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DIE FURCHE 11.01.2024

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DIE FURCHE

2 · 11. Jänner 2024 DIE ÖSTERREICHISCHE WOCHENZEITUNG · SEIT 1945 80. Jg. · € 6,– Gelände der Versehrtheit Sie sind schön, sie sind gefährlich: Flüsse faszinieren Esther Kinsky, sie sind ein wiederkehrendes Motiv in ihren Büchern. · Seite 13 Friedensbote – auch damals ungehört Vor 60 Jahren pilgerte Papst Paul VI. ins Heilige Land – ein Meilenstein für die Aussöhnung mit dem Judentum und die Ökumene mit der Orthodoxie. · Seite 7 Die Infantin wird fehlen Neben dem Schreiben war die Kunst Helena Adlers große Leidenschaft. Ihre Literatur ist bildgewaltig. Am 5. Jänner ist die Schriftstellerin mit nur 40 Jahren gestorben. Ein Nachruf. · Seite 15 Das Thema der Woche Seiten 2–4 Die Probleme der Welt werden meist durch die Brille des Globalen Nordens betrachtet. Eine fatale Einseitigkeit. Einladung zum Perspektivenwechsel. Vom Süden aus gesehen Illustration: Rainer Messerklinger Bild rechts: Markus Ladstaetter; KI Midjourney, pro mente Foto: APA/Herbert Neubauer Joachim Bauer: Die große Realitätsflucht Der Berliner Arzt und Psychotherapeut über die Suchtwirkung von sozialen Medien und Videospielen, die drohende Verblödung durch ChatGPT und den Wirklichkeitsverlust in digitalen Welten. Seiten 8–9 Rom rudert in Bezug auf die Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare zurück. Die Glaubenshüter der katholischen Kirche verschlimmbesserten ihr eigenes Dokument dazu. Dieser Scherbenhaufen AUS DEM INHALT Zwischenbilanz des Signa-Skandals Wilfried Stadler über das Mysterium, dass nicht nur Spitzenpolitiker, sondern auch erfahrene Ex-Banker und Investoren René Benko bis zuletzt blind vertrauten. Seite 5 Von Otto Friedrich „ Die Segnungen dürfen nur sehr kurz sein (‚10 oder 15 Sekunden‘!) und keine rituelle Form annehmen. “ Die vor Weihnachten an dieser Stelle konstatierte „schöne Bescherung“ entpuppt sich als vatikanischer Scherbenhaufen: Anders sind die Entwicklungen nach der römischen Erklärung Fiducia supplicans über die Segnung von „Paaren in „irregulären Beziehungen“ (also gleichgeschlechtliche Paare und geschiedene Wiederverheiratete) nicht zu charakterisieren. Dass es im konservativen Kirchenlager Entrüstung geben würde, war vorauszu- „Kann das jemand ernst nehmen?“ sehen. Und auch, dass diese Parteiung weltweit gut vernetzt ist und laut schreit, anstatt sich tatsächlich einer – auch kontroversen – Debatte zu stellen. Der von Papst Franziskus als Glaubenshüter emeritierte deutsche Kardinal Gerhard Müller setzte sich sofort an die Spitze der Empörten, qualifizierte das Ansinnen der Segnungen als „Gotteslästerung“ – und verlautete, wäre er noch an der Spitze des Glaubensdikasteriums, hätte es Fiducia supplicans nie gegeben. Von afrikanischen Bischofskonferenzen, aber auch aus Polen oder Kasachstan kam lautstarke Ablehnung. Die Krone setzte dem Ganzen der – katholische – Staatspräsident von Burundi auf, der Homosexuelle öffentlicher Steinigung anempfahl. Bislang hörte man allerdings keine prominente Stimme, die diese – zurzeit noch verbale – Barbarei als „Gotteslästerung“ brandmarkte. Dafür schob Kardinal Víctor Manuel Fernández, der Chef des Glaubensdikasteriums, am 4. Jänner eine Erklärung zu Fiducia supplicans