DIE FURCHE · 506 Politik14. Dezember 2023FORTSETZUNG VON SEITE 5„ Wir müssen wieder an die Versprechen von Kreiskyanknüpfen: Erstens, dass man mit dem eigenenEinkommen ein Auskommen hat. Und zweitens, dasses der nächsten Generation besser gehen wird. “on und Energiewende anbelangt,und treffe mich mit führendenTopmanagerinnen, die mich mitihrer Expertise unterstützen. Zueinem guten Wirtschaftsstandortgehören ja auch Energiesicherheit,Nachhaltigkeit, entsprechendeArbeitnehmerrechteund gute Bildung. Wir sind auchhier die einzigen, die sich Gedankenmachen. Und zur 32-Stunden-Woche:Wir schlagen dazujetzt wissenschaftlich begleitete,finanziell gestützte und branchenspezifischePilotprojekte vor– ähnlich wie Kreisky 1970 bis1975 beim Kollektivvertrag unterEinbeziehung der Sozialpartnerschaft.DIE FURCHE: Bestünden Sie im Fallevon Koalitionsverhandlungenauf die 32-Stunden-Woche?Babler: Man würde einen Weg finden,von dem alle profitieren. DieRealität ist: In Österreich existierenüber 180 Kollektivverträge, diedie gesetzliche Normalarbeitszeit,unterschreiten. In der Industriewird mitunter eine 34-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleichvon den Geschäftsführungen insSpiel gebracht, um die Arbeitsproduktivitätzu steigern.DIE FURCHE: Aber welche Parteisollte Ihnen hier entgegenkommen?Babler: Das wird eine Sache vonKoalitionsverhandlungen sein.Wie man gesehen hat, sind unsdie Neos relativ schnell entgegengekommen,als wir konkrete Modellein puncto Erbschaftssteuerpräsentiert hatten. Die Diskussionsbereitschaftist da. Und: Wassoll die Gegenseite sein? Dass wiralles so lassen wie es ist?KLARTEXTKeine FrohbotschaftIrgendwie ist man vor Weihnachten zur Sanftheit verpflichtetund zur Jahreswende zum frohen Ausblick.Doch bei den drei größten Probleme Europas arbeitenwir heftig an Nichtlösungen.(1) Klima und Nachhaltigkeit – das wird in den nächstenJahrzehnten nichts werden. Der Energieverbrauchdes globalen Südens (einschließlich Chinas und Indiens)explodiert, viel Interesse für Klimapolitik bestehtnicht. Der fossile Verbrauch wird bis zur Jahrhundertmittedeutlich ansteigen, trotz Wind und Sonne. Der kleineKontinent Europa dekarbonisiert, doch nicht einmalhier reicht es. Win-win-Versprechen für Klimapolitiksind Nonsense. Es fehlt das System.(2) Migrationspolitik – das scheint auch nicht besserzu werden. Seit dem Ansturm 2015 sind acht Jahre verstrichen,mit bloß hinhaltender Einbremsung. Jeder weiß,dass wir ein bisschen Immigration brauchen, aber diepaar hundert Millionen Interessenten nicht ermutigendürfen, wenn wir nicht selbst zum EntwicklungslandFotos: Carolina FrankIm Juni wurde Andreas Babler – nach einer historischen Abstimmungspanne am Linzer Parteitag– SPÖ-Chef. In der Partei um Durchsetzung seiner Linie ringen muss er bis heute.Babler empfängt Doris Helmberger (re.) und Brigitte Quint in der Löwelstraße. Seine VorgängerAdolf Schärf, Bruno Pittermann, Bruno Kreisky und Fred Sinowatz schauen ihm über die Schulter.Lesen Sie dazuauf furche.atauch dieAnalyse „DievergebeneChance der SPÖ“(31.5.2023) vonAnton Pelinka.DIE FURCHE: Für nicht wenige Österreicherist Leistung als Wertzentral. Sie gehen davon aus,dass man sich anstrengen muss,um sich etwas zu schaffen.Babler: Auf den rund 90 Weihnachtsfeiern,die ich dieser Tagebesuche, treffe ich auf viele Pensionisten.Was ich dabei heraushöre:Hier handelt es sich um eineGeneration, die von der Arbeitszeitverkürzungzwischen 