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DIE FURCHE 16.03.2023

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DIE FURCHE · 11 12 Gesellschaft/Wissen 16. März 2023 Das Gespräch führte Jana Reininger Unter hundert Frauen im gebärfähigen Alter sind fünf bis acht von der prämenstruellen dysmorphischen Störung (PMDS) betroffen, deren Symptome bis hin zur Suizidalität führen. Doch die Diagnose ist den meisten Ärzten unbekannt, Betroffene bleiben mit ihren Problemen oft unbehandelt. Almut Dorn und ihre Kolleginnen haben einen Ratgeber für Erkrankte geschrieben. DIE FURCHE: PMS, das prämenstruelle Syndrom, ist heute vielen bekannt. In den Tagen vor der Menstruation erleben viele Frauen psychische und physische Beeinträchtigungen. PMDS hingegen ist weitgehend unbekannt. Worin unterscheiden sich die beiden Phänomene? Almut Dorn: PMS ist ein Syndrom. Das bedeutet, dass es keinen klaren Parameter gibt, womit man es diagnostizieren kann. Sieht man sich Studien zu Befindlichkeitsstörungen an, findet man sehr viele unterschiedliche Kriterien, über 150 Symptome fließen in den Begriff hinein. Für viele Frauen stehen vor allem körperliche Symptome im Vordergrund: Bauchschmerzen, Rückenschmerzen, Migräne. Viele kennen auch Stimmungsschwankungen. Aber PMS ist nicht immer therapiebedürftig, einzelne Symptome sind in den Alltag integrierbar. PMDS hingegen ist eine Störung. Ihre Symptomatik wird mit Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und Wut beschrieben. Aber auch depressive Verstimmungen, Niedergeschlagenheit, Angst und Anspannung können dazugehören. Manche Frauen sind in diesem Zeitraum lebensmüde, versuchen sogar Suizid. Sie befinden sich in einem Ausnahmezustand, in dem es oft zu Konflikten in Partnerschaften kommt. Immer wieder zerbrechen ganze Familien an PMDS. DIE FURCHE: Dieser Ausnahmezustand hält aber nicht die gesamte Zeit an, sondern hängt vom monatlichen Menstruationszyklus der betroffenen Frau ab. Woran liegt das? Dorn: Wie lange der Zustand andauert, ist unterschiedlich. Das Problem beginnt jedenfalls mit dem Eisprung, weil dabei eine Hormonumstellung stattfindet, die diese Dysphorie, also das Gegenteil von Euphorie, auslösen kann. Manche Frauen erleben die Symptome dann fünf oder zehn Tage vor der Periode, andere Frauen ab dem Eisprung, also den halben Monatszyklus lang. DIE FURCHE: Im Jänner dieses Jahres veröffentlichte ein Forschungsteam vom Max- Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften und dem Universitätsklinikum Leipzig eine Studie. In dieser will das Team die Ursache von PMDS erkannt haben: Das Gehirn kann sich nicht gut auf die Hormonveränderungen nach dem Eisprung einstellen und nimmt ein zu geringes Level an Serotonin auf. Gerade das Serotonin ist verantwortlich für affektive Veränderungen. Dass es sich bei einzelnen Frauen so rasch ändern kann, hat die Forschung überrascht. Bisher wurde angenommen, es würde sich nur alle zehn Jahre geringfügig ändern. Was ändert diese Erkenntnis? Dorn: Wir wissen auch schon von größeren Studien aus den Jahren zuvor, dass Serotonin eine Rolle spielt und Frauen mit PMDS von jenen Antidepressiva, die die Verfügbarkeit von Serotonin verstärken, profitieren. Diese Studie und die Erkenntnis, wie rasch sich die Aufnahme des Serotoninausmaßes ändern kann, untermauert folgendes: Betroffene können die Medikamente auch punktuell nur an den schlechten Tagen oder nur über die zweite Hälfte des Zyklus einnehmen. Das hilft jenen Frauen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht