DIE FURCHE · 1122 Wissen13. März 2025GehirngesundheitDer Schlaf ist einetragende Säule fürdie Gesundheitdes Gehirns. DieInitiative „Schlafals Kinderrecht“(„ChildRight2-Sleep“) setzt neueImpulse, um dieSchlafqualitätvon Kindern undJugendlichenzu verbessern(siehe auchwww.CR2S.org).Von Gerhard KlöschSchlafstörungen bei Kindernund Jugendlichensind ein Dauerbrennerin der medizinischenBerichterstattung. DieCorona-Pandemie hat diesenTrend noch verstärkt, ebenso dieimmer deutlicheren Effekte derKlimaerwärmung auf den Schlaf,etwa der Anstieg von Tropennächtenim Sommer oder die Zuwanderungvon Stechmücken aus demSüden. Weltweit lassen sich einigeProblemfelder ausmachen, dieähnliche negative Konsequenzenauf den Schlaf haben. Um diesesWissen zu nutzen und die blindenFlecken bei der Behandlungvon Schlafproblemen bei Kindernund Jugendlichen aufzuzeigen,wurde die Initiative „Schlafals Kinderrecht“ („ChildRight2-Sleep“, CR2S) gegründet. Mittlerweileist sie zu einer internationalenBewegung angewachsen, dieheuer von 4.–6. Mai eine Fachtagungin Wien ausrichten wird.Plüschtiere und Schlaf-AppsEinige der CR2S-Forderungensind weitreichend, da sie den Rahmeneiner nur auf die Behandlungvon Schlafproblemen bei Kindernund Jugendlichen fokussiertenKinderschlafmedizin sprengen.So etwa die Forderung nach einergemeinsamen Sprache zwischenArzt und Kind, ohne einer nurauf die Eltern bzw. Erziehungsberechtigtenfixierten Kommunikation.Neben konventionellenKommunikationswegen (z.B.die Gutenachtgeschichte) werdenauch neue Formen der Interaktionwie soziale Medien genutzt. 1991prägte die Sonder- und HeilpädagoginCarol Gray bei ihrer Arbeitmit als autistisch diagnostiziertenKindern den Begriff der „SocialStories“. Das Konzept von denkleinen Geschichten über die all-Über die negativenFolgen derDigitalisierungschrieb GerhardKlösch in„Schlafen kannich, wenn ich totbin“ (14.2.2019),auf furche.at.Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen sind anders:Was man alles wissen sollte, um ihnen zu ausreichender Nachtruhezu verhelfen. Zum Weltschlaftag am 14. März.Am Himmelziehn die Schaf‘...täglichen Dinge (so die deutscheUmschreibung des Begriffs „SocialStories“) hat sich als hilfreicherwiesen, um zu verstehen, wiebestimmte Meinungen oder Vorstellungenüber Personen mit Autismusunreflektiert von breitenBevölkerungsgruppen übernommenwerden. Viele unserer Vorstellungenüber die Funktion undWirkung von Schlaf und Traumsind ebenfalls in „Social Stories“eingebettet. Die Vorstellung, dassder Schlaf vor Mitternacht besondersgesund und erholsam sei(ohne dass es dazu wissenschaftlicheEvidenz gibt), ist dafür eingutes Beispiel.Eine nicht versiegende Quellevon ungeschriebenen Regeln überden Schlaf sind die unzähligenGutenachtgeschichten, in denenKinder von klein auf mit kollektivemWissen über die Funktion vonSchlaf und Traum informiert werden.Dieses gemeinsame Reflektierenzwischen Erwachsenen undKind gilt es im Rahmen einer angewandtenKinderschlafmedizinaufzugreifen und zu verfeinern.Adressat sind die Eltern oder Erziehungsberechtigten,weil siebeim Erlernen sozial erwünschterSchlafmuster eine wesentlicheRolle spielen. Kinder lernenauf diese Weise ihr ursprünglichpolyphasisches Schlafmuster (geschlafenwird in mehreren Schlafphasenpro Tag) in ein biphasischesMuster umzuwandeln, umschließlich mit Beginn der Pubertätin das für unsere Kultur typischemonophasische Schlafen miteiner Hauptschlafperiode von