diese Sprache so meistern), um sich in Originaltexten orientieren zu können (was aber noch immer die Fragen der Interpretation, aber auch der Auswahl nicht löst). Übersetzungen zentraler Texte der modernen Debatte kommt deshalb eine besonders große Bedeutung zu. „Alles unter dem Himmel“ Was nun die Frage einer grundsätzlichen Positionierung Chinas in der Welt betrifft, so ist bislang im deutschsprachigen Raum (der englische Sprachraum ist hier naturgemäß anders, aber auch nicht überragend besser aufgestellt) eigentlich nur ein Autor bekannter geworden, weil eine Zusammenstellung seiner wichtigsten Gedanken in einem renommierten deutschen Verlag erschienen ist: der Philosoph Zhao Tingyang und sein Konzept des tianxia , das ob seiner Botschaft dann doch gehörig irritierte, zumal diesem Autor ja auch nachgesagt wurde, dass er zu den favorisierten Philosophen des aktuellen Staatspräsidenten Xi Jinping zählt. Die Veröffentlichung stellt einen sehr starken Gegensatz zwischen „westlicher“ und chinesischer Denkweise in den Mittelpunkt und erklärt bedeutende Errungenschaften der westlichen Moderne, wie liberale Demokratien oder das Konzept von Menschenrechten, für obsolet. China „ Es gibt nur mehr ein Gegenüber, das wirklich zählt und wahrgenommen wird, nämlich die USA. Europa und der Rest der Welt erscheinen in der Rolle von Statisten, mehr nicht. “ Lesen Sie dazu von Franz Winter am 30.9.2020: „Wird alles gut unter dem chinesischen Himmel?“, siehe furche.at. Welche philosophischen und gesellschaftlichen Konzepte stecken hinter der Politik Chinas? Ein Sammelband gibt Einblick in die Debatten dazu. Und was denkt China? und sein Regierungssystem werden vielmehr ob der darin angeblich transportierten Harmonie zum zukünftig relevanten Ideal stilisiert. Letztendlich fügt sich „alles unter dem Himmel“ (so die wörtliche Übersetzung des zentralen Begriffs tianxia), das heißt im Endeffekt die Welt, zu einem harmonisch miteinander verwobenen Ganzen unter der weisen Führung einer Weltregierung, womit wohl nichts anderes als China gemeint sein kann. Die äußerst kontroverse Wahrnehmung dieses Buches ist möglicherweise auch in der Tatsache begründet, dass es fast klischeehaft der westlichen Erwartungshaltung entspricht: Das riesenhafte China und sein Dominanzanspruch erfahren in diesem Buch gleichsam eine philosophische Begründung. Doch ist Zhao beileibe (und man ist versucht zu ergänzen: glücklicherweise) nicht der einzige Intellektuelle Chinas, der sich Gedanken über eine zukünftige Weltordnung macht. Vielmehr gibt es einen äußerst ausgeprägten, vielschichtigen innerchinesischen Diskurs, der unterschiedliche Positionen aufweist. Intellektuelle Schlüsseltexte Eine neue Veröffentlichung gibt nun die einzigartige Möglichkeit, sich hier zumindest ausschnittweise ein Bild zu machen. Der in Freiburg lehrende Sinologe Daniel Leese hat gemeinsam mit dem chinesischen Journalisten Shi Ming das Buch „Chinesisches Denken der Gegenwart“ herausgebracht, das Schlüsseltexte chinesischer (öffentlicher) Intellektueller und politischer Denker zu Politik und Gesellschaft das erste Mal in deutscher Sprache in einer kommentierten Übersetzung zugänglich macht. Insgesamt werden vier große Themenbereiche des aktuellen Diskurses aufbereitet: die Frage nach der chinesischen Identität, die Herrschaftslegitimation, die Modernisierungsfrage (insbesondere des ländlichen Raums) und schließlich die Zukunftsper spektiven. Was dieses Buch vor allem deutlich macht, sind die enorme Spannbreite und die Vielfalt der Positionen. Es finden sich darin etwa Texte der neokonfuzianischen Denker Jiang Qing oder Chen Ming, die – ähnlich wie Zhao – die chinesische Antike als Foto: APA/AFP/STR Zeugen für den Überlegenheitsanspruch Chinas instrumentalisieren und das klassische „Mandat des Himmels“, das heißt den offiziellen Herrschaftsauftrag, für die aktuelle chinesische kommunistische Herrschaftselite rechtfertigen (womit diese in die uralte Kaisertradition eingegliedert wird). Jiang Qing propagiert zudem eine zukünftige konfuzianisch geprägte Politik des „königlichen Weges“ (wang dao), die