1970und 1975 profitiert hat. Viele betonen,wie wertvoll es war, fünfStunden mehr Lebenszeit, Familienzeitoder Ehrenamtszeit erhaltenzu haben.DIE FURCHE: Gerade wegen solcherErfolge der SPÖ habe das so genannteProletariat eine „Verkleinbürgerlichung“durchlaufen, wieAnton Pelinka in der „KleinenZeitung“ meinte. Das gehe abernun mit Verlustangst und Fremdenfeindlichkeiteinher. UndKickl bewirtschaftet diese Ängste.Babler: Bei dieser These würdeich sogar nachschärfen. Dassder Mittelstand jetzt gefährdet ist– genau das ist der Punkt. In derFrage des Eigentums, in der Gesundheitsversorgung,der Inflation,in Gehaltsverhandlungen, indenen man regelrecht abgespeistwird. Ich finde, wir müssen wiederan ein Versprechen anknüpfen– analog zu Kreisky: Erstens,Von Manfred Prischingwerden wollen. Die Perspektive derohnehin stattfindenden IslamisierungEuropas hat durch die Bekundungenzum Israelkrieg traurigerhellendeFacetten erhalten. Es fehlt die Konsequenz.(3) Europäische Verteidigungspolitik – das wird aufabsehbare Zeit auch nichts werden. Dass man sich mitder neuen geopolitischen Situation beinahe in einemKriegszustand befindet, wird verdrängt. Manche schlagen(einmal mehr) Appeasement vor, andere mogeln alsTrittbrettfahrer. Doch die internationale Szene ist „kalt“geworden. Wenn ein Trumpoid die USA beherrscht, istEuropa alleine. Es wird als „Papiertiger“ nicht überleben.Es fehlt die Härte.Zumindest zwei Jahrtausende hat man an Europa gearbeitet.Es ist für die Welt kein Vorbild mehr. Abwärtsgeht es schneller.Der Autor ist Professor für Soziologie an der Uni Graz.dass man mit dem eigenen Einkommensein Auskommen hat.Und zweitens, dass es der nachfolgendenGeneration einmal bessergehen wird. Aktuell haben wirden umgekehrten Effekt und eswird Zeit, das zu ändern.DIE FURCHE: Dennoch ist davonauszugehen, dass die FPÖ 2024vor allem die Themen Migrationund Zuwanderung bespielt – undauf Resonanz stoßen wird. Sie habenals Bürgermeister in Traiskirchengeschafft, dass die Bevölkerungfür Ihre Politik Verständnisaufbringt. Aber ist Ihr Konzeptauf ganz Österreich übertragbar?Babler: Traiskirchen ist ein Abbildfür zwei Phänomene. Erstensist dort eines der größtenFlüchtlingslager Europas. Zweitensfand dort ein Strukturwandelder Wirtschaft statt. TausendeGroßindustriearbeitsplätze sindweggefallen, was zu weiterer Unsicherheitführte. Mit einer vernünftigenSozialpolitik und miteinem humanistischen Ansatz,was Geflüchtete anbelangt – beidesgepaart mit einer guten Wirtschaftspolitik– ist es gelungen,dass sich die Leute zur Sozialdemokratiehingewendet haben.Wir müssen außerdem trennen:Auf der einen Seite geht es umFlucht, auf der anderen Seite umArbeitsmigration. Das Recht aufAsyl kann keine politische Entscheidungsein – ob uns das rechtist oder nicht. Bei der Arbeitsmigrationgilt es seitens der Politikdie Bedingungen festzulegen. Arbeitsmigrationdarf nicht dazu benutztwerden, Sozial- oder Lohndumpingzu betreiben.DIE FURCHE: Das heißt konkret?Babler: Mindestlohn und Mindestquotenhaben wir fix einzubetten.Weiter braucht es eineoffene Debatte darüber, was passiert,wenn keine Arbeitsmigrationstattfindet. Vom Reinigungsüberden Dienstleistungs- bis hinzum Gesundheitsbereich bzw. derSchwerindustrie würden wir ohneZuwanderung de facto volkswirtschaftlichkollabieren.