kontinuierlich Medikamente nehmen möchten oder können. DIE FURCHE: Für viele Betroffene ist es schwierig, Ärztinnen zu finden, die das Krankheitsbild PMDS überhaupt kennen. Woran liegt das? Am 8. September 2016 schreibt Martin Poltrum über erfundene Diagnosen zugunsten der Pharmaindustrie, auf furche.at. Durch Erfolge der Gendermedizin werden Krankheiten entdeckt, die nur Frauen betreffen. Ein Gespräch mit der Psychologin Almut Dorn über eine gynäkologische Störung, die Betroffene suizidal machen kann. „Den Ärzten kontern“ Dorn: Das größte Problem ist, dass PMDS im deutschsprachigen Klassifikationssystem noch überhaupt nicht existiert. Das bedeutet, dass weder Psychologen noch Psychiater, weder Gynäkologen noch Hausärzte in ihrer Ausbildung davon gelernt haben. Im englischsprachigen System gibt es die Diagnose schon. Im deutschsprachigen soll sie in den nächsten fünf Jahren folgen. Dann wird sie auch Eingang in die Lehre finden. Aber es wird noch ein bisschen dauern, bis dann auch jeder Arzt davon gehört hat und die Störung diagnostizieren kann. „ Die meisten Frauen hören von ihren Ärzten, die von ihnen erwähnte Krankheit gäbe es nicht oder ihre Symptome seien nur PMS, da müssten Sie eben durch. “ DIE FURCHE: PMDS ist ein klares Beispiel für Gendermedizin, also für jenen Zugang von Forschung und Praxis, der sich geschlechtersensibel mit Unterschieden befasst. Die Forschung ist in vielen Fällen vor allem auf Männer zentriert, aber Frauen haben oft ganz andere Symptome und Krankheiten, die folglich erst spät erkannt werden. Warum wurde PMDS nicht schon früher erforscht? Dorn: Die Diagnose wird bereits seit 2013 im amerikanischen System geführt, so neu ist sie für uns also nicht. Die USA und Kanada investieren einfach mehr Geld in die Forschung, als wir das im deutschsprachigen Raum tun. Hier hören die meisten Frauen von Ärzten, zu denen sie mit ihren Problemen gehen, die von ihnen erwähnte Krankheit gäbe es nicht oder ihre Symptome seien nur PMS, da müssten Frauen eben durch. Zusätzlich ist PMDS nicht einfach zu diagnostizieren. Das bedarf eines längeren Untersuchungszeitraums. Betroffene sollten über mindestens zwei bis drei Zyklen ein Tagebuch führen, in dem sie ihre Symptome eintragen und feststellen können, ob diese einem Rhythmus folgen. DIE FURCHE: Gleichzeitig profitiert die Pharmaindustrie aber davon, wenn eine neue Diagnose eingeführt wird, durch die weitere Menschen Medikamente, wie die vorher genannten Antidepressiva, konsumieren. Lässt sich bei PMDS ausschließen, dass die Diagnose zu diesen Zwecken eingeführt wird? Dorn: Da die hier genannten Antidepressiva bisher keine Zulassung für die Behandlung der PMDS haben, würde ich diese Sorge nicht teilen. Zudem werden nicht alle Frauen mit PMDS Antidepressiva einnehmen, da es unterschiedliche Behandlungsansätze gibt. Foto: iStock/NickyLloyd (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger) Wie verwandelt Viele Frauen erkennen sich in der zweiten Zyklushälfte selbst nicht wieder. Dass Ängste, Wut und Verzweiflung Symptome einer Störung sind, wissen sie oft nicht. DIE FURCHE: Viele Frauen begeben sich auf der Suche nach Antwort ins Internet und erstellen Selbstdiagnosen, die gefährlich sind, weil sie aufgrund von Falschinformationen oft Fehlbehandlungen mit sich ziehen. In Foren tauschen sie sich über verschiedene Hausmittel und Behandlungsformen aus, auch Hormonanalysen werden dort empfohlen. Dorn: An Hormonanalysen erkennen wir die Störung aber nicht. Auch pflanzliche