dem westlichen demokratischen System überlegen sein würde (und die auch gegen die taiwanesische Konfuzius-Interpretation gerichtet ist, wo man ja keine Probleme mit dem demokratischen Weg hat). Wie dies konkret Umsetzung erfährt, kann wiederum ein Text des Juristen Chen Duanhong deutlich machen, einer der renommiertesten Vordenker aktueller chinesischer Souveränitätsdiskurse. Unter direkter Bezugnahme auf die Eingliederung Hongkongs in die chinesische Volksrepublik erläutert er die Notwendigkeit der Unterdrückung der Massenproteste, weil ansonsten der Souverän infrage gestellt würde, und fordert konsequent, die Hongkonger Bevölkerung zur Treue gegenüber der aktuellen Regierung anzuhalten, zumal „Verfassungstreue … die Kraftquelle der staatlichen Sicherheit“ ist. Da ist es nicht mehr weit zu positiven Wahrnehmungen einer digital gesteuerten Gesellschaft: Im Beitrag des Juristen Yu Qingsong etwa wird das chinesische Sozialkreditsystem gegenüber einem westlichen Überwachungskapitalismus profiliert, weil Ersterer auf die Überwachung aller untereinander hinauslaufe. Demgegenüber laufe das chinesische Modell auf einen „digitalen Sozialismus“ hinaus, der Fairness und positive Sozialkontrolle erzeuge. Doch finden sich in diesem Buch auch nicht zu unterschätzende kritische Positionen, die allerdings für die, die sie äußerten, durchaus Konsequenzen hatten. Der Jurist Xu Zhangrun verlor etwa aufgrund seiner Kritik an der Coronapolitik der chinesischen Regierung seine Professur und zeichnet im wiedergegebenen Text ein vernichtendes Bild der aktuellen Politik und Gesellschaft. Ein „organischer Ordnungsverlust“ sei zu konstatieren, der sich in Willkür, Unterdrückung und Opportunismus äußere. In der Wiedergabe einer Podiumsdiskussion wird der langjährige Regierungsberater Wu Jinglian heftig kritisiert: Aus der Perspektive neo-maoistischer Intellektueller wird ihm vorgeworfen, zu wenig für substanzielle politische Reformen getan zu haben. Die marxistische Feministin Song Shaopeng repräsentiert überhaupt einen neu-linken Ansatz, der die gesamtgesellschaftlichen Veränderungen seit der Reformpolitik der 1990er Jahre kritisiert, die zur Privatisierung der Produktionsmittel und der familiären Fürsorge führte, welche wiederum primär zulasten der Frau ging. Und die von humanistischen Idealen inspirierte Cai Weiping will die Würde des Individuums vor dem Zugriff des Kollektivs schützen. Chinesische Tradition aktualisiert Alle diese Texte zeugen von einer intensiven und vielfältigen Debatte, die sich sehr stark von der Rezeption westlicher philosophischer und staatskundlicher Traditionen speist, aber gleichzeitig die chinesische Tradition, die ja weit in die Antike zurückreicht, fruchtbar macht. Zudem sind wichtige Verschiebungen erkennbar: Vor allem in den jüngeren Beiträgen gibt es im Grunde genommen nur mehr ein Gegenüber, das wirklich zählt und wahrgenommen wird, nämlich die USA. Europa und der Rest der Welt erscheinen in der Rolle von Statisten, mehr nicht. Der Autor ist Professor für Religionswissenschaft an der Uni Graz. Chinesisches Denken der Gegenwart Schlüsseltexte zu Politik und Gesellschaft Hg. Daniel Leese, Shi Ming C. H. Beck 2023 640 S., kart., € 31,50

DIE FURCHE · 33 17. August 2023 Religion 9 Sind Christentum und Buddhismus einander ähnlich oder fremd? Der Münsteraner Religionswissenschafter Perry Schmidt-Leukel zeigt in seiner Forschung auf, dass Berührungspunkte unübersehbar sind. Prophetisch vs. mystisch? Von Ursula Baatz Wir leben in einer Welt sich wiederholender Muster. In Flussläufen und Windwirbeln, in Küstenlinien, Farnen und Bäumen, in Wolken, Blutgefäßen oder der Zeitaufnahme eines Blitzes: Überall finden sich Fraktale, Muster, die sich selbst in verschiedenen Größenordnungen wiederholen. Die „fraktale Geometrie“, die Benoît Mandelbrot vor etwa einem halben Jahrhundert entwickelte, erlaubt eine mathematischen Bearbeitung dieser Phänomene. In der Kulturwissenschaft erweist sich die Metapher der Fraktale als höchst hilfreich, etwa in interkulturellen Fragen. Denn Vergleiche, zum Beispiel zwischen Buddhismus und