DIE FURCHE · 19 18 Literatur 11. Mai 2023 Von Brigitte Schwens-Harrant Begeisterte Rezensionen, rasche Neuauflage, Spiegel-Bestsellerliste: Julia Schochs neuer Roman „Das Liebespaar des Jahrhunderts“ konnte in diesem Frühjahr kaum erschienen schon eine Erfolgsgeschichte aufweisen. Der Grund dafür lässt sich vielleicht unter anderem darin finden, was man einerseits thematisch die Nähe zum Leben und andererseits mit Blick auf die Rezeption identifikatorisches Lesen nennen könnte, das etwa in der Aussage der Schriftstellerin Elke Heidenreich deutlich wird: „Ich kenne das alles. Ich lese dieses Buch, als hätte ich es selbst geschrieben“, schwärmte Heidenreich in ihrer Rezension. „Es ist das wahrste Buch über Liebe und Scheitern und unerträgliche Erwartungen, das ich seit langem gelesen habe.“ Wie kommt es, dass man ein Buch als das „wahrste“ bezeichnen mag? Das macht doch neugierig. Liebe und das Ende der Liebe ZUM BILD AUF SEITE 17 Julia Schoch Die 1974 in Bad Saarow geborene und in Mecklenburg aufgewachsene Autorin lebt heute in Potsdam. Zuletzt erschien ihr Roman „Das Vorkommnis“. „The Future was Yesterday“ von Minerva Cuevas „ Frau und Mann sind beide in der Diktatur der DDR aufgewachsen, die Mauer ist inzwischen verschwunden, aber offenbar auch irgendwie die Zukunft … “ Julia Schochs Roman „Das Liebespaar des Jahr hunderts“ lädt zu einer Zeitreise ein: in die Geschichte eines Paares und Deutschlands. 30 Jahre, gerafft Die Liebe und der Tod bilden in unzähligen Varianten den St o ff der Literatur von jeher. Um Liebe und deren Ende geht es auch in Julia Schochs Roman, allerdings erzählt sie keine große Tragödie, sondern bricht die klischeebildende Romantik in den Alltag einer Liebe herunter, schildert die Geschichte einer Ernüchterung. Dreißig Jahre eines Paares, dreißig Jahre miteinander Leben werden quasi im Zeitraffer erzählt, die gemeinsam erlebte Zeit wird dabei zu Listen verkürzt. Ja, 31 Sommer, sechs davon so genannte Jahrhundertsommer, 42 Reisen, vier Küchen, fünf neue Ausweise, ein Brand, siebenmal Notaufnahme, sechsmal bestohlen, sechs Autos, 912 Partien Halma, 8667 geschmierte Schulbrote, 41 gekaufte Geburtstagstorten, 173.500 Fotos, 76 Infektionen … Beziehung und Familie, in allseits übliche Statistik gegossen, das erzeugt zudem Komik. Es ist wohl auch dieser Ton, dieses lakonische Beobachten und Raffen der Zeit, gepaart mit Lebensweisheiten und Sentenzen, der Schochs Roman zu einem Verschlingbuch macht, in dem man sich, wenn gewünscht, wie Elke Heidenreich dann auch selbst wiederfinden kann. Zudem erfordert die Lektüre nicht sehr viel Lesezeit, diese entspricht jener Zeitspanne, innerhalb derer die Erinnerung an die vergangenen 30 Jahre stattfindet und die mit der Erkenntnis der Ich-Erzählerin beginnt: „Im Grunde ist es ganz einfach: Ich verlasse dich.“ Und die dann zu jenem Moment hinführt, in dem dieser Satz dann auch gesprochen werden könnte. (Was beim Lesen zudem die Spannung erzeugt, ob es denn wirklich so einfach ist, diesen Satz zu sprechen.) In dem in diesen Rahmen gespannten Zeitraffer einer Beziehungsgeschichte werden zugleich drei Jahrzehnte der deutschen Geschichte und Gesellschaft miterzählt: Frau und Mann sind beide in Fahnen sind Träger visueller Kommunikation, ein weiter kulturgeschichtlicher Bogen zieht sich über die martialische Grundbedeutung von Flaggen seit der Bronzezeit als Erkennungssignal bis zur Verwendung als identitätsbezogene Projektionsfläche