Mittel wie Mönchspfeffer helfen vielen Frauen bei gewöhnlichem PMS, bei PMDS in vielen Fällen jedoch nicht. Ein Medikament, das Gynäkologen Betroffenen gerne verschreiben, ist die Antibabypille und in vielen Fällen hilft diese auch, vor allem, wenn sie im sogenannten Langzyklus, also ohne Pause, eingenommen wird und somit die Hormonschwankungen unterdrückt, auf die das Stimmungssystem so hypersensibel reagiert. Je nachdem welche Pille verschrieben wird, kann sie die Symptome aber auch verstärken. DIE FURCHE: Es werden also viele Mittel eingesetzt, die eigentlich gar nicht für PMDS an sich erfunden wurden. Es heißt, PMS nehme nach einer ersten Schwangerschaft häufig ab. Besteht darin auch für PMDS- Betroffene Hoffnung? Dorn: Tatsächlich hört man immer wieder, dass PMS sich bessern kann. Der Körper verändert sich durch eine Schwangerschaft und wenn die körperlichen Symptome im Vordergrund stehen, kann es durchaus sein, dass sie dadurch beispielsweise weniger Bauchschmerzen haben. Aber für einige Frauen eskaliert PMDS mit dem ersten Kind. Viele suchen erst dann nach therapeutischer Hilfe. Das könnte daran liegen, dass sie sich durch die neue Sorgeverantwortung nicht mehr so einfach zurückziehen, nicht einfach mal zuhause bleiben können, wenn sie sich unwohl fühlen. Für ein Baby muss man verfügbar sein. Wenn Frauen zwei oder drei Kinder haben und zusätzlich auch noch arbeiten, können sie ihr PMDS manchmal einfach nicht mehr bewältigen, obwohl sie es alleine noch geschafft hätten. Das kann man psychotherapeutisch ganz gut auffangen, indem man erarbeitet, wo sich eine Frau diese Auszeit wieder nehmen kann. Aber das allein löst das Problem nicht. DIE FURCHE: Betroffene müssen ihre Hoffnung also aufs Inkrafttreten der deutschsprachigen Diagnose setzen. Was können sie bis dahin tun? Dorn: Es ist wichtig, dass Frauen selbst Bescheid wissen, wo sie stehen und was sie alles schon ausprobiert haben. Wenn ein Arzt dann dazu rät, erst einmal eine Psychotherapie zu machen, ich aber schon zwei gemacht habe und meine Themen schon kenne, kann ich dem gleich kontern. Betroffene Frauen haben meist ein ganz gutes Gespür dafür, was nicht stimmt. Wenn sie dann auch noch über PMDS Bescheid wissen, können sie sich gezielt Hilfe suchen und die Dinge selbst in die Hand nehmen. Foto: Privat PMDS als Herausforderung Die prämenstruelle dysphorische Störung als schwerste Form des PMS von Almut Dorn et al., Kohlhammer 2022 236 S., kart., € 29,80

DIE FURCHE · 11 16. März 2023 Gesellschaft 13 KI-Systeme generieren Fotos von fiktiven Menschen, die unheimlich echt aussehen. Sie diskriminieren Andersaussehende, verstärken Stereotype, können aber gleichzeitig auch Ausbeutung reduzieren. Gut oder böse? Was darf die Künstliche Intelligenz? Konterfeis aus der Konserve Von Adrian Lobe Drei blonde Frauen in Unterwäsche, mit vollen Lippen, prallen Brüsten und blauen Augen – das Foto, das kürzlich auf Twitter verbreitet wurde, sieht auf den ersten Blick aus, als stammte es aus einem billigen Männermagazin. Doch die Frauen, die da kokett in die Kamera lächeln, sind nicht real. Es handelt sich um computergenerierte Fake-Models. Mithilfe von KI-Systemen kann man im Handumdrehen Menschen designen: Größe, Maße, Konfektion, Haarfarbe, Augenfarbe – das lässt sich am Computer konfigurieren, wie ein Neuwagen in einem Autohaus. Per Mausklick entstehen so Konterfeis aus der Konserve. Bildgeneratoren setzen die Pixel real existierender Menschen nach einem statistischen Modell zusammen und schaffen