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DIE FURCHE 16.11.2023

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DIE FURCHE · 4624

DIE FURCHE · 4624 Ausstellung16. November 2023MächtigabstraktDie aktuelle Ausstellungim KunstforumWien zeigt,wie der US-AmerikanergroßeGesten auf großeLeinwände bannt.(Im Bild: „The FeminineII“, 1988, Acrylund Kohle aufLeinwand)Von Theresa SteiningerEs begann mit einer zufälligenBeobachtung:In Robert MotherwellsAtelier stand ein kleineresBild gegen eingrößeres gelehnt, der Künstlerzog die Umrisse nach, drehtedas stilisierte U, das entstand,um – und aus der angedeutetenTür wurde ein Fenster und derGrundstein für die „Opens“, fürdie Motherwell berühmt wurde.Der US-amerikanische Künstlervariierte diesen Dialog vonGrund und Rechteck in mehr als200 Arbeiten. Wenn im KunstforumWien nun eine Retrospektivezu dem Werk jenes Malersgezeigt wird, der als einer der großenabstrakten Expressionistengilt, sind einige dieser Bilder darunter.Generell zeigt der Rundgang,in dem rund 40 Arbeitenausgestellt sind, wie der US-Amerikanergroße Gesten auf großeLeinwände bannte, diese immerwieder überarbeitete und so einikonisches Œuvre schuf, das ihnin den USA berühmt machte. Dasser hierzulande weniger bekanntist, möchte das Kunstforum Wienmit der Ausstellung „Pure Painting“ändern, die in Kooperationmit dem Modern Art Museum ofWie Robert Motherwell zu einem der großen abstrakten Expressionistenwurde, zeigt das Kunstforum Wien in der Ausstellung „Pure Painting“.Ein Aufschreiin FarbeFort Worth in Texas organisiertwurde und Leihgaben unter anderemaus dem Guggenheim Museum,dem MoMA in New York,dem Museo Reina Sofia in Madridund eine aus dem mumok in Wienbeinhaltet.Motherwell ist einer der bedeutendstenVertreter der von ihm mitbegründeten„New York School“,der auch Jackson Pollock angehörteund deren Säulenheiliger undSprachrohr Motherwell wurde.„ Es geht Robert Motherwellin seinen archetypischen Formenund mächtigen Ovoiden darum,jegliches Unrecht anzuprangern. “In Relation zu Pollock und MarkRothko gilt er jedoch als intellektuellesPendant. Wie die beiden arbeiteteauch er oft mit sehr kräftigenFarben, für ihn aber waren imGegensatz zu seinen Weggefährtenoft Literatur und europäischeMalerei Bezugspunkte und Inspirationsquellen.So hat er sich vielfachmit James Joyce beschäftigt:Im Kunstforum sieht man eine Arbeit,in der er sich auf dessen „Ulysses“bezieht. Für ihn war das Werkvon James Joyce eines, das auf allemenschlichen Gefühle und Hoffnungenreferenziert. Auch seineMalerei hat Motherwell oft sehrstark emotional aufgeladen.Der Einfluss europäischer Malereizeigt sich ebenso immer© Copyright 2023 Dedalus Foundation, Inc./Licensed by Artists Rights Society (ARS), NYwieder, indem Motherwell sichbeispielsweise von Henri Matissezur Zusammenstellung seinerFarbpalette inspirieren ließ oderin seiner Titelgebung Bezug aufdiesen nahm. Seine „Monster“-Reihe ist einerseits durch prähistorischeWandmalereien, andererseitsdurch die Farbpalette vonMatisse beeinflusst.„Auch die Auseinandersetzungmit den europäischen Surrealistenhat seine Art zu arbeiten verändert“,sagt Kuratorin EvelynBenesch. „Zudem ließ er sich vonUnterbewusstem zu Kunst inspirieren,seine Werke sind oft sehrpersönlich.“Bekannt wurden auch seine wirkungsmächtigen„Elegies of theSpanish Republic“, die als ikonischeBotschafter des abstraktenExpressionismus gelten. Darin beziehter sich auf die Grausamkeitendes Spanischen Bürgerkrieges,ohne diese plakativ zu zeigen.Vielmehr geht es ihm mit seinenaneinandergereihten archetypischenFormen, mächtigen schwarzenOvoiden, also eiförmigen Körpern,gewaltigen senkrechtenBalken auf weißem Bildgrundund einem strengen, reduziertenFormenvokabular darum, jeglichesUnrecht in Bildern anzuprangern.Seine „Elegies“ gelten als poetischeWehklage für alle, die imKampf um die Republik fielen, alsFranco die Macht eroberte – aberauch als Zeichen für den unerbittlichenZyklus des Lebens generell.Wie so viele seiner Themennahm er auch dieses immer wiederauf und variierte es vielfach.