DIE24 FURCHE · · 116 International Ausstellung1013. 6. März 2025Das Gespräch führtePhilipp FritzDie israelische Politikder 1990er Jahre istViele Techniken kaum denkbar wurden ohne entwickelt, um bunte Lichtbilder möglich zuJosef „Jossi“ Beilin.machen. Der „True 1948 Colors“ in Petach in der Albertina Modern zeigt diesen Weg.Tikwa geborene Beilin war langeMitgliedWieder ArbeiterparteidieAvo-Farbeda, später Vorsitzender der linkenPartei Meretz. Er bekleideteeine Reihe von Regierungsposten,etwa als stellvertretenderAußenministerinsund Außenminis-Foto kamter, Justizminister, Minister imBüro des Premierminister undfür einen kurzen Zeitraum auchMinister für religiöse Angelegenheiten.Als stellvertretenderAußenminister war Beilin in den1990er Von Gerald Jahren Piffl verantwortlichDiese bietet der zweite, abgedunkelte Raum,für den Oslo-Friedensprozessin dem das Interferenzfarbverfahren von GabrielLippmann präsentiert wird, ein Highlightzwischen Die Israelis Welt und ist farbig, Palästinensern.Beilin war die nahm Darstellung an den dieser Farbig-der Ausstellung. Hier entstehen fast hyperre-doch lange ZeitGeheimverhandlungen keit in der teil, Fotografie die nur schwer ale Farben durch Interferenz der Lichtwellen,schließlich zu zu einer realisieren. Reihe von War Abkommenzwischen stellung Israel der und Fotografie der im Jahr trachtet. Mit dieser Technik ist auch der Papa-bereits die Vor-wenn man die Objekte im richtigen Winkel be-Palästinensischen1839 ein riesiger Schritt Befreiungs- in der Wiedergabe derorganisation Realität, wurde (PLO) schon führten bald – der mit Wunsch nachdem Farbe Ziel, wach den und Nahostkonflikt Lichtbilder wurden zu daher mitlösen. Pigmenten, Mit der Wasser- FURCHE oder sprach Ölfarben er koloriert. Inüber den folgenden die Zukunft Dekaden von Gaza, entwickelten die Wissenschaftlereine schier unüberschaubare der Isra-Fülle anKompromiss-Fähigkeitelis Techniken, und Donald um farbige Trump Fotografien als Radikalisierungs-beschleuniger.wobei vieles nur Experiment blieb.zu erzeugen,Vor diesem Hintergrund kann es als GlückDIE betrachtet FURCHE: werden, Herr Beilin, dass noch die k. immerk. Graphischegei von Richard Neuhauss (1899) fotografiertworden, der so etwas wie das Maskottchen derAusstellung ist und auch vor dem Haus von denPlakaten grüßt. An den Abbildungen im informativenKatalog kann man sehen, dass dieseTechnik auch heute nicht in ihrer ganzen Farbenprachtzu reproduzieren ist.Ähnlich kompliziert in der Umsetzung warauch die Dreifarbenfotografie, für die drei unterschiedlicheNegative mit verschiedenenLehr- hält und die Versuchsan-Hamas israelischeFarbfiltern erstellt wer-Geiseln stalt eine gefangen. der weltweit Unter Präsidentführenden Trump haben Institutio-die USA nun „ In Ausstellung undden mussten.begonnen, nen auf dem direkt Gebiet Gespräche der mitDie Palästinenser Ergebnis sind von die Tüfteleien einzigen, die Donald Trump und seineKatalog werden zahlreicheder Forschung Terrororganisation und Ausbildungwar und deren Lei-Techniken ausführlich Aussagen zu Gaza ernst nehmen, sagt „Jossi“ Beilin, u. a. ehemaligerüber dieDie Ausstellung beschreibthier ein zentra-Freilassung von Geiseln zu führenterJosef Es ist Maria ein ungewöhnlicherEder eineerklärt. Man kann Außenminister sich les Israels. Problem Warum der frühen er weiter an einem palästinensischenzentrale für Figur eine US-Adminis-im in diese einlesen Farbverfahren, nämlichVorgangStaat oder festhält und welche Rolle dabei Benjamin Netanjahu zukommt.tration; internationalen für gewöhnlich AustauschAmerikaner neuer Erkennt-höchstens übertretendie Reproduktion unddienur die beeindruckendenmassenhafte Verbreitung.Daher widmet sichnisse und Verfahren. Bildbeispiele bewundern. “Zwischenmänner mit der Hamasin Gleichzeitig Kontakt. Welche war die Bedeutung„Hamasein eigenes Kapitel demwirdhat Versuchsanstaltdieses Engagement auch der USA?farbigen Druck.Jossi Begutachtungsstelle Beilin: Ich messe für Patente. dem So baute man Den kommerziellen Durchbruch der Farbfotografiebrachte 1907 das Autochrom der Brüdernicht in Wien viel eine Bedeutung Referenzsammlung bei. Um die von Technik,Geiseln Büchern so und bald Bildbeispielen