„ Es gibt ein Integrationsversagen!Ich verstehenicht, warum radikalePrediger ungehindertagieren und Jugendlicheanwerben können. “DIE FURCHE: Aktuell wird diskutiert,ob man Asylwerber zu einergemeinnützigen Arbeit verpflichtensoll. Was sagen Sie dazu?Babler: Der Mensch braucht einesinnvolle Beschäftigung. DieIdee, Geflüchtete eine gemeinnützigeArbeit verrichten zu lassen,hat etwas für sich. Dennoch mussman aufpassen, welche Auswirkungendas auf den Arbeitsmarkthat. Wenn man die einen einsetzt,um sich den Lohn für die anderenzu sparen, ist das ein Ungleichgewicht.Die meisten Asylwerberwollen ohnehin arbeiten. DasNarrativ, sie müssten gezwungenwerden, kreiert ein falsches Bild.Außerdem geht es in erster Liniedarum, die Fluchtursachen zu bekämpfen.Je geringer die Hilfe ausdem Ausland, desto mehr Betroffenewerden zur lebensgefährlichenFlucht nach Europa gezwungen.Und auch die Erderwärmungist ein Schlüsselfaktor für Fluchtund könnte künftig alle Dimensionen,die wir kennen, sprengen.DIE FURCHE: Die SPÖ war aber bislangin puncto Klimaschutz nichtgerade eine treibende Kraft...Babler: Das wird sich mit mir ander Spitze definitiv ändern.DIE FURCHE: Im Zuge der Fluchtbewegungensind viele Menschennach Österreich gekommen, inderen Ursprungsländern Judenhassquasi Staatsdoktrin ist.Nach dem 7. Oktober hat sich dasbei uns deutlich gezeigt, auch inSchulen. Was sagen Sie dazu?Babler: Dass es ein Integrationsversagengibt! Seit 21 Jahrenträgt die ÖVP Verantwortungfür das Innenministerium,mit einer kurzen Unterbrechungdurch Herbert Kickl. Doch manhat sich als Rechtsstaat offenbarnicht gut genug organisiert. Ichverstehe nicht, warum radikalePrediger ungehindert agierenund Jugendliche von der Straßeanwerben können. Dieses eigeneVersagen hat man zur Propagandaumfunktioniert. Das ist schäbig.Was aber auch wichtig ist:Es darf niemals einen Generalverdachtgegenüber Menschenmit islamischem Glauben geben.Muslime sind ein Teil unsererGesellschaft.DIE FURCHE: Die FPÖ agiert anders– und steht in Umfragen bei 30 Prozent.Sie sind nach wie vor abgeschlagen.Dass Sie Platz eins erreichen,ist unwahrscheinlich.Babler: So sehe ich das nicht. Ichbereite mich auf die Kanzlerschaftvor, auf eine Reform-Kanzlerschaft.Und zur ÖVP: Dort gibtes vernünftige Kräfte – und miteinigen von ihnen bin ich im regelmäßigenAustausch.DIE FURCHE: Sie haben nach dem„Burger-Gate“ von Karl NehammerChristlich-Soziale umworben,„ein Stück des Weges“ mitIhnen zu gehen. Dass Sie als Marxistgelten, schreckt aber wohl viele.Woran glaubt Andreas Babler?Babler: Ich stehe für sozialenZusammenhalt, für Chancengleichheit,Respekt. Das ist meineMaxime, in der sich auch vielechristlich-soziale Kräfte wiederfindenkönnen.DIE FURCHE: Sind Sie religiös?Babler: Nein, aber ich bin religiössozialisiert. Und ich habe einenguten Dialog mit religiösenMenschen.DIE FURCHE: Was macht der SPÖ-Vorsitzende am Heiligen Abend?Babler: Traditionen pflegen. Esgibt einen Christbaum und ichspiele mit meiner Ziehharmonika„Stille Nacht“.
DIE FURCHE · 5014. Dezember 2023International7Von Markus SchautaSeit 30 Jahren lebt Adi Efrat in Be’eri nahe der Grenze zuGaza. Am 7. Oktober wird sie Augenzeugin des Hamas-Massakers auf den Kibbuz.Gegen 6:30 Uhr in der Früh erwachtAdi Efrat zum Knall detonierenderRaketen. „Es warenungewöhnlich viele“, schildertdie 51-Jährige. Sofort geht siein den Schutzraum und schließt die eisernenFensterläden. Wie immer wartet Efrateinge Minuten ab, bevor sie den Schutzraumwieder verlässt. Auch diesmal denktsie, dass es das gewesen sei und will zurückins Bett. Doch als sie einen Blick aufihr Smartphone wirft, poppen auf Whats-App dutzende Nachrichten auf. Etwasstimmt nicht. Wenige Minuten später hörtsie Schüsse auf der Straße; jemand textet:„Terroristen im Kibbuz!