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DIE FURCHE 13.03.2024

DIE FURCHE · 1116

DIE FURCHE · 1116 Diskurs13. März 2025ZEITBILDFoto: APA / Universität GrazPolarforschung im Land der BegehrlichkeitenBis 1953 war Grönland eine dänische Kolonie und hat seitdemweitgehende Autonomie erlangt. Heute weckt dasLand geopolitische Begehrlichkeiten; US-Präsident DonaldTrump würde es besonders gern in seine Obhut nehmen. Inmittender globalen Turbulenzen haben die Bewohner nun ihrParlament gewählt – und für einen Machtwechsel gestimmt: DieMitte-rechts-Partei Demokraatit gewann mit knapp 30 Prozentder Stimmen. Eine der Ursachen für die Attraktivität von Grönlandist die Klimakrise: Sie eröffnet neue Handelswege und verändertdie wirtschaftliche und militärische Interessenslage.Steigende Temperaturen lassen das Eisschild, das ca. 80 Prozentdes Landes bedeckt, schmelzen. Das macht Grönland auch wissenschaftlichzum Hotspot. Die Uni Graz betreibt als bisher einzigeheimische Hochschule eine Forschungsstation, um den arktischenWandel zu untersuchen. Die Sermilik-Station mit Platzfür bis zu 25 Forschende soll zum Ort interdisziplinärer Zusammenarbeitwerden. Die Universität hat auch Stipendien für Studierendeausgeschrieben, die derzeit vergeben werden. (mt)Lotto Bonus-Ziehungam Freitag, den14. März mit wieder300.000 Euro extraLilian Klebow„ermittelt“ imLotto StudioVor zwei Jahren als „DancingStar“ im Ballroom des ORF-Zentrums, vor rund zwei Wochenim Ballsaal der Staatsoperals Backstage-Moderatorin aufdem Opernball, und am kommendenFreitag Front-Fraubei den „Lotto Bällchen“ imZiehungsstudio, wo SOKO-Donau-Ermittlerin Lilian Klebowbei der Bonus-Ziehung die„sechs Richtigen“ ermittelt.Wenn Klebow am Freitag, den14. März also zieht, dann ist esausnahmsweise nicht ihrefilmische Dienstwaffe, sondernsind es die Glückszahlen beiLotto, LottoPlus und Joker imRahmen der dritten Bonus-Ziehung des Jahres.IHREMEINUNGSchreiben Sie uns unterleserbriefe@furche.at„Das Richtige tun“ – ganz ohneTheaterZeitbild von Doris HelmbergerNr. 10, Seite 16Ich freue mich: Wir haben eine neueRegierung und keinen BundeskanzlerKickl. Das Regierungsprogrammenthält viele positive Maßnahmen,z.B. die Kindergrundsicherung, eineFortschreibung der Mietpreisbremseusw. Maßnahmen die Umwelt unddas Klima betreffend werden leidergestrichen, gekürzt oder belastendie Umwelt zusätzlich: Ein Autobahntunnelsoll durch den NationalparkLobau gebaut werden; der Klimabonuswird gestrichen; die Mehrwertsteuerbefreiungfür Photovoltaikanlagenfällt weg; und Förderungenfür saubere Heizungen werden gekürzt.Die dadurch erzielten „Einsparungen“könnten jedoch leicht vonden Konten der Vermögenden demBudget zugeführt werden, ohne dassdie Inhaber dies besonders spüren,ja vielleicht sogar nicht einmal wahrnehmenwürden. Dass sich in diesemPunkt die SPÖ nicht durchgesetzt hat,bedauere ich.Hans Riedler, 4040 LinzWerte als WorthülsenLeitartikel von Brigitte QuintNr. 