37 · 14. September 2023 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 79. Jg. · € 4,– Liebesg’schichten & Paarungssachen Die Kommunikation im Tierreich treibt die buntesten Formen hervor – vor allem wenn es um die Fortpflanzung geht. · Seite 23 Jina Mahsa Amini: Gewehrt. Vergebens. Kollaps statt Reformen? Nero: Kaiser, Künstler, Ungeheuer Der Tod einer Kurdin in Polizeigewahrsam löste im Iran die schwersten Aufstände seit Jahrzehnten aus. Nun jährt sich ihr Tod erstmals. · Seite 7 Gregor Maria Hoff über die erste der beiden Synodalversammlungen in Rom im Oktober: die katholische Kirche am Scheideweg. · Seiten 12–13 Alexander Bätz spürt in seiner Biografie einem viel schichtigen Charakter im Netz familiärer und po li tischer Ränkespiele nach. · Seite 17 Das Thema der Woche Seiten 2–4 Illustration: Rainer Messerklinger Ob in der Ukraine, beim Treffen der BRICS-Staaten oder auf dem G20-Gipfel: Der Westen muss sich verteidigen und seine Werte rechtfertigen. Start einer FURCHE-Reihe zu den politischen Himmelsrichtungen. Der Westen gegen den Rest? „Ich war eine Dunkelziffer“ Der Fall Teichtmeister wird heftig diskutiert. Woher Missbrauchsdarstellungen kämen, werde aber zu wenig beleuchtet, sagt Josefine Barbaric. Sie hat als Kind selbst Missbrauch erfahren. Heute gibt sie Betroffenen eine Stimme. Seite 10 Die Blockade bei Erneuerbare-Wärme-Gesetz und Bodenschutz ist symptomatisch für Österreichs Stillstand bei notwendigen Reformen. Ein „Zukunftsfonds“ kann nur der Anfang sein. Sind wir erneuerbar? AUS DEM INHALT Veränderung? Bloß nicht! Politologin Sieglinde Rosenberger über die Politikscheuheit der demokratischen Parteien und darüber, warum dadurch lebenswichtige Fragen auf der Strecke bleiben. Seite 5 Von Doris Helmberger Österreich wird nicht die Welt retten: Diese Binsenweisheit hat man in diesem Land weitgehend internalisiert. Weder die Herausforderungen durch Flucht und Migration noch die existenzielle Frage der Erderhitzung samt häufigerer Stürme, Dürren und Fluten – wie zuletzt im ohnehin vom Bürgerkrieg verheerten Libyen – werden von hier aus zu lösen sein. Die zweite, dazugehörige Binsenweisheit wird freilich gern unter den Teppich gekehrt: dass nämlich dieses kleine, im Weltmaßstab unfassbar wohlhabende und von der Geschichte bevorzugte Land bei der Lösung der globalen Probleme zumindest seinen gerechten Anteil leisten muss. Wie nachhaltig man daran scheitert, zeigt die jüngste Blockade beim Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG). Eigentlich schon vor zehn Monaten von ÖVP und Grünen im Ministerrat paktiert, hat VP-Energiesprecherin Tanja Graf im Kurier mit der Aussage aufhorchen lassen, dass das Gesetz „von der Struktur her falsch aufgebaut“ sei und nochmals „genau geprüft“ werden müsse. Wo genau das Problem liegt, ließ Graf im Dunkeln. Vermutlich dürfte aber ein Blick nach Deutschland, wo die Ampelregierung „ Eine reformfähige Politik und eine Finanzierung, die Bodenschutz nicht bestraft: Das muss man verlangen können. “ nach heftigen Kontroversen gerade ein – reichlich verwässertes – Heizungsgesetz durch den Bundestag brachte, mitgespielt haben. Selbst in Neubauten müssen demnach nur 65 Prozent des Wärmebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Und auch der Einsatz von „grünem Gas“ (statt fossilem) ist möglich. Für jene, die „Technologieoffenheit“ trommeln, der praktikablere Weg. Für Klimaökonominnen wie Sigrid Stagl hingegen ein „fauler Kompromiss“: Wie „E-Fuels“ seien diese teuren Energieträger in der Industrie besser aufgehoben. Und: Je später Neuregelungen für langlebige Heizungen starten, desto höher die Abschreibungen und volkswirtschaftlichen Kosten (vgl. dazu auch Seite 5). Zwei-Drittel-Desaster „Unklug“ wäre all dies, so Stagl. Eine Vokabel, die auch zum Vorgehen der Regierung bei der Suche nach einer Zweidrittelmehrheit passt. Seit März ist man hierzu nicht mehr an die SPÖ herangetreten. Die türkis-grünen Klubobleute betonen zwar, dass die Verhandlungen „zügig weitergingen“, dennoch sitzt man vor den Scherben der eigenen Blockaden. Professionelles Regieren sieht anders aus. Auch bei der Bodenstrategie, mit deren Hilfe der hiesige Flächenfraß von 17 Fußballfeldern täglich reduziert und die Bodenresilienz angesichts zunehmender Wetterextreme erhöht werden soll, ist nicht viel politische Klugheit zu sehen. Die geplante Präsentation im Juni scheiterte. Zu zersplittert sind die Interessen von Bund, Ländern und Gemeinden. Das im türkis-grünen Regierungsprogramm festgeschriebene Ziel von nur 2,5 Hektar neu versiegelten Flächen täglich bleibt in weiter Ferne. Just der Finanzausgleich, in dem bis Ende des Jahres das Verantwortungswirrwarr zwischen den föderalen Ebenen finanziert werden soll, könnte vorerst Abhilfe schaffen. Durch einen „Zukunftsfonds“ will Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bei Ländern und Gemeinden verstärkt Anreize setzen, nicht nur im Bereich Pflege und Kinderbetreuung zu investieren, sondern auch den Boden zu schützen. Wie falsch Kommunal- und Grundsteuer bislang steuern, hat Kurt Weinberger von der Hagelversicherung trefflich formuliert: „Umso mehr eine Gemeinde die Natur zerstört, umso mehr Steuereinnahmen erhält sie.“ Die aktuelle Aufregung um einen weiteren Ausbau des Messeparks Dornbirn zeigt, wie sehr man hier noch am Anfang steht. Ein „Zukunftsfonds“ wäre hier ein erster Schritt. Langfristig braucht es freilich eine Politik, die reformfähig wird – und Finanzierungsstrukturen, die Nachhaltigkeit nicht bestrafen, sondern belohnen. Weltrettung hin oder her: Zumindest das muss im kleinen Österreich doch möglich sein. doris.helmberger@furche.at Israel: Die Demokratie ist in Gefahr Der ehemalige Botschafter Dan Ashbel warnt in der FURCHE davor, die geplante Justizreform herunterzuspielen. Netanjahu und Co wollten die absolute Macht. Seite 6 Keine Moral ohne Wahrheit Ächtet man den Wahrheitsbegriff, dann zerstört man die Grundlagen aller Menschlichkeit, meint Peter Strasser. Eine Replik auf Josef Mitterer und Katharina Neges. Seite 9 „Hitler-Balkon“ zugänglich machen Der Theologe Jan-Heiner Tück plädiert dafür, den Balkon in der Wiener Hofburg zu öffnen und diesen geschichtlich belasteten Ort zu demokratisieren. Seite 15 Feministischer Frankenstein Matthias Greuling berichtet von den Filmfestspielen Venedig, die mit Yorgos Lanthimos’ „Poor Things“ einen logischen Sieger hervorbrachten. Seiten 20–21 furche.at Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0
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