nach, in der er der konservativen Fundamentalopposition den Instant-Segen auch für schwule und lesbische Paare doch noch schmackhaft zu machen suchte. Dass „Instant-Segen“ gewiss nicht falsch ist, ergibt sich aus den „Klärungen“, die in der nachgereichten Erklärung zu finden sind: Es ginge nur um „Segnungen aus pastoraler Fürsorge“, diese dürften nur sehr kurz sein („10 oder 15 Sekunden“!) und keine rituelle Form annehmen. Außerdem dürften sie nie im direkten Zusammenhang mit einer standesamtlichen Feier und in Kleidung, mit Gesten und Worten, die Ausdruck für eine Ehe sind, stattfinden. Und auch nicht an einem wichtigen Platz im Kirchengebäude oder vor dem Altar. Rom agiert wieder einmal, indem es verschlimmbessert. Der Wiener Pastoraltheolge Johann Pock nennt diese Vorgänge „Herumeiern“ des Vatikans und man schließt sich seiner – rhetorischen – Frage an: „Kann das irgendjemand ernst nehmen?“ Diese Entwicklung ist schon in Fiducia supplicans grundgelegt, das vorgab, die Lehre zu Homosexualität zu belassen, wie sie ist – das heißt sie weiter als prinzipielles Übel und „sündhafte“ Neigung anzusehen. Anstatt es an der Wurzel anzugehen und eine ethische Neubewertung der Sexualität aufgrund humanwissenschaftlicher, aber auch biblisch-exegetischer (vgl. Seite 6 dieser FURCHE) und moraltheologischer Erkenntnisse zu entwickeln, tut auch Fiducia supplicans so, als würde da alles „beim Alten“ bleiben. Das kann nur schiefgehen. Im Lauf der Geschichte musste die Kirche davon Abschied nehmen, dass die Welt – wörtlich – in sieben Tagen erschaffen wurde oder dass – wie mittelalterliche Theologen dachten – die Frau kein vollwertiger Mensch sei. Dass zur Homosexualität nach heutigem Wissenstand in der Bibel einfach keine Aussagen vorfindbar sind, sollte sich analog auch in die Denkstuben von Glaubenshütern herumsprechen. „Pastorale“ Ausnahmen zu machen für Menschen, die weiter „in Sünde“ leben, ist nur Kosmetik, weil diese Menschen in ihrer Würde nicht ernstgenommen werden. Das gilt für alle, die in „irregulären Beziehungen“ leben. Solange Rom sich nicht traut, seine Lehre von allen Menschen – die des Heils und des Segens bedürfen – und ihren Lebensformen her zu entwickeln, sind Versuche wie Fiducia supplicans nur gut gemeint. Und das ist – siehe den aktuellen Scherbenhaufen – oft das Gegenteil von gut. otto.friedrich@furche.at Gehaltsgrenzen für Topmanager? Wie viel ist genug? Brigitte Quint und Manuela Tomic diskutieren im dieswöchigen „Lass uns streiten!“ gesetzliche Einkommensgrenzen für Topmanager. Seite 10 Das Unbehagen im Rechtsstaat Nicht nur äußere Feinde, auch innere Skeptiker bedrohen das „System“ der liberalen Demokratie, meint Christian Schacherreiter im „Dieseits von Gut und Böse“. Seite 11 Die ORF-Gesetzlosen Der Verfassungsgerichtshof hat den Bestellmodus der ORF-Gremien aufgehoben, die Regierung bleibt untätig: Ein gesetzloser Zustand droht, warnt Peter Plaikner. Seite 17 Mit gutem Gewissen 23 Grad Lange wurde es behauptet, nun wird es realisiert: Die Wärmepumpe ist der Zukunftsschlager in der Raumwärme – auf kommunaler wie individueller Ebene. Seite 18 furche.at Österreichische Post AG, WZ 02Z034113W, Retouren an Postfach 555, 1008 Wien DIE FURCHE, Hainburger Straße 33, 1030 Wien Telefon: (01) 512 52 61-0

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