10, Seite 1Trump hat Selenskyj vorgeführt wieeinen kleinen Schuljungen. Ein Soziopath,flegelhaft, narzisstisch. UndJ.D. Vance haut noch eins drauf. Ermahnt Respekt bei Selenskyj ein, dergrob respektlos behandelt wird. EinGruselkabinett der besonderen Art(...). Trump betreibt eine Täter-Opfer-Umkehr, da er sich außerstande sieht,sein Versprechen innerhalb von 24Stunden Frieden zu schaffen, umzusetzen.Das spielt Putin in die Hände.Er wird so bestärkt, seine Angriffefortzusetzen, zu intensivieren undauszuweiten. Europa muss raschhandeln. Solidaritätsbekundungensind schön, aber wenig wirksam.Deutschland sollte (...) endlich seineTaurus-Marschflugkörper liefern. Damitkönnten die Ukrainer die Verbindungsbrückezur Krim zerstören undden Russen so einen empfindlichenSchlag versetzen. Wenn Europa jetzteinknickt, ist es vorbei. Nicht nur fürdie Ukraine, sondern für die ganzeWeltordnung. Und man muss gegenTrump Haltung und Rückgrat zeigen.Wenn er Europa links liegen lässt undihm die kalte Schulter zeigt, schadeter sich selbst und zuletzt Amerika.Von seinem großmauligem Spruch:„Amerika first..!“ bleibt dann nichtviel übrig. Ein einfaches Beispiel zurVeranschaulichung, wie sarkastischTrumps Vorschlag an Selenskyj ist,sollte genügen: Wenn ein Agressordas Oval Office besetzt und verlangt,man müsse ihm ein Drittel desGebäudes überlassen, um Friedenzu bekommen, wie würde Trump daagieren? Und die Europäer würdensagen, er müsse verzichten, er seisonst ein Kriegstreiber? Ein verqueresWeltbild einer brandgefährlichenRegierung. (...) Man muss auch demsogenannten mächtigsten Mann derWelt seine Grenzen aufzeigen. Sonstkönnen wir uns eines Tages nichtmehr in den Spiegel schauen.Andreas KrejanPorträt von Keith KellogVon Wolfgang MachreichNr. 8, Seite 15Die internationale Sicht von Generala. D. Keith Kellog ist noch gefährlicher,wenn man folgendes Statementim Strategischen Unterausschussdes Congress beachtet: „Die Beseitigungeines strategischen Gegnersohne Einsatz von US-Truppen ist derGipfel der Professionalität. So könnenwir uns auf das konzentrieren, waswir gegen unseren Hauptgegner tunsollten, der im Moment China ist.“Diese verbohrte Sicht treibt nichtnur die Russen in die Hand derChinesen, sondern erhöht auchdas Risiko des Versuches einesBefreiungsschlages der Russen mitstrategischen Waffen.Dr. Heinrich Wohlmeyer, LilienfeldBiodiversität geht uns alle anVon Franz EsslNr. 8, Seite 22Dass nicht alle Budgeteinsparungenzu Lasten des Klimaschutzesgemacht werden sollen, ist nachvollziehbar.Die hier genanntenVorschläge sind aber sehr vage undzum Teil anmaßend, z.B. dass der seitJahrzehnten geplante Lobautunnel„sinnlos ist und es weitaus bessereAlternativen gibt“, ohne diese Alternativenauch zu nennen. Dass dieVOEST auf einen Lichtbogen-Stahlofenhinarbeite, sei technologischwertvoll – woher aber kommt so vielsauberer Strom? (...)Gerhard Jagenbrein, Wien 1220In dieser Ausgabe derFURCHE finden Sie einebezahlte Beilage vonRSD Reise ServiceDeutschland GmbH.Wie üblich geht es auchdabei wieder um einen Bonus-Gewinn von 300.000 Euro.Diese Summe wird unter allenbei der Bonus-Ziehung mitspielendenLotto Tipps verlost.Und wie ebenfalls üblich gliedertsich diese Bonus-Ziehungals komplette Spielrunde in denZiehungsrhythmus ein. Aucheventuelle Jackpots werden indie Runde mitgenommen.Annahmeschluss für die Bonus-Ziehung ist am Freitag, den14. März 2025 um 18.30 Uhr,die Ziehung ist um 18.47 Uhrlive in ORF 2 zu sehen.Ermittelt im Lotto Studio: SchauspielerinLilian KlebowFoto: ORF / Günther PichlkostnerIN KÜRZERELIGIONRELIGIONWISSENSCHAFT / PHILOSOPHIEMEDIEN■ Atheisten kein Bekenntnis■ Kirchenreform gefordert■ ÖAW-Preis für Liessmann■ Portisch-Preis an SeifertDer Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hatdie Revision der Atheistischen Religionsgemeinschaft(ARG) gegen die Ablehnung ihrerAnerkennung