achtbis zehn Stunden zu wechseln.Dadurch erlernen Kinder und Jugendliche„Schlafkompetenz“, diesie befähigt, den Schlaf-Wach-Rhythmus an ihr individuellesSchlafbedürfnis anzupassen.In Gutenachtgeschichten spiegeltsich auch die Art und Weisewider, wie in einer Kultur überSchlaf gedacht wird. Auffallendhäufig erfolgt dieses Reflektierendurch Tiere, die u.a. Kinder helfensollen, sich vor den Gefahrender Dunkelheit zu schützen – ein„ Durch guten Schlaf wird Gelerntes besser behalten undder Lernaufwand fällt geringer aus. Das sind Fakten, die beiJugendlichen viel besser ankommen als ,Du sollst‘-Gebote. “Foto: iStock/fcafotodigitalSujet, das auch in außereuropäischenKulturen weit verbreitet ist.Plüschtiere als Mediatoren oderals Influencer können eingesetztwerden, um Kindern evidenzbasiertesWissen aus der Schlafforschungzu vermitteln. Einige aktuelleBeispiele zeigen, dass diesdurchaus auch in Form einesklassischen Plüschtiers funktionierenkann (z.B. der SchlafleopardKalimba der deutschen HypnotherapeutinAngelika Schlarbals Schutzpatron gegen Schlaflosigkeitbei Kindern).Schlaf-Apps für Jugendlichekönnen ebenfalls eine wichtigeRolle beim Sprechen über Schlafspielen. Die Bandbreite reicht vonEntspannungsübungen und einschlaffördernderMusik bis hinzu speziellen Schlaftherapieprogrammen,wie sie mittlerweile erfolgreichfür Erwachsene angebotenwerden. Ein umfangreichesAngebot für Erwachsene gibt esbereits, die Anforderungen an jugendlicheUser sind jedoch deutlichhöher. So ist die Einbindungvon international anerkanntenSchlafexperten in Online-Trainingsprogrammenfür Erwachsenebei einer jugendlichen Zielgruppeein absolutes No-Go. DieEinbindung von Vertretern derPeergroup oder von sogenanntenInfluencern ist hier wesentlich attraktiver,wie eigene Studien mitCollegestudenten zeigten.Dass Schlafen und Wachen eineEinheit bilden und daher eineSchlafmedizin, die sich nur aufden Schlaf konzentriert, letztlichzu kurz greift (siehe dazu das OpusMagnum von Nathaniel Kleitman:„Sleep and Wakefulness“), gerietin den letzten Jahrzehnten ausdem Fokus der Forschung. Bei unserenProjekten mit Gymnasiastenhat sich dies deutlich gezeigt:Kaum jemand interessierte sichfür das Thema Schlaf, weil daswache Leben einfach attraktiverist. Hier eine neue Beziehung zwischenWachen und Schlafen aufzubauen,war buchstäblich augenöffnend.Jugendliche kennen zwardie Auswirkungen einer durchgemachtenNacht auf ihre Leistungsfähigkeitam Folgetag und versuchendurch „Schönheitsarbeit“ amMorgen danach die untrüglichenZeichen nächtlicher Aktivität ausGesicht und Teint zu eliminieren.Mit Staunen wurde jedoch aufgenommen,dass allein ausreichenderSchlaf ein Gesicht auch ohneMake-up attraktiver und gesünderwirken lässt, wie Studien ausSchweden zeigen konnten. Ebenso,dass durch guten Schlaf Gelerntesbesser behalten wird – und soder Lernaufwand deutlich geringerausfällt. Das sind Fakten ausForschungsergebnissen, die beiJugendlichen wesentlich besserankommen als die üblichen „Dusollst“-Gebote der Schlafhygiene.Melatonin als GummibärchenEine wesentliche Forderung derCR2S-Initiative ist die Feststellung,dass Kinder keine kleinenErwachsenen sind. Dieses Statementbringt die ganze Problematikder Kinderschlafmedizin aufden Punkt. Da systematische Studienmit schlafgestörten Kindernethisch problematisch und sehraufwändig sind, ist der Anteil vonspeziell für Kinder entwickeltenStudien sehr gering. Die Folge: Ergebnissebei Erwachsenen