„Schon als er erstmals mit Kohleetwas dazu ausprobierte, hatte erdas Gefühl, aus dem etwas Großesmachen zu können“, erzähltBenesch. „Nicht nur die Gräueldes Spanischen Bürgerkrieges beschäftigtenihn – inspiriert durchein Gedicht – über lange Zeit, sondernauch die eigene Vergänglichkeit,die er hier verarbeitete.“Sehnsucht und ScheiternSeine Bilder sind generell nichtleicht zu entschlüsseln. „Je tʼaime“prangt es quer über so manchesWerk. Die Liebeserklärung, welchedie Bildfläche beherrscht, warbei ihm aber mehr Ausdruck desVerzweifelns, als seine zweite Eheam Scheitern war. Diese Bilderstehen für Sehnsucht ebenso wiefür einen Aufschrei des Herzens.Was sich zeigt, ist, dass er „immerwieder neue Arten der Auseinandersetzungmit Malerei für sichfand, immer wieder neue Ansätzeausprobierte“, so Benesch. „Wassich durchzieht, sind die Kraft unddie Präsenz, die er in seine Werkeeinbringt. Und die Emotion, der erAusdruck verleiht.“Robert Motherwell: Pure PaintingKunstforum Wien, bis 4. Jänner 2024www.kunstforumwien.atIN KÜRZEKULTUR■ 30 Jahre Jüdisches MuseumLITERATUR■ Elfriede Jelinek über HamasBILDENDE KUNST■ Otto Mauer-Preis 2023WISSEN■ „Wissenschaftsbuch 2023“Am 18. November 1993 hat das Jüdische MuseumWien, ein Museum der Wien Holding,im Palais Eskeles in der Dorotheergasse 11erstmals seine Türen geöffnet. Anlässlichdes 30-Jahr-Jubiläums lädt das Museumam 19. November zum Tag der offenen Türein. In einem neu gestalteten Schaufenster(„30 Jahre Dorotheergasse“) befindet sichein Exponat aus der Eröffnungsausstellung,„Hier hat Teitelbaum gewohnt“. Die Idee derAusstellung ist weiterhin aktuell: Sie betonte,dass es grundsätzlich keine eigene jüdischeGeschichte Wiens gibt, sondern dassdie jüdische Geschichte der Stadt gleichzeitigStadtgeschichte ist. Die österreichische LiteraturnobelpreisträgerinElfriede Jelinek hat den Angriffder Hamas auf Israel auf ihrer Website mitscharfen Worten verurteilt. Der Eintrag findetsich unter dem Titel „Kein Einer undkein Andrer mehr“ und verurteilt die „bedingungsloseZerstörungswut einer Terrorbande“:Die Zivilisation sei am Ende, wenn„Fanatiker wüten, denen das Leben garnichts gilt“: „Eine Terrororganisation istkeine Angehörige der menschlichen Zivilisation.Sie hat sich selbst ausgeschlossen.“Eingewoben hat die Schriftstellerin auchExkurse zum Nazi-Terror in Polen, zum30-jährigen Krieg sowie zum Sport. Der Msgr. Otto Mauer-Preis für bildendeKunst geht heuer an die in Wien lebendeKünstlerin Belinda Kazeem-Kamiński. DerPreis wird am 23. November im ErzbischöflichenPalais übergeben. Die Preisträgerinsetzte sich „als Künstlerin und Theoretikerinauf inhaltlich wie formal überzeugendeWeise (...) mit Fragen der kolonialen Vergangenheitund deren rassistischen Aspektenauseinander. In ihren Fotografien, Filmenund installativen Arbeiten thematisiert sieGewalterfahrungen und weist auch aus derPerspektive von schwarzen Menschen inder Diaspora auf Traumata der kolonialenGeschichte hin“, so die Begründung der Jury.Bis zum 9. Jänner 2024 können Leser undLeserinnen wieder bei der Wahl der „Wissenschaftsbücherdes Jahres“ mitmachen.In vier Kategorien – darunter auch das „Junior-Wissensbuch“– stehen insgesamt 20Sachbücher zur Auswahl. Für deren Vorauswahlzeichnete eine Fachjury verantwortlich,teilte das Bildungsministeriummit. Das Ressort organisiert die Wahl gemeinsammit der Buchkultur Verlags GmbHund der österreichischen Buchbranche. Abgestimmtwerden kann unter www.wissenschaftsbuch.atoder in mehr als 300 Auslagestellen.Auf der Homepage werden die20 Titel auf der Shortlist vorgestellt.

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