DIE FURCHE · 7 2 Das Thema der Woche Jugend der Extreme 15. Februar 2024 AUS DER REDAKTION Wie gespalten die Gesellschaft ist, wird weidlich diskutiert. Dass sie es ist, bestreitet freilich niemand, der einen Blick in die Sozialen Medien wirft. Inwiefern diese Drift bei der jungen TikTok-Generation noch stärker zutage tritt und wie sie sich ganz real in Wahlen (wie soeben in Indonesien) niederschlägt, zeichnet Magdalena Schwarz im Fokus „Jugend der Extreme“ nach. Manuela Tomic wiederum hat den Politikpsychologen Thomas Kliche gefragt, woran es liegt, dass rechtspopulistische und -extreme Kräfte global Aufwind haben – und Adrian Lobe nimmt Wang Chuanfu unter die Lupe, der mit seinen E-Autos nicht nur den chinesischen Markt aufmischt. Einen scharfen Kontrast dazu bietet der Essay von Ursula Baatz zur Frage, wie wir in der Fastenzeit die Gestaltung des eigenen Körpers – samt Abhängigkeit vom Smartphone – reflektieren könnten. Ulrich H.J. Körtner und Andreas R. Batlogg thematisieren das Thema Missbrauch in der evangelischen beziehungsweise katholischen Kirche – und Axel Seegers repliziert im „Diesseits von Gut und Böse“ auf unseren jüngsten Fokus zu den Memory Wars. Heftigste Auseinandersetzungen löste einst auch Günter Brus aus. Johanna Schwanburg würdigt den nun 85-jährig verstorbenen Ausnahmekünstler. Und Hellmut Butterweck hat sich dem einstigen Wiener Bürgermeister Karl Seitz gewidmet – einem „Mann des Ausgleichs“, wie wir ihn heute dringend bräuchten. (dh) GENERATION TIKTOK Gestresster, unzufriedener, radikaler wir nicht unglückliche Babys, die geboren wurden, als die Welt unterging?“, fragt die junge Protagonis- „Sind tin in Sally Rooneys Bestsellerroman „Schöne Welt, wo bist du“. Klimakrise, Covid-19-Pandemie, kriegerische Auseinandersetzungen: Die Generation TikTok oder Gen Z, Mitte der Neunziger bis Anfang der 2010er Jahre geboren, wird in einer Zeit der Extreme erwachsen. Die chronische Unruhe im Äußeren spiegelt sich im Inneren wider. Laut einer Deloitte-Studie steigen Stress und Angst bei jungen Menschen. Mehr als die Hälfte der weiblichen und über ein Drittel der männlichen Befragten gaben an, sich die meiste oder die ganze Zeit gestresst zu fühlen. Die Ursachen für die mentale Belastung sind vielschichtig. Eine Befragung von Parship (2024) zeigt, dass 44 Prozent der 18- bis 29-Jährigen alleinstehend sind, obwohl sich viele von ihnen eine Beziehung wünschen. Auch unerreichbare Schönheitsideale spielen eine Rolle. Laut einer Jugendstudie von Saferinternet.at haben mehr als ein Viertel bereits über eine Schönheitsoperation nachgedacht, häufig, um Influencern nachzueifern (vgl. dazu auch Seite 9). Soziale Medien beeinflussen aber nicht nur die Körperwahrnehmung der Generation TikTok, sondern filtern und verzerren auch ihre Wahrnehmung der Welt. Für über ein Drittel der 18- bis 24-Jährigen sind soziale Medien die Hauptnachrichtenquelle. Die Online-Plattformen dominieren die Aufmerksamkeitsökonomie, ihre Präferenz für radikale Positionen schlägt sich auch in den weltanschaulichen bzw. politischen Ausrichtungen junger Menschen nieder. Eine Analyse der Financial Times zu einer neuen „ideologischen Genderkluft“ sorgte kürzlich für Aufsehen: Weltweit – von Südkorea bis England – würden Männer der Gen Z zunehmend konservativer, Frauen immer progressiver. Während ihre Eltern und Großeltern mittels Digital Detox darum ringen, ihren eigenen Medienkonsum unter Kontrolle zu bringen, könnten Soziale Medien für Kinder unter 13 Jahren in Frankreich bald gänzlich verboten werden. Aber was sind langfristige und realistische Lösungen gegen das Auseinanderdriften? (ms) Eine