DIE FURCHE · 41 14 Diskurs 12. Oktober 2023 Den gesamten Briefwechsel zwischen Hubert Gaisbauer und Johanna Hirzberger können Sie auf furche.at bzw. unter diesem QR-Code nachlesen. ERKLÄR MIR DEINE WELT Solange wir atmen, hoffen wir Hubert Gaisbauer ist Publizist. Er leitete die Abteilungen Gesellschaft- Jugend-Familie sowie Religion im ORF-Radio. Den Briefwechsel gibt es jetzt auch zum Hören unter furche.at/podcast Ein kleiner Nachtrag zum Hören ist mir noch eingefallen, dem Thema unserer letzten beiden Briefe. Sie als Radiojournalistin werden eine Erfahrung sicher mit mir teilen können: Kopfhörer und Mikrophon haben mich immer dazu angehalten, dass ich achtsamer spreche. So auch jetzt, wenn ich mich mittels meiner Hörhilfe selber reden höre! Gut hören ist eine Wohltat. Auch für Menschen, die mir etwas sagen wollen. Apropos: Die neue Interviewtechnik des häufigen Unterbrechens ist eine Zumutung, auch für Hörer und Seher – genauso die Taktik des möglichst interpunktionslosen Schnellsprechs der Interviewten. Da „ Papst Franziskus malt in ,Laudate Deum‘ kein Weltuntergangsszenario. Aber er liest den Klimaleugnern und den Beschwichtigern gehörig die Leviten. “ kämpft Unfug gegen Unfug. Übrigens habe ich entdeckt, dass „hören“ eines der häufigsten Wörter in der Bibel ist. In meiner Konkordanz, der Zusammenstellung der wichtigsten Wörter, nimmt das Wort „hören“ einen Spitzenplatz ein. Übertroffen wird es nur von dem Wort „Herz“! In anderer Bedeutung ist mir das Wort „hören“ in einem Text begegnet, der jetzt, da ich Ihnen schreibe, erst zwei Tage jung ist. Es ist der Text mit dem Titel Laudate Deum, also „Lobet Gott“. So hat Papst Franziskus seine Exhortation genannt; übersetzt aus der vatikanischen Terminologie heißt das „Ermunterungs- oder Ermahnungsschrift“. Darin werden den Klimaleugnern und Beschwichtigern gehörig die Leviten gelesen: „Hören wir endlich auf mit dem unverantwortlichen Spott, der dieses Thema als etwas bloß Ökologisches, ‚Grünes‘, Romantisches darstellt, das oft von wirtschaftlichen Interessen ins Lächerliche gezogen wird. Geben wir endlich zu, dass es sich um ein in vielerlei Hinsicht menschliches und soziales Problem handelt. Deshalb bedarf es einer Beteiligung von allen.“ Ich habe die Schrift aufmerksam gelesen und bin beeindruckt von der spürbaren Dringlichkeit, mit der Franziskus den politisch Verantwortlichen – aber auch mir selber – ins Gewissen redet. Er malt kein Weltuntergangsszenario. Keine Spur von einer „engstirnigen Schrift“ eines „toxischen“ Mannes, diesem Vorurteil, das man allzu rasch bei der Hand hat. Toxischer Engstirnigkeit begegne ich vielmehr in Reden, die mit stolz geschwellter Brust („die Krisen haben gezeigt, dass wir das Unmögliche möglich machen“) Österreich zu einem „Autoland schlechthin“ ernennen und fordern, dass diesem „Untergangsirrsinn (….) klar entgegenzutreten“ ist, denn „dafür gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis.“ Was der Papst völlig anders sieht. Liebe Frau Hirzberger, Sie haben von der Sorge um eine möglichst giftfreie Ernährung – zum Beispiel für das Baby Ihrer Freundin – geschrieben. Wie finanziell belastend das sein kann und wie zynisch manche biertischpolitischen Äußerungen dazu sind. Das klingt in Ihrem Brief an. Papst Franziskus hat sich die Zeit genommen, um jungen Klimaaktivisten zu sagen, dass sie „eine Lücke in der Gesellschaft füllen, die als Ganze einen gesunden ‚Druck‘ ausüben müsste, denn es liegt an jeder Familie, zu bedenken, dass die Zukunft ihrer Kinder auf dem Spiel steht.