wie möglich frei auf, die seit über Lumière. Es war das erste Verfahren, das sichzu 20 Jahren bekommen, als Dauerleihgabe sprechen wir an der Albertina zur Massenfabrikation eignete, war es dochdirekt beforscht oder wird. indirekt mit der Hamas.Auch Dass die sich Schau die „True USA Colors“ jetzt auf in der Albertina in der Wissenschaft eingesetzt und bald ein Be-einfacherallehandzuhaben. AutochromeGeiselnwurdendiese Modern Art speist einschalten, sich aus spielt diesen mit Beständen, die tätigungsfeld der Kunstfotografie. Die empfindlichenDiapositive können allerdings nicht überBlick von den auf Kuratorinnen das israelische Anna VorgehetridMahler keine Rolle. zu einer Israel Tour spricht d’Horizon durch zahl-einen längeren Zeitraum gezeigt werden, wes-Hanreich und As-indirekt reiche Verfahren mit der der Hamas, Farbfotografie die zusammengestellteben wurden. direkt. Wenn das da-wurden,halb für diese Ausstellung Duplikate erstellt Daher werden in der Ausstellung und im Katalogzahlreiche Techniken ausführlich erklärt.USAfreilassen“die bei der Präsentation an der Wandzu beiträgt, dass die Geiseln zuhinterleuchtet werden und so eine möglichst authentischeWirkung erzielen.eindruckenden Bildbeispiele bewundern, dieMan kann sich in diese einlesen oder nur die be-einem Wie Miniaturmalereienfrüheren Zeitpunkt freigelassen Die Expertinnen werden, ist beginnen das kein ihre Erzählung Erst ab den 1930er Jahren wurde die Farbfotografiedurch die Einführung mehrschichtiger Chemikern, Optikern, Physikern und Fotogra-von einem ungebrochenen Forschergeist vonProblem. mit kolorierten Daguerreotypien, Salz- und Albuminpapieren.Hier wurden Schwarzweiß-Abzügein der Tradition der Miniaturmalerei koloriertund brachten Ergebnisse, die immerUnikate und mehr künstlerische Interpretation,denn Dokumente waren. Auch wenn Fotogra-Dia- und Negativfilme endlich massentauglichund vor allem im kommerziellen und privatenBereich eingesetzt. Im Kunstkontext dauertees noch bis in die 1970er Jahre, bis sie als AusdrucksmittelAnerkennung fand.fen zeugen. Eine Ausstellung für Kenner undEntdecker.True ColorsFarbe in der Fotografie von 1849 DIE FURCHE: bis 1955Die Inszenierung derKLARTEXTfien getont oder mit farbigen Pigmentpapierenkopiert wurden, zeigten sie keine natürlichenFarben.Deutschland im ZeitgeistAlle frühen Farbverfahren waren technisch Albertina Modernaufwändig und sind in ihrer Funktionsweisefür den Laien oft nicht leicht zu verstehen.Von Bis Susanne 21. April Glass 2025www.albertina.atFoto: ALBERTINA, WienVerblüffendrealistischDas 1891 vorgestellteInterferenzfarbverfahrenwar ein ersteserfolgreiches, aberexklusives Farbverfahren.RichardNeuhauss nutztees: Papagei, 1899,8,3 cm × 6,4 cm,Interferenzfarbfotografie.Am vergangenen Wochenende erreichten michGlückwünsche zum Weltfrauentag. Sehr nett gemeint.Noch mehr gefreut hätte ich mich allerdings,wenn nicht fast zeitgleich Social-Media-Posts derwohl künftigen deutschen Regierungsparteien CDU undCSU gezeigt hätten, wo wir Frauen derzeit stehen. Dennes sind überwiegend Männer, die die Verhandlungenfür eine Koalitionsregierung aus Union und SPD führen.So postete CSU-Chef Markus Söder ein Foto von einemreichlich gedeckten Frühstückstisch. Dort stärkten sichsechs Spitzenpolitiker der Union. Und diese Männer lassenuns, so Söder, wissen: „Wir sind bereit für einen Politikwechsel.“Na, dankeschön! Ist das in Kombination mitdem Foto einer reinen Männer-Runde wie im Deutschlandder 1990er Jahre für uns Frauen jetzt ein Versprechenoder eine Drohung? Bisher hatte ich geglaubt, dassim Jahr 2025 in Deutschland keine Diskussionsrundeund erst recht keine Sondierungsgespräche der sogenanntenVolksparteien ohne zumindest annähernd paritätischeweibliche Beteiligung auskommen. Auch im neuenBundestag sind die weiblichenAbgeordneten in der Minderheit.Das war schon in der Vergangenheitso. Jetzt ist das Ungleichgewichtnoch größer geworden. Von630 Abgeordneten sind nur 204 Frauen. Das ist wenigerals ein Drittel. Was vor allem an der in Teilen rechtsextremenAfD liegt. Die AfD-Fraktion besteht passendzu ihrer rückwärtsgewandten (Familien-)Politik aus 134Männern und 18 Frauen. Doch auch bei der