Welt ohne Internet kennen die zwischen 1995 und 2010 Geborenen nicht, das Smartphone ist ihr ständiger Begleiter. Foto: iStock / Diamond Dogs Foto: iStock/SewcreamStudio Erfahren Sie mehr über Männlichkeit in dem Dossier „Kein Bild von einem Mann“ von Brigitte Quint (17.11.2021) auf furche.at. Beziehungsängste, Suchtprobleme, Angststörungen: Am Männergesundheitszentrum MEN leiht Therapeut Romeo Bissuti Burschen ein offenes Ohr. Ein Gespräch über toxische Vorbilder der Generation TikTok und ihre Sehnsucht nach Nähe. „Opfersein ist unmännlich“ Das Gespräch führte Magdalena Schwarz Seit 2002 bietet die Beratungsstelle MEN, angesiedelt an der Klinik Favoriten im zehnten Wiener Gemeindebezirk, einen geschützten Raum für sozial benachteiligte Männer diverser Alters- und Sprachgruppen. Romeo Bissuti, Psychotherapeut und Leiter des Zentrums, erlebt alle Facetten moderner Männlichkeit. „ Manche Burschen haben Angst, dass sie nie eine Partnerin oder einen Partner finden werden. “ DIE FURCHE: Welche Sorgen haben junge Männer? Romeo Bissuti: Zur Beratung kommen die Burschen oft wegen Beziehungs- und Liebesthemen. Die Soziologin Eva Illouz beschreibt, wie sich die Gefühlswelten im Kapitalismus verändert haben: Gefühle sind zur Ware geworden, Beziehungen zu Kaufhäusern. Manche Burschen haben Angst, dass sie nie eine Partnerin oder einen Partner finden werden. Die, die gemobbt wurden oder traumatische Erfahrungen gemacht haben, tun sich wahnsinnig schwer. Auf den Dating-Apps schaut alles so leicht aus, und dann bleibt es trotzdem schwer. Der Pornografie-Konsum kann auch sexuelle Unsicherheiten auslösen, weil man mit den gezeigten Leistungsvorstellungen in der Realität nicht mithalten kann. DIE FURCHE: Und neben der Liebe? Bissuti: Es gibt berufliche Herausforderungen, auch weil das echte Arbeitsleben anders ist, als die Medien einem vorgegaukelt haben. Bei jungen Menschen hat Work- Life-Balance einen höheren Stellenwert, und sie wollen sich selbst verwirklichen. Außerdem kommen Burschen mit Gewaltthemen oder Angststörungen, teilweise als Folge von Suchtproblemen. DIE FURCHE: Was zeichnet Männer der Gen Z aus? Bissuti: Das Internet und Smartphones spielen bei der Lebensbewältigung eine zentrale Rolle. Wobei nicht alle Jugendlichen den ganzen Tag vorm Handy hängen. Und das Internet ist nicht nur schlecht. Die junge Generation hat unfassbar viel Wissen über Gender-Themen, Umwelt, Politik, Geschichte. Ich bin oft sehr beeindruckt. DIE FURCHE: Was bedeutet „Männlichkeit“ für junge Männer? Bissuti: Ich beobachte teilweise eine rein rhetorische Modernisierung. In der Welt von Likes und Dislikes haben Burschen gelernt, sich als moderner Mann zu zeigen, wenn es darauf ankommt. Junge Männer brauchen aber auch geschützte Fehlerräume, die nicht von toxischer Männlichkeit dominiert werden, wie etwa diese ganze Manosphere oder Andrew Tate. Ein geschützter Raum darf kein sexistischer Raum sein, das ist ein großer Unterschied. Dort kann ich mit meinen Burschen – natürlich auch weiblichen Freundinnen – blödeln, rangeln, lustig sein. Und wenn ich zu weit gegangen bin, kann ich es wieder gut machen und aus der Erfahrung lernen, ohne dass ich sofort am öffentlichen Pranger stehe. Geschützte Räume braucht es übrigens auch für junge Menschen, die mit Genderidentitäten spielen und sich noch ausprobieren.