“.Während des Angriffs sind von Efrats Familienoch ihr Ehemann Avishai und ihreTochter Dvir in Be’eri. Da alle drei getrenntvoneinander leben, kommunizierensie über WhatsApp. „Wir entschieden, unsunter allen Umständen leise zu verhalten“,so Efrat. Kein Fernseher, kein Radio, keineGespräche am Telefon. Um nicht vonKugeln getroffen zu werden, legen sie sichflach auf den Boden.„Jedesmal, wenn ich Schüsse hörte, fragteich meine Tochter, ob es ihr gut geht“. Efratsorgt sich um ihren Ehemann, von demsie weiß, dass er eine Pistole besitzt. Sieschreibt: „Versuch nicht, ein Held zu sein!Bleib im Schutzraum!“Gegen 8:00 Uhr ist klar, dass immermehr Häuser von der Hamas gestürmt undangezündet werden. Efrat liest Meldungenvon verzweifelten Nachbarn. Diese berichten,dass die Terroristen versuchen in denSchutzraum zu gelangen, bitten um Hilfe.Nach einer Weile kommen keine Nachrichtenmehr von ihnen.Auch die Sicherheitsbeauftragte des Kibbuzist hilflos. „Bleibt in euren Schutzräumenund haltet aus“, schreibt sie. Und auchdass die Armee informiert sei, diese kommenwerde und sie retten würde.Die Spezialeinheit meldet hohe VerlusteGegen 9:00 Uhr textet Efrats Ehemann:„Terroristen im Haus!“. Danach kommtnichts mehr. Gleichzeitig werden die WhatsApp-Gruppenvon immer mehr panischenHilferufen geflutet – es ist klar, dass imKibbuz ein Massaker im Gange ist. Efratschließt alle Gruppen. „Ich hielt es nichtmehr aus“, wird sie später erklären.Nach endlosen Minuten meldet sich ihrEhemann zurück: Zwar sei es ihm gelungen,die Tür zum Schutzraum von innen zuzuhalten,aber jetzt brenne sein Haus und erkönne den Rauch riechen, spüre die Hitze.Die Türen der Schutzräume sind zwarfeuerfest, aber nicht gegen Rauch isoliert.Avishai uriniert auf seine Kleidung undAdi Efrat und ihre Familie überlebten das Massakervon Be’eri.Foto: PrivatFoto: Getty Images / Alexi J. Rosenfeld„Versuch nicht,ein Held zu sein“stopft sie in den Spalt zwischen Tür undBoden, um den Rauch draußen zu halten.Efrat fleht ihn an, im Schutzraum zu bleiben,nicht das Haus zu verlassen. Andernfalls,so ist sie überzeugt, würde ihn die Hamaserschießen: „Wir beteten, dass die IDFeintreffen mögen, bevor mein Ehemann imbrennenden Haus erstickt.“Kurze Zeit später ist jedoch klar, dasssich diese Hoffnung zerschlagen hatte. DieSicherheitsbeauftragte meldet, die zu ihrerRettung entsandte Spezialeinheit der israelischenArmee sei von der Hamas aufgeriebenworden; ihre Verluste so hoch, dasssie sich zurückziehen müsse.Gegen 13:00 Uhr hört Efrat Gesprächsfetzenauf Arabisch vor ihrem Fenster. Minutenspäter unterhalten sich zwei Fremdein ihrem Wohnzimmer. Die Angst steigtund steigt. Die Tür des Schutzraumes voninnen zuzuhalten, versucht Efrat erst garnicht: „Gegen die Kraft von zwei Männernhätte ich nichts ausrichten können.