werdenmitunter einfach eins zu eins aufKinder und Jugendliche übertragen,indem lediglich die therapeutischeDosis eines Medikamentsan das Körpergewicht des Kindesangepasst wird. Dabei wird mitunterübersehen, dass der Stoffwechselbei Kindern andere Verläufezeigt und so die Gefahr besteht,dass die Bestandteile eines Medikamenteswesentlich länger imOrganismus aktiv sind als bei einemErwachsenen. Der zum Teilsorglose Umgang mit Melatonin-Präparaten in Form von „Gummibärchen“hat diese Diskussion mitRecht in den Vordergrund gerückt.Melatonin, wie auch viele andereschlaffördernde Substanzen,sind effizient bei der Behandlungvon Schlafstörungen und könnenauch an Kinder und Jugendlicheverabreicht werden. Woranes allerdings zurzeit noch immermangelt, sind Studien, die einensicheren therapeutischen Einsatzerlauben. Sie sollten helfen, einerÜberlastung der niedergelassenenKinderärzte gegenzusteuern.Fazit: Kampagnen und Aufklärungsprogrammemit Fokus aufKinder und Jugendliche sind notwendig,um die Wichtigkeit vonausreichendem Schlaf und einerflächendeckenden Grundversorgungin puncto Schlafmedizinzu vermitteln.Der Autor ist Schlafforscheran der Medizinischen Univ. Wien.
DIE FURCHE · 1113. März 2025Wissen/Film23Als Schülerin organisierte Vera Brandes vor 50 Jahren einlegendäres Jazz-Konzert von Keith Jarrett. Ihre eigene Karrierelandete bei innovativer Forschung zur Wirkung von Musik.Vom „KölnConcert“ zurHörkurVera BrandesDer Film „Köln 75“(derzeit im Kino) erzähltdie Geschichtevon Vera Brandes,die Keith Jarrett insKölner Opernhausbrachte.Von Andrea KriegerIn der Nacht vom 24. auf den 25.Jänner 1975 wurde Musikgeschichtegeschrieben. Da entstand in derKölner Oper Keith Jarretts legendäresKonzert, woraus die mehr alsvier Millionen Mal verkaufte und somiterfolgreichste Solo-Jazz-Platte aller Zeitenhervorging. Wie es einer couragierten,hartnäckigen, umtriebigen und äußerstkontaktfreudigen Teenagerin gelang, denamerikanischen Jazzer auf einem suboptimalenStutzflügel zum Improvisieren zubewegen, ist eine eigeneGeschichte. Undfüllt einen aktuellen „ Im ersten musik-Spielfilm. Vera Brandes medizinischenheißt diese Teenagerin.Forschungsprogrammin EuropaEinige Semester Musikwissenschaftspäterwar sie eine erfolgreicheMusikproduzentin. Brandes mit ihremwidmete sichHarfenist Andreas Vollenweiderverdankt ihrTeam häufigenseine Entdeckung und Leiden wie Burnout,die erste Platte. Schlafstörungen oderSchwerer AutounfallBluthochdruck. “Was allerdings nochimmer kein Thema für eine Wissenschaftsgeschichtewäre. Erst die Laufbahnvon Brandes als Musikwirkungsforscherinist es. Die wiederum hat miteinem schweren Autounfall zu tun. „Ichwäre um ein Haar querschnittgelähmt gewesen.Im Spital sagte man mir, ich müssezehn bis zwölf Wochen liegen, damit dieBrüche in den Wirbelkörpern heilen“, sagtsie im Gespräch mit der FURCHE. Der Zufallwollte es, dass die Bettnachbarin vonderen Besuchern mit buddhistischenHeilgesängen bedacht wurde. „Schonnach zwei Wochen durfte ich nach Hause.Der Radiologe war ganz aus dem Häuschen“,erzählt die heute 69-Jährige. Ihrerasche Genesung führte sie auf die Klängezurück. Damit war der Wunsch geboren,die medizinische Wirkung der Musikzu erkunden.Am Salzburger Mozarteumbekam Brandes,die aufgrund ihrerErziehung sehr klassikaffinwar, Gelegenheitzum Einstieg in dieinterdisziplinäre Forschungzur Wirkungvon Musik. Nach einemStudienabschluss fragtean der Musik-Uni niemand,gefragt war ihreErfahrung. Es war einegünstige Zeit für diesenForschungsbereich.Zumal ja Mozarts 250.Geburtstag nahte, den Österreich 2006groß feiern wollte. „Ich dachte: Das zentraleElement der Musik ist der Rhythmus.Wie kann der nun die Rhythmizität desmenschlichen Organismus beeinflussen?