DIE FURCHE · 7 15. Februar 2024 Das Thema der Woche Jugend der Extreme 3 „ Männer haben eine Sehnsucht danach, mit anderen Männern angstfrei, liebevoll und freundschaftlich zusammen zu sein. “ DIE „MANOSPHERE“ Toxische Männlichkeit im Internet DIE FURCHE: Ist die junge Generation denn toleranter? Bissuti: Einerseits gibt es beim Thema Homosexualität mehr Toleranz, andererseits ist die Ablehnung dort, wo sie existiert, noch radikaler geworden. Rückwärtsgerichtete, nationalistische Tendenzen, unabhängig von der Herkunft, sind stark mit Männlichkeit aufgeladen. Wenn Männer sich in Frage gestellt fühlen und einen geschwächten Selbstwert haben, vor allem, wenn sie Gewalt oder emotionale Vernachlässigung erfahren haben, können solche ideologischen Angebote verlockend wirken. DIE FURCHE: Welche Probleme bringt das Internet? Bissuti: Das Internet bringt nicht zwingend mehr Vielfalt, sondern mehr Mainstream. Es ist eine männlich dominierte Sphäre. Oft nutzen Burschen Online- Spiele, um so richtig die Sau rauszulassen und Anspannung loszuwerden. Letzten Endes haben sie Angst, und sind lieber die Aggressoren, bevor sie Opfer werden. Ein anderes Problem ist diese Pick-Up-Szene. Junge Männer wiederholen viele Mythen und Techniken, wie den Neandertaler- Move, und glauben diese evolutionsbiologischen Theorien über Frauen und Männer. Hier greifen wir in der Beratung korrigierend ein und betonen das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. DIE FURCHE: Der Neandertaler-Move? Bissuti: Einer dieser Pick-Up-Typen sagt, dass eine Frau, wenn ein Mann sie bis zur Bettkante gebracht hat, in der letzten Sekunde Widerstand leistet. Er empfiehlt dann, sie einfach auf das Bett zu schmeißen – also eine Einladung zu sexueller Gewalt. Von Kolleginnen aus der Frauenberatung höre ich, dass manche junge Frauen bei einem One-Night-Stand gewürgt werden oder Männer heimlich das Kondom abziehen. In der von Männern für Männer produzierten Pornografie wird Konsens stillschweigend vorausgesetzt. Wir erklären den Burschen hier, dass man das alles viel mehr hinterfragen muss. DIE FURCHE: Was raten Sie dann? Bissuti: Burschen sollen Frauen und Mädchen zuhören und sie fragen, was sie sich wünschen. Das finden die jungen Männer dann auch klasse. Wenn ein heterosexueller Bursche gut im Bett sein will, dann muss er viel mit Frauen reden, Podcasts darüber hören, Konsens verstehen. Debatten wie die um den Rammstein-Sänger sind natürlich extrem schädlich. Diese sich des Sexismus brüstende Männlichkeit, die da reinszeniert wird, bleibt bei manchen hängen. DIE FURCHE: Fällt es Männern von heute leichter, sich Hilfe zu suchen, als älteren Generationen? Bissuti: Die jungen Männer, die hier zur Beratung kommen, suchen früher Hilfe, und sehen das als weniger schambehaftet. Es gibt mehr Vorwissen über mentale Gesundheit, aber auch mehr Halbwissen. Häufig bringen sie Diagnosen mit, die sie selbst oder die Freundin im Internet gefunden haben. Was die junge Generation auch auszeichnet, ist der Wunsch nach Selbstoptimierung. Ältere Männer kommen mit einem bestimmten Problem, Jüngere sagen: 90 Prozent ist perfekt, jetzt möchte ich die letzten 10 Prozent noch hinkriegen! Wir machen ihnen dann klar, dass das Leben unperfekt ist. Wenn ein Jungvater erzählt, dass sich seit der Geburt des Kindes etwas Foto: Kristian Bissuti Der Psychologe und Psychotherapeut Romeo Bissuti leitet das Männergesundheitszentrum MEN. verändert hat, in der Partnerschaft oder in der Sexualität, dann erklären wir, dass das Teil des Lebens ist. DIE FURCHE: Ihnen begegnet also auch die vielbeschworene Beziehungsangst der Gen Z? Bissuti: Wir sehen viel Fear of Missing Out, also die Angst, etwas zu verpassen. Die Millionen Möglichkeiten schaffen neue Belastungen. Manche denken, meine Beziehung ist jetzt super, aber ich lasse das Tinder- Dating-Profil lieber noch online, vielleicht gibt es ja doch noch