gesellschaftlicher Strukturen. Die kulturgeschichtlich geprägten Wahrnehmungsgewohnheiten und die überwiegende Verwendung der Flagge im Außenraum stellen die Basis dar, um dieses Kommunikationsmittel im öffentlichen Stadtraum einer künstlerischen Befragung zu unterziehen. „raising flags“ ist ein Projekt von museum in progress, kuratiert von Alois Herrmann und Kaspar Mühlemann Hartl. Seit 1. Mai sind alternierend rund sechs Monate lang in einem Kulminationsgebiet am Wienfluss, auf der Stubenbrücke, an zahlreichen Orten im Stadtraum Wiens, in virtuellen Ausstellungsräumen online und in medialen Räumen von Zeitungen und Magazinen die Flaggen von insgesamt 26 internationalen Künstlern und Künstlerinnen sichtbar. DIE FURCHE präsentiert auf Seite 17 die Intervention „The Future was Yesterday“ der mexikanischen Künstlerin Minerva Cuevas, in Entsprechung zu ihren Flaggen auf der Stubenbrücke. Weitere Informationen: raisingflags.mip.at FEDERSPIEL Foto: Ulrich Burkhardt der Diktatur der DDR aufgewachsen, die Mauer ist inzwischen verschwunden, aber offenbar auch irgendwie die Zukunft … Eine gewisse Ernüchterung ist spürbar, wie sie das Erwachsenwerden unweigerlich mit sich bringt, die aber wohl auch durch die Zeitereignisse gespeist wird. Inwieweit ist das eine mit dem anderen verbunden? Die Frage wird gestellt. Allerdings ausschließlich aus einem bestimmten Milieu, jenem relativ gut situierter Akademiker, die Autos und Wohnungen immer zum Besseren hin wechseln. Schoch wählt ganz bewusst eine eingeschränkte Ich-Perspektive. Leserinnen und Leser erfahren alles ausschließlich aus Sicht dieser Frau, obwohl es um eine gemeinsame Geschichte geht. Den Mann, mit dem dieses Ich mehr als 30 Jahre des Lebens verbracht hat und der im Roman als „Du“ angesprochen wird, lernt man nicht kennen; man erfährt weder sein Denken, ganz wenig sein Handeln, man hört kaum ein Sprechen von ihm. Nur einmal taucht eine Liste auf: Die Ich-Erzählerin sammelt Dinge, die ihr an ihm gefielen. „Aber deine Version unserer Geschichte kenne ich nicht“, heißt es denn auch einmal. Das Kreisen um ihn, der unbekannt bleibt, ist ebenso irritierend wie die Sprachlosigkeit zwischen den beiden – und sichtbar werden zwei einsame Menschen, die auch Kinder Wetterverhältnisse Wetterberichte haben in der Literatur einen hohen Stellenwert. Eine große Mehrheit aller zeitgenössischen Krimis beginnt mit einer Beschreibung des Wetters. Aber auch die Weltliteratur hat ihre Belcredis und Wadsaks. Zum Beispiel Adalbert Stifter, der als einziger Autor den Wiener Wind präzise darstellte. Oder man denke an den Anfang von Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“, in dem ein langer Wetterbericht in einem abschließenden Satz kulminiert oder wohl eher implodiert: „Es war ein schöner Augusttag des Jahres 1913.“ Ich habe mich in meinen Büchern auf die Suche nach Schilderungen eines verpatzten Frühlings gemacht. Denn es gibt ja nicht nur den meteorologischen und den kalendarischen Frühlingsbeginn und den kalendarischen Frühlingsbeginn, sondern auch den psychosomatischen Frühlingsbeginn. Letzterer hat dieses Jahr bei mir aufgrund der miserablen Wetterverhältnisse noch nicht stattgefunden. Nun kann ich noch die Eisheiligen abwarten. Danach bleibt nur noch mehr als ein Monat vom aufgezogen haben, allerdings mehr neben- als miteinander. Selbst wenn man nicht zu den begeisterten, sich identifizierenden Leserinnen wie Elke Heidenreich gehört und niemals zu einem