Christentum, haben ein grundlegendes methodisches Problem: Es muss ein tertium comparationis geben, also etwas, das als beiden gemeinsam postuliert wird, de facto eine Art äußerer Maßstab, der vorausgesetzt wird. Eine fraktale Betrachtungsweise dagegen vergleicht traditionsinterne Muster. Diesen „anderen Vergleich“ erprobt der Münsteraner Religionswissenschafter und Theologe Perry Schmidt-Leukel am Beispiel von Buddhismus und Christentum in seinem Buch „Das himmlische Geflecht“. Schmidt-Leukel ist eine der gewichtigsten Stimmen im internationalen buddhistisch-christlichen Dialog. Mit der fraktalen Betrachtungsweise eröffnet er Perspektiven, die über exklusivistische Ansprüche auf den alleinigen Besitz der Wahrheit genauso hinausgehen wie über inklusivistische Vereinnahmungen oder Relativismen. Weltflucht oder Weltzuwendung? Fraktal betrachtet erweisen sich Buddhismus und Christentum weder als „völlig gleich noch inkommensurabel verschieden, sondern sie ähneln einander in ihrer intrareligiösen Verschiedenheit“. Probleme und Fragestellungen innerhalb der jeweiligen religiösen Traditionen ähneln einander, auch wenn die Traditionen sehr unterschiedlich sind. Ein oft wiederholter Topos im Religionsvergleich besagt, das Christentum sei eine „prophetische Religion“, der Buddhismus dagegen eine „mystische Religion“. Diese Typologie erweist sich in der fraktalen Betrachtung als ideologisch und exklusivistischen Ansprüchen verpflichtet. Eine Einteilung, die auf Exklusivität und Unvergleichbarkeit abzielt, wird der intrareligiösen Vielfalt der christlichen und buddhistischer Tradition nicht gerecht. Ein altes Kontrovers-Thema im buddhistisch-christlichen Dialog ist die Frage „Weltflucht oder Weltzuwendung“. Christliche Theologen warfen dem Buddhismus „Weltflucht“ vor, buddhistische Gelehrte dem Christentum dagegen unter anderem Materialismus und Unterwerfung der Natur. Ein genauer Blick auf beide Traditionen jedoch zeigt: Es gibt in beiden Traditionen stärker diesseitsbezogene und stärker jenseitsbezogene Heilsvorstellungen. Ähnlich verhält es sich mit der oft diskutierten Frage, ob die „letzte Wirklichkeit“ personal („Gott“) oder apersonal („Nirvana“) sei. Durch seine umfassende Kenntnis sowohl christlicher als auch buddhistischer Positionen kann Schmidt-Leukel zeigen, dass es im Christentum und im Buddhismus beide Sichtweisen gibt, wobei im Christentum die personale und im Buddhismus die apersonale Vorstellung überwiegt. Eng damit verbunden sind Fragen von Schuld, Sünde, Verblendung, Vergebung, Erkenntnis und Willensfreiheit als Voraussetzungen für Erlösung bzw. Befreiung. Auch hier zeigt sich, dass es weder im Christentum noch im Buddhismus die einheitliche Konzeption gibt, sondern in beiden Traditionen, freilich unterschiedlich, „eigene“ Kraft und „eigener“ Wille oder aber eine erlösende „andere“ Kraft für die Befreiung bzw. Erlösung wichtig sind. Selbst- und Fremderlösung sind Themen, die innerhalb von Buddhismus und Christentum ähnlich kontrovers behandelt werden. Ein interreligiöser Vergleich aus fraktaler Perspektive bezieht sich also nicht auf einzelne inhaltliche Positionen, sondern findet Ähnlichkeiten und Unterschiede in intrareligiösen Kontroversen. „ Selbst- und Fremderlösung sind Themen, die innerhalb von Buddhismus und Christentum ähnlich kontrovers behandelt werden. “ Zahlreiche Vergleiche von Buddhismus und Christentum arbeiteten anhand der Lebenswege von Buddha bzw. Christus typologische Kontraste zwischen der „heilsvermittelnden Rolle“ des Buddha und der „erlösenden“ des „inkarnierten Gottessohnes“ heraus. Buddhistische Apologeten betonten oft den vernunftgemäßen, wissenschaftskompatiblen Charakter des Buddhismus, während christliche Apologeten die „pessimistische Weisheitslehre“ des Buddha, des „Erwachten“, bemängelten. Schmidt-Leukel nennt beide, Buddha und Christus, „Hoffnungsträger“, denn beide werden in unterschiedlicher Weise als „Verkörperungen“ der „letzten Wirklichkeit“ gesehen, die in der endlichen und begrenzten Gestalt des Sid dhartha Gautama bzw. des Jesus aus Nazaret erscheint – ähnlich und doch sehr