“ Heißt: die Zukunft des Babys Ihrer Freundin, die Zukunft meiner Enkel und – hoffentlich – meiner Urenkel. Zu einer jungen deutschen Fridays for Future-Aktivistin hat Franziskus gesagt: „The future belongs to diese junge Leute“. Also: Solange wir atmen, hoffen wir! Von Gerhard Kristen Wie der Sechstagekrieg 1967 zum Jom Kippur-Krieg In FURCHE Nr. 42 1973 führte, bei dem Israel überraschend angegriffen 3800 20. Oktober 1973 wurde - und den Nimbus der Unbesiegbarkeit verlor. Es war der 6. Oktober 1973, als Ägypten, Syrien und weitere arabische Staaten Israel überfielen – zur Überraschung des israelischen Geheimdienstes. Der jüngste Überfall der Terrororganisation Hamas geschah folglich einen Tag nach dem 50. Jahrestag. Eine Analyse aus der damaligen FURCHE. Der Psycho-Sieg AUSGABEN DIGITALISIERT Für viele kam der neuerliche Waffengang überraschend; möglicherweise selbst für das Kabinett in Jerusalem. Die Araber schlugen zu einem Zeitpunkt los, da sich vielerorts der Wind zu ihren Gunsten zu drehen begann. Warum gingen die Araber dennoch jetzt zur Offensive über? Äußerer Zwang war kaum im Spiel. Weder Moskau noch Washington konnten eine neue Auseinandersetzung wünschen. Aber vielleicht liegt gerade darin ein Schlüssel zum Geheimnis des arabischen Angriffs. Eine andere Frage bleibt, warum man in Israel, trotz nachträglich bestätigter nachrichtendienstlicher Erkenntnisse, über ein arabisches Eingreifen nicht die geringsten Vorkehrungen traf. Exakt wird dies sicher erst später aufzuklären sein. Bislang sprechen bloß Indizien dafür, daß die Regierung [Golda] Meir nicht nur unter dem Zwang der bevorstehenden Parlamentswahlen und einer sich in letzter Zeit für die israelische Sache verschlechternden Weltoptik stand. [...] Vom Überraschungseffekt und vom Angriffsschwung profitierten dieses Mal die arabischen Armeen. Sie erwiesen sich dabei als konsequente Schüler ihres gehaßten Vorbildes. War es am 5. Juni 1967 die ungewöhnlich späte Morgenstunde, die Kairos Luftwaffe am Boden versammelt traf, war es am 6. Oktober 1973 die späte Nachmittagsstunde, die Israels Wacht am Suezkanal beim Wäschewaschen überraschte. Und als es am Kanal dunkel wurde, konnten die Ägypter im Schutz der Nacht ihre Brückenköpfe festigen. Innerhalb dieser wenigen Stunden starb ein Mythos. Was immer im Nahostkrieg noch geschehen mag, sieht man von einer Einnahme der beiden Hauptstädte Kairo und Damaskus ab, der Schrecken der israelischen Überlegenheit gilt im arabischen Lager nicht mehr. [...] Neue arabische Situation Um das arabische „Wunder“ verstehen zu können, ist eine Rückblende auf die Katastrophe im Sechstagekrieg notwendig. Denn soviel steht bereits heute fest, man hat vor allem am Nil aus den Fehlern von 1967 gelernt. Die Hilfestellung der Sowjets zu diesem Vorhaben war nicht unbekannt. In ihren Auswirkungen übertrifft sie dennoch alle Vorstellungen. Viel wichtiger als die materielle Neuaufrüstung der auf Sinai fast völlig aufgeriebenen ägyptischen Streitkräfte ist jene psychologische Entwicklung zu beurteilen, die die arabische Offizierskaste mit ihren Soldaten verschmelzen ließ. [...] Nach dem Anfangsschock hat sich heute in Israel sogar eine Art Erleichterung eingestellt [ – nämlich darüber], nicht mehr länger die Rolle von Leuten spielen zu müssen, die sich immerwährend Überlegenheit vorgaukeln. [...] Der israelische Geheimdienst war möglicherweise derart mit der Guerilla-Bekämpfung beschäftigt, daß er der arabischen Aufrüstung zu wenig Aufmerksamkeit schenkte. VON 1945 BIS HEUTE ÜBER 175.000 ARTIKEL SEMANTISCH VERLINKT DEN VOLLSTÄNDIGEN TEXT LESEN SIE AUF furche.at Medieninhaber, Herausgeber und Verlag: Die Furche – Zeitschriften- Betriebsgesellschaft m. b. H. & Co KG Hainburger Straße 33, 1030 Wien www.furche.at Geschäftsführerin: Nicole Schwarzenbrunner, Prokuristin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Chefredakteurin: Mag. Doris Helmberger-Fleckl Redaktion: Philipp Axmann, Dr. Otto Friedrich (Stv. Chefredakteur), MMaga. Astrid Göttche, Dipl.