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DIE FURCHE 16.03.2023

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DIE FURCHE · 11 10 Religion 16. März 2023 Leuenberg, 16. März 1973 Abschlussfoto mit den Theologen, die die Leuenberger Konkordie erarbeitet haben (Mitte: der Wiener Systematische Theologe Wilhelm Dantine). Von Ulrich H.J. Körtner Schon am 13.3.2003 widmete sich Michael Bünker unter „Versöhnte Verschiedenheit“ dem Thema, siehe furche.at. GLAUBENSFRAGE Dunkler Teil des Judentums Das jüdische Trauergebet Kaddisch wird im Allgemeinen zum Gedenken an die Verstorbenen gesprochen. Doch haben seine Zeilen nichts mit dem Tod zu tun. Jitgadal wejitkdasch schemei raba, so beginnt das aramäische Gebet: Möge Sein erhabener Name vergrößert und geheiligt werden. Und es fährt fort: Wejimloch malchutecha — Möge Er Sein Königtum herrschen lassen in den Tagen deines Lebens und im Leben des ganzen Hauses Israel. Rasch und bald. Das Kaddisch ist ein Gebet des Lebens, der Herrlichkeit Gottes und der Ewigkeit. Möge Sein großer Name gepriesen werden — jehei schemei rabah mevorach. Und dieses Gebet des Lebens, das auch ein Gebet der Tröstung ist, dieses Gebet der Herrlichkeit Gottes, das beteten sie, die am 26. Februar das palästinensische Dorf Huwara in Flammen legten. Sie beteten es beim Anblick der brennenden Häuser als Gebet ihrer heiligen Rache und Gerechtigkeit. Radikale jüdische Siedler. Fanatische, vernarrte Fundamentalisten. Eine Randerscheinung des Judentums, die mit dem „wahren“ Vor 50 Jahren wurden mit der „Leuenberger Konkordie“ inner-evangelische Gräben überwunden. Über eine ökumenische Erfolgsgeschichte – und heutige Stagnation. Versöhnte Verschiedenheit Von Asher D. Biemann Judentum nichts zu tun haben soll. So möchten viele es gern sehen, und so lesen wir es auch oft, wenn in anderen Religionen Gewalt geschieht. Dann war es plötzlich irgendein „-ismus“ und nicht die eigentliche Religion. Aber die radikale Seite gehört zur Religion dazu. Und nur wenn wir diese Siedler als einen dunklen Teil des Judentums anerkennen, können wir begreifen, wie sehr deren Taten das ganze Judentum in Frage stellen und eine ganze jüdische Antwort erfordern. Wenn Religion nicht nur das Amt des Trostes und der Hoffnung übernimmt, sondern auch das Amt der Macht und Politik, dann muss sie sich auch verantworten. Das Kaddisch endet mit den Worten: Ose schalom bimromav — Er möge Frieden bringen in Seinen Höhen. Auch der Friede gehört zur Religion. Doch genügt es nicht, nur um ihn zu beten. Der Autor ist Professor für moderne jüdische Philosophie an der University of Virginia, USA. Sie war und ist ein ökumenischer Meilenstein: Am 16. März 1973 wurde auf dem Leuenberg bei Basel die „Leuenberger Konkordie“ unterzeichnet. Dieses Dokument überwand die kirchentrennenden Gegensätze, die seit der Reformationszeit zwischen Lutheranern und Reformierten in den Fragen des Abendmahls, der Christologie und der Lehre von der göttlichen Erwählung (Prädestination) bestanden hatten. Seither ist es möglich, gemeinsam das Abendmahl zu feiern und volle Kirchengemeinschaft zu praktizieren. Die einzelnen Kirchen mit ihrer besonderen konfessionellen Identität und Bekenntnistradition bleiben bestehen. Sie gehen nicht in einer protestantischen Einheitskirche auf, sie erkennen aber gegenseitig die Ordination ins Pfarramt an, sodass zum Beispiel eine lutherische Pfarrerin in einer reformierten Gemeinde oder ein reformierter Pfarrer in einer