7 · 13. Februar 2025DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 81. Jg. · € 6,–Clemens Jabloner im Interview: „Das ist ein finsteres Österreich“Der Verfassungsjurist und frühere Justizminister der Expertenregierung vonBrigitte Bierlein sieht eine historische Verantwortung bei denjenigen, die an einemdemokratischen Österreich festhalten wollen. · Seiten 6-7Wider Zeitgeist und JudenhassIn „Schuldhafte Unwissenheit“ plädiert Karl-MarkusGauß für eine Hinwendung zu den Werten derAufklärung. · Seiten 17-18Foto Jabloner: Clemens FabryDas Thema der WocheSeiten 2–4„Österreichische Verhältnisse“ist zum geflügelten Wort fürdas vollkommene Versagen derpolitischen Mitte geworden.Kommt sie zur Besinnung?Hört aufdamit!Foto: iStock/pressdigital (Bildbearbeitung: Rainer Messerklinger)Der Kunstihre FreiheitKünstlerisches Schaffen brauchtwidrige Umstände, erst in derRepression entsteht Großes. Oder?Das Aufräumen mit einem Klischee.Mehr zum Thema lesen Sie auf denSeiten 8, 14, 15, 20 und 23.Foto: APA / Georg HochmuthAUS DEM INHALTUnheilvolle RückkopplungDie USA, China und Russland erheben Ansprüchean arktische Gebiete. Ein aktuellesBuch zeigt auf, inwiefern der Klimawandelein Mittel zum Zweck ist. Seite 5Von Doris Helmberger„ Will die ÖVP ihre,ethische Schwäche‘kurieren, muss siemit den Kräften derMitte kooperieren.“terten Verhandlungen um eine Dreierkoalition– machte einen Teil dieses Versagensaus. Noch deutlich größer und schwerwiegenderwar freilich der Anteil der politischenKopflosigkeit, Selbstvergessenheitund ja, Skrupellosigkeit der Volkspartei.Kompromisse mit Kompromisslosen?Schon beim scheinbar mühelosen180-Grad-Schwenk der ÖVP-Spitze nachdem Abgang Karl Nehammers musste mansich die Augen reiben. Wie lange die Volksparteidann mit dem selbst ernannten „System“-ZerstörerHerbert Kickl am Verhandlungstischsitzen blieb und – zumindestnach außen hin – auf einen Kompromissmit dem Kompromisslosen hoffte, verstörtetäglich mehr. Erst Recht nach Offenbarwerdendes internen FPÖ-ÖVP-Verhandlungsprotokolls,das ganz offen an denGrundfesten Europas, des Rechtsstaats undder Medienfreiheit rüttelte. Wie genau hätteman sich das Regieren mit solch GeistesKindern vorgestellt?Überraschen konnten die blauen Staatsumbauplänezudem niemanden. Klar unddeutlich hatte sie die FPÖ in ihrem Wahlprogrammformuliert – und Herbert Kicklselbst hatte jahrelang keinen Zweifel dar-Es war ein groteskes Schauspiel,das sich in den vergangenen Tagenvor aller Augen vollzog: Dawaren zwei potenzielle Koalitions-Parteien,die sich in offensiverAbneigung gegenseitig belauerten,einander in halbstündigen Treffen unvereinbare„Grundlinien“ und Ressortgelüstean den Kopf warfen, ein internes Verhandlungsprotokollan die Medien spielten, umbeim Ausstieg aus diesem „Schrecken ohneEnde“ doch noch bella figura zu machen –und zum Schluss mit Ultimaten agierten.Wer hier wen benutzte, belog oder austricksteund ob Herbert Kickl oder ChristianStocker am Ende der bessere Taktikerwar, werden die Geschichtsbücher klären.Dass die Strategie im Interesse der Demokratiefatal war und das Vertrauen der Bürgerinnenund Bürger in die Politik am Bodenliegt, ist freilich schon jetzt gesichert.„Österreichische Verhältnisse“: So beschreibtman im deutschen Intensivwahlkampfdas zum Greifen nahe Versagen derpolitischen Mitte, extrem rechte, europafeindlicheund autoritäre Kräfte von derMacht fernzuhalten. HimmelschreiendeUnprofessionalität – zu Tage getreten etwain den monatelangen und letztlich gescheiangelassen, dass er genau das meinte, waser sagte. Umso größer die Chuzpe, dassmit Wirtschaftskammer-Präsident HaraldMahrer ausgerechnet einer der mächtigstenBlau-Türkis-Verbinder der FPÖ unterstellte,„nicht regierungsfit“ zu sein.Ob die ÖVP die Verhandlungen danndoch endlich platzen lässt – und damit ihrevielbeschworenen Grundsätze dochnoch wichtiger werden als eigene ParteioderLobby- Interessen, war zu Redaktionsschlussder FURCHE noch nicht endgültigklar. Was jedenfalls spürbar bleibt, ist deroffenbare Opportunismus. „Im Allgemeinenkann man wohl sagen, dass der Konservativenichts gegen Zwang oder willkürlicheMacht hat, solange sie für Zweckeeingesetzt wird, die er für richtig hält“:Dieses Verdikt, das nicht ein bekennenderLinker formulierte, sondern ausgerechnetFriedrich August von Hayek, bekam durchdas Agieren der ÖVP verstörende Plausibilität(vgl. dazu den Essay von Fabio Wolkensteinauf Seite 8).Verfassungsdoyen Clemens Jabloner hates im FURCHE-Interview noch direkterformuliert: „Ich glaube schon, dass die Industrie– und überhaupt manche konservativeKreise – eine gewisse intellektuelleund ethische Schwäche befallen hat“, meinteer. Will die ÖVP diese Schwäche kurieren,muss sie mit den anderen Kräften derMitte endlich konstruktiv an einer tragfähigenRegierung bauen. Alles andereführte in ein „finsteres Österreich“, wie Jablonersagte – und jedenfalls in das Endeder ÖVP als staatstragende Partei.doris.helmberger@furche.at„Alles an dir ist schön“Das Hohelied des Salomo ist ein Plädoyer,einander als Partner auf Augenhöhe zubegegnen. Ein Essay über Liebe und Sexin der Bibel zum Valentinstag. Seite 9„Kein Augenblick soll verloren sein!“Schriftsteller Peter Kurzeck begab sich inseinem unvollendet gebliebenen Romanzyklus„Das alte Jahrhundert“ auf eine deutscheSuche nach der verlorenen Zeit. Seite 19Flügge werdenComing-of-Age in der Tristesse einerLondoner Vorstadt: Regisseurin AndreaArnold gelingt in „Bird“ die Verbindungvon Sozialdrama und Fantasy. Seite 21Die tiefen Folgen von DeepseekDas von einem chinesischen Startup ausgelösteErdbeben in der Welt der KünstlichenIntelligenz könnte von Vorteil sein – fürEuropa und die globale Klimabilanz.Seite 22@diefurche@diefurchefurche.at@diefurche.bsky.socialDie FurcheÖsterreichische Post AG, WZ 02Z034113W,Retouren an Postfach 555, 1008 WienDIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 WienTelefon: (01) 512 52 61-0
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