als religiöse Bekenntnisgemeinschaftam 11. März zurückgewiesen.Damit ist das innerstaatliche Verfahrenendgültig abgeschlossen. Die ARG zeigtesich enttäuscht und kritisierte das Verfahrenals einseitig. Man erwäge nun eineBeschwerde beim Europäischen Gerichtshoffür Menschenrechte. Laut dem VerwaltungsgerichtWien (VGW) fehlten der ARGwesentliche Merkmale einer religiösen Bekenntnisgemeinschaft,insbesondere einereligiöse Praxis.Die Katholische Aktion Österreich (KAÖ)ruft die heimischen Bischöfe auf, ein Plenarkonzilder katholischen Kirche in Österreichauf den Weg zu bringen. Einen entsprechendenVorschlag habe man im Vorfeld derFrühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz,die vom 17. bis 20. März zusammentritt,übermittelt, teilte die KAÖ mit. Einesynodale Versammlung der Bischöfe,Priester und Laienkatholikinnen und -katholikenwäre ein „wichtiges Signal einesgemeinsamen Aufbruchs“. Das Schlussdokumentder Weltsynode im Herbst ermutigeausdrücklich zu synodalen Versammlungenauf regionaler oder nationaler Ebene.Der Philosoph Konrad Paul Liessmannhat am 12. März den mit 15.000 Euro dotiertenWilhelm-Hartel-Preis erhalten.Die Österreichische Akademie der Wissenschaften(ÖAW) vergibt ihn für herausragendeLeistungen in der Geisteswissenschaft.Der emeritierte Professor derUniversität Wien und Co-Intendant des PhilosophicumsLech habe sich vor allem umdie Vermittlung von Philosophie in der Öffentlichkeitverdient gemacht, so die ÖAW.Bekannt sind insbesondere LiessmannsWerke zum Thema Bildung, in denen er unteranderem die Zweckorientierung des Bildungssystemskritisiert.Der Hugo-Portisch-Preis geht heuer an ThomasSeifert. Der ehemalige Redakteur derWiener Zeitung sei seit 1991 „Reporter imbesten Sinne und beherrscht viele medialeAusdrucksformen“, wie die Jury urteilte.Der 1968 geborene Oberösterreicher schaffees vor allem mit seinen Berichten aus demAusland, „die Zuschauer- und Leserschaftmitten ins Geschehen mitzunehmen“. In derKategorie „Zeitgeschichte/Dokumentation“wurde das Redaktionsteam der Kurier-Serie„Geschichte zum Anschauen“ ausgezeichnet.Der deutsch-österreichische JournalistMatthis Kattnig gewann in der KategorieNachwuchs.

DIE FURCHE · 1113. März 2025Literatur17Von Brigitte Schwens-HarrantIm Jahr 1884 erschien einRoman, der bis heute als einerder bedeutendsten deramerikanischen Literaturdes 19. Jahrhunderts gilt.Samuel Langhorne Clemens veröffentlichtemit „Adventures ofHuckleberry Finn“ eine Geschichte,die mit ihren Figuren, allen vorandem vor seinem gewalttätigenVater fliehenden Huck, der mitdem Sklaven Jim den Mississippistromabwärts zieht, über JahrzehnteJugendliche und Erwachsenefaszinierte und irritierte.Unter dem KünstlernamenMark Twain (was in der Spracheder Mississippi-Lotsen „zwei FadenWassertiefe“ bedeuten soll)hatte der 1835 in Missouri geboreneAutodidakt Samuel LanghorneClemens sich selbst erfunden.Aus einer im Westen üblichen Erzählform,in der der „zivilisierte“Osten auf einen selbstbewusstenrespektlosen Westen prallt, schufer seine unverwechselbaren Werke.Die tall tale, eine haarsträubendeGeschichte, wird von einemRepräsentanten der Kulturdes Westens einem Ankömmlingvon der Ostküste todernst und inMundart erzählt. Sie verwirrt:Was ist wirklich, was ist Fiktion?Mark Twain wird in seinen Werkendie literarischen Möglichkeitenfür Illusionskritik nützen,teils auch mit beißendem Spott.Humor und AbenteuerWie kann