lutherischen Gemeinde tätig sein kann, ohne deshalb von der einen in die andere Kirche übertreten zu müssen. Der Weg nach Leuenberg war lang. Er reicht im Grunde schon bis in die Reformationszeit zurück, wo man in Religionsgesprächen die zwischen Lutheranern und Reformierten aufgebrochenen Gräben vergeblich zu schließen versuchte. Im 19. Jahrhundert gab es eine inner-evangelische Unionsbewegung, aus der unierte Landeskirchen hervorgegangen sind. Auf dem Weg nach Leuenberg gab es im 20. Jahrhundert eine Reihe von Lehrgesprächsinitiativen. Erst mit Leuenberg kam der Durchbruch, gerade weil keine neue Form von Kirchenunion angestrebt wurde. Lehrunterschiede bleiben bestehen, haben aber fortan keine kirchentrennende Bedeutung mehr. Der entscheidende Grundgedanke lautet, dass „das grundlegende Zeugnis der reformatorischen Bekenntnisse von ihren geschichtlich bedingten Denkformen zu unterscheiden“ ist. So kann man nun konfessionsverbindend vom Abendmahl sagen: In ihm „schenkt sich der auferstandene Jesus Christus in seinem für alle dahingegebenen Leib und Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein. Er gewährt uns dadurch Vergebung der Sünden und befreit uns zu einem neuen Leben aus Glauben. Er lässt uns neu erfahren, dass wir Glieder an seinem Leibe sind. Er stärkt uns zum Dienst an den Menschen.“ Und weiter: „Die Gemeinschaft mit Jesus Christus in seinem Leib und Blut können wir nicht vom Akt des Essens und Trinkens trennen. Ein Interesse an der Art der Gegenwart Christi im Abendmahl, das von dieser Handlung absieht, läuft Gefahr, den Sinn des Abendmahls zu verdunkeln.“ Diese Gefahr ist im ökumenischen Gespräch mit der römisch-katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen nach wie vor nicht gebannt. „ Die römisch-katholische Kirche stuft die Kirchen der Reformation bis heute als kirchliche Gemeinschaften ein, denen das Weihesakrament fehlt. Das markiert die Differenz. “ Inzwischen gehören der Leuenberger Kirchengemeinschaft, die seit 2003 den Namen „Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa“ (GEKE) trägt, 96 Kirchen an. Unterzeichnerkirchen waren zunächst lutherische, reformierte, unierte und vorreformatorische Kirchen (die Waldenser in Italien und die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder in Tschechien). 1997 traten auch die methodistischen Kirchen Europas auf Basis einer gemeinsamen Erklärung der Leuenberger Kirchengemeinschaft bei. Andere Kirchen – die Evangelisch-Lutherische Kirche Finnlands, die Foto: GEKE (lutherische) Schwedische Kirche und die Evangelisch-lutherische Kirche von Island – beteiligen sich an der Arbeit der GE- KE, ohne bisher Mitglied geworden zu sein. Im Unterschied zum Weltrat der Kirchen oder zum Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) handelt es sich bei der GEKE nicht lediglich um eine Arbeitsgemeinschaft von Kirchen, sondern um eine echte Kirchengemeinschaft, die sich selbst als eine Gestalt von Kirche begreift. Dem ÖRKÖ gehören hingegen Kirchen an, die zwar das Selbstverständnis ihrer Partner respektieren, im Vollsinn des Wortes Kirche zu sein. Das muss aber nicht der eigenen Sicht auf das Gegenüber entsprechen. Beispielsweise ist die römisch-katholische Kirche Vollmitglied des ÖRKÖ, sie stuft aber bis heute die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen lediglich als kirchliche Gemeinschaften ein, die wohl Elemente des Kircheseins vorweisen können, denen aber nach katholischem Verständnis das gültige