genuin neue Repräsentationen. Als das zugrunde liegende Verfahren, die sogenannten Generative Adversarial Networks (GANs), 2014 entwickelt wurde, sahen die ersten Bilder noch wie aus dem Computerspiel Die Sims aus. Heute sehen sie aus wie echte Menschen. Die KI-Schmiede Midjourney etwa produziert massenhaft Fotos: Porträts, Partyfotos, Modestrecken. Manche Bilder wirken surreal wie eine Filmaufnahme, andere seltsam antiquiert, als wäre es aus einem alten studiVZ-Album hervorgekramt worden. Erst auf den zweiten Blick fallen Ungereimtheiten auf: Mal sind ein paar Zähne oder Finger zu viel, mal geraten Extremitäten zu lang. Solche Details stellt die KI weiterhin vor Probleme, weil Computer keine räumliche Vorstellung von der Geometrie einer Hand haben. Ein Grund: In den Trainingsdaten sind zwar sehr viele Gesichter repräsentiert, aber kaum Fotos von Händen. Gruselige Fake-Frauen Nachdem weitere Aufnahmen aus den Untiefen des Netzes auftauchten, ging auf Twitter das Meme It’s so over viral, was so viel heißt wie „Es ist so von gestern“. Manche Nutzer mokierten sich über die unrealistischen Schönheitsideale und Proportionen, andere fanden die Fake-Frauen schlicht gruselig. Vom uncanny Valley war die Rede – einer realen Horrorshow, bei der plötzlich die Maske eines menschlichen Robotergesichts fällt. Im vergangenen Jahr entdeckte ein schwedischer Musiker, der mit einem KI-Bildgenerator experimentierte, dass in den Bildreihen wiederholt dieselbe gruselige Frau auftauchte. Immer wieder spuckte die KI die Horrorfrau mit den blutunterlaufenen Wangen und der furchtbar entstellten Nase aus, die wie ein Dämon durch die Daten spukte und einfach nicht mehr weggehen wollte. Niemand wusste, wo sie herkam. Der Künstler taufte sie „Loab“. Des Rätsels Lösung liegt in den technischen Einstellungen. Mit einer Negativgewichtung kann man Fotos: this-person-does-not-exist.com die KI dazu bringen, das genaue Gegenteil einer Texteingabe zu erzeugen. Als der Künstler dem Wort „Brando“ – der Name des berühmten Schauspielers diente als Näherungswert für Schönheit – ein negatives Gewicht von minus Eins gab, erzeugte der Bildgenerator eine Stadtsilhouette mit der kryptischen Aufschrift „DIGITA PNTICS“. Der Musiker spielte weiter an den Werten herum und nachdem er beide Wörter negativ gewichtete, kreierte die KI ein frankensteinisches Geschöpf, das mit jeder Abstufung hässlicher wurde. „Durch generative KI entstehen Labore, in denen jeder zu Wagner werden kann“, sagt der Informations- und Maschinenethiker Oliver Bendel von der Fachhochschule Nordwestschweiz im Gespräch mit der FURCHE. „‚Es wird ein Mensch gemacht‘, rief Wagner in ‚Faust II‘ aus, als Mephistopheles zu ihm trat. Allerdings war es nur ein kleiner Homunkulus. Nun kann man seinen Traum verwirklichen und eine realistische Figur nach seinen Wünschen kreieren.“ Doch wie ethisch ist das? Darf man Menschen einfach so „designen“? Beflügelt die Technologie gar den Traum vom „neuen“ Menschen? Es spreche zunächst nichts dagegen, mit Hilfe von KI-basierten Bildgeneratoren fiktive Frauen und Männer zu erschaffen, so Bendel. „Man schadet niemandem, wenn die Bilder auf dem Bildschirm oder in einem Gerät erscheinen.“ Der Mensch habe sich schon immer künstliche Kreaturen ausgedacht, man denke an Talos und Pandora von Hephaistos oder Galatea von Pygmalion. „Es waren oft schöne Wesen, zugleich aber beschränkte, etwa was die Sprachfähigkeit angeht“, erklärt Professor Bendel. „Oder es waren hässliche Gestalten wie Frankensteins Monster.