-Soz. (Univ.), Brigitte Quint (Chefin vom Dienst), Victoria Schwendenwein BA, Dr. Brigitte Schwens-Harrant, Dr. Martin Tauss, Mag. (FH) Manuela Tomic Artdirector/Layout: Rainer Messerklinger Aboservice: 01 512 52 61-52 aboservice@furche.at Jahresabo: € 298,– Uniabo (Print und Digital): € 120,– Bezugsabmeldung nur schriftlich zum Ende der Mindestbezugsdauer bzw. des vereinbarten Zeitraums mit vierwöchiger Kündigungsfrist. Anzeigen: Georg Klausinger 01 512 52 61-30; georg.klausinger@furche.at Druck: DRUCK STYRIA GmbH & Co KG, 8042 Graz Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz: www.furche.at/offenlegung Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Art Copyright ©Bildrecht, Wien. Dem Ehrenkodex der österreichischen Presse verpflichtet. Bitte sammeln Sie Altpapier für das Recycling. Produziert nach den Richtlinien des Österreichischen Umweltzeichens, Druck Styria, UW-NR. 1417
DIE FURCHE · 41 12. Oktober 2023 Diskurs 15 Vergangene Woche beschrieb Aurelius Freytag an dieser Stelle die „gefährlichen Folgen moralischer Selbsterhöhung“ – und warum die „Nazi-Keule“ gegenüber FPÖ-Wählern unvernünftig sei. Eine Replik. Die gefährlichen Folgen der Verantwortungsumkehr Die Replik auf Aurelius Freytag sollte eigentlich ein Psychohistoriker schreiben, der sich mit den verborgenen Motiven geschichtlicher Prozesse befasst. Denn es ist bemerkenswert, wie Teile des bürgerlich-konservativen Milieus die Verantwortung für das Erstarken von Rechtsextremen seit jeher voller Verständnis für deren Anliegen reflexartig bei allen anderen, vor allem „Linken“, suchen – nur niemals bei sich selbst. So sind für den Erfolgskurs der FPÖ laut Freytag u.a. die Anforderungen einer Gesellschaft in Veränderung und die moralisierende Dauerbelehrung und Selbsterhöhung linker Journalisten sowie die elitäre Gender- und Identitätspolitik verantwortlich. Die Selbsterhöhung ist tatsächlich gefährlich. Versteht man darunter die Selbstermächtigung diskriminierter Gruppen und Minderheiten, die nicht mehr nur toleriert werden möchten, sondern um öffentliche Anerkennung und Teilhabe kämpfen, ist sie gefährlich für all jene, die das Deutemonopol über die „Normalität“ von Werten und Lebenskonzepten und das Machtmonopol über gesellschaftliche Ressourcen für ein angeborenes Naturrecht halten. Wenn mediale und wissenschaftliche Eliten aus der Forschung zu Klima, Rassismus, Postkolonialismus, Gender- und Identitätsthemen ethische und politische Konsequenzen ziehen, ist dies gefährlich für alle, die für moralisch alles erlaubt halten, was nicht rechtlich verboten ist – und die moralische Ansprüche desavouieren. Kampf um Hegemonie und Privilegien Deren gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen sind tatsächlich bedroht. Auch wenn es links der Mitte ideologische Entgleisungen gibt: Hier findet ein Kampf um Hegemonie statt, bei dem die etablierten Eliten ihre Privilegien zu Recht bedroht sehen. Die Ursachenanalyse Freytags kann einem dann freilich als Umkehr der Verantwortung erscheinen. Anders erschließt sich mir nicht, warum ein Repräsentant der bürgerlichen Intelligenz die aktuellen Probleme zwar präzise beschreibt, aber Ursache–Wirkungszusammenhänge herstellt, die evidenzbefreit sind – oder aus ihnen naive Schlüsse zieht. Drei Beispiele: Foto: Privat DIESSEITS VON GUT UND BÖSE Von Regina Polak „ Wer keine Kickl- Regierung möchte, wird mit ,Gespräch‘ nicht weit kommen; da lachen sich die rechten Recken eins. “ Bereits die Europäische Wertestudie 2010 belegte, dass rechtspopulistische Parteien in jenen Ländern reüssieren, in denen die konservativen Mainstreamparteien deren Motive übernehmen und salonfähig machen. Auch die Rechtsextremismusforscherin Julia Ebner („Massenradikalisierung“) zeigt, dass die Übernahme rechtsextremer Motive durch die bürgerliche Mittelschicht infolge strategischer Social-Media-Politik Rechtsextremer eine wesentliche Ursache für Radikalisierung ist. Eine Studie der Pädagogischen Hochschule Wien (2020) dokumentiert das