Weihesakrament fehlt. Dieser Umstand markiert weiterhin die entscheidende Differenz, die aus Sicht Roms die gemeinsame Eucharistiefeier von evangelischen und katholischen Christen unmöglich macht. In der GEKE ist dies anderes. Ihre Mitglieder erkennen sich gegenseitig im theologischen Vollsinn als Kirche an. Die geistliche Dimension der Kirchengemeinschaft wird dadurch unterstrichen, dass ihr englischer Name vor Kurzem von Community of Protestant Churches in Communion of Protestant Churches in Europe geändert wurde. Auch in rechtlicher und organisatorischer Hinsicht wurde die Kirchengemeinschaft, deren letzte Vollversammlung 2018 in Basel stattfand, im Laufe der Jahre vertieft. In Österreich gehören ihr die Evangelische Kirche A.B., die Evangelische Kirche H.B. und die Evangelisch-Methodistische Kirche an. Von Wilhelm Dantine zu Michael Bünker Österreichs Protestanten haben bereits beim Zustandekommen der Konkordie eine aktive Rolle gespielt. Einer ihrer Väter war der lutherische Theologe Wilhelm Dantine (1911–1981). Man sieht ihn auf dem einzigen Foto, das 1973 nach Unterzeichnung der Konkordie auf dem Leuenberg gemacht wurde (siehe oben), in der Mitte stehen. Gut dreißig Jahre später sollte das erst 1987 eingerichtete Sekretariat der Kirchengemeinschaft von Berlin nach Wien übersiedeln, nachdem Michael Bünker die Funktion des Generalsekretärs der GEKE übernommen hatte. Bünker behielt diese Funktion auch nach seiner Wahl 2008 zum Bischof der Evangelischen Kirche A.B. bis 2018 bei. Sein Nachfolger ist der aus Hessen stammende Theologe Mario Fischer. Wenn man so will, ist Wien heutzutage Zentrum des europäischen Protestantismus. Ihr gemeinsames Kirchenverständnis haben die Mitgliedskirchen in der Studie „Die Kirche Jesu Christi“ vertieft, die auf der Vollversammlung 1994 in Wien verabschiedet wurde. Darin entwickelt die GEKE auch ihr Verständnis von Ökumene mit den übrigen Kirchen. Es ist das Modell einer Einheit in versöhnter Verschiedenheit, über das man inzwischen auch mit dem Vatikan im Gespräch ist. Rom steht diesem Modell allerdings denkbar kritisch gegenüber. Auch sonst erleben wir eine Phase der ökumenischen Stagnation, zumal die Kirchen von inneren Krisen und schwindender Akzeptanz erschüttert werden. Für den europäischen Protestantismus aber lässt sich festhalten, dass Leuenberg eine Erfolgsgeschichte ist. Der Autor ist Ordinarius für Systematische Theologie (Reformierte Theologie) an der Evang.-Theol. Fakultät der Uni Wien.

DIE FURCHE · 11 16. März 2023 Religion 11 Der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland ist auch mit seiner letzten Plenarversammlung nicht am Ende. Eine schüchterne Erfolgsbilanz nach den römischen Versuchen der letzten Wochen, das Projekt ins Leere laufen zu lassen. Mehr geht immer Von Gregor Maria Hoff Am vergangenen Wochenende ist der Synodale Weg der katholischen Kirche in Deutschland zu Ende gegangen. Zumindest vorläufig. Denn das synodale Projekt wird fortgeführt: mit der Umsetzung von Beschlüssen, die vom Synodalen Rat übernommen werden sollen, nicht zuletzt aber im Horizont des weltkirchlichen synodalen Prozesses. Auch deshalb war die letzte Plenarversammlung von erheblichem Druck bestimmt. Es galt, vorher noch ein ganzes Paket von Texten zu diskutieren und zu verabschieden. Zeitlich war dies ein anspruchsvolles Programm, vor allem aber inhaltlich, weil mit den Themen reale Probleme verbunden sind. Gelöst werden sie durch Texte nicht, aber es ergeben sich