“Hier kommt die Chronobiologie ins Spiel –jene Wissenschaft, die sich mit der komplexeninneren Uhr beschäftigt. Man musssich das wie ein Konzert mit sehr vielenInstrumenten vorstellen. Neben dem Tag-Wach-Zyklus gibt es hormonelle Zyklen,die Organe arbeiten zeitabhängig, etc. AlsMentor hatte die Arzttochter einen der Begründerder Chronobiologie zur Hand.Obendrein wusste sie, dass die Russen aufihrer Raumstation Musik gegen die sogenannteRaumkrankheit einsetzen, weilsie deren wissenschaftlichen Berater KarlHecht von der Berliner Charité kannte. SeinMitarbeiter steuerte das ursprünglich fürAstronauten entwickelte Untersuchungsgerätbei: die Smard-Watch (sic!). Damit ließsich die Wirkung von Lautstärke, Schnelligkeitund Frequenzspektrum eines Musikstücksanhand von sieben physiologischenParametern an der Haut aufzeichnen.Man wollte wissen: Welche musikalischenStellen sorgen für welche körperlichenSynchronisationsprozesse und warum?„Diese Phänomene therapeutisch nutzbarzu machen, das interessierte wiederum dieParacelsus Medizinische Privatuniversität.“Und so wurde Brandes 2004 Direktorindes Forschungsbereichs Musikmedizinan der frischgegründeten Salzburger Uni,die wiederum Partnerin der renommiertenMayo Clinic Medical School in den USAwar. Im Zuge des „ersten musikmedizinischenForschungsprogramms in Europa“lieferten Brandes und ihr Team dutzendewissenschaftliche Publikationen ab. ImFokus standen häufige Leiden wie Depressionen,Burnout, Schlafstörungen undBluthochdruck. So lag die Erfolgsquote derMusiktherapie bei 32 Blutdruckpatienten,die medikamentös bereits behandelt waren,bei 84 Prozent. Und: Die blutdrucksenkendeWirkung war auch noch ein Monatnach der vierwöchigen Behandlung messbar.Anlässlich des Weltschlaftages 2016wiederum präsentierte die Universität einspezielles Klang-Kopfkissen als Ein- undDurchschlafhilfe.Akademische MeritenZwischenzeitig hatte Brandes ihre akademischenMeriten nachgeliefert und einenStudienabschluss in Energie- undInformationsmedizin in der Tasche. EineAusbildung als Musiktherapeutin folgte.Dabei geht es meist um aktives Musizierenim Rahmen einer Psychotherapie. Seltenersteht wie bei Brandes die rezeptive Musiktherapie,also das Hören zu therapeutischenZwecken, im Zentrum.Bleibt die Frage: Welche Musik ist diebeste Medizin? Hier wird es kompliziert.Ein Volksmusikfan wird mit Mozart oderKeith Jarrett wenig anfangen und umgekehrt.„Außerdem verbindet der Körperalles mit dem ersten Hörerlebnis, danachist niemand mehr unvoreingenommen“, soBrandes, die an der Paracelsus Privatuniversitätspezielle Musikprogramme komponierenließ. Sie basieren auf den Gesetzmäßigkeiten,die millionenfach verkaufteMusik, Ohrwürmer und Wiegenlieder ausmachen.Diese „Hörkur“ ließ sich das Gründungsmitgliedder International Associationfor Music and Medicine mit Sitz inden USA ebenda patentieren. Es handeltsich um ein nicht ganz billiges, individuellabgestimmtes Selbsthilfeprogrammüber fünf Wochen – inklusive Abspielgerät„im Baukastensystem“. Zur Wirkungbei Burnout, Schlafstörungen sowieleichten bis mittelschweren Depressionenliegen bereits Studien vor, etwa vomWiener Hanusch-Spital. Grob gesagt gehtes darum, das körpereigene Gleichgewichtvon Anspannung und Entspannungwiederherzustellen.Eines blieb Vera Brandes dennoch verwehrt:die Anerkennung ihres Vaters. „Ichhatte jahrzehntelang versucht, sie zu bekommen.Das war natürlich völlig sinnlos.Selbst wenn ich den Eiffelturm gebauthätte: Er hätte eine spöttische Bemerkunggemacht.