Literatur Rassismus sichtbar machen? Spuren von Mark Twainüber Toni Morrison bis zu Percival Everett, anlässlich des InternationalenTags gegen Rassismus am 21. März.Abenteuer vonHuck und Jim„Wer versucht“, schreibt Twainin seiner ironischen Vorbemerkungzu „Abenteuer und Fahrtendes Huckleberry Finn“, „in dieserErzählung ein Motiv zu finden,wird gerichtlich verfolgt; wer versucht,eine Moral darin zu finden,wird des Landes verwiesen; werversucht, eine schlüssige Handlungdarin zu finden, wird erschossen“.Das ist quasi der Startschussdes Western zum Suchenvon Schlüssigkeiten und Moral.Vielleicht nicht für lesende Kinder,jedenfalls aber für Gelehrte.„Huckleberry Finn“ hat seit seinemErscheinen eine Rezeptionslawinesondergleichen ausgelöst,es wurde zu einem der in Bezugauf Interpretationen umstrittenstenund sogar meistzensierten Bücherder USA.Ist der Roman unmoralisch,wie Puritaner meinten, denen dieFigur des Huck zu wild und unerzogenwar? Ist der Roman gar rassistisch,ein Vorwurf, der immerwieder neu aufflammte, nicht zuletzt,weil zigmal das abwertendeN-Wort fällt?Kontroversen sind im Romangrundgelegt. Mark Twain hat siehergestellt, und zwar auch mit derErzählperspektive. Alles, was dieLesenden erfahren, erfahren sieaus der Sicht eines Jugendlichen.Es ist Huck, der erzählt, einermit kaum Bildung, aber immerhindoch mit einiger (schlechter)Erfahrung. Er ist kaum von Erziehungbeeinflusst, seien es Eltern,Schule oder Religion. Werderart unverbildet ist, muss sichauf das verlassen, was er in sichträgt. In ironischer Verkehrungzeigt sich gerade der unerzogeneHuck als jener mit menschlichem,„zivilisatorischem“ Blick.Twain schrieb keinen Bildungsroman,die sogenannte Zivilisationwürde Huck beim Entdecken vonMenschlichkeit und Ungerechtigkeitja gerade nicht helfen.Es liegt vielleicht auch an dergelungenen „Verbindung von Humor,Abenteuer und dem Blickwinkeldes Naiven“, meinte dieafroamerikanische LiteraturnobelpreisträgerinToni Morrison,dass die Kritik und „die streitbarenQualitäten des Romans“ leichtübersehen werden können. Dabeifinden sich gerade in der Erzählperspektivedes unverbildetenJugendlichen die Spuren derMenschlichkeit, die der Zivilisationoft abgehen: „Huck, diesemjungen, aber gewieften Unschuldigen,der noch jungfräulich unkorrumpiertist von bürgerlichenFoto: Michael LionstarPercivalEverettDer Schriftstellerund Professor fürEnglisch an der Universityof SouthernCalifornia wurdeam 22. Dezember1956 in Georgiageboren.Foto: Michael AvedonSehnsüchten, Wut und Hilflosigkeit,schreibt Mark Twain Kritikan der Sklaverei und der Überheblichkeitder Möchtegernmittelklasseein, Widerstand gegen denVerlust des Gartens Eden und dieSchwierigkeit, ein gesellschaftlichesIndividuum zu werden.“Wenn man, so schreibt Morrisonin ihren Essays „Im Dunkelnspielen“ 1992, „die Geschichteaus dem Bann sentimentalenPalavers über das Weglaufenaufs Land und zu den Flussgötternund über die grundsätzlicheUnschuld des Amerikanischseins“befreit „und ihre streitbare,kampflustige Kritik am Amerikader Zeit vor dem Bürgerkrieg“ einbezieht,dann „scheint es ein anderer,reicherer Roman.