andere Handlungsoptionen, als sie sich 2019 bei der Entscheidung für den Synodalen Weg noch abzeichneten. Die katholische Verspätung gegenüber gesellschaftlichen Herausforderungen bleibt. Aber auf den letzten Drücker fand am Samstagmorgen neben dem Beschluss zu „Frauen in sakramentalen Ämtern“ auch noch ein Handlungstext zum Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt die erforderliche Mehrheit. Gerade der letzte Text zeigt, zu welchen Reformschritten die Kirche fähig ist. Synodaler Ausschuss verboten Das gilt besonders angesichts des römischen Verbots, einen Synodalen Ausschuss aus Bischöfen und Laien auf Augenhöhe zu bilden. Im Vorfeld der letzten Versammlung stand damit ein Scheitern des Synodalprojekts im Raum. Entsprechend war die Stimmung von Anfang an gespannt, zum Teil gereizt, mitunter polemisch aufgeladen. Zumal der Endspurt auf der Zielgeraden allen Beteiligten eine hohe Arbeitsdisziplin abverlangte. Das lief auf den einen oder anderen Schlagabtausch aus, nicht ohne Verletzungen. Mit der Annahme des Handlungstextes „Frauen in sakramentalen Ämtern“ gab es zum Abschluss aber auch einen emotionalen Höhepunkt, einen kleinen synodalen Befreiungsschlag – beschränkt auf das diakonale Amt. Man bittet Rom um Prüfung. Bei aller politisch gebotenen Klugheit: Ohne die Forderung nach einer Frauenordination für alle Ämter drohte sich für viele Synodale die Reformagenda zu halbieren. Das geschah aus Rücksicht auf die Bischöfe. Es war klar, dass sie auf den Einspruch der Kurie und die Maßgabe des Papstes reagieren mussten. Es ging um die Einheit der Kirche. Diese Einheit hatten fünf Bischöfe mit jenem Schreiben an Rom bereits unterlaufen, das zum kurialen Verbot des vorgesehenen Synodalen Rates führte. Weder ihre bischöflichen Mitbrüder noch die anderen Synodalen kannten den Brief. Bis heute liegt er unter Verschluss – was den Vorgang inklusive der römischen Antwort an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) auf eine ihm unbekannte Frage in etwa so skurril erscheinen lässt wie manches Argument für kirchliche Bestandswahrung. Dass Tradition sexuellen und geistlichen Missbrauch nicht verhindern konnte, sondern im Gegenteil ermöglichte – diese Einsicht stellt weiterhin die katholische Wasserscheide bei allen Reformagenden dar. Lernbedarf gibt es da auf allen Seiten: Bei Nachbesetzungen haben sowohl das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken (ZdK) als auch die Bischöfe wiederholt die Gelegenheit verstreichen lassen, Personen aus dem Betroffenen-Beirat als Synodale zu berufen. Bischöfliche Gewaltenteilung Solche Entscheidungen rühren an der Legitimität des Synodalen Wegs. Aus römischer Sicht steht sie vor allem mit der Frage nach bischöflicher Gewaltenteilung zur Diskussion. Das klingt im Vatikan Demokratie-verdächtig. Eine Synode mit parlamentarischen Zügen? Aus synodaler Sicht stellt sich diese Frage indes anders: Wenn Bischöfe sich beraten lassen, können sie dann ihre Entscheidungen nicht gemeinsam mit anderen Synodalen treffen? Lassen sich geistlich, theologisch, kirchlich in einer echten Communio diese Prozesse nicht stärker miteinander verbinden, als es bei der standardrömischen Kritik erscheint? Ist nicht das Bestehen auf episkopaler Alleinkompetenz beim Entscheiden politischer gedacht als synodale Unterscheidung der Geister, die einen gemeinsamen Weg anstößt und dann auch geht? Der Synodale Rat setzt darauf. Trotzdem wurde der wichtige Handlungstext „Gemeinsam beraten