geringe Wissen 15-jähriger Schüler über den Nationalsozialismus. Nur ein Dittel konnte den Namen der damals einzig zugelassenen Partei korrekt wiedergeben, die jüdische Opferzahl im Holocaust wird massiv unterschätzt. Dass die FPÖ vor allem bei jungen Männern ohne höhere Bildung punktet, wissen wir seit 2017. Diesen Jungen ist die „Nazi-Keule“ wohl tatsächlich egal. Sich mit ihnen zu pseudo-solidarisieren, hilft wenig. Die Akzeptanz migrantischer Mitarbeiterinnen in Krankenhäusern und in der Pflege ist logisch: Es gibt zu wenig autochthones Personal und sie sind billig. Dies ändert aber wenig an der empirisch belegten hohen Ablehnung von Migranten und Muslimen. Diese werden nur toleriert, solange sie nützlich und unauffällig sind. Statt also die Mitverantwortung der ÖVP für die wachsende Akzeptanz rechtsextremer Positionen auch nur annähernd in Betracht zu ziehen, wird der links-grüne Moralismus beschuldigt. Dabei müssten doch gerade Bürgerlich-Liberale, die individuelle Freiheit und Werte predigen, wissen, dass man ethische und politische Überzeugungen persönlich verantwortet und diese kein tumber Reflex auf gesellschaftliche Dynamiken sind (oder sein sollten). Fehlende Zukunftsszenarien als Ursache Statt dafür Sorge zu tragen, dass in den Lehrplänen der jungen, FPÖ-affinen Wählerschaft in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen allgemeinbildende Fächer gestärkt werden, in denen man kritisches Denken lernt, biedert man sich FPÖ-Positionen an. Und die systemisch-sozioökonomischen Ursachen des FPÖ-Zuspruchs in Betracht zu ziehen, verbietet sich jenen, die Privateigentum als sakrales Grundrecht betrachten, ohnedies. Da ist es schon einfacher, an die die Opfermentalität der armen, diesmal von Veränderungszumutungen erschöpften Österreicher zu appellieren, statt von Politikern zu verlangen, dass sie endlich positive Zukunftsszenarien für eine Gesellschaft im Übergang entwerfen. Deren Absenz ist eher die Ursache des Vertrauensverlusts in die Politik als linke und woke Diskurse. Wer keine Kickl-Regierung möchte, wird mit „Gespräch“ nicht weit kommen; da lachen sich die rechten Recken im Keller eins. Was es braucht, ist die parteienübergreifende Entschlossenheit, in Staat und Zivilgesellschaft Rechtsextremen mit allen Mitteln des Rechtsstaats entgegenzutreten. Statt Versöhnung zu propagieren, sind die notwendigen Konflikte zu führen. Den FPÖ-affinen Wählergruppen muss eine Alternative angeboten werden, die vor allem die sozioökonomischen Ursachen austrocknet. Das bedroht freilich die Etablierten-Hegemonie, in der lieber über Wokes und Klimakleber als über Armut diskutiert wird. Die Autorin ist Leiterin des Instituts für Praktische Theologie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. QUINT- ESSENZ Von Brigitte Quint Mich lern kennen! Ich fürchte mein Bekanntenkreis erweitert sich. Um eine Person. Ich kenne sie aus Funk und Fernsehen. Ich mag sie nicht. Ob ihrer politischen Gesinnung. Sie verkörpert eine Haltung, die ich zutiefst ablehne. Die Person würde mich ebenso ablehnen. Sie kennt mich aber nicht. Noch nicht. Ich wollte ich könnte ein Aufeinandertreffen verhindern. Doch das ginge nur auf dem Rücken der Kinder. Denn das Kind der Person ist mit seinen Großeltern seit Neuestem auf dem Grätzlspielplatz. Mein Kind und seine Schulfreunde haben sich mit ihm angefreundet. Nun hatte eines der Kinder die Idee, eine Halloween-Party auszurichten. Gefeiert wird in der Wohnung einer Mutter, die ich schon seit Jahren kenne. Sie war es auch, die die WhatsApp-Gruppe „Halloween 2023“ gegründet und sämtliche Elternteile der Gang hinzugefügt hat. Dabei sind auch die Mutter und der Vater des neuen Spielkameraden. Den Großeltern sei Dank ... Die Kollegen vom Standard fragten letztens die Sozialanthropologin Kate Fox ob es in Ordnung sei, wenn man Leute googelt. Diese