Buch sagen würde, es wäre das „wahrste“, selbst wenn man sich an so manchen Sentenzen stößt, die den Roman durchziehen, so muss man der Autorin Respekt zollen. Es ist gekonnt, wie Schoch das macht, wie sie die kleinen Details mit dem großen Ganzen in Verbindung bringt und wie sie zeigt, wie aus 30 Jahren auf einmal vielleicht ein Nachmittag geworden ist, an dessen Ende die ebenso individuelle wie gesellschaftliche Frage übrig bleibt: Was ist aus uns geworden? Mit drei (in sich jeweils abgeschlossenen) Romanen setzt Schoch das Leben (und damit die unterschiedlichen Facetten des Lebens) einer Frau zusammen. Begonnen hat Schoch die Trilogie „Biographie einer Frau“ mit „Das Vorkommnis“. Da hat der Satz „Wir haben übrigens denselben Vater“ die Familie kräftig aufgemischt. Es bleibt spannend, mit welchem Knaller Schoch den dritten Teil ihrer Trilogie beginnen wird. Das Liebespaar des Jahrhunderts Roman von Julia Schoch dtv 2023 190 S., geb., € 22,70 Frühling und wenn es nicht wärmer wird, muss man es dann wohl offen aussprechen: Das ist ein .……………-Frühling! Nicht nur, dass man sich in Zeiten wie diesen nach Klimaveränderungen aller Arten sehnt; nun wird auch noch den Dichtern die für sie wichtigste Jahreszeit entrissen. Später werden Wissenschaftler mühevoll feststellen, dass es im Frühjahr 2023 eine deutlichen Zäsur in der Literatur gibt. Die Texte, die dieses Frühjahr geschrieben wurden, wird man einfach erkennen können. Der deutsche Dichter Ror Wolf hat schon vor Jahrzehnten einen Vierzeiler mit dem Titel „Wetterverhältnisse“ geschrieben, der immer passt: es schneit, dann fällt der regen nieder, dann schneit es, regnet es und schneit, dann regnet es die ganze zeit, es regnet, und dann schneit es wieder. Der Autor ist Schriftsteller. Von Daniel Wisser
DIE FURCHE · 19 11. Mai 2023 Philosophie 19 Peter Sloterdijk plädiert in seinem neuen Buch „Die Reue des Prometheus“ für eine radikale Abkehr von den Giga-Akteuren der modernen Welt, für mikroenergetische Lokallösungen – und eine reale Demokratisierung, die dem Verfall der Welt die Stirn bietet. Klimakrise mythologisch befeuert Von Jan Opielka Nein, ein Revoluzzer ist Peter Sloterdijk nicht. Auch wenn er als pointierten Schlachtruf und Schlusspunkt seines neuen Buches schreibt: „Fire-Fighters aller Länder, dämmt die Feuer ein!“ Vor der nicht zufällig an Karl Marx erinnernden Losung hatte der 75-jährige Philosoph auf 80 Seiten die Frage erörtert: Sollte es der mythische Prometheus bereuen, dass er den Menschen, entgegen dem Willen von Göttervater Zeus, heimlich das Feuer geschenkt hatte? Es geht nämlich um die Fundamente fossiler Zivilisationen, den drohenden Kollaps – und um (Lösch) Alternativen. Keine Frage: Prometheus meinte es gut – und man mag sich kaum vorstellen, welche Dankesopfer die ersten menschlichen Wesen dargebracht haben dürften, als ihnen bewusst wurde, dass Feuer machbar war und wie es genutzt werden konnte. Feuer sei „eine der frühesten Größen, die von Menschen als Manifestationen des transzendenten Prinzips ‚Kraft‘ und ‚Macht‘ aufgefasst werden konnten – eine anfängliche Gottesmetapher neben Wind, Blitz und Sonne“. Doch aus der Perspektive der Moderne, spätestens seit der Erfindung der Dampfmaschine, sieht die Sache mit dem Feuer ganz anders aus. Die Menschen haben ihre ehrfürchtige Dankbarkeit vergessen, seien zu einem „Kollektiv von Brandstiftern“ mutiert, daher dürfte auch Prometheus womöglich ins Grübeln kommen. „ Es geht um