DIE FURCHE · 37 24 Ausstellung 14. September 2023 Bühne des Lebens Mit Elementen aus Theater, Film und Fernsehen thematisiert die Künstlerin Tracey Moffatt in ihrer neunteiligen Fotoserie „Something More“ (1989) den Traum von einem besseren Leben. Von Theresa Steininger Das mumok präsentiert in „ON STAGE“ rund 150 Positionen zum Thema Auftritt und (Selbst-)Darstellung in der Kunst. Die vielen Bühnen in der Kunst Cindy Sherman, die in verschiedenste Rollen schlüpft. Maria Lassnigs Körpergefühlsmalerei. Anna Artakers Personenalphabet, Hermann Nitschs Orgien Mysterien Theater oder Gilbert & Georges „Piss Heads“: Weit gefasst wird der „Bühnen“-Begriff im mumok. Die Ausstellung „ON STAGE“ zeigt rund 150 Arbeiten aus der Zeit seit 1960, die alle etwas Performatives an sich oder jedenfalls mit dem Thema (Selbst-)Darstellung zu tun haben. Das startet beim literarischen Cabaret der Wiener Gruppe, in dem sich H. C. Artmann, Gerhard Rühm, Friedrich Achleitner und Oswald Wiener in der Tradition des dadaistischen Theaters mit der experimentellen Verwendung von Sprache auseinandersetzten. Ebenfalls am Anfang der Schau, den man auf österreichische Positionen konzentriert hat, steht Hermann Nitschs Orgien Mysterien Theater; und – vermutlich weniger Menschen bekannt – die Aktivistengruppe Mathilda, die das autoritäre und teils kriminelle Verhalten Otto Muehls in der nach ihm benannten Kommune künstlerisch an den Pranger stellt. In einem Video nötigt Muehl einen Jungen zum Auftritt und zum Biertrinken, bis diesem sogar die Tränen herunterrinnen. Dass die vermeintlich so offene Gesellschaft in der Kommune eine war, in der Gewalt drohte, wird auf beklemmende Weise offenbar. Um „ Selbst zum Motiv werden kann der Besucher oder die Besucherin in der ‚Autofokusfalle‘ von Michael Schuster. “ Unterdrückung geht es auch oft in den Werken der damals aufkommenden feministischen Szene. Wie sich Künstlerinnen wie Marina Abramović und Valie Export gegen die Dominanz in patriarchalen Verhältnissen wehrten, ist ebenfalls Thema des Beginns der Schau. Foto: © Bildrecht, Wien 2023 Bühnen der Doppelbödigkeit Aus diesem Vorraum gelangt der Besucher in mehrere Stockwerke voller Arbeiten, vornehmlich aus der mumok-eigenen Sammlung, die nationale und internationale Positionen zum Thema Bühne im weitesten Sinn mannigfaltig ausbreiten. Da sieht man filmische Transformationen von Maria Lassnig ebenso wie eine Küchenschürze von Birgit Jürgenssen, in der Frau und Herd verschmelzen. Cindy Sherman nimmt verschiedenste Identitäten an, Stefan Wewerka lässt Sessel und Selbstporträt verschmelzen. Surreal-theatrale Züge sieht man in Markus Schinwalds von eigenwilligen Verrenkungen geprägten Fotos. Selbst zum Motiv werden kann der Besucher oder die Besucherin in der „Autofokusfalle“ von Michael Schuster – wer sich fotografierte, wird gleichsam Teil der Ausstellung, wiewohl die im mumok nebenbei sichtbaren Fotos nicht die gerade entstandenen sind. Auf monumentale Art auf die Verknüpfung von Macht und Spiel hinzuweisen, gelingt Anna Boghiguian mit ihrem Schachspiel. Historische Figuren werden auf dieser metaphorischen Bühne in ihrer Doppelbödigkeit dargestellt. Man erkennt vielleicht Marie Antoinette ebenso wie Bertha von Suttner, Josephine Baker, Sigmund Freud und Jean-Jacques Rousseau, aber auch Aribert Heim, der „Schlächter von Mauthausen“, ist dabei. Berühmte Persönlichkeiten hat auch Anna Artaker verwendet: Aus den Anfangsbuchstaben A wie Andy Warhol oder P wie Pablo Picasso, die in Fotos zu sehen sind, formt sie den Halbsatz „A portrait of the artist as an alphabet“. Während Jörg Immendorff bekannte Sammlerinnen, Sammler, Kunstfachleute, Künstlerinnen und Künstler – und dabei vor allem Männer – in seinem Gruppenporträt zusammenbringt, kritisieren DIE DA- MEN und Katrin Plavčak nebenbei die fehlende Präsenz von