“ Aus ästhetischer Sicht sei es interessant, Menschen auf die Welt zu bringen, die man selbst schön findet, die man aber weder in den Medien noch im Alltag antrifft, so Bendel: „Man entwickelt neue Schablonen und Modelle des Menschen.“ Diskriminierungsgefahr Generative KI wurden ursprünglich entwickelt, um Modelle ausgewogener zu machen. Vor allem in Bereichen, in denen es schwierig ist, an Daten zu kommen, sollen Datensätze mit synthetischen, sprich künstlichen Daten angereichert werden. Gesichtserkennungssysteme etwa erkennen Menschen mit dunklerer Hautfarbe deutlich schlechter, was in der Praxis ein höheres Diskriminierungsrisiko bedeutet. So sortierte Googles Foto-App einen Schwarzen in die Kategorie „Gorilla“ ein. Der Grund: Es gibt zu wenig Fotos von schwarzen Menschen in den Datenbanken. Dementsprechend schlechter ist die Erkennungsrate von biometrischen Systemen. Insofern steckt in der generischen Entwicklung von Gesichtern ja durchaus ein ethischer Gedanke – man schützt Leben und die Daten der Nutzer. „ Liegt in den virtuellen Katalogfrauen vielleicht auch eine Chance, das ausbeuterische Model- und Pornobusiness ethischer zu machen? “ Am 24. Jänner 2023 schrieb Milena Österreicher über diskriminierende KI am Arbeitsmarkt, zu lesen auf furche.at. Täuschend echt Diese Bilder stammen von der Gesichtsgenerator-Webseite This Person Does Not Exist. Sie bilden ab, was bereits der Titel der Seite verrät: Die hier gezeigten Menschen existieren nicht. Die täuschend echten Bilder wurden mithilfe künstlicher Intelligenz erstellt. Problematisch ist allerdings die häufig fehlende Zustimmung zu dieser Nutzung, denn die Menschen, deren biometrische Datenbanken aus Foto-Plattformen wie Flickr abgesaugt werden und die ihr Gesicht für das Training von KI-Systemen hinhalten müssen, werden ja nicht gefragt. Oder gilt die datenschutzrechtliche Erfordernis der Einwilligung nicht mehr, wenn nur 0,01 Prozent seiner biometrischen Merkmale in einem generischen Gesicht abgebildet sind? Anders gefragt: Ab wie viel Prozent Abweichung ist man noch „ich“? Besonders augenfällig werden diese Verfremdungseffekte bei sogenannten Deep Fakes, manipulierten Videos, die reale Personen teilweise oder gesamthaft abbilden. So wurde mithilfe einer KI-Software das Gesicht der Schauspielerin Gal Gadot auf den Körper einer Pornodarstellerin in einem Sexclip montiert. Solche sexuellen Darstellungen könnten die Menschenwürde verletzen, kritisiert Informationsethiker Bendel. Mittlerweile lassen sich mit Bildgeneratoren genuin neue pornografische Bilder erstellen. Der KI-Experte Alex Valaitis wagte die kühne These, dass auf der Erotik-Plattform OnlyFans, auf der Models und Pornodarstellerinnen ein zahlendes Publikum mit schlüpfrigen Fotos versorgen, bis 2025 die Hälfte aller Accounts computergeneriert sein könnte. Macht KI jetzt auch Models arbeitslos? Wenn ja – wäre das so schlimm? Ketzerisch gefragt: Liegt in den virtuellen Katalogfrauen vielleicht auch eine Chance, das ausbeuterische Model- und Pornobusiness ethischer zu machen? Informationsethiker Bendel glaubt, dass KI-basierte Bildgeneratoren dabei helfen könnten, die Produktionsbedingungen der Pornoindustrie zu verbessern: „Avatare empfinden nichts und leiden nicht.“ Vielleicht machen also ausgerechnet Maschinen die Welt humaner. Doch wo KI-Systeme Texte und Bilder generieren, wird es am Ende für den Menschen immer schwieriger, zwischen echt und falsch zu unterscheiden.

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