Schwierigkeiten. Heute heißt es Situationship oder Friends with Benefits. Wir haben diese Zwischenformen von Beziehung früher ein „G’schichtl“ genannt. Also in Wirklichkeit hat es das immer schon gegeben, aber der Grad an Angst, etwas zu bereuen, ist heute höher. DIE FURCHE: Haben Männer heutzutage die gleichen Wünsche wie ihre Väter? Bissuti: Natürlich gibt es in jeder Generation die Sehnsucht nach Konsumgütern. Aber heute ist der Markt mit so einer Selbstverständlichkeit in die eigene Identität übergegangen, dass man sich für ein glückliches Leben erst wieder davon lösen und vom Kapitalismus freie, private Räume schaffen muss, in denen man sich fallen lassen kann: abhängen mit Kumpels, gemeinsam Sport machen oder in der Kneipe sitzen. Männer haben eine Sehnsucht danach, mit anderen Männern angstfrei, liebevoll und freundschaftlich zusammen zu sein. Das geben wir den jungen Burschen auch mit, dass Freundschaft die beste Lebensversicherung ist. Beziehungen können zerbrechen, aber Freundschaften halten oft ein Leben lang. Es ist schön, welche Nähe und Wärme unter Männern entstehen kann. DIE FURCHE: Wie belasten Armut, Erwerbsoder Wohnungslosigkeit junge Männer? Bissuti: Männer, die sozial benachteiligt sind, haben einen niedrigeren sozialen Status. Das verletzt ein Grundgesetz traditioneller Männlichkeit – Ich möchte jemand sein, ich bin ein Kerl! Wenn ich nicht die teuersten Klamotten oder das neueste Handy habe, dann gibt es aber immer noch die Möglichkeit, ein starkes Risikoverhalten zu zeigen: Ich fahre schnell mit dem Auto, ich trinke viel Alkohol oder nehme Drogen. Das trägt zu wesentlich mehr Suchterkrankungen, Verkehrsunfällen, und Suiziden bei jungen Männern bei. Darüber hinaus haben Burschen, die Gewalt erlebt haben oder zuhause Zeugen davon geworden sind, ein besonders hohes Risiko, aggressiv, suizidal oder suchtkrank zu werden. Da brauchen wir auch aufsuchende Methoden, weil diese Burschen kommen nicht in die Beratung. Die Scham ist oft groß. Es verletzt so sehr die Männlichkeitsnormen, ein Opfer zu sein. DIE FURCHE: Und in der Beratung öffnen die Burschen sich? Bissuti: Wir bieten eine Kurzzeitintervention, also fünf bis maximal zehn Beratungstermine pro Person. Es ist wichtig, gut zuzuhören und jeden Fall ernst zu nehmen. Ich hatte einen jungen Mann hier, der eine Hodenkrebserkrankung ein halbes Jahr vor seiner Familie verschwiegen hatte, bis das Geschwür so groß war, dass er nicht mehr sitzen konnte. Er war völlig überrascht, als wir verständnisvoll reagiert und ihm keine Vorwürfe gemacht haben. Manche werden auch von Familien, Partnerinnen oder Partnern zur Beratung geschickt, da braucht es mehr Fingerspitzengefühl. DIE FURCHE: Sie arbeiten mit Individuen, aber viele der Probleme haben systemische Wurzeln. Wo müsste man ansetzen? Bissuti: Man müsste die Gleichstellung von Frauen fördern, dann ginge es auch Männern besser. Und man müsste Männern klar machen, wie sehr sie unter traditionellen Männlichkeitsvorstellungen leiden. Diese Andrew Tates dieser Welt, die holen die Burschen auf der Kostenseite von Männlichkeit ab. Die sagen: Jeder schimpft über Männer, dabei haben wir so viele Nachteile! Wenn man in die Köpfe gießen könnte, wie sehr Männer unter den eigenen Vorstellungen von Maskulinität leiden, das würde etwas verändern. Die aktuellen kriegerischen Auseinandersetzungen stärken leider wieder alte Männlichkeitsbilder. DIE FURCHE: An welchem Tag gehen sie besonders glücklich von der Arbeit nachhause? Bissuti: Fast immer. Miteinander lachen ist befreiend. Oder wenn jemand weint, denke ich, gut, das hast du lange genug zurückgehalten. In