die Fundamente fossiler Zivilisationen, den drohenden Kollaps – und um (Lösch)Alternativen. “ Foto: picturedesk.com / akg-images Rückzieher Prometheus (hier dargestellt von Jan Cossiers, um 1637, nach Ölskizze von Peter Paul Rubens)‚ würde sich, so der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk, sein Geschenk des Feuers an die Menschheit heute gut überlegen. Reue statt Scham Der alte Feuer-Mythos bildet für den nicht unumstrittenen Philosophen den archimedischen Punkt, um von ihm aus das Feuer-Phänomen und die Verbrennung von Rohstoffen zu betrachten – und die Klimaund Erdkatastrophe, die heute mehr als je zuvor virulent ist. Sloterdijk geht zunächst auf die Verbindung von Sklavenarbeit und der frühen Nutzung des Feuers ein. Letztere habe stets die menschliche Arbeitskraft verstärkt, ein „mindestens gleichwertiges Plus in die metabolischen Regime reifender Hochkulturen eingebracht“, in Form von Küchenherden, Backstuben, metallurgischen Manufakturen oder keramischen Brennöfen. Doch mit der Erfindung der Dampfmaschine vor rund 250 Jahren, von Zeitgenossen als „Feuermaschine“ bezeichnet, „trat eine neue Formel für den gesamten Stoffwechsel des Menschen mit der Natur in Kraft: Befehlsgewalt plus Arbeitskraft plus Kraftmaschinensystem plus fossile Energieträger plus Abfälle bzw. Emissionen.“ Indes, was bedeutet dies heute? Laut Sloterdijk, seit 2017 im universitären Ruhestand, sind die fatalen Folgen dieser Feuer-Formel heute in ihrer ganzen Verheerung sichtbar: Es ist der zerstörerische Verbrauch der Rohstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle – Relikte der „unterirdischen Wälder“ der Erde, wie er schreibt. Eine Zukunft indes sei nur mit „post-prometheischer, nicht-pyrotechnischer Energiegewinnung“ möglich. Sie werde heute schon auf vielfache Weise realisiert: Solartechnik, Biogas, Wind- und Wasserenergie, Erdwärme. Noch unerschlossen seien zudem Möglichkeiten „mikroenergetischer feuerfreier Systeme“, etwa die Umwandlung jeglicher menschlicher Bewegung – von Straßenläufen, in Fitnessstudios oder Fahrradfahrten – in Energie. So weit, so bekannt. Aufschlussreich indes wird Sloterdijks Auseinandersetzung, wenn er von der „prometheischen Scham“, die vom deutsch-österreichischen Philosophen Günther Anders (1900–1992) beschrieben worden ist, zur „prometheischen Reue“ übergeht. Denn Reue bedeutet, anders als Scham, nicht Lähmung, sondern inkludiert einen Handlungsimperativ, der mit einem Handeln-Wollen verbunden ist – dieses aber, und hier wird es interessant, müsse künftig eher lokal denn global umgesetzt werden. Die entscheidenden Lösungsinstanzen sind für ihn daher nicht die Groß-Akteure der Welt, wie Großnationen, Megastädte, multinationale Konzerne. Deren Potenz bei der rücksichtslosen Ausbeutung und Verbrennung von Erdöl, Erdgas, Kohle in den „unterirdischen Wäldern“ müsste zwecks „Bewahrung des Weltbodenschatzerbes“ vielmehr von den Vereinten Nationen rechtlich beschränkt werden. Auch die Kernkraft, die Verpressung von CO₂ im Boden oder Pläne, das heißflüssige Erdinnere anzuzapfen, sieht Sloterdijk kritisch. Denn all dies erfordere „kontrollmächtige“ Großakteure. Der Wurf, den er im Buch skizziere, gehe 300 bis 400 Jahre nach vorne, sagte der Autor in einem Interview. „Bis dahin sollten all die hybriden Großstaatsgebilde von heute verschwunden sein.