und entscheiden“ nach intensiven Debatten in den Synodalen Ausschuss zurückverwiesen. Dieser Text legt die Koordinaten synodaler Praxis auf der Ebene der einzelnen Bistümer und Pfarreien fest. Hier greift die Selbstbindung der Bischöfe. Gewinnen sie in Ausübung ihrer Leitungsmacht an Autorität, wenn sie sich auf gemeinsam getroffene Entscheidungen festlegen? Oder geben sie – so die kurial-päpstliche Lesart – damit das Proprium apostolischer Vollmacht auf? Wenn Papst und Kurie die episkopale Macht wahren wollen, indem sie das Selbstbestimmungsrecht von Bischöfen beschneiden, ergibt das indes einen Widerspruch. Der ließ sich in Frankfurt nicht mehr auflösen. „Gemeinsam beraten und entscheiden“ geht in die nächste Runde. Das hat einen ironischen Nebeneffekt: Die Einrichtung des Synodalen Ausschusses ist damit gesetzt. Entsprechend wurden am Samstag die noch ausstehenden Mitglieder gewählt. Die Bischöfe haben diesem Verfahren zugestimmt, auch nach dem Verbot des Nuntius bei ihrer letzten Vollversammlung. Diplomatisch versteinert musste der nun diesem Vorgang beiwohnen. „ Eine belastbare Koalition von Synodalen mit einer breiten Phalanx von Bischöfen hat gezeigt, dass die katholische Kirche reformwillig und -fähig ist. “ Unter „Elite à la Franziskus“ analysierte Gregor Maria Hoff am 1.2.2023 Roms Einwände gegen den Synodalen Weg, siehe furche.at. Foto: picturedesk.com / dpa / Arne Dedert Letzte Versammlung Frankfurt, 9. März 2023: Zu Beginn der abschließenden Versammlung des Synodalen Wegs in Deutschland wird das Kreuz im Plenarsaal der Beratungen, an denen 230 Delegierte teilnahmen, errichtet. Was bleibt gerade angesichts dieses bischöflichen Widerspruchs gegen römische Maßgaben vom Synodalen Weg? Um das Projekt nicht kurz vor dem Ende scheitern zu lassen, brachten die Bischöfe kurz vor der Versammlung noch Änderungsanträge zu verschiedenen Texten ein. Zähneknirschend wurden sie von der Synodalversammlung berücksichtigt, um die erforderliche Zustimmung der Bischöfe zu sichern. In den Abstimmungen zeigte sich aber dann auch bischöfliche Kompromissbereitschaft. Und so fiel kein Text auf der letzten Plenarversammlung durch. Das gehört in die schüchterne Erfolgsbilanz des Synodalen Wegs. Tiefergreifende Reformen wären an der Zeit. Trotzdem vollziehen nicht wenige Dokumente einen kirchlichen Perspektivwechsel. Was daraus folgt, muss sich erweisen – und damit auch die Belastbarkeit der Bischöfe in ihrem Amt. Trotzdem: Das synodale Kirchenprojekt ist auf dem Weg. Es hat eine eigene Dynamik angenommen. Von einer Partizipationssimulation war anfangs die Rede, von einem kirchenrechtlichen Nullum. Und wer wie Bischof Georg Bätzing, der Vorsitzende der DBK, darauf bestand, dass sich alle Beschlüsse des Synodalen Wegs im gegebenen kirchenrechtlichen Rahmen bewegten, durfte sich von römischen Monsignores auch einmal auslachen lassen. Davon unbeirrt hat eine belastbare Koalition von Synodalen mit einer breiten Phalanx von Bischöfen gezeigt, dass die katholische Kirche – nicht nur in Deutschland, wie synodale Beobachter aus anderen Ländern bestätigten, – reformwillig und -fähig ist. Wie sich dabei die weltkirchlichen Gegensätze aneinander vermitteln lassen – das ist die katholische Entscheidungsfrage der Zukunft. Der Autor, Prof. für Fundamentaltheologie an der Universität Salzburg, war beim Synodalen Weg in Deutschland Berater im Synodalforum I „Macht und Gewaltenteilung“.

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