den Workshops mit Burschen habe ich es am liebsten, wenn so eine warme Stimmung aufkommt, die alles möglich macht. Wenn man Schmäh führt, berührt ist, echt und ehrlich, deppert sein darf und trotzdem ernst genommen wird. Ich erinnere mich an einen Workshop in einem Hauptschulabschlusskurs, mit vielen Männern mit Flucht- und Migrationsgeschichte. Wir haben über Männlichkeiten diskutiert, und ich war so erstaunt, wie reflektiert die Teilnehmer waren. In ihren Herkunftsländern waren sie von diesen Männlichkeitskonstruktionen betroffen, und sie haben es genossen, davon entlastet zu sein. Das war überraschend – und schön. Gemeinsam mit Partnereinrichtungen bietet MEN Workshops für Schulklassen zu Themen wie Stress, Selbstbewusstsein oder Körpernormen. Foto: Gustav Waesterberg Foto: Wikipedia (cc by-sa 3.0) Vor allem online ist die Gen Z mit „toxischen“ – also für Männer und Frauen schädlichen – Bildern von Männlichkeit konfrontiert. Auf Twitter, YouTube und Blogs versprechen selbsternannte „harte Kerle“ den Schlüssel zu romantischem Erfolg, Reichtum und Status. DER PICK-UP ARTIST Anleitungen, um „Frauen aufzureissen“, gibt es schon lange, doch erst mit dem Bestseller-Exposé „The Game“ (2005) von Neil Strauss erhielten Frauenverführer den Namen „Pick-Up Artists“ (kurz PUA). Mit Kunst hat ihre Herangehensweise allerdings wenig zu tun. Ihre Strategien kombinieren psychologisches Halbwissen mit Militär- und Sportjargon: Frauen sind „Zielscheiben“, Verführung ein „Game“. Ein online veröffentlichtes Leitbild spricht zwar von Respekt, viele der dort geteilten Tipps zeugen allerdings von einem fragwürdigen Blick auf Frauen und heterosexuelle Beziehungsanbahnung. DER PROFESSOR DER PLAYBOY Schwarze Sonnenbrille, Zigarre, gestählter Oberkörper, Ferrari: In Hochglanz-Videos präsentiert sich der 37-jährige Amerikaner Andrew Tate als Klischeebild des starken Mannes. Auf X, ehemals Twitter, und in Online-Kursen erklärt der ehemalige Kickboxer, wie er es zu Ruhm und Reichtum brachte. Seine „Lehre“ verflicht banale Motivationssprüche („Deine Gedanken müssen stärker sein als deine Gefühle“) mit Frauenhass („... hört auf so zu tun, als wäre normales männliches Verhalten dasselbe wie Vergewaltigung“). Trotz diverser Skandale – bald soll Tate in Rumänien unter anderem wegen Vergewaltigung vor Gericht stehen – ist ihm der Jubel seiner jungen Gefolgschaft sowie der Manosphere, also einer antifeministischen Online- und Offline Community, sicher. Eine Stimme der Vernunft gegen überbordende politische Korrektheit oder ein Chauvinist im Tweed-Sakko? Der kanadische Psychologe Jordan Peterson polarisiert. Neben Lehr- und Forschungstätigkeiten an renommierten Universitäten löste er im Jahr 2016 einen Mediensturm aus: Der Mann mit dem gepflegten Dreitagebart und der sanften Stimme beanstandete ein neues Gesetz des kanadischen Parlaments, das Diskriminierung aufgrund der Genderidentität verbot. Seit damals verkauft der selbsternannte Traditionalist Millionen von Büchern, teils kluge Analysen verwoben mit stumpfsinnigem Sexismus: Kritiker des Patriarchats, so sagte Peterson in einem New York Times-Interview, „wollen nicht zugeben, dass die vorherrschende Hierarchie auf Kompetenz beruhen könnte“. (ms) Hilfe bei suizidalen Gedanken Personen mit Suizidgedanken sowie deren Angehörige erhalten Hilfe unter suizid-praevention.gv.at sowie österreichweit bei der Telefonseelsorge unter der Nummer 142, bei Rat auf Draht unter 147 oder bei der Psychiatrischen Soforthilfe der Psychosozialen Dienste unter (01) 31330. Foto: Gage Skidmore (cc by-sa 3.0)
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