antwortete: „Unsere Gehirne haben sich nun mal seit der Steinzeit nicht mehr verändert, und Menschen sind darauf programmiert in kleinen Gruppen zu leben, in denen man alles voneinander weiß“. Jede Wette, Fox brächte für diese Praxis erst recht Verständnis auf, wenn man im Grunde schon weiß mit wem man es zu tun hat, aber auf Nummer sicher gehen will. Ich jedenfalls habe Klarheit. Das Kind vom Spielplatz ist das Kind der Person aus Funk und Fernsehen. Einer Person, dessen politische Gesinnung verwerflich ist. Für mich, meinen Mann und die anderen Eltern in der Gruppe. Letztere wissen (noch) nichts von ihrem Glück. Ich setze hier auf einen Vater, der bei der Einschulung alle anderen Eltern gegoogelt hat. Ich werde versuchen mich auf der Halloween-Party zurückzuhalten. Denn es ist die Nacht der Kinder, wie Amerikaner oft betonen. Auf einer US-Homepage habe ich auch gelesen, dass es zum Geist des Festes gehört, die eigenen Kinder mit jenen des Gegners durch die Straßen ziehen zu lassen. Danach wäre schließlich noch genug Zeit, sich die Köpfe einzuschlagen. Das Internet steckt immer wieder voller Überraschungen. PORTRÄTIERT Konzilsbewegter Katholik und Verleger der FURCHE Er gehört zu jener Generation von Katholiken im Land, die durch das Zweite Vatikanische Konzil – auch beruflich – geprägt wurden. Walter Schaffelhofer war in den Konzilsjahren (1962–65) in der Führung der Katholischen Jugend Österreichs tätig, 1966 wurde der 23-Jährige Generalsekretär der Katholischen Aktion, der offiziellen und größten Laienorganisation der katholischen Kirche Österreichs. Von 1972–74 leitete Schaffelhofer als Generalsekretär den Österreichischen Synodalen Vorgang ein, war also schon für 50 Jahren wesentlich daran beteiligt, worum sich die katholische Kirche weltweit gerade unter dem Stichwort „Synodalität“ müht. Höhepunkt des kirchlichen Engagements von Walter Schaffelhofer war aber 1981–83 die organisatorische Leitung des Österreichischen Katholikentags, der im ersten Besuch von Papst Johannes Paul II. in Österreich kulminierte. Bereits 1971 war Walter Schaffelhofer Generalsekretär des Zeitungsherausgeberverbandes VÖZ gewählt worden. Diese Funktion übte er zunächst bis 1977 aus. 1992 kehrte er zum VÖZ zurück und blieb dessen Generalsekretär bis zu seiner Pensionierung 2008. Schaffelhofer war in dieser Zeit ein wesentlicher Mitgestalter und Sozialpartner der heimischen Medienpolitik. In den Jahren zwischen seinen Tätigkeiten für den VÖZ war Walter Schaffelhofer Verlagsleiter bzw. Geschäftsführer der FURCHE. Er hatte die verlegerische Leitung dieser Zeitung 1977 übernommen – unmittelbar zuvor hatte es nach dem Ende der FURCHE ausgesehen. Im Zuge einer „Rettungsaktion“ war die Zeitung vom Styria-Konzern übernommen worden und Walter Schaffelhofer gelang es in den Jahren danach, das Blatt immer diesseits des Abgrunds zu halten zu konsolidieren. So konnte etwa die Abonnentenzahl verdoppelt werden. 1986, zehn Jahre nach dem abgewendeten Showdown, bilanzierte Schaffelhofer in der FURCHE realistisch, aber auch stolz: „Wie ein Bergbauer Jahr für Jahr dem Boden gerade so viel abzuringen vermag, daß er seine Familie mehr schlecht als recht erhält, dabei aber weiß, daß er auch eine Idee weitergibt und nicht nur seinen Lebensunterhalt verdient, so hat auch DIE FURCHE im Verlauf der letzten zehn Jahre neue Felder dem Markt abgerungen.“ Schaffelhofer gehörte in diesen Jahren gewiss zu den Rettern dieser Zeitung. Am 7. Oktober feierte Walter Schaffelhofer den 80. Geburtstag. DIE FURCHE gratuliert ihrem langjährigen Verleger von ganzem Herzen! (Otto Friedrich) Foto: APA / VOEZ Walter Schaffelhofer, langjähriger Generalsekretär des Zeitungsherausgeberverbandes VÖZ, war 1977–92 Verlagsleiter der FURCHE.
Laden...
Laden...
Ihr Zugang zu neuen Perspektiven und
mehreren Jahrzehnten Zeitgeschichte.
© 2023 DIE FURCHE