Frauennamen in der Kunst. Breites Themenspektrum Kurator Rainer Fuchs lässt auf mehreren Stockwerken unterschiedlichste Arten von „Bühnen“ vorkommen, auch Konzerten und Musik ist ein Kapitel gewidmet. Besonders eindrücklich ist das Video „Black Bus Stop“ von Kevin Jerome Everson und Claudrena N. Harold, in dem sich schwarze Studierende treffen, um durch Musik, Gesang und Tanz ihrer kollektiven Geschichte und kulturellen Identität Ausdruck zu verleihen. Eine wieder gänzlich andere Art von „Bühnen“ meinen Omer Fast und Rashid Masharawi. Beide bringen Casting-Situationen, die nicht auf einen Auftritt im Theater oder Ähnlichem Bezug nehmen. Omer Fast interviewt einen Soldaten, der im Irakkrieg war. Dessen Erzählungen darüber und jene über eine Liebesbeziehung greifen ineinander. Masharawi wiederum überträgt den Casting-Gedanken in ein Palästinenser-Camp und verleiht dem Thema Warten in diesem politischen Kontext eine weitere Dimension. Somit hat Rainer Fuchs zahlreiche explizite Darstellung des Bühnenhaften mit solchen zusammengeführt, deren Bezug zur titelgebenden „Stage“ ein weniger offensichtlicher, aber teils umso eindrücklicherer ist. ON STAGE – Kunst als Bühne mumok, bis 7. Jänner 2024 www.mumok.at IN KÜRZE LITERATUR ■ Ehrung für Elfriede Jelinek WISSEN ■ Austro-Klimasatellit startklar FILM ■ Romy-Branchenpreise MEDIEN ■ Digital Gap nach wie vor groß Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek ist Wiener Ehrenbürgerin. Die 76-jährige Autorin, die 2004 mit dem Nobelpreis geehrt wurde, hat ihre Urkunde im kleinen Kreis von Bürgermeister Michael Ludwig und Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (beide SPÖ) überreicht bekommen. Der Beschluss war im September 2021 im Wiener Gemeinderat gefasst worden. Die Verzögerung sei „primär Corona geschuldet“, so der Bürgermeister. „Es ist die einzige Ehrung seit dem Nobelpreis, die ich angenommen habe“, betonte Jelinek, denn: „Ich bin wirklich Wienerin“, so die aus Mürzzuschlag stammende Autorin. Der für die Europäische Weltraumagentur ESA gebaute österreichische Miniatursatellit namens PRETTY soll nach aktueller Planung am 4. Oktober an Bord einer Vega-Rakete seine Reise ins All antreten. Der Start erfolgt vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana. Ziel ist es, mit dem Nanosatelliten unter anderem Daten zum Klimawandel zu sammeln. PRETTY ist der fünfte österreichische Satellit im All und der dritte, den die Technische Universität (TU) Graz gebaut hat. Ein weiteres Ziel wird sein, zur Nachhaltigkeit im All beizutragen. Die Mission ist auf ein Jahr im Weltraum ausgelegt. Am 15. September werden im Wiener Gartenbaukino die Romy-Branchenpreise für Personen aus der Film- und TV-Branche, die oft im Verborgenen arbeiten, vergeben. Der Film „Der Fuchs“ heimste dabei zwei Auszeichnungen ein (bester Kinofilm und beste Kamera für Yoshi Heimrath und Paul Sprinz). Die Verleihung findet am 15. September im Wiener Gartenbaukino statt. Im Kinobereich ging die Auszeichnung für die beste Dokumentation an „Elfriede Jelinek – Die Sprache von der Leine Lassen“. Florian David Fitz wurde für sein Drehbuch zu „Oskars Kleid“ geehrt. Den Regie-Preis sicherten sich Tizza Covi und Rainer Frimmel für „Vera“. Ein Drittel der Weltbevölkerung hat nach Angaben der Vereinten Nationen immer noch keinen Zugang zum Internet. Gleichzeitig habe sich seit der Zählung im vergangenen Jahr die Zahl der Menschen mit Zugang zum Netz um rund 100 Millionen Menschen auf 5,4 Milliarden Menschen erhöht, teilte die Internationale Fernmeldeunion (ITU), die UN-Unterorganisation für Technologiethemen, in Genf mit. Damit könnten mittlerweile 67 Prozent der Weltbevölkerung online gehen. Die übrigen 2,6 Milliarden Menschen auf der Welt hätten hingegen nach wie vor keinen Zugang zum Internet.
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