“Üblicherweise, meint die Autorin,sind von einem literarischenWerk entweder junge Lesende begeistertoder Gelehrte – eher seltenbeide. Dass dieser Roman, dervielen spannende Stunden geschenkthat, zugleich ein komplexesTerrain für anspruchsvolleExperten bietet, verweist auf seineBedeutung. Es gibt keine übergeordneteUrteilsinstanz – dieToniMorrisonDie Literaturnobelpreisträgerinwurdeam 18. Februar1931 als Chloe ArdeliaWofford in Ohiogeboren und starbam 5. August 2019in New York City.Lesen Sie zumThema auch„Schwarz oderweiß? Toni MorrisonsErzählung‚Rezitativ‘“von BrigitteSchwens-Harrant,12.7.2023,furche.at„ Twain schrieb keinenBildungsroman, dieZivilisation würdeHuck beim Entdeckenvon Menschlichkeitgerade nicht helfen.“eingeschränkte Blickweise desJungen erfordert selbstständigeErgänzungen durch die Lesenden.Oder um es mit Toni Morrisonzu sagen: „Das Geniale an HuckleberryFinn ist, dass er genaudie Auseinandersetzung ist, dieer auslöst.“Zu den immer wieder aufflammendenBemühungen, (auchin Übersetzungen) das N-Wortaus Twains Text zu eliminieren,meinte Morrison, die zeitlebensstrukturellen Rassismus aufspürteund dagegen anschriebund daher in dieser Hinsicht unverdächtigist: „Diese Bemühungenbasierten, schien mir, auf einerengen Vorstellung davon, wieman mit der Beleidigung umgehensollte, die Mark Twains Verwendungdes Begriffs ‚nigger‘ fürSchwarze Schüler darstellen würde,und mit der zerstörerischenWirkung, die er auf weiße Schülerhaben würde. Es kam mir wieeine puristische, aber elementareArt der Zensur vor, die darauf abzielte,Erwachsene zu beschwichtigen,anstatt Kinder zu erziehen.“Huck ist es, der erzählt, ja, aber:„Die handelnde Kraft in HucksKampf ist allerdings der niggerJim“, so Morrison. Und der „Begriffnigger“ darf „keinesfalls vonHucks Überlegungen, wer undwas er selber ist – oder, genauergesagt, nicht ist –, losgelöst werden.“Denn der Begriff konstruiertdie vermeintliche weiße Überlegenheit.Die Versklavung deseinen stabilisiert die Freiheit desanderen.Huck braucht Jim, das wirddeutlich, viele berührende Szenenund Stellen erzählen das. Zugleichist dieser Mensch, der Huckauch trotz vieler Demütigungenwie ein guter Vater immer mit Liebebegegnet, als Sklave ein Besitz.„Der Roman sagt an jedem Punktin seinem strukturellen Gebäudeetwas über den Körper und diePersönlichkeit des Sklaven undlässt in jeder Spalte anklingen,wie der Körper spricht, welcherlegalen oder unerlaubten Leidenschafter zum Opfer fällt, wie vielSchmerz er ertragen kann, welcheGrenzen, wenn überhaupt, seinLeiden hat, welche Möglichkeitenfür Vergebung, Mitleid, Liebe bestehen.Zweierlei erstaunt uns andiesem Roman: die offenbar unbegrenztenReserven an Liebe undMitleid, die der Schwarze Mannfür seinen weißen Freund und fürseine weißen Masters empfindet,und seine Überzeugung, dass dieWeißen tatsächlich das sind, wassie zu sein behaupten, überlegenund erwachsen. Diese Darstellungvon Jim als dem sichtbaren Anderenlässt sich als die Sehnsucht derWeißen nach Vergebung und Liebelesen, aber die Sehnsucht kann esnur geben, wenn klar ist, dass Jimseine Unterlegenheit anerkannthat (nicht als Sklave, sondern alsSchwarzer) und verachtet. Jim erlaubtseinen Verfolgern, ihn zuquälen und zu demütigen, und reagiertauf die Qual und die Demütigungmit grenzenloser Liebe.“Nun erzählt Jim140 Jahre nach Mark Twainschreibt der US-amerikanischeAutor Percival Everett diesenKlassiker neu; nicht als Korrektiv,sondern eher als Gesprächmit Twain. Everett erzählt die Geschichteaus der Sicht von Jim, dersich selbstbewusst James nennenwird. Wie anders vieles aussieht,aus dieser Perspektive!FORTSETZUNG AUF DER NÄCHSTEN SEITE

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