“ Und stattdessen? Eine echte „Wende zu ‚pazifistischen‘ Formen der Energiegewinnung“ würde die bestehenden politischen Einheiten verkleinern, lokale Strukturen oder die Rolle von Bürgermeistern gegenüber Staats- und Regierungschefs stärken. Die Menschen gewännen lokal an Einfluss, weil sie sich um ihren unmittelbaren Lebensraum kümmern würden – und kümmern würden wollen. „Kurzum, die Helvetisierung des Planeten allein würde die Weltkultur von ihren großstaatlichen und hypermetropolitanen Gewaltmärschen in die Natur- und Selbstzerstörung abbringen.“ Und dieser Einfluss-Zugewinn für kleinere politische Einheiten hätte zur Folge, dass die „Zweideutigkeit der Repräsentativsysteme realdemokratischen Verhältnissen“ weichen würde. Von dieser Perspektive aus gesehen ist es ein hoffnungsfrohes Zeichen, dass in Deutschland einzelne Städte Pakte mit Aktivist(inn)en der „Letzten Generation“ schließen. In einem Gespräch sagte er, er wäre beunruhigt, wenn die „Letzte Generation“ keine Klebeaktionen machen würde. „Das würde nämlich beweisen, dass die gesamte Jugend sich von Bildern des amüsanten Lebens hätte verführen lassen.“ Dennoch: Sloterdijk ist kein Revolutionär, er will auch keiner sein. Den radikalen schwedischen Klimaaktivisten Andreas Malm hält er gar für gefährlich, hält dafür die Analysen Bruno Latours hoch, dem das Buch auch gewidmet ist. Der 2022 verstorbene französische Techniksoziologe und Philosoph hatte angesichts der sich materialisierenden Klimakatastrophe einen Krieg „außerhalb aller bisherigen Kriegsund Klassenkampfgeschichte“ skizziert. In diesem Krieg stünden sich die sorgenvollen, der Katastrophe bewussten Menschen, die „Kinder Gaias“, den Verweigerern gegenüber, die aufgrund ihrer politischen und finanziellen Potenz Überlebensalternativen hätten – ob auf Erden oder im All. Nötig sei in diesem Kontext nicht Aktionismus, der stets der Steigerung bedürfe, die einmal in Gewalt münden könne, sondern vielmehr der gewaltfreie Weg „einer weitesträumigen kollektiven Bewußtmachung unter dem Eindruck von Zeitnot und Handlungsgebot“. Blick auf das Wunder Erde Die kurze Lektüre birgt nachhaltigen Mehrwert. Es ist ein verdichteter, pointierter Pinselstrich, der voller Sorge einen heißen Gedanken ausdrückt. Zugleich ist es ein essayistisch brillantes Malen der immanenten Schönheit der Welt mittels philosophisch, mythologisch und historisch gefärbter Sprache. Der Autor schreibt, als ob er seinen Leserinnen und Lesern das Staunen ob des Wunders der schieren bloßen Existenz der Erde und unseres Daseins in ihrer „kritischen Zone“ nahelegen wollte. Und das müsste und sollte genügen, um sich selbst und ständig neu wachzurütteln. „Ein philosophisch besonnener Begriff der Welt hätte diese als Inbegriff der Offenheit aufzufassen – einer Verbindlichkeit fordernden Offenheit, sprich: eines Immersionsraums, in dem wir, ekstatisch eintauchend, in eine Lage geraten, aus der die Gegenstände der Sorge und der Empörung auf uns zutreten, ebenso wie die Anblicke des Schönen oder Erhabenen, die Blitzschläge des Erkennens und die gemeinsamen Fabrikationen des Wahren sowie die Forderungen der Gerechtigkeit.“ Vor allem aber ist eine „nach-prometheische“ Handlungsweise verantwortungsvoll. Im Verbund müsste sie – die erwähnten Fire-Fighters – daher alles dafür tun, die Brände der Welt zu löschen. Soviel nur. Weniger geht im Jahr 2023 auf keinen Fall. Die Reue des Prometheus Von der Gabe des Feuers zur globalen Brandstiftung Von Peter Sloterdijk Suhrkamp 2023 80 S., kart., € 12,40
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