“ Aber so bitter das klingen mag:Es war vielleicht auch ihr Ansporn.Köln 75DE/PL/BE 2024. Regie: Ido Fluk. Mit Mala Emde,John Magaro, Ulrich Tukur. Polyfilm. 110 Min.Von Martin TaussHUMANSPIRITSKampf gegendie AblenkungDie Schule als „handyfreie Zone“:Das ist ein erster und wichtiger Akzentdes neuen BildungsministersChristoph Wiederkehr (Neos). Noch in diesemMonat will der Minister eine Verordnungfür ein Handy-Verbot in den erstenacht Schulstufen erlassen – für den Unterrichtebenso wie für die Pausen. 80 Prozentder Schulen haben zwar bereits Regelungen,die einem Verbot gleichkommen. Dochmit der neuen Verordnung, die auch autonomeAusnahmen ermöglicht, soll quasider Rücken der Direktoren gestärkt werden:Man müsse einen Modus finden, umgegen die digitale Ablenkung zu kämpfenund zugleich das digitale Lernen zu fördern,wie Wiederkehr betonte.„ Schule als ,handyfreie Zone‘:Das ist ein guter erster Schrittdes neuen BildungsministersChristoph Wiederkehr (Neos).Ein zweiter Schritt wäre sinnvoll. “Klare Unterstützung dafür kommt vonseitender Wissenschaft. Vor den negativenAuswirkungen der mobilen Geräte anden Schulen kann man nicht mehr die Augenverschließen. Umweltmediziner HansPeter Hutter von der Med-Uni Wien unterstrichdie Wichtigkeit der Maßnahme,da exzessive Handy-Nutzung zu erhöhterReizbarkeit, Angst- und Schlafstörungenführen kann. Schlafmangel wiederum istein Risikofaktor für die Gehirngesundheitund steigert auch das Infektionsrisiko, wieeine aktuelle norwegische Studie zeigt. Zudemnimmt durch die Handy-Nutzung derBewegungsmangel bei den Kindern zu.Praktiken für SelbstregulationDer Suchtexperte Oliver Scheibenbogensieht im Smartphone ein neues, heiklesKulturgut: Der Umgang damit muss behutsamerlernt werden. Aufgrund seiner Anziehungskraftist gerade bei Kindern Vorsichtgeboten. Eltern sollten sich ausführlichfür die Smartphone-Aktivitäten ihrerKinder interessieren und auch regelmäßigan ihnen teilnehmen. Doch der Kampf gegendie ständige Ablenkung bei Kindernund Jugendlichen ist nur ein erster Schritt.Folgerichtig wäre es, diesen Abwehrkampfin etwas schulisch Erstrebenswertes umzumünzen:die Steigerung der mentalenAutonomie, der geistigen Selbstbestimmung,als neues Bildungsziel. Heute reichtes nicht mehr aus, Schüler nur an kritischesDenken heranzuführen. Sie benötigenauch einen „Werkzeugkasten“ an simplenKörper-Geist-Praktiken (Achtsamkeit,Yoga, Feldenkrais, etc.), der ihnen hilft, denVerführungen im Informationsdschungelstandzuhalten und damit die eigenen Zielebesser verfolgen zu können. In Deutschlandist man schon einen Schritt weiter:Die Nationale Akademie der WissenschaftenLeopoldina hat dort gefordert, die Selbstregulationskompetenzder Heranwachsendenim Unterricht zu stärken. Dazu gehörtu.a. „die Fähigkeit, die eigene Aufmerksamkeitzu fokussieren, sowie die klareWahrnehmung der Faktoren, die dies beeinträchtigenkönnen, wie etwa die intensiveNutzung sozialer Medien“. Das ist nichtweniger als eine neue Leitperspektive fürdas ganze Schul- und Bildungssystem.
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