unterschiedlich. Erwachen und Inkarnation Fraktal betrachtet lässt sich „eine innere Verknüpfung zwischen Erwachen und Inkarnation“ ausmachen. In beiden Religionen geht es um die Überwindung des Todes: Christlich ist dies „Ewiges Leben“ in Gemeinschaft mit Gott, buddhistisch das Ende von Gier, Hass und Verblendung, ein „Erlöschen“ des „Ego“ in die „letzte Wirklichkeit“, „Nirvana“. Hier ortet Schmidt-Leukel „fraktale Kontraste“ – es gibt buddhistische Strömungen, die der christlichen Vorstellung nahe sind, und im Christentum die Vorstellung des Aufgehens des Ich in Gott, der „letzten Wirklichkeit“. Angesichts der derzeitigen Neigung zu Dogmatismus und Identitätspolitik könnte sich die Methode des fraktalen Vergleichs als Meilenstein auf dem Weg zum Frieden zwischen den Religionen erweisen. Statt Kontroversen zwischen Christentum und Islam z. B. könnte man nach „Mustern, die verbinden“, suchen. Durch solche „Korrekturen in der gegenseitigen Wahrnehmung“ Foto: Wikipedia P. Schmidt- Leukel Der ursprünglich katholische Theologe lehrte an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Uni Münster Religionswissenschaften und gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der pluralistischen Religionstheologie. werden interreligiöse Lernprozesse möglich, die eine neue Selbstwahrnehmung ermöglichen. Eine fraktale Sichtweise intrareligiöser Unterschiede könnte zum Beispiel auch manches in den gegenwärtigen innerkatholischen Kontroversen befrieden. Denn fraktal betrachtet braucht es weder krampfhafte Einheit noch unversöhnliche Unterschiede, sondern einen achtsamen Blick auf ähnliche Fragestellungen und Blickwinkel. Denn sowohl die „Eigenen“ als auch die „Anderen“ sind Teil des „himmlischen Geflechts“. Zum Thema siehe auch „Buddhismus trägt im Westen ein eigenes Gesicht“ (20.9.2000) von Ursula Baatz – zu lesen auf furche.at. GLAUBENSFRAGE Selbstwirksam durch den Glauben Eine Bekannte erzählte mir vor wenigen Tagen, wie stolz sie darauf sei, bei einem Auftritt von Tony Robbins dabei gewesen zu sein. Ich fragte spontan: „Wer ist Tony Robbins?“ Meine Bekannte dachte, dass ich sie mit meiner Frage auf den Arm nehmen will. Sie antwortete: „der Tony Robbins“. Okay, mir wurde bewusst, dass ich offensichtlich irgendetwas verpasst hatte. Gegoogelt fand ich heraus, dass der Mann megabekannt ist. Er ist so etwas wie ein Coach für ein gelungenes Leben. Meine Bekannte erzählte mir begeistert, wie viele muslimische Frauen sie bei seinem Auftritt getroffen habe. Bilder im Internet zeigen, wie er weltweit große Hallen füllt. Ich mache keine Werbung für seine Shows. Mir geht es um dieses Phänomen: ein Coach für ein gelungenes und glückliches Leben. Solche Coaches sind auch in den sozialen Medien sehr begehrt. Auf Instagram und TikTok scheint es Hunderte solcher Coaches zu geben, meist junge Menschen mit unglaublich vielen Followern. Die Menschen scheinen sich nach Unterstützung, ja nach Orientierung und Begleitung auf ihrem Lebensweg zu sehnen. Das himmlische Geflecht Buddhismus und Christentum – ein anderer Vergleich Von Perry Schmidt-Leukel Gütersloher Verlagshaus 2022 416 S., geb., € 27,50 Als Theologe frage ich mich hier nach der Rolle der Religion. Warum sind nicht Imame, Pfarrer, Prediger so begehrt? Was machen die Coaches richtig, was religiöse Prediger verpassen? Und was kann Religion konkret für ein gelungenes Leben leisten? Meine These hierzu lautet: Das Überleben unserer Religionen hängt davon ab, ob es ihnen gelingen wird, den Menschen auch solche lebensnahen und lebensbegleitenden Angebote zu machen, ohne den moralischen Zeigefinger: Dies musst du so tun, und jenes darfst du ja nicht tun. Die Menschen suchen heute offensichtlich nach Wegen zu sich selbst und nach Räumen, um bei sich sein zu können. Die Coaches sprechen von Selbstwirksamkeit, Selbstannahme, Selbstliebe als Basis für ein gelungenes Leben. Ist dies jedoch nicht genau das, was auch Moses, Jesus und Mohammed vermitteln wollten? Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster. Von Mouhanad Khorchide

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