Union beträgtder Frauenanteil im Bundestag nur 22 Prozent. Nunwurde in der letzten FURCHE ausführlich dargestellt,dass weltweit der Trend zur Macho-Weltordnung geht –und was es bedeutet, wenn Putin, Trump und Musk ihrenpolitischen Männlichkeits-Kult zelebrieren. Doches zeigt sich: Auch in Deutschland passt Mann sich demZeitgeist an.Die Autorin ist Redaktionsleiterin Auslandund politischer Hintergrund beim Bayerischen Rundfunk.Foto: APA / AFP / Sven NackstrandOslo- FriedensabkommenJassir Arafat (links), Shimon Peres (re.)und Norwegens ehemaliger AußenministerBjørn Tore Godal nach einer Konferenzim Zuge des Osloer Friedensabkommensam 19. August 1994 in Gaza-Stadt.allerdings dürfte davon wenigerüberzeugt sein – was ich nachvollziehenkann. Er möchte diesesschreckliche Kapitel und denKrieg beenden und eine Freilassungder Entführten erwirken –und dann regiert die Hamas nachall der Zerstörung immer noch inGaza. Das ist eigentlich nicht akzeptabel.Aber Netanjahu dürftevon Anfang an gewusst haben,dass es so kommen wird. Ichfürchte, dass er es nun sein wird,der das Ganze, diesen Krieg, beendetund letztlich hinnimmt, dassdie Hamas erst mal weiter in Gazaregiert. Das wird sehr schwierigfür ihn sein, da er das seinenKoalitionspartnern und seinerWählerschaft erklären muss. Vielleichtaber ist es auch möglich, dieVereinbarung zwischen Israel undder Hamas neu auszuhandeln. DieFührung der Hamas müsste demnachimmun sein, also die Garantiebekommen, dass Israel sie nichtjagt, und die Möglichkeit bekommen,ins Exil zu gehen. Auch daskönnte erst mal zu einer Waffenruheund einem Frieden führen.Andernfalls dürfte Israel, unterstütztvon den USA, bald schondie Hamas weiter bekämpfen undzwar so lange, bis alle ihre Mitgliederausgeschaltet sind. Das würdesehr kostspielig für beide Seitenwerden. Denn während dieserAktionen würde es vermutlich zuvielen Toten, auch Unbeteiligten,auf beiden Seiten kommen. Dasschließt auch die israelischen Geiselnein. Ohnehin verringern sichihre Überlebenschancen, wennsie jetzt noch mehrere Monate inGefangenschaft bleiben.DIE FURCHE: Im Moment hält derWaffenstillstand zwischen Israelund der Hamas. Israel ist bereit,ihn über den Fastenmonat Ramadanund Pessach aufrechtzuer-DIE halten. FURCHE Wie geht EMPFIEHLT es danach weiter?Beilin: Gaza wird ein Teil einesShalom zukünftigen Oida! palästinensischenStaates sein. Das steht für michAuch außer heuer Frage. will Wenn das Jüdische man Gaza Filmfestivaderwie-aufbauen die Vielfalt möchte, des Judentums denke ich,zeigen. muss 50 man Filme die Golfstaaten aus elf Ländern und andereneue arabische Sichtweisen Staaten anregen, in diesessollenaufrütteln Projekt und einbeziehen. unterhalten. Auch müssendie übrigen Araber TruppenÜberführung der Leichname der Jüdisches stellen, Filmfestival um den PalästinensernWiendeutsch-israelischen Familie Bibas11. bis zu 25. helfen März. und Programm Recht und auf Ordnung jfw.atdurch die Hamas hat viele im Gazastreifen herzustellen. DieMenschen weltweit, nicht nur in Israel,zentrale Rolle muss die palästi-schockiert. Dadurch stellen nensische Autonomiebehördesich Beobachter abermals die Frage,spielen, sie muss in Gaza die Re-wie viele Geiseln tatsächlich gierungsgeschäfte führen. Dasam Leben sind und ob die Hamas Problem: Die arabischen Staatensie auch wirklich übergeben wird. werden wahrscheinlich nicht dazuBeilin: Ich denke, dass die Hamasbereit sein, Truppen nach Ga-alle Geiseln letztlich freilassenza zu entsenden, erst recht nicht,wird. Es gibt eine Vereinba-wenn die palästinensische Autozarung und die lautet: Die Hamas nomiebehörde sich dagegen ausspricht.lässt die Geiseln frei und wir setzenHier kommt es darauf an,eine Feuerpause um und ziehenob Netanjahu sich damit einver-uns aus Gaza zurück. Ich standen erklären wird, dass diedenke, dass die meisten der beteiligtenAutonomiebehörde die KontrollePersonen es mit dieser Ver-über Gaza übernimmt. Es wä-einbarung ernst meinen. Premierministerre im Interesse der Palästinen-Benjamin Netanjahu ser, aber auch der Israelis. Ichbin„ Die arabischen Staaten werdenwahrscheinlich nicht dazu bereit sein,Truppen zu entsenden.“
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