“Dann stehen sie vor ihr: Zwei Palästinenserin Zivil mit Flip-Flops und Kalaschnikows.Sie sagen, sie solle sich nicht sorgen,ihr würde nichts geschehen. „Ich fandes schwer, ihnen zu glauben“. Die Männernehmen ihr Bargeld und Smartphone abund verlangen den Schlüssel für ihr Auto.Sie wären hier fertig, wollten weg.Nervös versucht Efrat ihnen zu erklären,dass sie im Kibbuz eine kollektive Lebensweiseführen und sie daher kein eigenesAuto besitzt. Sie gibt ihnen den Schlüsselzum Parkhaus und erklärt, wo sie das auffälliggroße Gebäude finden können. „Dortgibt es hunderte Autos“, sagt sie auf Arabisch.Doch die Plünderer bestehen darauf,dass Efrat sie begleitet. Efrat zittert, fürchtetnach Gaza verschleppt zu werden.Die Plünderer bringen sie in den Garteneines Hauses, in dem sich ein Dutzend Hamas-Kämpferversammelt haben. Die Männertragen Uniformen und sind schwerbewaffnet. Einer von ihnen fesselt EfratsHände mit einem Kabelbinder auf ihrenRücken. Dann muss sie sich neben die97-jährige Hausbesitzerin und deren Betreuerinauf die Veranda setzen.Trotz des Sprechverbotes stellt die alteFrau immerzu Fragen. Sie ist dement, verstehtnicht, was vor sich geht. Ihre Betreuerinversucht sie zu beruhigen. Vergebens.Sie fragt immer weiter.Dann hört Efrat das laute Weinen einesKindes. Nach einigen Sekunden tauchtein Terrorist auf, der ein etwa dreijährigesKind hinter sich her zieht. Es weint undschreit nach seinem Vater. Efrat: „Nochnie habe ich ein so verängstigtes Gesichtgesehen.“Lesen Sie dieAnalyse vonSusanne Glass:„Israel im Krieg:Über einenfatalen Irrtum“(11.10.2023)auf furche.at.„ Ein weiterer Terrorist kommt miteiner Frau und einem Buben in denGarten. Ihre Kleidung ist blutig. Sie hateine Schusswunde im Unterleib. IhrUngeborenes wurde erschossen. “Gewalt-ExzesseKuscheltiereliegen auf einemBett in einemKinderzimmer,das nach einemAngriff von Hamas-Kämpfern auf diesenKibbuz, dernahe der Grenzezum Gazastreifenliegt, verbranntund verkohlt ist.Bald darauf kommt ein weiterer Hamas-Kämpfermit einer Frau und einemetwa sieben Jahre alten Buben. Ihre Kleidungistschmutzig von Rauch und Blut, dieFrau hat eine Schusswunde im Unterleib.Es ist die Mutter des weinenden Dreijährigen.„Sie haben meinen Ehemann und Milaerschossen“, sagt sie. Efrat ist schockiert,fragt: „Wer ist Mila?“ „Mein Baby“, antwortetedie Frau. Die Hamas-Kämpfer hatten ihremUngeborenen in den Kopf geschossen.Nach einer Weile wird Efrat von einigenTerroristen weggeführt. Später geraten sieunter Beschuss. „Ich konnte nur Beine undStiefel um mich herum sehen, weil wir alleganz gebückt liefen“, berichtet sie. Dienächsten Stunden verbringt Efrat in einerGarage, eingezwängt zwischen Terroristen,die sich Gefechte mit der israelischenArmee liefern: „Ich hatte Angst, dass einervon denen mich einfach erschießen würde.“Nach Stunden wird ihre Tochter gerettetIrgendwann ziehen sich die Kämpfer zurück,lassen Efrat alleine in der Garage zurück.Gegen 16:30 Uhr wird sie von Soldatender israelischen Armee in Sicherheitgebracht. Nach weiteren sechs Stundenwird auch ihre Tochter gerettet. Ihr Ehemannwird insgesamt zwanzig Stunden imSchutzraum ausharren müssen, bis die IDFauch ihn befreien kann.Wie Efrat später erfährt, hat die Muttermit ihren beiden Kindern überlebt, ebensodie 97-Jährige. Ihre Betreuerin wurdeermordet. Bei dem Massaker starben rund120 Menschen im Kibbuz Be’eri. Insgesamtkamen am 7. Oktober 1.200 Menschen in Israelums Leben. Etwa 240 weitere wurdennach Gaza verschleppt.Als Reaktion auf den Terrorangriff erklärteMinisterpräsident Benjamin Netanjahuder Hamas den Krieg. Auf tagelangeLuftangriffe auf den dicht besiedelten Gazastreifenfolgte eine Bodenoffensive, diebis heute andauert. In Gaza starben lautdem Hamas-geführten Gesundheitsministeriumbisher über 15.000 Menschen, hunderttausendebefinden sich mittlerweileauf der Flucht.
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